VwGH 93/05/0178

VwGH93/05/01787.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Dr. P in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 5. Juli 1993, Zl. MD-VfR-B IV-7/93, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: R AG in Wien), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1987/028;
BauO Wr §5 Abs6 lite;
BauO Wr §76 Abs8;
BauO Wr §79 Abs6;
BauRallg;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1987/028;
BauO Wr §5 Abs6 lite;
BauO Wr §76 Abs8;
BauO Wr §79 Abs6;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und der ihr beiliegenden Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachfolgender Sachverhalt:

Aufgrund einer Baubewilligung aus dem Jahre 1885 waren auf dem Grundstück in Wien, X-Gasse 8, zwei Gebäude, nämlich ein Straßentrakt und ein Hoftrakt mit je drei Stockwerken, errichtet worden.

Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer des Grundstückes in Wien, N-Gasse 13, das punktförmig an die Liegenschaft der Bauwerberin in Wien, X-Gasse 8, angrenzt. Zwischen dem für den Zu- und Umbau vorgesehenen Straßentrakt liegt der nicht von der erteilten Baubewilligung erfaßte Hoftrakt, der ebenso wie der Straßentrakt in geschlossener Bauweise von einer seitlichen Grundgrenze zur anderen geführt ist.

In zwei nach Straßen- und Hoftrakt getrennten Verfahren ersuchte die mitbeteiligte Partei als Bauwerberin, den Ausbau des vorhandenen Altbestandes durch Dachgeschoßausbauten und Lifteinbauten zu bewilligen. Einem Antrag des Beschwerdeführers auf Verbindung beider Verfahren hat die Baubehörde erster Instanz nicht Rechnung getragen und gesondert für den Straßentrakt und den Hoftrakt jeweils den Bauausschuß der Bezirksvertretung des 4. Bezirkes mit der Bewilligung zur Abweichung von Bebauungsvorschriften gemäß § 69 Abs. 1 lit. e und l der Bauordnung für Wien (BO) befaßt, die dieser mit Bescheiden vom 7. Juli 1992 auch erteilt hat. Aufgrund der Berufung des Beschwerdeführers hat die Bauoberhörde für Wien mit Berufungsbescheid vom 22. Oktober 1992 den (bewilligenden) Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung den Hoftrakt betreffend aufgehoben. Die Berufung des Beschwerdeführers betreffend die Bewilligung gemäß § 69 Abs. 1 lit. l BO hat die belangte Behörde mit einem weiteren Bescheid vom 22. Oktober 1992 als unbegründet abgewiesen. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde des nunmehrigen Beschwerdeführers hat der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 13. April 1993, Zl. 93/05/0001, abgewiesen.

Mit einem Bescheid vom 29. März 1993 hat die Baubehörde erster Instanz für den Straßentrakt gemäß § 70 der Bauordnung für Wien in Verbindung mit § 68 Abs. 1 und 6 und § 69 Abs. 6 BO die Bewilligung erteilt, aufgrund der mit Bescheid vom 7. Juli 1992 erteilten Bewilligung für Abweichungen von Bebauungsvorschriften das Straßengebäude durch die Errichtung von zwei Dachgeschoßen aufzustocken und an der Hofseite einen Aufzugsschacht zu errichten. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden, soweit sie privatrechtlicher Natur waren, auf den Zivilrechtsweg verwiesen und soweit sie öffentlich-rechtliche Belange betrafen, wie zu hohen Bebauungsgrad und zu hohe Bebauungsdichte, als im Gesetz nicht begründet abgewiesen. Einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 5. Juli 1993 keine Folge gegeben. Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan sehe für die zu bebauende Liegenschaft die Widmung Wohngebiet, die Bauklasse III und die geschlossene Bauweise vor. Durch eine innere Baufluchtlinie, die den an der Straßenfront gelegenen Liegenschaftsteil von dem dahinter gelegenen, gärtnerisch auszugestaltenden Teil trenne, sei die unmittelbar bebaubare Bauplatzfläche beschränkt. In der geschlossenen Bauweise gelte jedoch im Gegensatz zu anderen Bauweisen keine Beschränkung auf einen bestimmten Prozentsatz der Bauplatzfläche und im konkreten Fall sehe der Bebauungsplan keine (prozentmäßige) Beschränkung vor. Daher müsse auch das Vorhaben der Aufstockung des Straßentraktes, welches als Zu- und Umbau im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a BO zu werten sei, nicht dahin überprüft werden, ob unter Einbeziehung eines bereits vorhandenen konsentierten Bestandes eine übermäßig große Fläche des Bauplatzes unmittelbar bebaut werde. Der seinerzeit rechtmäßig entstandene, nun aber mit dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan nicht übereinstimmende Hoftrakt bleibe daher bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Bauführung im Straßentrakt außer Betracht. Der Straßentrakt selbst überschreite zwar geringfügig die innere Baufluchtlinie, doch sei dafür vom Bauausschuß der Bezirksvertretung des 4. Bezirks eine Ausnahme gewährt worden, die der Beschwerdeführer ausdrücklich nicht bekämpft habe. Bekämpft habe er lediglich die Gewährung einer Ausnahme, welche die Errichtung eines zweiten Dachgeschoßes ermögliche, doch stehe aufgrund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. April 1993 fest, daß ihn diese Ausnahme in keinem subjektiv-öffentlichen Recht berühre. Mit Rücksicht auf die erteilten Ausnahmen entspreche das Bauvorhaben den Bebauungsbestimmungen. Es halte insbesondere auch die in der Bauklasse III zulässige Gebäudehöhe von 16 m ein, die gemäß § 81 Abs. 1 BO ab der Höhenlage der Karolinengasse zu messen sei. Die Überschreitung des Gebäudeumrisses an der Hoffront durch den Aufzugstriebwerksraum finde im § 81 Abs. 6 BO ihre Deckung. Im übrigen habe der Beschwerdeführer gar nicht behauptet, daß das Bauwerk als solches zu hoch sei. Er erachtet sich vielmehr dadurch beschwert, daß eine übermäßige Bebauungsdichte entstehe, womit offenbar das Ausmaß der insgesamt benützbaren Geschoßflächen gemeint gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Nach dem geltend gemachten Beschwerdepunkt erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem nachbarlichen Recht auf Nichterteilung einer Baubewilligung wegen bereits erfolgter Überschreitung der inneren Baufluchtlinie durch den auf demselben Bauplatz bestehenden Hoftrakt verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu der im Beschwerdefall anzuwendenden Gesetzeslage hinsichtlich des § 69 Abs. 1 der Bauordnung für Wien wird gemäß § 43 VwGG auf die diesbezüglichen Ausführungen im bereits zitierten hg. Erkenntnis vom 13. April 1993, Zl. 93/05/0001, verwiesen.

Gemäß § 134 Abs. 3 Bauordnung für Wien in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 34/1992 sind im Baubewilligungsverfahren außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien; ferner sind die Eigentümer (Miteigentümer) der benachbarten Liegenschaften dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre in diesem Gesetz festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berühren. Solche Rechte werden durch jene Bestimmungen begründet, die dem Schutz der Nachbarn dienen; hiezu zählen jedenfalls alle Bestimmungen des Bebauungsplanes für die Bebauung der Liegenschaft sowie alle jene Bestimmungen, die Rechte zum Schutz vor Gefahren und Belästigungen, die sich auf die Nachbargrundstücke erstrecken können, zum Inhalt haben.

Nun steht dem Nachbarn sowohl ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der inneren Baufluchtlinie (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1964, Slg. 4.898) als auch auf Freihaltung einer gärtnerisch auszugestaltenden Flächen zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. März 1967, Slg. N.F. Nr. 7.101/A). Mit Rücksicht auf die erteilte Ausnahme gemäß § 69 Abs. 1 lit. e BO entspricht aber der Straßentrakt auch hinsichtlich des Liftzubaues den Bebauungsbestimmungen. Im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes erachtet sich der Beschwerdeführer dadurch beschwert, daß bei der Erteilung der Baubewilligung für den Zu- und Umbau unberücksichtigt blieb, daß der Hoftrakt zum Bebauungsplan im Widerspruch steht und daher auf dem gesamten Bauplatz keine weiteren Bauten mehr bewilligt werden dürften. Diese Rechtsansicht vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen. Das beschwerdegegenständliche Verfahren bezieht sich einzig und allein auf den Straßentrakt, Zu- oder Umbauten im Bereich des Hoftraktes sind nicht Gegenstand der in Beschwerde gezogenen Baubewilligung. Der Wiener Bauordnung in der hier anzuwendenden Fassung kann keine Regelung entnommen werden, wonach bei geringfügigen Zubauten an einem Straßentrakt, der völlig getrennt von einem Hoftrakt errichtet wurde, dieser konsentierte Hoftrakt abgebrochen oder zumindest, wie der Beschwerdeführer meint, bei der Ausnutzbarkeit des Bauplatzes in der geschlossenen Bauweise berücksichtigt werden müßte. In der geschlossenen Bauweise ist grundsätzlich (sofern nicht im Bebauungsplan gemäß § 5 Abs. 4 lit. d BO eine Beschränkung der Ausnützbarkeit des Bauplatzes festgelegt ist) die Verbauung der Liegenschaft von einer seitlichen Grundgrenze zur anderen OHNE Beschränkung auf einen bestimmten Prozentsatz der Bauplatzfläche zulässig, was hier nicht der Fall ist.

Durch den Umstand, daß der Hoftrakt, der als konsentierter Altbestand durch die nunmehr beabsichtigte Bauführung nicht berührt wird, weiterhin bestehen und unberücksichtigt bleibt, und aufgrund der rechtskräftigen Bewilligung gemäß § 69 Abs. 1 lit. e BO für den Zubau einer Liftanlage deren Errichtung bewilligt wurde, ist daher der Beschwerdeführer im geltend gemachten Beschwerdepunkt in keinem Recht verletzt.

Da somit bereits das Beschwerdevorbringen erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

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