Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §105 Z1;
BDG 1979 §118 Abs1;
BDG 1979 §123;
BDG 1979 §94 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §105 Z1;
BDG 1979 §118 Abs1;
BDG 1979 §123;
BDG 1979 §94 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Republik Österreich (Bund). Er war zuletzt als Leiter eines Vermessungsamtes tätig, doch erfolgte aus Anlaß des vorliegenden Disziplinarverfahrens eine Verwendungsänderung und Dienstzuteilung zum Vermessungsinspektor für zwei Bundesländer.
Der angefochtene Bescheid hat folgenden Wortlaut:
"Beschluß
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, Senat 5, hat in ihrer Sitzung am 15.3.1993 durch MR Dr. Herbert Martinek als Senatsvorsitzenden sowie MR Dr. Christoph Twaroch und OR. Dr. Kurt Wenninger als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates in Gegenwart des Schriftführers
OKoär. Mag. Franz Resetar beschlossen:
Aufgrund der Disziplinaranzeige des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 25.1.1993, GZ P 20-G/1992, wird gemäß § 123 Abs. 2 BDG 1979 i.d.g.F. gegen Herrn HR Dipl.Ing. B wegen des Verdachtes der Dienstpflichtverletzungen - insbesondere gegen die Bestimmungen des § 43 Abs. 1 und 2 und 44 BDG 1979 - das Disziplinarverfahren eingeleitet.
Dem Beamten werden folgende Dienstpflichtverletzungen zur Last gelegt:
1. die Mitwirkung an Vermessungen zum Zwecke der grundbücherlichen Teilung von Grundstücken und Nichteinhaltung der Bestimmungen gem. § 39 VermG;
- 2. die Nichteinhaltung der Bestimmungen des § 13 VermG;
- 3. die Nichtbefolgung von Weisungen seiner Vorgesetzten betreffend konkrete Veranlassungen im Zusammenhang mit der Führung des Grenz- und Grundsteuerkatasters sowie der Führung der Amtsgeschäfte des Leiters der VA X;
4. die Nichteinhaltung der Bestimmungen gemäß §§ 13 und 15 LiegTeilG sowie der diesbezüglichen Verfahrensvorschriften des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen;
5. die Nichteinhaltung der Bestimmungen gemäß § 52 Z. 5 VermG;
6. die Nichteinhaltung der Bestimmungen gemäß § 41 VermG (in Verbindung der Nichteinhaltung der Bestimmungen gemäß § 52 Z. 5 VermG und § 13 LiegTeilG);
7. die Nichteinhaltung der Bestimmungen gemäß § 34 Abs. 1 VermG; Grenzvermessung zum Zwecke der Umwandlung (in Verbindung mit der Nichteinhaltung der Bestimmungen gemäß § 52 Z. 5 VermG).
Begründung
Die vorgelegten Aktenunterlagen des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, insbesondere das aufgenommene Protokoll mit HR Dipl.Ing. B vom 19.12.1992 (mit den darin enthaltenen Aussagen des HR Dipl.Ing. B) haben die Verdachtsmomente bezüglich der zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen soweit konkretisiert, sodaß die Einleitung eines Disziplinarverfahrens bei diesem Sachverhalt gerechtfertigt erscheint."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der seine kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben Ermittlungen der Disziplinarbehörde vor der Einleitung des Disziplinarverfahrens das Ziel, zu klären, ob die Voraussetzungen für die Einleitung gegeben sind oder ob allenfalls offenkundige Gründe für eine sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen. Für die Einleitung des Verfahrens reicht es aus, wenn genügende Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, die die Annahme einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Die Disziplinarkommission muß bei Fällung eines Einleitungsbeschlusses noch nicht völlige Klarheit darüber haben, ob ein bestimmter Beamter eine Dienstpflichtverletzung begangen hat; dies ist in dem der Einleitung des Verfahrens nachfolgenden Ermittlungsverfahren aufzuklären. Ebensowenig muß im Einleitungsbeschluß das dem Beamten zur Last gelegte Verhalten bereits abschließend rechtlich gewürdigt werden. Die dem Einleitungsbeschluß nach § 123 BDG 1979 zukommende rechtliche Bedeutung ist in erster Linie darin gelegen, dem beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird, was insbesondere für die Frage einer allfälligen Verjährung von ausschlaggebender Bedeutung ist. Für den Einleitungsbeschluß kommen die Bestimmungen des § 58 Abs. 1 und 2 AVG insofern zur Anwendung, als er - neben der Rechtsmittelbelehrung - einen Spruch und eine Begründung zu enthalten hat. Im Spruch des Einleitungsbeschlusses ist das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Dienstpflichtverletzung erachtet wird, nur in groben Umrissen zu beschreiben. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, d. h. in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Einleitungsbeschlusses ist darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung ergibt (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1992, Zl. 91/09/0228, und die dort angeführte Vorjudikatur).
In der Beschwerde wird zutreffend gerügt, daß der hier angefochtene Einleitungsbeschluß diesen Erfordernissen nicht gerecht wird.
Dem Einleitungsbeschluß ist insbesondere nicht zu entnehmen, hinsichtlich welcher konkreter Handlungen der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung besteht. In allen sieben im Spruch angeführten Beschuldigungspunkten wird dem Beschwerdeführer nur ganz allgemein die Nichteinhaltung gesetzlicher Vorschriften sowie ihm erteilter Weisungen zur Last gelegt, ohne daß auch nur in einem einzigen Fall ein Hinweis auf konkrete vom Beschwerdeführer bearbeitete Fälle oder eine Angabe von Tatort und insbesondere Tatzeit erfolgt wäre. Ohne solche Angaben steht aber weder fest, welche konkrete Handlungen oder Unterlassungen dem Beschwerdeführer zum Vorwurf gemacht werden, noch besteht die Möglichkeit zu beurteilen, ob allenfalls diesbezüglich offenkundige Einstellungsgründe (insbesondere auf Grund der behaupteten Verjährung) vorliegen.
Die belangte Behörde wäre ferner im Hinblick auf die in den §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG festgelegte Begründungspflicht verhalten gewesen, den Grund für die Einleitung des Disziplinarverfahrens sowohl in sachverhaltsmäßiger als auch in rechtlicher Hinsicht darzulegen. Sie unterließ jedoch jede Begründung und beschränkte ihre Ausführungen auf einen völlig unsubstantiierten Hinweis auf die vorgelegten Aktenunterlagen und auf das darin enthaltene Protokoll vom
19. (richtig: 11.) Dezember 1992, zumal sich auch aus diesem Protokoll keine eindeutige Zuordnung zu den im Spruch enthaltenen Vorwürfen ergibt. Es muß aber bereits aus dem Einleitungsbeschluß im Sinne der obigen Ausführungen klar und unmißverständlich hervorgehen, was dem Beamten vorgeworfen wird.
Da der angefochtene Bescheid somit eine hinlängliche Präzisierung der dem Beschwerdeführer angelasteten Dienstpflichtverletzungen ebenso fehlt wie eine tragfähige Begründung, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft S 120,-- (Eingabengebühr) für eine überzählige Beschwerdeausfertigung.
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