VwGH 92/08/0135

VwGH92/08/013519.10.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Müller als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde des AL in G, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 29. April 1992, Zl. 9-18 La 1-1992/11, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Normen

SHG Stmk 1977 §46 Abs3;
SHG Stmk 1977 §46 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 3. November 1978 erkannte die Bezirkshauptmannschaft Weiz dem Beschwerdeführer, "wohnhaft in K" gemäß § 7 des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 1/1977 (SHG), Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form monatlicher Geldleistungen in näher genannter Höhe zu.

Mit Bescheid vom 19. Februar 1992 stellte die Bezirkshauptmannschaft Weiz gemäß den §§ 4, 7, 8, 43 und 46 SHG die dem Beschwerdeführer, "wohnhaft in G" mit Bescheid vom 3. November 1978 zuerkannte monatliche Geldleistung mit 31. August 1991 ein. Begründet wurde die Entscheidung damit, daß dem Beschwerdeführer mit den Bescheiden der Sozialversicherungsanstalt der Bauern vom 15. Jänner und 3. Februar 1992 eine Pension ab 1. September 1991 in der Höhe von S 5.820,-- und ab 1. Jänner 1992 von S 6.305,-- zuerkannt worden sei. Da diese Pension wesentlich den Betrag der gewährten Sozialhilfe und auch die Höhe des gegenwärtig gültigen Richtsatzes übersteige und somit der Lebensbedarf des Beschwerdeführers durch die Pensionsgewährung künftig gedeckt sei, lägen die Voraussetzungen der §§ 4 ff SHG nicht mehr vor. Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit führte die belangte Behörde in der Bescheidbegründung aus, daß sich der Beschwerdeführer nun schon seit einigen Jahren in G aufhalte und seit dieser Zeit von ihm auch bei der erstinstanzlichen Behörde kein Antrag mehr nach dem SHG gestellt worden sei. Daher erübrige es sich auch darauf einzugehen, ob eine Erhöhung der monatlichen Geldleistung vorzunehmen gewesen wäre oder nicht. Eine Entscheidung darüber wäre jedenfalls nicht von der erstinstanzlichen Behörde, sondern vom dafür örtlich zuständigen Magistrat G zu treffen gewesen. Die "Familie L" halte sich schon seit Jahren nicht mehr in K auf, weshalb gemäß § 46 Abs. 3 SHG keine Zuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er aus mehreren Gründen die Voraussetzungen für eine Einstellung der ihm gewährten Dauerleistung nach dem SHG bestritt. Zur örtlichen Zuständigkeit vertrat er die Auffassung, daß nach wie vor der Sozialhilfeverband Weiz zuständig sei, da er mit seiner Familie zwangsläufig von seinem Wohnsitz in K vertrieben worden sei und keinen bleibenden Wohnsitz in G habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und änderte den bekämpften Bescheid dahin ab, daß die zuerkannte Leistung von (derzeit) S 3.580,-- mit 29. Februar 1992 eingestellt werde. Begründet wurde die Entscheidung in Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen damit, daß zwar die erstinstanzliche Behörde mit Recht die Auffassung vertreten habe, es stehe dem Beschwerdeführer ab 1. September 1991 kein Anspruch mehr auf Sozialhilfe zu, dabei aber übersehen habe, daß eine rückwirkende Einstellung einer Leistung im Rahmen der Sozialhilfe nicht möglich sei. Es sei daher die Leistung erst mit 29. Febraur 1992 einzustellen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 gebildeten Dreiersenat erwogen:

Gemäß § 46 Abs. 1 SHG entscheidet in behördlichen Angelegenheiten der Sozialhilfe in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde, über dagegen eingebrachte Berufungen die Landesregierung. Nach § 46 Abs. 3 leg. cit. richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Aufenthalt des Hilfsbedürftigen.

Der Beschwerdeführer hat die Feststellung der erstinstanzlichen Behörde, daß er sich nun schon seit einigen Jahren in G aufhalte, nicht bestritten. Er hat dazu in der Berufung sowie in seiner Niederschrift im Berufungsverfahren vom 7. April 1992 lediglich vorgebracht, daß er mit seiner Familie (seiner Lebensgefährtin und seinen sechs Kindern) von seinem ursprünglichen Wohnsitz vertrieben und in G, in dem er mit seiner Familie eine Wohnung aus zwei Zimmern bewohne, keinen bleibenden Wohnsitz habe. Dies ändert aber nichts daran, daß er sich "schon seit einigen Jahren" (nach der Aktenlage seit 1981) in G aufhält.

Ausgehend davon war die erstinstanzliche Behörde gemäß § 46 Abs. 3 SHG ungeachtet der seinerzeitigen Erlassung des Zuerkennungsbescheides nicht mehr zur Entscheidung über die Einstellung der Sozialhilfe örtlich zuständig. Da die belangte Behörde bei Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers diesen Umstand nicht gemäß § 66 Abs. 4 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 AVG wahrgenommen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes (vgl. dazu u.a. die Erkenntnisse vom 16. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.326/A, und vom 11. April 1984, Zl. 82/11/0358). Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen selbst einzugehen gewesen wäre.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.

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