VwGH 92/17/0239

VwGH92/17/023928.5.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 25. August 1992, Zl. UVS-05/26/00151/92, betreffend Zurückweisung einer Berufung i. A. Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
ZustG §17 Abs3;
ZustG §17 Abs4;
ZustG §21 Abs2;
AVG §71 Abs1 Z1;
ZustG §17 Abs3;
ZustG §17 Abs4;
ZustG §21 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 5. Dezember 1991 wurde der Beschwerdeführer unter näherer Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat einer Übertretung des § 1 Abs. 3 des Parkometergesetzes, LGBl. für Wien Nr. 47/1974, für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in Höhe von S 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 17 Stunden) verhängt.

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers vom 9. Jänner 1992 wurde mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 25. August 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurückgewiesen, weil die Zustellung durch Hinterlegung am 23. Dezember 1991 erfolgt sei und daher die zweiwöchige Rechtsmittelfrist am 7. Jänner 1992 geendet habe.

In der vorliegenden Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer führt aus, daß er am 23. Dezember 1991 in der Früh seine Wohnung in W, A-Straße, verlassen und den Vormittag dieses Tages in seinem Büro in W, S-Gasse, verbracht habe. Vom Büro sei er direkt nach M in Oberösterreich gefahren, um die Weihnachtsfeiertage vom 23. Dezember 1991 nachmittags bis einschließlich 6. Jänner 1992 bei seinen Schwiegereltern zu verbringen. Nach seiner Rückkehr aus den Weihnachtsferien habe er die Hinterlegungsanzeige vorgefunden, unverzüglich das Straferkenntnis behoben und eine Berufung verfaßt, die er am 9. Jänner 1992 zur Post gegeben habe.

Die im gegenständlichen Fall maßgebenden Bestimmungen des § 17 Abs. 1, 2 und 3 des Zustellgesetzes lauten:

"(1) Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt

werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der

Empfänger ... regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist

das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim

zuständigen Postamt ... zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu

verständigen. Die Verständigung ist in dem für die Abgabestelle

bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach)

einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen. ... Sie hat den

Ort zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn

sich ergibt, daß der Empfänger ... wegen Abwesenheit von der

Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte."

Maßgebend für die Frage, ob die Berufung verspätet eingebracht wurde oder nicht, ist der Umstand, ob durch die mit Beginn der Abholfrist am 23. Dezember 1991 vorgenommene Hinterlegung eine rechtswirksame Zustellung, die den Lauf der Rechtsmittelfrist in Gang setzte, erfolgte, oder ob die Zustellwirkung deshalb erst zu einem späteren Zeitpunkt eingetreten ist, weil der Empfänger nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte.

Daß der Beschwerdeführer am Tage des Zustellversuches, nämlich dem 20. Dezember 1991, (bereits) von der Abgabestelle abwesend gewesen sei, wird von ihm gar nicht behauptet. Durch die beim Zustellversuch am 20. Dezember 1991 erfolgte (im Hausbrieffach eingelegte) Verständigung von der Hinterlegung konnte der Beschwerdeführer somit Kenntnis davon erlangen, daß ihm ein behördliches Schriftstück zugestellt werden soll. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an (§ 17 Abs. 4 Zustellgesetz). Diese Möglichkeit bewirkt aber, daß die Hinterlegung die rechtswirksame Zustellung der Sendung auch dann zur Folge hat, wenn der Empfänger zur Zeit der Hinterlegung von der Abgabestelle abwesend ist (vgl. sinngemäß u. a. das hg. Erkenntnis vom 1. Februar 1989, Zl. 88/03/0211). Davon, ob und wann eine gemäß § 17 Abs. 3 dritter Satz Zustellgesetz rechtswirksam hinterlegte Sendung vom Empfänger behoben wird und ob hiebei Hindernisse auftreten, wird die Rechtswirksamkeit der Zustellung nicht abhängig gemacht; es können vielmehr derartige Umstände allenfalls einen Wiedereinsetzungsgrund gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG bilden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1992, Zl. 91/01/0193).

Die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, die Zustellung sei erst am 7. Jänner 1992 als bewirkt anzusehen, ist daher verfehlt.

Die am 9. Jänner 1992, also nach Ablauf der zweiwöchigen Berufungsfrist, erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde daher von der belangten Behörde zu Recht als verspätet zurückgewiesen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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