Normen
ABGB §914;
GebG 1957 §15 Abs1;
GebG 1957 §17 Abs1;
GebG 1957 §17 Abs2;
GebG 1957 §17 Abs5;
GebG 1957 §33 TP21 Abs1 Z2;
VwRallg;
ABGB §914;
GebG 1957 §15 Abs1;
GebG 1957 §17 Abs1;
GebG 1957 §17 Abs2;
GebG 1957 §17 Abs5;
GebG 1957 §33 TP21 Abs1 Z2;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Dem Beschwerdefall liegt eine mit 11. August 1989 datierte Urkunde zugrunde, derzufolge Ing. Fritz E. als "Verkäufer" und die Beschwerdeführerin als "Käuferin" einen "Rahmenvertrag" abgeschlossen haben. Unter Punkt I. des Vertrages wird ausgeführt, Ing. Fritz E. sei alleiniger Gesellschafter der W. GmbH. Die W. GmbH sei alleiniger Gesellschafter von fünf im einzelnen angeführten Gesellschaften mit beschränkter Haftung, "im folgenden kurz St.-Gruppe genannt". Die Punkte III. und X. des "Rahmenvertrages" lauten:
"III.
Kaufgegenstand
Mit notariellem Abtretungsvertrag wird Zug um Zug gegen Unterfertigung dieser Kaufvereinbarung Herr Ing. Fritz E. einen Teil seines Geschäftsanteiles an der prot. Firma W. Gesellschaft m.b.H., der einer im Betrag von S 190.000,-- bar einbezahlten Stammeinlage im Nennbetrag von S 380.000,-- entspricht, um den Abtretungspreis von S 1,000.000,-- (in Worten: Schilling eine Million) an die prot. Firma Sch. Gesellschaft m.b.H. & Co. KG abtreten, und diese wird die Vertragsannahme erklären.
X.
Bezahlung des Kaufpreises
Die Käuferin verpflichtet sich, nachstehende Zahlungen zu
leisten:
1. Bezahlung sämtlicher Lieferverbindlichkeiten der St.-Gruppe
an die P. AG in Höhe von S 4,506.769,20
bis längstens 14. 9. 1989 gemäß Punkt IV.
2. Rückzahlung des Kredites bei der E. Bank, Konto
Nr. 4240.5610 in Höhe von S 4,404.621,99,
sodaß die Haftung des Herrn Ing. Fritz E. zur Gänze gemäß Punkt IV. erlischt.
3. Bezahlung der mit der P. AG, der W. Gesellschaft m.b.H. und sämtlichen Unternehmen der St.-Gruppe vereinbarten Kosten für
Werkzeuge in Höhe von S 2,786.010,81
bis längstens 13. 10. 1989 gemäß Punkt IV.
Die Käuferin verzichtet auf jede Anfechtung wegen Gewährleistung und Irrtums hinsichtlich dieser Verträge.
4. Bezahlung des Abtretungspreises, für die Abtretung der Geschäftsanteile des Herrn Ing. Fritz E. an der prot. Firma W. Gesellschaft m.b.H., die einer im Betrag von S 190.000,-- bar einbezahlten Stammeinlage im Nennbetrag von S 380.000,--
entsprechen, in Höhe von S 1,000.000,--
bei Vertragsunterfertigung.
5. Bezahlung der Provisionsansprüche aufgrund geleisteter Vorbereitungsarbeiten in Polen an eine von Herrn Ing. Fritz E.
namhaft zu machende Person für deren Tätigkeiten in Höhe
von S 5,000.000,--
(in Worten: Schilling fünf Millionen) bis längstens 30. 9. 1989
6. Bezahlung der Abfertigungsansprüche von Frau Ilse E. an
St. Gesellschaft m.b.H. bei Vertragsunterfertigung
S 446.598,--
sohin insgesamter Kaufpreis S 18.144.000,--
(in Worten: Schilling achtzehn Millionen
einhundertvierundvierzigtausend)."
In Punkt I. einer weiteren als "Abtretungsvertrag" bezeichneten Urkunde ebenfalls vom 11. August 1989 wurde vereinbart, daß Ing. Fritz E. von seinem Geschäftsanteil an der W. GmbH einen Teil, der einer mit dem Betrag von S 190.000,-- bar eingezahlten Stammeinlage im Nennbetrag von S 380.000,-- entspricht, um den Abtretungspreis von S 1,000.000,-- an die Beschwerdeführerin abtritt.
Das Finanzamt bemaß die Rechtsgebühr im Sinne des § 33 TP 21 Abs 1 Z 2 GebG 1957 mit vorläufigem Bescheid nach einer Bemessungsgrundlage von S 18,144.000,--.
Gegen den Gebührenbescheid wurde Berufung erhoben. In einem die Berufung ergänzenden Schriftsatz wurde ausgeführt, bei der Bezahlung der Lieferverbindlichkeiten an die P. AG und bei der Rückzahlung des Kredites bei der E. Bank handle es sich um reine Umschuldungen. Die Provisionsansprüche für Polengeschäfte hätten erbrachte oder noch zu erbringende Leistungen vorausgesetzt. Die Provision sei noch nicht ausgezahlt worden. Die Bezahlung der Abfertigungsansprüche der Ilse E. habe sich auf Grund der Auflösung des Dienstverhältnisses ergeben.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde führte in der Begründung dieses Bescheides aus, im "Rahmenvertrag" sei das Verpflichtungsgeschäft der vorliegenden Abtretung niedergelegt. Diesem Rahmenvertrag sei auch das Entgelt für die Abtretung zu entnehmen.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 TP 21 Abs 1 Z 2 GebG 1957 idF vor dem Abgabenänderungsgesetz 1989, BGBl. Nr. 660, Abschnitt VI, unterliegen Zessionen von Anteilen an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung einer Rechtsgebühr in Höhe von 2 v.H. vom Werte des Entgeltes.
Gemäß § 17 Abs 1 GebG 1957 ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.
Soweit sich die Beschwerdeführerin zunächst auf den für die Auslegung von Verträgen maßgebenden § 914 ABGB beruft, ist ihr entgegenzuhalten, daß unter der nach dieser Bestimmung zu erforschenden Absicht der Parteien nicht die Auffassung einer Partei oder ein nicht erklärter und nicht kontrollierbarer Parteiwille, sondern nichts anderes als der Geschäftszweck zu verstehen ist, den jede der vertragschließenden Parteien redlicherweise der Vereinbarung unterstellen muß (vgl die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. April 1986, 84/15/0140, und vom 9. Oktober 1991, 89/13/0098). Nach § 914 ABGB ist also dann, wenn ein Vertrag oder eine Erklärung ausgelegt wird, nicht zu erforschen, welchen subjektiven, dem Partner nicht erkennbaren Willen die erklärende Partei hatte, sondern nur, wie der andere Vertragsteil die Erklärung verstehen mußte (vgl die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 13. Februar 1979, 2 Ob 578/78, JBl 1979, 596). Im Hinblick darauf, daß nach § 17 Abs 1 GebG 1957 für die Beurteilung der Gebührenschuld der schriftlich festgelegte Inhalt der Urkunde maßgebend ist (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1985, 84/15/0077), war somit die belangte Behörde nicht gehalten, die Schriftenverfasser oder die Parteien über Motivation und einen (vom Urkundeninhalt allenfalls abweichenden) Willen der Parteien zu befragen, zumal von der Beschwerdeführerin im Abgabenverfahren kein Beweisthema für die beantragte Vernehmung der Schriftenverfasser genannt worden ist. Im Zusammenhang ist darauf zu verweisen, daß die von der Beschwerdeführerin angeführten Vorschriften des AVG im Verfahren zur Erhebung von bundesrechtlich geregelten Abgaben nicht zur Anwendung kommen.
Bemessungsgrundlage der Rechtsgebühr nach § 33 TP 21 Abs 1 Z 2 GebG 1957 ist - zunächst - das Entgelt; das sind alle jene Leistungen, die der Erwerber der Anteile dafür zu erbringen hat - gleichgültig, an wen auch immer -, daß er die Geschäftsanteile an der GmbH erhält (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Oktober 1987, 86/15/0117).
In der dem Beschwerdefall zugrunde liegenden, als "Rahmenvertrag" bezeichneten Urkunde wird in Punkt X. der Betrag von S 18,144.000,-- ausdrücklich als "Kaufpreis" bezeichnet. Diesen Betrag hatte die Beschwerdeführerin zu leisten, um die im Punkt III. des Vertrages bezeichneten GmbH-Anteile zu erhalten. Dieser zwischen den Vertragspartnern vereinbarte Betrag stellt damit das Entgelt im Sinne des § 33 TP 21 Abs 1 Z 2 GebG 1957 dar.
Im Gegensatz zu der Auffassung der Beschwerdeführerin sind damit die im Punkt X. getroffenen Vereinbarungen über die Berichtigung des "Kaufpreises" nicht maßgebend. So ist insbesondere hinsichtlich der Teilbeträge von S 4,506.769,20 (Lieferverbindlichkeiten der St.-Gruppe gegenüber der P. AG), von S 4,404.621.99 (Kreditverbindlichkeit der St. GmbH, eine der Gesellschaften der St.-Gruppe) und von S 2,786.010,81 (Verbindlichkeiten der St. GmbH gegenüber der P. AG als "Kosten für Werkzeuge") nicht von Bedeutung, daß es sich dabei um Verbindlichkeiten Dritter handelte. Da der Rechtsgebühr das zwischen der Beschwerdeführerin und Ing. Fritz E.
abgeschlossene Verpflichtungsgeschäft unterliegt, kann von einem "Durchgriff" auf die W. GmbH keine Rede sein.
Ob die angeführten Verbindlichkeiten tatsächlich von der Beschwerdeführerin bezahlt worden sind, ist entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin gleichfalls nicht maßgebend. Wie das beurkundete Rechtsgeschäft ausgeführt wird, berührt nämlich die bereits entstandene Gebührenschuld nicht (vgl zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1991, 90/15/0101). Der Umstand, daß die Beschwerdeführerin von den Schuldnern der Lieferverbindlichkeiten allenfalls den Ersatz ihrer Leistungen verlangen konnte, steht in keinem Zusammenhang mit der Vereinbarung des Entgelts für die in Rede stehenden GmbH-Anteile.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist auch die Übernahme der Provisionsverbindlichkeiten aus einer Geschäftsverbindung mit Polen keine "gesonderte Vereinbarung"; vielmehr stellt Punkt X. Z 5 der Urkunde lediglich die Erfüllung des vereinbarten Übernahmspreises dar. Der Umstand, daß die Vereinbarung über die Provisionsansprüche mit einer Zusatzvereinbarung vom 12. September 1991 aufgehoben worden sein soll, ist ohne Bedeutung, weil auch die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben der Ausführung des Rechtsgeschäftes die entstandene Gebührenschuld nicht aufhebt (vgl § 17 Abs 5 GebG 1957).
Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, es sei im Sinne des § 17 Abs 2 GebG 1957 der Gegenbeweis zu führen gewesen, daß das Rechtsgeschäft über die "Polenprovision" nicht zustande gekommen sei, ist in mehrfacher Hinsicht unbegründet:
Voraussetzung für die Anwendung des § 17 Abs 2 GebG 1957 ist, daß der Urkundeninhalt nicht deutlich ist. § 17 Abs 2 GebG 1957 greift also nur in jenen Fällen ein, in denen die Urkunde Aussagen enthält, die verschiedene Deutungen zulassen (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Juni 1991, 90/15/0019). Von einem derartigen undeutlichen Urkundeninhalt hinsichtlich der Übernahme einer "Polenprovision" kann im Beschwerdefall keine Rede sein. Versuchte die Beschwerdeführerin dabei nicht einmal, einen Gegenbeweis im Sinne des § 17 Abs 2 GebG 1957 anzubieten, so war die Behörde zu weiteren Ermittlungen bzw Feststellungen nicht verpflichtet (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 1987, 85/15/0102).
Schließlich wurde auch die Bezahlung von Abfertigungsansprüchen der Ilse E. gegenüber der St. GmbH bei der Vertragsunterfertigung ausdrücklich als eine Zahlung auf den vereinbarten "Kaufpreis" bezeichnet, sodaß von einem "gesonderten Geschäft" keine Rede sein kann.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.
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