VwGH 93/07/0100

VwGH93/07/010014.12.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des J in X, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 4. Juni 1993, Zl IIIa1-12.680/2, betreffend Feststellungsbescheid und wasserpolizeilicher Auftrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Lienz, vertreten durch den Bürgermeister, Lienz, Hauptplatz), zu Recht erkannt:

Normen

GewässerG Tir 1870 §3;
WRG 1934 §125 Abs1 idF 1947/144;
WRG 1934 §125 Abs1;
WRG 1934 §125 Abs2 idF 1947/144;
WRG 1934 §125 Abs3 idF 1947/144;
WRG 1959 §1;
WRG 1959 §142 Abs2;
WRG 1959 §2 Abs1 lita;
WRG 1959 §2 Abs1 litb;
WRG 1959 §2;
WRG 1959 §3 Abs1 litd;
WRG 1959 §3;
WRGNov 1947;
GewässerG Tir 1870 §3;
WRG 1934 §125 Abs1 idF 1947/144;
WRG 1934 §125 Abs1;
WRG 1934 §125 Abs2 idF 1947/144;
WRG 1934 §125 Abs3 idF 1947/144;
WRG 1959 §1;
WRG 1959 §142 Abs2;
WRG 1959 §2 Abs1 lita;
WRG 1959 §2 Abs1 litb;
WRG 1959 §2;
WRG 1959 §3 Abs1 litd;
WRG 1959 §3;
WRGNov 1947;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 22. April 1992 stellte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Lienz (im folgenden: BH) den Antrag, mittels Bescheid festzustellen, daß der Tristacher See ein öffentliches Gewässer sei und anzuordnen, daß das Verbot der Stadtgemeinde Lienz, wonach der Beschwerdeführer das Verankern von Ruderbooten im Bereich der Gp. 1522/1 der KG Tristach sowie das Überfahren dieses Grundstückes mit Ruderbooten sowie das Benützen des Tristacher Sees als Badesee, soweit dies von den Grundstücken des Beschwerdeführers geschehe, beseitigt werde.

In der Begründung dieses Antrages wird ausgeführt, der Beschwerdeführer sei grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZl. xx. Er habe diese Liegenschaft mit Kaufvertrag 1986 erworben. Im Osten grenze die mitbeteiligte Partei mit ihrer Gp. 1522/1 an. Die mitbeteiligte Partei habe ihre Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 19. Februar 1985 von J. J. erworben. Die Gp. 1522/1 sei in der Natur zum überwiegenden Teil die Seefläche des Tristacher Sees, aber auch die erwähnten Parzellen des Beschwerdeführers reichten zum Teil in die Seefläche des Tristacher Sees hinein. Die mitbeteiligte Partei stehe auf dem Standpunkt, daß der Tristacher See ein Privatgewässer sei. Sie habe daher beim Bezirksgericht Lienz gegen den Beschwerdeführer eine Klage eingereicht, in der begehrt werde, der Beschwerdeführer solle die Verankerung von Ruderbooten im Bereich des Grundstückes Nr. 1522/1 sowie das Überfahren dieses Grundstückes mit Ruderbooten unterlassen. Die mitbeteiligte Partei habe auch schon angekündigt, sie wolle dem Beschwerdeführer auch das Baden von Gästen seines Hotels im Tristacher See verbieten. Da der Tristacher See aber seit alters her ein öffentliches Gewässer sei und kein privates, habe sie durch ihre Ansprüche eine eigenmächtige Neuerung nach § 138 Abs. 1 lit. a des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) vorgenommen. Die Eigenschaft des Tristacher Sees als öffentliches Gewässer ergäbe sich aus einer Reihe von Umständen. So habe laut Grundbuchsanlegungsprotokoll Nr. 65 für die Katastralgemeinde Tristach bei einer "contradiktorischen Verhandlung" zwischen der BH und dem vormaligen Besitzer des Tristacher Sees A. U. der Vertreter der BH sich darauf berufen, daß der Tristacher See nach § 3 des Tiroler Wasserrechtsgesetzes 1870 als öffentliches Gut und als öffentliches Gewässer anzusehen sei, zumal ein besonderer Privatrechtstitel für Privateigentum nicht existiere. Die mitbeteiligte Partei könne den Tristacher See nur dann als Privatgewässer für sich beanspruchen, wenn sie nach § 2 Abs. 2 WRG 1959 einen besonderen, vor dem Jahre 1870 entstandenen Privatrechtstitel nachweisen könne. Das bloße Eigentum am Bett des Tristacher Sees bilde keinen solchen Privatrechtstitel. Der Tristacher See sei auch deswegen ein öffentliches Gewässer, weil er von einem öffentlichen Gewässer gespeist werde. Schließlich ergebe sich die Einstufung des Tristacher Sees als öffentliches Gewässer auch daraus, daß nach der Tiroler Landesordnung von 1532 der Landesfürst oberster Eigenherr und Eigentümer aller Bäche und aller "groß- und freifließenden Wasser- und Wildseen" gewesen sei. Dies bedeute "nach der heutigen Terminologie im Gesetz", daß der Tristacher See als öffentliches Gut anzusehen sei.

In der Folge ergänzte der Beschwerdeführer seine Eingabe vom 22. April 1992 durch einen Antrag auf Berichtigung des Wasserbuches, da dort der Tristacher See zu Unrecht als Privatgewässer eingetragen sei.

Die von der BH zur Stellungnahme aufgeforderte mitbeteiligte Partei bestritt, daß die im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstücke zum Teil in die Seefläche des Tristacher Sees hineinreichten. Sie bestritt weiters, daß es sich beim Tristacher See um ein öffentliches Gewässer handle. Der Beschwerdeführer - so die mitbeteiligte Partei - führe zwar den vom Vertreter der

k. k. Bezirkshauptmannschaft Lienz laut Grundbuchsanlegungsprotokoll Nr. 65 für die KG Tristach seinerzeit vertretenen Standpunkt an, verschweige aber die gegenteilige Auffassung des das Eigentumsrecht am Tristacher See beanspruchenden A. U., die letztens als rechtens erkannt worden sei und aufgrund der es zur Einverleibung des A. U. als Eigentümer der Liegenschaft EZ 45 II, KG Tristach samt der in dieser Liegenschaft zugeschriebenen Gp. 1522/1 (Tristacher See) gekommen sei. Der Tristacher See sei auch im Wasserbuch ausdrücklich als Privatgewässer eingetragen. Unrichtig sei auch die Behauptung des Beschwerdeführers, der Tristacher See werde durch ein öffentliches Gewässer gespeist. Die mitbeteiligte Partei vertrete daher die Ansicht, daß es sich beim Tristacher See gemäß § 2 Abs. 1 lit. c, allenfalls gemäß § 2 Abs. 2 WRG 1959 um ein Privatgewässer handle. Der Tristacher See sei weder im Anhang A zum WRG 1959 als öffentliches Gewässer aufgezählt, noch sei er jemals vor Inkrafttreten des WRG anläßlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung als öffentliches Gewässer behandelt worden. Darüber hinaus hätten die Rechtsvorgänger der mitbeteiligten Partei aufgrund eines schon vor dem Jahre 1870 entstandenen Privatrechtstitels Eigentum am Tristacher See, und zwar sowohl am Seegrundstück als auch an der Wasserwelle, erworben.

Mit Bescheid vom 15. Juni 1992 setzte die BH das Verfahren über die vom Beschwerdeführer gestellten Anträge gemäß § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Abklärung der Vorfrage, ob ein besonderer, vor dem Jahre 1870 entstandener Privatsrechtstitel für den Tristacher See vorliege, durch die zuständigen Gerichte aus. Sie begründete diese Entscheidung im wesentlichen damit, in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Parteien sei vor allem zu untersuchen, ob ein vor dem Jahre 1870 entstandener Privatrechtstitel vorliege oder der See durch ein öffentliches Gewässer gespeist bzw. durchflossen werde. Das allfällige Vorliegen eines vor dem Jahre 1870 entstandenen Privatrechtstitel bilde somit eine wesentliche Vorfrage für die Feststellung, ob der Tristacher See ein Privatgewässer oder ein öffentliches Gewässer sei. Zur endgültigen Klärung dieser Vorfrage seien jedoch nach § 98 Abs. 2 WRG 1959 nicht die Wasserrechtsbehörden berufen.

Dieser Bescheid der BH wurde vom Landeshauptmann von Tirol aufgrund einer Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 12. November 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, Hauptfrage des von der BH durchzuführenden Verwaltungsverfahrens sei die Rechtsfrage, ob der Tristacher See ein öffentliches oder ein privates Gewässer sei. Zuständig für diese Entscheidung seien die Wasserrechtsbehörden, jedoch mit Ausnahme des Falles, daß ein Privatrechtstitel in Frage komme. Ein solches Verfahren nach § 2 Abs. 2 WRG 1959 sei bei den ordentlichen Gerichten anhängig zu machen. Prozeßvoraussetzung sei aber, daß es sich (grundsätzlich) um ein öffentliches Gewässer im Sinne des § 2 Abs. 1 WRG 1959 handelte, für das ein alter Privatrechtstitel vorliege. Da aber das WRG 1959 schon im § 1 zwischen öffentlichen und privaten Gewässern unterscheide, müsse im Streifalle vorweg von der Wasserrechtsbehörde geklärt werden, um welches Gewässer es sich handle. Entscheide die Wasserrechtsbehörde auf "Privatgewässer", sei ein Verfahren nach § 2 Abs. 2 WRG 1959 entbehrlich; entscheide die Wasserrechtsbehörde aber auf "öffentliches Gewässer", so sei die Prozeßvoraussetzung für ein Verfahren nach § 2 Abs. 2 WRG 1959 überhaupt erst gegeben. Beim derzeitigen Verfahrensstand des Wasserrechtsverfahrens könne ein allenfalls anhängiges gerichtliches Verfahren keine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG lösen, weil die Wasserrechtsbehörde vorerst einmal zu entscheiden habe, ob es sich um ein öffentliches oder ein privates Gewässer handle.

Mit Bescheid der BH vom 20. Jänner 1993 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers, mit Bescheid festzustellen, daß der Tristacher See ein öffentliches Gewässer sei, keine Folge gegeben und gemäß § 98 Abs. 2 WRG 1959 festgestellt, daß dieser See gemäß § 3 Abs. 1 lit. d WRG 1959 ein Privatgewässer sei (Spruchabschnitt I). Unter Spruchabschnitt II dieses Bescheides wurde der Antrag, anzuordnen, daß die Verbote der mitbeteiligten Partei hinsichtlich des Befahrens des Grundstückes 1522/1 der KG Tristach mit Ruderbooten sowie des Verankerns der Ruderboote im Bereich dieser Parzelle bzw. hinsichtlich des Benützens des Tristacher Sees als Badesee von den Grundstücken beseitigt werden, gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 wegen Unzuständigkeit der Wasserrechtsbehörde als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wird nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der angewendeten Gesetzesbestimmungen ausgeführt, es sei zunächst zu prüfen gewesen, ob der Tristacher See von einem öffentlichen Gewässer gespeist oder durchflossen werde. Dabei habe die Qualifikation des Zuflusses als öffentlich oder privat ausschließlich nach den im WRG 1959 normierten Kriterien zu erfolgen, da gemäß § 139 Abs. 1 leg. cit. alle bisher geltenden wasserrechtlichen Bestimmungen mit Wirksamkeitsbeginn dieses Gesetzes (1934) außer Kraft getreten seien. Den einzigen Zufluß zum Tristacher See bilde der Abfluß vom sogenannten Alten See. Bei diesem See handle es sich zweifelsfrei um ein im Eigentum des Antragstellers stehendes Privatgewässer, da er weder von einem öffentlichen Gewässer gespeist noch von einem solchen durchflossen werde. Bei den Zuflüssen zum Alten See handle es sich ausschließlich um private Quellen. Auch würden weder der Alte See noch dessen Abfluß im Anhang A zum WRG 1959 als öffentliche Gewässer angeführt noch seien diese vor Inkrafttreten des WRG 1959 anläßlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung als öffentliche behandelt worden. Schließlich vereinige sich der ca. 230 m lange Abfluß vom Alten See bis zu seiner Einmündung in den Tristacher See mit keinem anderen öffentlichen Gewässer. In diesen Abfluß mündeten lediglich private Quellwässer, sodaß nach § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 es sich beim Abfluß vom Alten See, welcher den einzigen Zufluß des Tristacher Sees bilde, um ein Privatgewässer handle.

Gemäß § 3 Abs. 3 WRG 1959 seien die im Abs. 1 lit. d und e genannten Privatgewässer als Zugehör der Grundstücke zu betrachten, auf oder zwischen denen sie sich befänden, und zwar nach Maßgabe der Uferlänge eines jeden Grundstückes. Aus den Behauptungen des Beschwerdeführers, wonach seine Grundstücke in die Seefläche hineinragten, könne daher für das gegenständliche Feststellungsverfahren nichts gewonnen werden. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, so bilde die über den Grundstücken des Beschwerdeführers befindliche Wasserwelle eben sein Privateigentum. Der Tristacher See werde somit nicht von einem öffentlichen Gewässer gespeist oder durchflossen. Auch werde er weder im Anhang A zum WRG 1959 als öffentliches Gewässer angeführt, noch sei er - nach den im Wasserbuch einliegenden Bescheiden - vor (und nach) Inkraftreten des WRG (1934) anläßlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung als öffentliches Gewässer behandelt worden.

Für einen wasserpolizeilichen Auftrag der vom Beschwerdeführer begehrten Art biete das WRG 1959 keine Handhabe. Es liege keine von der mitbeteiligten Partei vorgenommene eigenmächtige Neuerung vor. Für eine Entscheidung über die von der mitbeteiligten Partei ausgesprochenen Verbote seien die ordentlichen Gerichte zuständig.

Der Beschwerdeführer berief.

Mit Bescheid vom 4. Juni 1993 gab der Landeshauptmann von Tirol gemäß § 66 AVG der Berufung keine Folge. In der Begründung wird ausgeführt, aus dem Vorverfahren könne unbestritten übernommen werden, daß dem Tristacher See die rechtliche Eigenschaft eines Sees im Sinne des WRG 1959 zukomme (natürliches stehendes Gewässer). Die rechtliche Eigenschaft von Seen sei erst durch das WRG 1934 konkret definiert worden, während das RWRG 1869 bzw. das Tiroler Wasserrechtsgesetz 1870 eine solche Regelung nicht gekannt hätten. Gemäß § 3 Abs. 1 lit. d WRG 1934 (gleichlautend auch WRG 1959) seien Seen Privatgewässer, die nicht von einem öffentlichen Gewässer gespeist oder durchflossen würden. Diese positiv-rechtliche Definition des Gesetzgebers habe alle früheren Überlegungen hinsichtlich der Rechtsnatur von Seen eindeutig und klar zugunsten des Privatgewässers gelöst, soferne nicht die Bedingungen des Beisatzes oder § 2 Abs. 1 lit. a oder b WRG 1959 Anwendung fänden. Die BH habe diese Umstände eingehend geprüft und habe in ihrem Bescheid klar und schlüssig zum Ausdruck gebracht, daß der Tristacher See von keinem öffentlichen Gewässer gespeist oder durchflossen werde, nicht zu den im Anhang A des WRG 1959 aufgezählten Gewässern gehöre und nicht vor dem 1. November 1934 als öffentliches Gewässer behandelt worden sei. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides würden von der belangten Behörde ausdrücklich übernommen. Sohin sei den Ausführungen in der Berufung folgend nur mehr zu untersuchen gewesen, ob die Bestimmung des § 3 Abs. 1 lit. d WRG 1959 deswegen nicht zur Anwendung kommen könne, weil die Übergangsbestimmungen anderes festlegten. Anzuwenden sei § 125 WRG 1934; ältere Übergangsbestimmungen könnten nicht zur Anwendung gelangen, da Seen erst mit dem WRG 1934 als eigene Kategorie von Privatgewässern eingeführt worden seien. Zur Auslegung dieser Übergangsbestimmung habe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. September 1965, Zl. 413/65 (ähnlich auch im Erkenntnis vom 8. Februar 1974, Zl. 1353/73) ausgesprochen, daß unter "nach früheren Gesetzen erworbenen Wassernutzungen oder sonstigen, sich auf Gewässer beziehenden Rechten" Berechtigungen zu verstehen seien, die aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen vor Inkrafttreten der WRG-Novelle 1959 erworben worden seien. Es handle sich bei dieser Übergangsbestimmung also ausschließlich um eine Regelung betreffend Wasser-(Benutzungs-)Rechte, sohin Regelungen betreffend die Rechtmäßigkeit des sogenannten "Alten Bestandes". Die Übergangsbestimmung finde hingegen schon nach der grammatikalischen Auslegung keine Anwendung auf die Eigentumsverhältnisse an Gewässern, weil nur Wasser-(Benutzungs-)Rechte begrifflich erlöschen könnten, nicht aber öffentliche oder private Gewässer. Im Ergebnis kenne das WRG 1934 - und auch das WRG 1959 - keine (Sonder-)Übergangsbestimmung, wonach die Rechtsnatur von Seen abweichend vom Wortlaut des § 3 Abs. 2 lit. d WRG 1934 (und WRG 1959) geregelt werden sollte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, aus § 3 des Tiroler Wasserrechtsgesetzes 1870 ergebe sich, daß der Tristacher See im Rahmen des zeitlichen Geltungsbereiches dieses Gesetzes jedenfalls als öffentliches Gewässer anzusehen gewesen sei, es sei denn, es gelinge jemandem, nachzuweisen, daß ein "besonderer Privatrechtstitel" vorgelegen sei. Ein solcher Nachweis sei aber jedenfalls bisher nicht erbracht worden. Demnach sei der Tristacher See bis 1934 als öffentliches Gewässer anzusehen gewesen. Diese Eigenschaft sei durch § 125 Abs. 1 WRG 1934 bzw. die gleichlautende Bestimmung des § 142 Abs. 2 WRG 1959 aufrechterhalten worden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Ebenso hat die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 2 Abs. 1 WRG 1959 sind öffentliche Gewässer die im Anhang A zu diesem Bundesgesetze namentlich aufgezählten Ströme, Flüsse, Bäche und Seen mit all ihren Armen, Seitenkanälen und Verzweigungen (lit. a); Gewässer, die schon vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anläßlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung als öffentliche behandelt wurden, von der betreffenden Stelle angefangen (lit. b); alle übrigen Gewässer, sofern sie nicht in diesem Bundesgesetze ausdrücklich als Privatgewässer bezeichnet werden (lit. c).

Der Tristacher See gehört nicht zu den im Anhang A zum WRG 1959 namentlich aufgezählten Gewässern. Im Verfahren vor den Wasserrechtsbehörden wurde - vom Beschwerdeführer unbestritten - festgestellt, daß der Tristacher See auch nicht vor Inkrafttreten des WRG 1959 anläßlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung als öffentlich behandelt wurde. Die Eigenschaft des Tristacher Sees als öffentliches Gewässer könnte sich daher nur aus § 2 Abs. 1 lit. c WRG 1959 ergeben. Diese Bestimmung steht aber unter dem Vorbehalt, daß es sich um ein Gewässer handelt, das nicht in diesem Bundesgesetz ausdrücklich als Privatgewässer bezeichnet wird.

Nach § 3 Abs. 1 lit. d WRG 1959 sind, soweit nicht die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. a und b entgegenstehen, Seen, die nicht von einem öffentlichen Gewässer gespeist oder durchflossen werden, Privatgewässer.

Unbestritten ist, daß es sich bei dem in Rede stehenden Gewässer um einen See handelt. Zur Frage, ob der Tristacher See von einem öffentlichen Gewässer gespeist oder durchflossen wird, hat die BH in der Begründung ihres Bescheides vom 20. Jänner 1993 unwidersprochen festgestellt, daß der einzige Zufluß zum Tristacher See der Abfluß vom sogenannten Alten See ist. Bei diesem See, so führte die Behörde erster Instanz weiter aus, handle es sich zweifelsfrei um ein im Eigentum des Beschwerdeführers stehendes Privatgewässer, da er weder von einem öffentlichen Gewässer gespeist noch von einem solchen durchflossen werde. Bei den Zuflüssen zum Alten See handle es sich ausschließlich um private Quellen. Auch würden weder der Alte See noch dessen Abfluß im Anhang A zum WRG 1959 als öffentliche Gewässer angeführt und seien diese auch nicht vor Inkrafttreten des WRG (1934) anläßlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung als öffentliche behandelt worden. Schließlich vereinige sich der ca. 230 m lange Abfluß vom Alten See bis zu seiner Einmündung in den Tristacher See mit keinem anderen öffentlichen Gewässer. In diesen Abfluß mündeten lediglich private Quellwässer, sodaß nach § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 - nach dieser Bestimmung sind die Abflüsse aus den in den lit. a bis d genannten Gewässern, die nicht von einem öffentlichen Gewässer gespeist oder durchflossen werden, bis zu ihrer Vereinigung mit einem öffentlichen Gewässer Privatgewässer, soweit nicht die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. a und b entgegenstehen - es sich beim Abfluß vom Alten See, welcher den einzigen Zufluß des Tristacher Sees bilde, um ein Privatgewässer handle. Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung gegen den Bescheid der BH nichts vorgebracht, was gegen die Richtigkeit dieser Feststellungen spräche. Diese Feststellungen wurden von der belangten Behörde ausdrücklich in ihren Bescheid übernommen.

Da der Tristacher See weder zu dem im Anhang A zum WRG 1959 namentlich aufgezählten Gewässern gehört noch vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anläßlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung als öffentlich behandelt wurde und auch nicht von einem öffentlichen Gewässer gespeist oder durchflossen wird, handelt es sich bei diesem See gemäß § 3 Abs. 1 lit. d WRG 1959 um ein Privatgewässer.

Der Beschwerdeführer meint, aus § 3 des Tiroler Wasserrechtsgesetzes 1870, LGBl. Nr. 64/1870 und aus den Übergangsbestimmungen des § 125 Abs. 1 WRG 1934 bzw. des § 142 Abs. 2 WRG 1959 die Eigenschaft des Tristacher Sees als öffentliches Gewässer ableiten zu können.

§ 3 des Tiroler Landeswasserrechtsgesetzes 1870 lautete:

"Auch die nicht zur Fahrt mit Schiffen oder gebundenen Flössen dienenden Strecken der Ströme und Flüsse, sowie Bäche und Seen und andere fließende oder stehende Gewässer sind öffentliches Gut, in so weit sie nicht in Folge gesetzlicher Bestimmungen oder besonderer Privatrechtstitel Jemanden zugehören. Die den Besitz schützenden Vorschriften des Allgemeinen Bürgerlichen Rechtes werden dadurch nicht berührt (§ 3 des Reichsgesetzes)."

Abgesehen davon, daß nicht feststeht, ob der Tristacher See aufgrund dieser Bestimmungen bis zum 1. November 1934 (Inkrafttreten des WRG 1934) als öffentliches Gewässer im Sinne des Tiroler Landeswasserrechtsgesetzes anzusehen war, da § 3 leg. cit. Seen nur unter der Einschränkung für öffentlich erklärt, daß sie nicht "infolge gesetzlicher Bestimmungen oder besonderer Privatrechtstitel jemanden zugehören", würde auch eine Zuordnung des Tristacher Sees zu den öffentlichen Gewässern im Sinne des Tiroler Landeswasserrechtsgesetzes 1870 nicht dazu führen, daß dem Tristacher See diese Eigenschaft auch im zeitlichen Geltungsbereich des WRG 1959 zukäme, da dieses Gesetz keine Norm enthält, daß alle Gewässer, die nach den Landeswasserrechtsgesetzen als öffentlich galten, diese Eigenschaft auch im zeitlichen Geltungsbereich des WRG 1959 beibehielten. Eine solche Norm ist insbesondere auch nicht im § 142 Abs. 2 WRG 1959 in Verbindung mit § 125 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1934 zu erblicken. Nach der letztgenannten Bestimmung blieben die nach den früheren Gesetzen erworbenen Wasserbenutzungs- oder sonstigen auf Gewässer sich beziehenden Rechte sowie die hiemit verbundenen Verpflichtungen aufrecht; Ausübung und Erlöschen richteten sich nach diesem Gesetz. Dem § 125 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1934 entspricht wörtlich die Bestimmung des § 142 Abs. 2 WRG 1959.

§ 125 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1934 verwendete den Ausdruck "die nach den früheren Gesetzen ERWORBENEN Wasserbenutzungs- oder sonstigen auf Gewässer sich beziehende Rechte"; daraus folgt, daß sich diese Bestimmung nur auf individuelle, durch behördliche Bewilligungen, Legalkonzessionen, Realberechtigungen und Privilegien erworbene Rechte bezog (vgl. Raschauer, Wasserrecht, Rz 3 zu § 142). Gestützt wird diese Auffassung auch durch § 125 Abs. 3 WRG 1934 idF der WRG-Novelle 1947, BGBl. Nr. 144, der den Fortbestand der nach § 125 Abs. 1 und 2 WRG 1934 anerkannten Berechtigungen davon abhängig machte, daß ihre Eintragung im Wasserbuch, sofern sie nicht schon erfolgt war, innerhalb einer vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft durch Verordnung mit wenigstens einem Jahr zu bestimmenden Frist bei der Wasserbuchbehörde beantragt wurde. Auch daraus geht hervor, daß es sich bei den im § 125 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1934 angeführten Rechten um individuelle, durch behördliche Bewilligungen etc. erworbene Rechte handelt, da nur solche einer über Antrag erfolgenden Eintragung im Wasserbuch zugänglich waren. Der Beschwerdeführer meint, das Wort "erworbene" im § 125 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1934 beziehe sich nur auf die Wasserbenutzungsrechte, nicht aber auf die sonstigen Rechte. Diese Auffassung ist unzutreffend. Die zitierte Bestimmung unterscheidet nicht zwischen "nach den früheren Gesetzen erworbenen Wasserbenutzungsrechten" auf der einen und "sonstigen auf Gewässer sich beziehenden Rechten" auf der anderen Seite, sondern zwischen "Wasserbenutzungsrechten" und "sonstigen auf Gewässer sich beziehenden Rechten". Das Wort "erworbene" bezieht sich auf beide Kategorien von Rechten.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

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