Normen
AVG §39 Abs2;
AVG §52 Abs1;
AVG §52 Abs2;
AVG §53a Abs1;
AVG §53a;
AVG §76 Abs1;
BauO Stmk 1968 §12;
BauRallg;
AVG §39 Abs2;
AVG §52 Abs1;
AVG §52 Abs2;
AVG §53a Abs1;
AVG §53a;
AVG §76 Abs1;
BauO Stmk 1968 §12;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin errichtete auf näher bezeichneten Grundstücken in EZ nn/1, nn/2, nn/3 und nn/4, alle KG X und KG Y, ein Automobilwerk, für das sie die zum Teil nachträgliche Erteilung der Baubewilligung beantragt hat. Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 19. Dezember 1991 wurde der Beschwerdeführerin unter Spruchteil IA die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von insgesamt 64 Auflagen erteilt. Unter Spruchteil IC 3a wurde ihr für die Inanspruchnahme der nichtamtlichen Sachverständigen Dipl. Ing. W, Dipl. Ing. J und Dipl. Met. F der Ersatz der Barauslagen in der Höhe von S 207.920,-- gemäß § 76 AVG vorgeschrieben.
Gegen die Erteilung der Baubewilligung haben zahlreiche Anrainer Berufung eingebracht. Die Beschwerdeführerin hat gegen die Vorschreibung einiger Auflagen, so auch gegen die Vorschreibung der Auflagen zu Punkt 59 und 60, sowie gegen die Vorschreibung des Ersatzes von Barauslagen für die drei oben angeführten nichtamtlichen Sachverständigen in der Höhe von S 207.920,-- berufen.
Nach Verfahrensergänzungen hat die belangte Behörde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid unter Spruch I der Berufung der Beschwerdeführerin insofern teilweise Folge gegeben, als einige Auflagen abgändert, andere ersatzlos gestrichen wurden. Die Berufung hinsichtlich der Auflagen zu Punkt 59 und 60 wurde als unbegründet abgewiesen. Ebenso wurde unter Spruch III die Berufung gegen die Vorschreibung der Barauslagen für die Inanspruchnahme der nichtamtlichen Sachverständigen in der Höhe von S 207.920,-- abgewiesen.
Gegen die Abweisung der Berufung hinsichtlich der Auflagen Punkt 59 und 60 sowie der Vorschreibung des Ersatzes der Barauslagen für drei nichtamtliche Sachverständige richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der hinsichtlich der Auflagen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und hinsichtlich der Vorschreibung von Barauslagen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Unter Punkt 59 und 60 wurden der Beschwerdeführerin folgende Auflagen vorgeschrieben:
"59.) Der bestehende Lufschutzbunker ist entsprechend den eingereichten Plänen sowie den technischen Richtlinien für Schutzräume mittlerer Größe unter Beachtung der seit 1.11.1991 neu erschienenen ÖNORMEN S 6000 ff zu einem einsatzfähigen Schutzraumsystem auszubauen.
60.) Das von der Eigentümerin der Grundstücke Nr n/1, n/2 und n/3, EZ nn/1 und nn/2, alle KG X, der S-Ges.mbH., der Bewilligungswerberin und deren allfälligen Rechtsnachfolgern eingeräumte Recht zur Benützung und zum Umbau der auf dem Grundstück Nr n/2 gelegenen Bunkeranlage als Schutzraum für Katastrophenfälle und zum Gehen und Fahren auf den GrstNr n/1 und n/3 für Zwecke des Zuganges bzw der Zufahrt zum Schutzraum ist binnen 6 Monaten ab Rechtskraft der Baubewilligung grundbücherlich sicherzustellen."
Hinsichtlich dieser Auflagen ist zunächst festzustellen, daß nach dem Wortlaut des Bauansuchens vom 16. Juli 1991, sowie den von der ersten Instanz bewilligten Plänen und Baubeschreibungen ("Einreichung Schutzraum", Beilage 14 Pläne Nummer 91095443 - 91095449) der von der Beschwerdeführerin geplante Um- und Ausbau des Luftschutzbunkers der S-GmbH zu einem voll funktionsfähigen Schutzraumsystem vorgesehen ist. Der Ausbau dieses Schutzraumsystems ist somit Einreichungsgegenstand und wurde als solcher auch von der Baubehörde erster Instanz bewilligt. Die Vorschreibung der Auflage, den Um- und Ausbau des Schutzraumes auch tatsächlich projektsgemäß auszuführen war daher an sich nicht notwendig, erfolgte jedoch offensichtlich aufgrund des Verhaltens der Beschwerdeführerin während der Verhandlungen mit den Fachabteilungen, aus dem zumindest ein Zweifel erkennbar war, ob die Beschwerdeführerin das Projekt in dieser Hinsicht auch verwirklichen wollte. Daß dieser Zweifel auch begründet war, erhellt schon aus dem Umstand, daß die Beschwerdeführerin gegen die Vorschreibung der diesbezüglichen Auflagen die Berufung eingebracht hat. Im Berufungsverfahren wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, bekanntzugeben, ob sie nun beabsichtige, während des Berufungsverfahrens das eingereichte Bauvorhaben zu verändern bzw. einzuschränken und Teile des Projektes nicht zu verwirklichen. In ihrer Stellungnahme vom 24. Juli 1992, eingelangt beim Magistrat der Landeshauptstadt Graz am 27. Juli 1992, erklärte die Beschwerdeführerin in Beantwortung der mit Schreiben des Magistrates vom 13. Juli 1992 gestellten Frage, daß das von ihr eingereichte Projekt im Berufungsverfahren nicht geändert werde. Soweit einzelne Berufungspunkte dem eingereichten Projekt tatsächlich widersprächen, würden diese zurückgezogen (Seite 1089 des Verwaltungsaktes) in demselben Schreiben erklärte die Beschwerdeführerin aber weiter unten zu den Auflagen Punkt 44, 59 und 60 wörtlich:
"Die diesbezüglichen Einreichungen werden von uns nicht geändert. Unseres Erachtens können diese Auflagen jedoch nur vorgeschrieben werden, wenn eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung dazu besteht. Aus den schon in der Berufung angeführten Gründen halten wir eine solche für nicht gegeben. Auch ein geplanter und Bestandteil der Einreichung bildender Teil eines Bauwerkes kann unseres Erachtens nur dann zur Bescheidauflage erhoben werden, wenn es dafür eine gesetzliche Grundlage, also eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Ausführung desselben, gibt."
Den zuletzt zitierten Ausführungen, die auch in der Beschwerde der Bauwerberin im wesentlichen wiederholt werden, ist entgegenzuhalten, daß die gesetzliche Grundlage für die Auflage, den geplanten Umbau auch tatsächlich zu verwirklichen, in § 12 der Steiermärkischen Bauordnung in der Fassung LGBl. Nr. 14/1989, gegeben ist. Diese Bestimmung lautet:
"Bei größeren Umbauten der Kellerräume und bei Neubauten, die nach ihrer Zweckbestimmung zum längeren Aufenthalt einer größeren Anzahl von Menschen dienen sollen, sind Schutzräume mit einem einsatzfähigen Schutzsystem (Trümmersicherheit der Decke, Strahlenschutz, Schutzraumtür, samt Filterkasten und Lüftungsrohre) vorzusehen."
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist dieser Bestimmung kein Hinweis dahingehend zu entnehmen, daß der längere Aufenthalt von Menschen nur dann anzunehmen ist, wenn das Gebäude Wohnzwecken, nicht jedoch Zwecken des Erwerbes dienen soll.
Die Voraussetzung des "längeren Aufenthaltes" von Dienstnehmern trifft im Beschwerdefall zu, da die Beschwerdeführerin plant, im Zweischichtbetrieb jeweils 350 Arbeitnehmer jeweils 8 Stunden (das ist ein längerer Aufenthalt) zu beschäftigen. Daß eine Zahl von 350 Beschäftigten jedenfalls eine "größere Anzahl von Menschen" darstellt, bedarf wohl keiner näheren Erörterung.
Hinsichtlich der Auflage zu Punkt 60 (grundbücherliche Sicherstellung) brachte die Beschwerdeführerin schon in ihrer Berufung vor, sie habe für die allfällige Errichtung eines Schutzraumes vertragliche Vorsorge getroffen, daher erscheine die diesbezügliche Auflage gesetzlich nicht gedeckt. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß nur durch das grundbücherlich eingetragene Recht zur Benützung (und zum Umbau) der auf dem Grundstück Nr. n/2 gelegenen Bunkeranlage als Schutzraum sowie das Recht des Zuganges und der Zufahrt zum Schutzraum unabhängig von der Überbindung dieser Verpflichtung bei Eigentumsübertragung die jederzeitige Benützung der gemäß § 12 BO erforderlichen Schutzräume sichergestellt ist. Durch die Vorschreibung dieser beiden Auflagen wurden sohin Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzt.
2. Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig, sind gemäß § 52 Abs. 1 AVG die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen beizuziehen. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung kann die Behörde ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige heranziehen, wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist.
Gemäß § 75 Abs. 1 AVG sind die Kosten für die Tätigkeit der Behörden im Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu tragen, sofern sich aus den Bestimmungen der §§ 76 bis 78 nicht anderes ergibt. Gemäß § 76 Abs. 1 AVG hat dann, wenn der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen erwachsen, dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese von Amts wegen zu tragen sind, im allgemeinen die Partei aufzukommen, die um die Amtshandlung angesucht hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen.
Barauslagen sind Aufwendungen, die der Behörde zunächst selbst erwachsen sind. Für diese Aufwendungen hat unter den Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 AVG die Partei aufzukommen, die um die Amtshandlung angesucht hat. Der Ersatz der Barauslagen durch die Partei setzt aber voraus, daß die Barauslagen der Behörde bereits erwachsen sind, sie also selbst die vom Sachverständigen für seine Tätgikeit angesprochene Gebühr nach deren Festsetzung im Sinne des § 53a AVG bereits bezahlt hat (siehe die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Oktober 1987, Zl. 87/03/0175, sowie vom 26. Juni 1990, Zl. 89/05/0004). Im Beschwerdefall hat die Stadthauptkasse die Überweisung an den technischen Überwachungsverein H vorgenommen, sodaß der Behörde die Barauslagen tatsächlich entstanden sind.
Mit dem Problemkreis der § 52 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 76 Abs. 1 AVG hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach auseinandergesetzt. So hat er in seinem Erkenntnis vom 26. April 1984, Zl. 83/06/0019, ausgesprochen, daß dann, wenn zu Unrecht anstelle eines zur Verfügung stehenden Amtssachverständigen ein anderer Sachverständiger bestellt wurde, dessen Kosten auf die antragstellende Partei nicht überwälzt werden können. In seinem Erkenntnis vom 15. September 1983, Zlen. 06/2959 bis 2961/80, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß Sachverständigenkosten gemäß § 76 Abs. 1 AVG dann auf die antragstellende Partei überwälzt werden können, wenn die Einholung des Gutachtens nach der Verfahrenslage notwendig war und kein geeigneter Amtssachverständiger zur Verfügung stand. Im Erkenntnis vom 5. Juli 1977, Slg. N.F. Nr. 9.370/A, hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, daß unter dem Begriff "zur Verfügung stehend" auch Amtspersonen bei anderen Behörden, namentlich bei Ober- oder Unterbehörden (unter Berücksichtigung der im § 39 Abs. 2 letzter Satz AVG formulierten Grundsätze möglichster Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis) zu verstehen sind.
Im gegenständlichen baubehördlichen Bewilligungsverfahren waren insbesondere zwei Beweisthemen, jenes der Immissionsbelastung der Nachbarn durch Gerüche sowie durch Kohlenwasserstoffkomponenten aus der Lösemittelimmission der Lackieranlage zu klären. Zu beiden Beweisthemen vermochten die herangezogenen bzw. zur Verfügung stehenden Amtssachverständigen keine Gutachten zu erstellen, die eine abschließende Beurteilung des Problemkreises zugelassen hätten. Der der Erstinstanz zur Verfügung stehende Amtssachverständige Dr. J hat selbst ausgeführt, nicht in der Lage zu sein, eine dem letzten Stand der Technik entsprechende gutachtliche Aussage betreffend die Geruchsimmissionen zu treffen. Auch der ansonsten beigezogene Amtssachverständige Dipl. Ing. G hat am 3. Mai 1991 die Gewerbebehörde erster Instanz schriftlich darüber informiert, daß es ihm aufgrund der Komplexität des Antragsgegenstandes trotz seiner Erfahrung und bisherigen Tätigkeit nicht möglich sei, zu beurteilen, ob das vorliegende Projekt tatsächlich dem Stand der Technik entspreche (eine Ablichtung dieser Mitteilung liegt im Bauakt ein). Die belangte Behörde hat in der Begründung ihres nunmehr angefochtenen Bescheides dargetan, daß der Behörde (nicht nur der Behörde erster Instanz) wegen des komplexen Themas, das des Fachwissens aus mehreren wissenschaftlichen Gebieten bedürfe, keine in dieser Hinsicht entsprechenden Amtssachverständigen zur Verfügung standen. Das Erfordernis, das Fachwissen auf den einzelnen wissenschaftlichen Gebieten in eine gemeinsame Untersuchung interdisziplinär einzubringen, erfüllten den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zufolge nach ihrem Kenntnisstand nur die von ihr beigezogenen drei nichtamtlichen Sachverständigen des Deutschen technischen Überwachungsvereines in H.
Den Ausführungen der belangten Behörde, wonach weder ihr noch der Behörde erster Instanz aufgrund der Größe des Bauvorhabens und der komplexen Problemkreise geeignete Amtssachverständige zur Verfügung standen, kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Die schließlich von den mit Bescheid des Stadtsenates vom 25. Oktober 1991 bestellten nichtamtlichen Sachverständigen vom technischen Überwachungsverein H vorgelegten Gutachten lassen auch darauf schließen, daß zu ihrer Erstellung eine umfangreiche, technische und wissenschaftliche Ausrüstung erforderlich war, sodaß auch für den Verwaltungsgerichtshof kein Anlaß zum Zweifel darüber besteht, daß weder die Behörden, noch die ihnen zur Verfügung stehenden Amtssachverständigen über einen derartigen wissenschaftlichen Apparat verfügten.
Durch die Bestellung der nichtamtlichen Sachverständigen und in der Folge durch die Auferlegung der der Behörde entstandenen Barauslagen für diese Sachverständigen war daher die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheidteil in keinem Recht verletzt worden.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos.
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