Normen
ASVG §67 Abs10;
GmbHG §15;
ASVG §67 Abs10;
GmbHG §15;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der Wiener Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, daß der Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 10 ASVG verpflichtet sei, auf einem näher bezeichneten Beitragskonto der Beitragsschuldnerin, der Firma T. GmbH, rückständige Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren (Verzugszinsen berechnet bis 16. Juli 1990) im Betrag von S 88.048,67 an die mitbeteiligte Wiener Gebietskrankenkasse zu bezahlen. Nach der (mit dem nicht in Beschwerde gezogenen Berichtigungsbescheid vom 7. April 1992 berichtigten) Begründung sei die Uneinbringlichkeit der dem Beschwerdeführer vorgeschriebenen Beiträge dadurch nachgewiesen, daß nach Auskunft des Masseverwalters in dem (am 17. Juli 1990 eröffneten) Konkurs über das Vermögen der T. GmbH nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens für die Gläubiger im günstigsten Fall eine Quote von ca. 2 % zu erwarten sei. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei es (in einem Verfahren nach § 67 Abs. 10 ASVG) Sache des Geschäftsführers einer GesmbH, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls von der Behörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. Als schuldhaft im Sinne der genannten Bestimmung gelte jede Form des Verschuldens, somit auch leichte Fahrlässigkeit. Vom Beschwerdeführer sei nun zu seiner Entlastung vorgebracht worden, daß er einerseits erst im November 1989 in die T. GmbH eingetreten und andererseits bereits am 15. Februar 1990 als Geschäftsführer wieder abberufen worden sei. Aufgrund der Aktenlage stehe aber fest, daß der Beschwerdeführer mit Generalversammlungsbeschluß vom 13. Oktober 1989 zum Geschäftsführer der T. GmbH bestellt worden sei. Was das Vorbringen anbelange, er sei bereits am 15. Februar 1990 als Geschäftsführer abberufen worden, sei die belangte Behörde zur Auffassung gelangt, daß der Gesellschafterbeschluß vom 15. Februar 1990, mit dem der Beschwerdeführer seiner Funktion als Geschäftsführer enthoben worden sei, nicht wirksam geworden sei, weil der Gesellschafter K diesen Beschluß nicht unterfertigt habe, vielmehr ihn nach eigenen Angaben für unwirksam erklärt habe, weil er zu dieser Versammlung nicht geladen worden sei und auch bis dato kein Protokoll erhalten habe. Was hingegen den Generalversammlungsbeschluß vom 26. April 1990 anbelange, sei damals einstimmig beschlossen worden, den Beschwerdeführer mit sofortiger Wirkung und nicht rückwirkend mit 15. Februar 1990 als Geschäftsführer der T. GmbH abzuberufen, weshalb davon ausgegangen werden müsse, daß er erst mit 26. April 1990 seiner Funktion als Geschäftführer dieser Gesellschaft enthoben worden sei. Auf Grund dessen stehe fest, daß der Beschwerdeführer in der Zeit vom 13. Oktober 1989 bis 26. April 1990 Geschäftsführer der T. GmbH gewesen und daher in diesem Zeitraum für die ordnungsgemäße Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge verantwortlich gewesen sei. Da die vom Haftungsbescheid betroffenen Vorschreibungen "1/90, 2/90, 3/90" in diesem Zeitraum fällig geworden seien und ein Teil der dritten Nachtragsvorschreibung "9/90" in diesem Zeitraum fällig geworden wäre, betrage die Höhe des Haftungsbetrages - unter Berücksichtigung der Einbringlichkeit von höchstens 2 % der Beiträge beim Beitragsschuldner - 98 % der erstgenannten Vorschreibungen und 98 % des auf den Zeitraum vom 13. Oktober 1989 bis 25. April 1990 entfallenden Teiles der zuletzt genannten Nachtragsvorschreibung (für 9/90) samt Nebengebühren und Verzugszinsen berechnet bis 16. Juli 1990 in der Höhe von insgesamt S 88.048,67.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltende machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften unter anderem die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Der Beschwerdeführer stellt in der Beschwerde nicht mehr in Abrede, daß er bereits am 13. Oktober 1989 zum Geschäftsführer der T. GmbH bestellt wurde; er wendet sich aber weiterhin dagegen, daß diese Funktion erst am 26. April 1990 geendet habe. Es ergebe sich nämlich bereits aus dem Protokoll der Generalversammlung vom 26. April 1990, daß er "im Innenverhältnis der Gesellschaft mit Wirksamkeit ab 15.2.1990 als Geschäftsführer enthoben" worden sei. In anderem Zusammenhang bringt er allerdings vor, er habe im "Innenverhältnis per 15.2.1990 seine Position als Geschäftsführer niedergelegt." Mit dem Zeitpunkt der Niederlegung der Geschäftsführertätigkeit (zu ergänzen: bzw. der Enthebung von ihr) entfalle auch die Haftung für die erst nach seinem Rücktritt (nach der Aktenlage frühestens am 19. Februar 1990) fällig gewordenen Beiträge.
Unzutreffend ist zunächst die Deutung des Protokolls über die Generalversammlung der T. GmbH vom 26. April 1990. Zwar ist in der in das Protokoll aufgenommenen Tagesordnung und den Ladungen zu dieser Generalversammlung unter Punkt 3) die Rede von einer "Enthebung" des Beschwerdeführers als Geschäftsführer und einem Widerruf seiner Bestellung zum Geschäftsführer der
T. GmbH "im Innenverhältnis mit Wirksamkeit ab 15. Feber 1990" sowie in Punkt 4) von der Bestellung einer anderen Person zum Geschäftsführer mit kollektivem Vertretungsrecht "im Innenverhältnis mit Wirksamkeit ab 15. Feber 1990". Wie die belangte Behörde aber zutreffend ausgeführt hat, wurde nach diesem Protokoll zum Punkt 3) der Tagesordnung einstimmig beschlossen, den Beschwerdeführer mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer der Gesellschaft abzuberufen, und erfolgte zu Punkt 4) der Tagesordnung keine Beschlußfassung, dies mit der zu Punkt 3) festgestellten Rechtsfolge, daß daher die frühere Mitgeschäftsführerin des Beschwerdeführers "die Gesellschaft künftig selbständig zeichnen und vertreten" werde. Unabhängig davon, ob mit der strittigen Wendung in der Tagesordnung sowie den Ladungen zur Generalversammlung gemeint war, es sei beabsichtigt, den Beschwerdeführer rückwirkend mit 15. Februar 1990 von seiner Funktion als Geschäftsführer abzuberufen, oder, wie der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren behauptete, nur einen schon am
15. Febraur 1990 gefaßten Beschluß über seine Abberufung zu wiederholen, ergibt sich jedenfalls aus dem Beschluß vom 26. April 1990 klar, daß die beschlußfassenden Gesellschafter selbst davon ausgingen, daß der Beschwerdeführer auch über den 15. Februar 1990 hinaus bis 26. April 1990 Geschäftsführer der
T. GmbH war. Dem lag offensichtlich die - nach dem Gesellschaftsrecht (vgl. dazu Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht, 395) - zutreffende, auch von der belangten Behörde in der Bescheidbegründung geteilte Auffassung zugrunde, daß mangels Ladung eines Gesellschafters der T. GmbH zu jener (nicht als Generalversammlung bezeichneten) "Gesellschafterversammlung", zu der nach der Aktennotiz vom 15. Februar 1990 die übrigen Gesellschafter ohne Ladungen in einer Rechtsanwaltskanzlei zusammentraten und in der sie (neben dem Beschluß auf Abhaltung einer künftigen Generalversammlung) auch einen von ihnen unterschriebenen schriftlichen "Gesellschafterbeschluß" unter anderem des Inhalts faßten, den Beschwerdeführer von seiner Funktion zu entheben und die im Protokoll über die Generalversammlung vom 26. April 1990 genannte Person zum Geschäftsführer zu bestellen, die eben genannte Beschlüsse wirkungslos geblieben seien. Daß damals auch der Beschwerdeführer von der Wirkungslosigkeit dieser Beschlüsse ausging, erweist das der Beschwerde beigelegte Schreiben vom 14. April 1990 an das Finanzamt für Körperschaften, in der sich der Beschwerdeführer - trotz der nunmehr behaupteten Beendigung seiner Geschäftsführerfunktion am 15. Februar 1990 - als Geschäftsführer bezeichnet und das er auch mit einem Hinweis auf diese seine Funktion unterzeichnet hat.
Was die in der Beschwerde behauptete "Niederlegung der Geschäftsführertätigkeit" am 15. Februar 1990 betrifft, so weist die belangte Behörde in der Gegenschrift mit Recht darauf hin, daß er im Verwaltungsverfahren derartiges nie ausdrücklich vorgebracht habe. In den Verwaltungsakten finden sich vielmehr immer nur Behauptungen dahin, er sei am 15. Februar 1990 von seiner Geschäftsführerfunktion abberufen worden. Allerdings heißt es in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 9. Juli 1991, es werde dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, in der anberaumten Verhandlung vom 2. August 1991 einen Nachweis dafür vorzulegen, daß er unter anderem seine Geschäftsführerfunktion am 15. Februar 1990 zurückgelegt habe. Einen solchen Nachweis hat der Beschwerdeführer aber im Verwaltungsverfahren nicht erbracht. Ihm wäre im übrigen auch keine Bedeutung zugekommen, weil es sich bei der Zurücklegung der Geschäftsführerbefugnis um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, die nach herrschender Ansicht gegenüber demjenigen Organ der Gesellschaft abzugeben ist, das für die Bestellung zuständig ist, und daher gegenüber allen Gesellschaftern oder in einer ordnungsgemäß einberufenen Generalversammlung gegenüber den in ihr anwesenden Gesellschaftern abzugeben ist (vgl. dazu OGH, Ecolex 1990, 170, mit weiteren Schrifttums- und Judikaturhinweisen). Selbst wenn daher der Beschwerdeführer in der genannten "Gesellschafterversammlung" vom 15. Februar 1990 eine Erklärung über die "Niederlegung seiner Geschäftsführertätigkeit" mit diesem Tag abgegeben hätte, wäre sie mangels Ladung eines Gesellschafters zu dieser "Gesellschafterversammlung" nicht wirksam geworden.
Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme der Uneinbringlichkeit der Beitragsforderungen bei der T. GmbH deshalb wendet, weil in der ursprünglichen Bescheidbegründung von einer einbringlichen Quote von ca. 20 %, jedoch von einer Haftung des Beschwerdeführers von 98 % die Rede sei, ist er auf den schon in der Sachverhaltsdarstellung genannten Berichtigungsbescheid zu verweisen.
Der Beschwerdeführer wendet sich schließlich dagegen, daß die vom Haftungsbescheid betroffenen Beiträge infolge einer schuldhaften Verletzung der ihm auferlegten sozialversicherungsrechtlichen Pflichten nicht hereingebracht werden könnten. Sein Eintritt in die T. GmbH sei aufgrund von materiell unrichtigen Buchhaltungsunterlagen erfolgt, deren Mangel er erst nachträglich habe bemerken können. Die anläßlich seines Eintrittes erstellte Zwischenbilanz sei ordnungsgemäß von einem Steuerberater erstellt worden. Es könne ihm weder eine mangelnde Eigenkapitalbildung der Gesellschaft noch eine zu niedrige Kalkulation oder übermäßige Inanspruchnahme von Krediten für die Gesellschaft vorgeworfen werden. Im Zeitraum vom 13. Oktober 1989 bis 15. Februar 1990 seien ihm keinerlei Geldmittel der Gesellschaft zur Verfügung gestanden, sei die Gesellschaft nicht aktiv gewesen und habe auch bis zur Konkurseröffnung keinen einzigen Umsatz erbracht. Der Beschwerdeführer habe im Gegenteil aus eigenen Mitteln an Dienstnehmer der Gesellschaft Gelder vorgestreckt und Gehälter akontiert und die Geltendmachung dieser Forderungen auch beim Arbeitsamt Versicherungsdienste (in einem Verfahren nach dem IESG) veranlaßt. Zwar sei es richtig, daß der Beschwerdeführer den Entlastungsbeweis antreten müsse. Er sei jedoch nicht angeleitet worden, eventuell weitere Urkunden der belangten Behörde zur Verfügung zu stellen, und sei daher der berechtigten Rechtsansicht gewesen, daß die bereits vorgelegten Urkunden ausreichen, ihn zu exkulpieren. Die belangte Behörde hätte von Amts wegen verschiedene Akten (nämlich des Registeraktes der T. GmbH, des Konkursaktes sowie von Akten des Arbeitsamtes Versicherungsdienste) beischaffen müssen, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können.
Auch diese Einwände sind - unter Bedachtnahme auf die vom Beschwerdeführer selbst bezogene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Inhalt der Haftung des Geschäftsführers einer GesmbH nach § 67 Abs. 10 ASVG und zu der ihn treffenden Behauptungs- und Beweislast (vgl. dazu zuletzt u. a. die Erkenntnisse vom 20. April 1993, Zl. 92/08/0250, und vom 22. Juni 1993, Zl. 93/08/0011, jeweils mit weiteren Judikaturhinweisen) - nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse verwies in ihrer Stellungnahme zum Einspruch, der nach der Aktenlage dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, darauf, daß nach den Aussagen des Zeugen G (vom 31. Oktober 1990) die Gehälter der Dienstnehmer zumindest bis inkl. März 1990 sowie die sonstigen Verbindlichkeiten der T. GmbH, wie Miete, Strom, Telefon, Annoncen und Zahlungen an die Hausbank, bis März bzw. Mai 1990 beglichen worden seien, und daher eine Ungleichbehandlung der Sozialversicherungsbeiträge anzunehmen sei. In der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 1991 gab dieser Zeuge nach der Niederschrift über diese Verhandlung neuerlich an, daß seines Wissens nach die T. GmbH bis Mai 1990 Zahlungen geleistet habe und die Zahlungseinstellung erst Ende Mai bzw. Anfang Juni 1990 erfolgt sei. Dazu befragt gab der Beschwerdeführer an, daß die T. GmbH zwar keine Einnahmen gehabt, jedoch im Haftungszeitraum Zahlungen geleistet habe. Insbesondere seien die Löhne gezahlt worden, jedoch aus seinem Privatvermögen; Zahlungen seien auch im Wege von Bankkrediten finanziert worden. Ausgehend einerseits von diesen Angaben des Beschwerdeführers im Ablauf des Einspruchsverfahrens (insbesondere, daß Zahlungen "auch im Wege von Bankkrediten finanziert" worden seien) und andererseits der unbestrittenen Nichtbezahlung der vom Haftungsbescheid betroffenen Sozialversicherungsbeiträge im Haftungszeitraum, ist es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beschwerdeführers im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG wegen einer nicht zumindest anteiligen Befriedigung auch der genannten Sozialversicherungsbeiträge aus Bankkrediten bejaht hat. Darauf, ob dem Beschwerdeführer im übrigen hinsichtlich der Ausübung seiner Geschäftsführertätigkeit Pflichtverletzungen angelastet werden können, kommt es nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für seine Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG nicht an.
Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
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