Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 5. August 1992, Zl. 91/13/0227 verwiesen, mit dem der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 3. Juni 1991 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben hat. Es hatten nämlich Feststellungen zur damals (und heute) streitentscheidenden Frage des Wortlautes von Erklärungen zweier Klienten der Beschwerdeführerin betreffend einen von der Beschwerdeführerin als "Fremdgeld" behandelten Betrag von S 250.000,-- sowie zum Informationsstand dieser Klienten bei Abgabe der in Rede stehenden Erklärungen gefehlt.
Der Verwaltungsgerichtshof brachte im zitierten Erkenntnis unter anderem die Rechtsmeinung zum Ausdruck, daß dann, wenn die Klienten der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt ihrer Erklärungen über den Gesamtbetrag der auf sie zukommenden Honorarforderung aufgeklärt gewesen wären, bzw. wenn den Erklärungen der Klienten der unbedingte rechtsgeschäftliche Wille zu entnehmen gewesen wäre, mit ihren Ansprüchen aus der Verwahrung ihrer Gelder durch die Beschwerdeführerin gegen die Honorarforderung der Beschwerdeführerin auch in Unkenntnis ihrer Höhe aufzurechnen, bereits durch diese Erklärungen eine Schuldtilgung im Wege der Aufrechnung gemäß § 1438 ABGB und damit ein Honorarzufluß an die Beschwerdeführerin erfolgt wäre.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Ersatzbescheid stellte die belangte Behörde auf Grund der von der Beschwerdeführerin im fortgesetzten Verfahren vorgelegten Ablichtungen den Inhalt der in Rede stehenden beiden Erklärungen der Klienten der Beschwerdeführerin vom 26. Mai und 27. Juli 1988 wie folgt fest:
"26. Mai 1988:
Wir, Eduard und Marianne H, ermächtigen Frau Dr. E unwiderruflich ihre bisher aufgelaufenen Honorare für die gesamte rechtsfreundliche Vertretung mit dem Geld vom Treuhanderlag B, Treuhandkonto 801.654, nach Bezahlung der grundbücherlich aushaftenden und der auflaufenden Steuern zu beheben und abzudecken.
27. Juli 1988:
Wir, Eduard und Marianne H, anerkennen die Höhe der Honorarforderungen in der Höhe von ca. S 950.000,-- der Fr. Dr. E der uns heute übergebenen Honorarnoten und beauftragen Frau Dr. E folgende Beträge zu bezahlen:
- 1.) An X-Bank (aushaftender Saldo zum heutigen Tag)
- 2.) Herrn S für Auto
- 3.) weitere S 100.000,-- an X-Bank
- 4.) der Rest geht als Honorarakonto an Frau Dr. E"
Davon ausgehend erachtete die belangte Behörde alle zivilrechtlichen Voraussetzungen für eine Aufrechnung gemäß § 1438 ABGB und damit für das Zufließen des strittigen Betrages von S 250.000,-- an die Beschwerdeführerin als gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf gesetzeskonforme Besteuerung verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 1438 ABGB lautet: "Wenn Forderungen gegenseitig zusammentreffen, die richtig, gleichartig und so beschaffen sind, daß eine Sache, die dem einen als Gläubiger gebührt, von diesem auch als Schuldner dem anderen entrichtet werden kann; so entsteht, insoweit die Forderungen sich gegeneinander ausgleichen, eine gegenseitige Aufhebung der Verbindlichkeiten (Kompensation), welche schon für sich die gegenseitige Zahlung bewirkt."
Bei einer Aufrechnung gemäß § 1438 ABGB fießt der Forderungsbetrag im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Aufrechnung zu (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer Handbuch2 Rz 9 zu § 19 EStG 1972 unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom 24. November 1979, Zl. 1573/68).
Für die jetzt zu beantwortende Frage, ob der von der Beschwerdeführerin für ihre beiden Klienten zunächst treuhändig gehaltene Betrag von S 250.000,--, der nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin von ihrem Honorar mitumfaßt war, der Beschwerdeführerin im Kompensationsweg zugeflossen ist, ist die Auslegung der beiden Erklärungen der Klienten der Beschwerdeführerin vom 26. Mai bzw. 27. Juli 1988 entscheidend.
Für eine Schuldtilgung durch Aufrechnung gemäß § 1438 ABGB im Wege einseitiger Aufrechnungserklärung sind folgende Voraussetzungen notwendig: Es müssen einander wirksam entstandene, klagbare, fällige und gleichartige Forderungen gegenseitig gegenüberstehen (vgl. dazu Rummel in Rummel ABGB II2 Rz 4-7 zu § 1438 ABGB; Koziol-Welser, Grundriß I9 279, 280), wobei kein vertragliches oder gesetzliches Aufrechnungsverbot bestehen darf (Rummel aaO. Rz 8; Koziol-Welser aaO. 280). Die einseitige Kompensation ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung und bewirkt mit ihrem Zugang die Schuldtilgung (Rummel aaO. Rz 12 und 13), und zwar rückwirkend bezogen auf den Zeitpunkt der Entstehung der Aufrechnungslage, das ist der Zeitpunkt, in dem sich die Forderungen erstmals aufrechenbar gegenübergestanden sind (Rummel aaO. 14; Koziol-Welser aaO. 282).
Angesichts des festgestellten Wortlautes der von ihren Klienten der Beschwerdeführerin gegenüber am 26. Mai und 27. Juli 1988 abgegebenen Erklärungen sind im vorliegenden Fall alle zivilrechtlichen Voraussetzungen der Tilgung der Honorarforderung der Beschwerdeführerin hinsichtlich des strittigen Betrages von S 250.000,-- erfüllt. Daran vermögen auch die jetzt von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Argumente, es handle sich bei den beiden Erklärungen um "annahmebedürftige" Ermächtigungen bzw. Aufträge nichts zu ändern, weil einerseits Ermächtigungen nicht annahmebedürftig sind (vgl. Koziol-Welser aaO. 168) und anderseits ein in den genannten Erklärungen allenfalls auch enthaltenes Element des Auftragsvertrages betreffend eine der Beschwerdeführerin über die Kompensation hinaus übertragene Geschäftsbesorgung (vgl. dazu Koziol-Welser aaO. 360) zu dem den beiden Erklärungen unzweifelhaft zu entnehmenden Charakter einer einseitigen Aufrechnungserklärung lediglich hinzutreten, die Aufrechnungserklärung aber nicht beseitigen würde. Zufolge der bereits durch den Zugang der beiden genannten Erklärungen an die Beschwerdeführerin eingetretenen Schuldtilgung hat die belangte Behörde auch zu Recht dem Inhalt der mit der Beschwerdeführerin im fortgesetzten Verfahren am 30. Oktober 1992 aufgenommenen Niederschrift keine rechtliche Bedeutung mehr beigemessen, weil es auf den Zeitpunkt der Kenntnis der Beschwerdeführerin davon, daß ihre Klienten die Honorarforderung später durch die Rechtsanwaltskammer überprüfen ließen, im Hinblick auf den Zeitpunkt des Eintritts der schuldtilgenden Wirkung der Kompensation nicht mehr ankommt.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Da des weiteren den vorgelegten Verwaltungsakten Verfahrensfehler nicht zu entnehmen waren, leidet der angefochtene Bescheid auch nicht unter Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (wozu im übrigen die Beschwerdeschrift auch keine näheren Ausführungen enthält). Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei im Hinblick auf die durch das hg. Erkenntnis Zl. 91/13/0227 klargestellte Rechtslage die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VO BGBl. Nr. 104/1991.
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