Normen
AVG §38;
GewO 1973 §77 Abs1;
ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z1;
AVG §38;
GewO 1973 §77 Abs1;
ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Über Ansuchen der mitbeteiligten Partei vom 14. Februar 1990 um gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für ein Tonstudio im Standort X, B-Gasse 9, erteilte die Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf mit Bescheid vom 25. Oktober 1990 die Betriebsanlagengenehmigung. Unter anderem behielt sie eine Betriebsbewilligung vor und ließ einen Probebetrieb von einem Jahr zu.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung.
Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 25. Oktober 1990 wurde sodann vom Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom 16. Jänner 1991 (mit Ausnahme der Vorschreibung der Kommissiongebühren und Barauslagen) gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verwiesen.
In der Folge erging der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 20. Jänner 1992, mit dem der mitbeteiligten Partei die Errichtung und der Betrieb einer Betriebsanlage für die Herstellung und Vervielfältigung von Tonaufnahmen (Tonstudio) im Standort X, B-Gasse 9, bewilligt wurde. Die Bewilligung erfolgte unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen. Die Auflage 6. hatte hiebei folgenden Wortlaut:
"Auf Eigengrund sind zwei Pkw-Abstellplätze einzurichten und sind die Besucher darauf hinzuweisen, daß diese Abstellplätze zu benützen sind. Ein entsprechender Anschlag ist beim Zufahrtstor anzubringen."
Der gegen diesen Bescheid von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom 16. Juni 1992 keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 20. Jänner 1992.
Der gegen diesen Bescheid von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung wurde mit dem Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 19. Jänner 1993 insofern Folge gegeben, als die Auflage unter Punkt 6. des dem mit Berufung bekämpften Bescheid zugrundeliegenden Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 20. Jänner 1992 behoben wurde.
Die Begründung dieses Bescheides kann dahingehend zusammengefaßt werden, die Betriebsliegenschaft sei als Bauland-Wohngebiet gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1
NÖ Raumordnungsgesetz 1976 gewidmet. Nach der Bezug habenden Raumordnungsbestimmung seien Wohngebiete auch für Betriebe bestimmt, "welche keine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Lärm- und Geruchsbelästigung sowie sonstige schädliche Einwirkungen auf die Umgebung verursachen können". Zu dieser Flächenwidmungsnorm sei festzuhalten, daß sie kein absolutes Verbot für das Errichten und Betreiben der gegenständlichen Betriebsanlage enthält, sondern vielmehr "einer subjektiven Wertung" bedürfe. Diese sei jedoch von der Baubehörde, die als Landesbehörde die Flächenwidmungsbestimmungen auch zu vollziehen habe, vorzunehmen und nicht von der Gewerbebehörde, die die Auswirkungen der Betriebsanlage nicht nach den Normen der Flächenwidmung, sondern ausschließlich nach den Bestimmungen des § 77 Abs. 1 und 2 GewO 1973 vorzunehmen habe. Unter Zugrundelegung der Ergebnisse der Augenscheinsverhandlung der Gewerbebehörde dritter Instanz und der Amtssachverständigengutachten sei davon auszugehen, daß auf Grund des Betriebes der gegenständlichen Betriebsanlage als Tonstudio in der mit dem angefochtenen Bescheid genehmigten Form - bei konsensgemäßem Betrieb - keinerlei Immissionen auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer zu erwarten seien. Es fehle somit an der elementaren Voraussetzung, daß die gegenständliche Betriebsanlage geeignet sei, solche Lärmimmissionen hervorzurufen, die eine Gefährdung der Gesundheit oder eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens bewirken könnten. Die Auflage unter Punkt 6. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 20. Jänner 1992 sei behoben worden, weil weder in dem genannten Bescheid dafür eine Begründung geliefert worden sei, noch ein Zusammenhang mit dem gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 zu schützenden Interessen gesehen werden könne. Vielmehr gebe es keine Norm für das Betriebsanlagengenehmigungsverfahren, daß für bestimmte Betriebsanlagen Pkw-Abstellplätze auf Eigengrund einzurichten seien. Durch die Streichung dieser Auflage sei insofern für die Nachbarn auch eine Verbesserung eingetreten, daß die höchsten, im Zusammenhang mit der Betriebsanlage stehenden Lärmimmissionen, die im Zuge der Augenscheinsverhandlung vom 16. Dezember 1992 erhoben worden seien, damit verhindert würden. Würden zur Betriebsanlage zufahrende Kraftfahrzeuge in einer näher bezeichneten Gasse abgestellt (wo offensichtlich genügend Platz dafür sei), seien die für die beschwerdeführenden Nachbarn in Erscheinung tretenden Lärmquellen von deren Grundstück weiter entfernt als die vorgeschriebenen Stellplätze auf dem Grundstück der Betriebsanlage und außerdem dieser nicht mehr zuzurechnen, weil sie ihren Ursprung auf einer öffentlichen Verkehrsfläche hätten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer erachten sich "in ihren Nachbarrechten verletzt, wie diese gem. § 16 Abs. 1 Z. 1 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 sowie § 77 Abs. 1 und 2 der Gewerbeordnung 1973 normiert sind". Sie bringen hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, im baubehördlichen Bewilligungsverfahren sei "von den beiden Gemeindebaubehörden im Instanzenzug der Bau jeweils bewilligt" worden. Auf Grund der Vorstellung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde X vom 16. Mai 1991 sei mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 10. März 1993 der Vorstellung stattgegeben worden und es sei der Bescheid vom 16. Mai 1991 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Marktgemeinde X verwiesen worden. Es liege daher eine rechtskräftige Baubewilligung nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten in beiden Rechtsgängen immer wieder darauf verwiesen, daß die gegenständliche Betriebsanlage aus dem Grunde des § 77 GewO 1973 im Zusammenhang mit § 16 Abs. 3 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 im Bauland-Wohngebiet aus rechtlichen Gründen unzulässig sei. Es sei nun schon aus faktischer Sicht nach Auffassung der Beschwerdeführer unzulässig, einen Gewerbebetrieb zu bewilligen, ohne daß eine rechtskräftige baubehördliche Genehmigung vorliege. Es sei jedenfalls rechtswidrig, bei Erfüllung von Auflagen den Betrieb zu genehmigen, ohne auf den Stand des Bauvorhabens Bedacht zu nehmen. Dieses Bauvorhaben sei aber den Behörden sämtlicher Instanzen bekannt gewesen, ebenso, daß dieses noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei. Der angefochtene Bescheid habe sich daher durch Unterlassung der Bedachtnahme auf den Stand des Bauverfahrens, welcher jedenfalls die Genehmigung des Gewerbebetriebes ausschlösse, einer Verletzung von wesentlichen Verfahrensvorschriften zum Nachteil der Beschwerdeführer zu Schulden kommen lassen. Der angefochtene Bescheid übersehe in seiner Begründung und auch im Spruch die Beurteilung des von den Beschwerdeführern immer wieder ins Treffen geführten Umstandes, daß jedenfalls ein Betrieb vorläge, bei welchem Lärmentwicklungen nicht ausgeschlossen werden könnten. Hieraus habe die NÖ Landesregierung mit Bescheid vom 10. März 1993 den rechtlich zutreffenden und eindeutigen Schluß gezogen: "Daraus ergibt sich, daß der Betrieb eines Tonstudios im Bauland-Wohngebiet unzulässig ist (S. 3, Abs. 3, Satz 2)." Nach der richtigen Rechtsauffassung der NÖ Landesregierung könne dieser Umstand auch durch die Vorschreibung von Auflagen nicht aus der Welt geschafft und daher der Betrieb des Tonstudios im Bauland-Wohngebiet, wie dies unbestrittenermaßen für die gegenständliche Betriebsanlagenörtlichkeit gegeben sei, zulässig gemacht werden. Die Begründung des Bescheides der NÖ Landesregierung vom 10. März 1993 sei schlüssig und zutreffend. Mit dem gegenständlichen Betriebstyp seien notwendigerweise Emissionen verbunden, die zunächst ein unzumutbares Ausmaß zumindest erreichen könnten. Im Rahmen der staatlichen Verwaltung sei es aber undenkbar und würde es eine völlige Rechtsunsicherheit bewirken, wenn sich zwei letztinstanzliche Behörden auf derart divergierende Rechtsstandpunkte stellten, daß die Oberbehörde im Landesbereich den Betrieb einer derartigen Anlage im gegenständlich gewidmeten Raum grundsätzlich für unzulässig hielte, eine andere aber (wenn auch unter Setzung von Auflagen) schlechthin genehmige. Bezeichnenderweise habe der angefochtene Bescheid (wenngleich auch dies nach Auffassung der Beschwerdeführer unzulässig wäre) nicht einmal einen Probebetrieb normiert, geschweige denn diesen vom Vorliegen baubehördlicher Bewilligungen abhängig gemacht. Das Ergebnis sei jedenfalls unhaltbar, weil es die Zulässigkeit eines unzulässigen Betriebes bewirken würde. Nach Auffassung der Beschwerdeführer sei daher die Rechtsansicht richtig, daß schon nach § 16 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 im Zusammenhalt mit § 77 GewO 1973 die Genehmigung der gegenständlichen Betriebsanlage am gewählten Standort schlechthin unzulässig sei, wie dies die Beschwerdeführer immer wieder betont hätten. Alle Ausführungen der Gewerbebehörden hinsichtlich der Messung von Lärmeinwirkungen gingen daher aus rechtlicher Sicht ins Leere und würden einen rechtswidrigen Zustand nicht zu sanieren vermögen. Insgesamt erscheine es daher unzulässig, eine Betriebsanlage zu genehmigen, die schon aus baubehördlicher Sicht grundsätzlich einer Genehmigung unter dem Blickwinkel der Raumordnung am Betriebsstandort nicht zugänglich sei.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.
Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1973 - in seiner hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993 - ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen, die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die Betriebsanlage darf nicht für einen Standort genehmigt werden, in dem das Errichten oder Betreiben der Betriebsanlage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag durch Rechtsvorschriften verboten ist.
Was das Beschwerdevorbringen im Zusammenhang mit der bestehenden Flächenwidmung anlangt, so käme einer solchen tatbestandsmäßige Bedeutung als "Rechtsvorschrift" nur im Rahmen der der Behörde obliegenden Prüfung im Sinne des § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 zu, wonach die Betriebsanlage nicht für einen Standort genehmigt werden darf, in dem das Errichten oder Betreiben der Betriebsanlage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag durch Rechtsvorschriften verboten ist, wobei aber ein derartiger Umstand - wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat - nicht die im § 74 Abs. 2 im Zusammenhalt mit § 356 Abs. 3 GewO 1973 normierten subjektiv öffentlich-rechtlichen Nachbarrechte betrifft (vgl. hiezu etwa schon das hg. Erkenntnis vom 14. November 1989, Slg. N.F. Nr. 13.064/A). Ausgehend davon kommt aber dem dargstellten, im Zusammenhalt mit der Grundstückswidmung der Betriebsanlage erstatteten Vorbringen der Beschwerdeführer keine rechtliche Relevanz zu.
Verfehlt ist aber auch das dahingehende Beschwerdevorbringen, es sei unzulässig, eine Betriebsanlage zu genehmigen, die schon aus baubehördlicher Sicht grundsätzlich einer Genehmigung unter dem Blickwinkel der Raumordnung am Betriebsstandort nicht zugänglich sei. Die Gewerbebehörden haben nämlich die Genehmigungsfähigkeit einer Betriebsanlage ausgehend von dem sich im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides ergebenden relevanten Sachverhalt ausschließlich nach den hiefür in Betracht kommenden gewerberechtlichen Vorschriften zu beurteilen. Danach ergibt sich aber weder eine gesetzliche Grundlage dafür, daß die belangte Behörde etwa mit ihrer Entscheidung bis zu einer baubehördlichen Genehmigung des in Rede stehenden "Tonstudios" zuzuwarten bzw. die Frage der Genehmigungsfähgikeit einer derartigen Anlage als Vorfrage im Sinne des § 38 AVG zu beurteilen gehabt hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/04/0013).
Vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens - das lediglich auf den "Betriebstyp" abstellt und nicht auf die konkrete, vom Antrag der mitbeteiligten Partei erfaßte Betriebsanlage - und ausgehend von der für den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Rechtslage vermag aber der Verwaltungsgerichtshof in der Annahme der belangten Behörde eine Rechtswidrigkeit nicht zu erkennen, wenn sie unter Darlegung der für die Betriebsliegenschaft und die Nachbarliegenschaft maßgeblichen tatsächlichen örtlichen Verhältnisse zu dem Schluß kam, daß für die Beschwerdeführer keine unzumutbaren Lärmimmissionen gegeben seien.
Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen des dargestellten, für die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof relevanten Beschwerdepunktes als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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