VwGH 91/15/0156

VwGH91/15/015621.10.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat III) vom 29. April 1991, Zl. 6/2-2152/89-09, 2263/89-09, betreffend Umsatzsteuer für die Kalenderjahre 1983 bis 1988 (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde X, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:

Normen

FamilienG NÖ §5 litj;
KindergartenG NÖ 1987;
UStG 1972 §4 Abs2 Z2;
FamilienG NÖ §5 litj;
KindergartenG NÖ 1987;
UStG 1972 §4 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die mitbeteiligte Marktgemeinde (in der Folge: Mitbeteiligte) unterhält einen Kindergarten, der als Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts auch eine unternehmerische Tätigkeit der Mitbeteiligten im Sinne des UStG bewirkt. Anläßlich einer für die Kalenderjahre 1983 bis 1985 vom zuständigen Finanzamt durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurden die Umsatzsteuerverfahren für die genannten Jahre wieder aufgenommen. In den mit den Wiederaufnahmsbescheiden verbundenen neuen Sachbescheiden und in den Umsatzsteuerbescheiden für die Kalenderjahre 1986 bis 1988 wurden die vom Land Niederösterreich gemäß § 5 lit. j NÖ Familiengesetz, LGBl. Nr. 3505-0, gewährten Förderungsbeiträge zu den Beförderungskosten für Kindergartenkinder als Entgelte von dritter Seite behandelt und den steuerpflichtigen Umsätzen hinzugerechnet. In dem zur Begründung dieser Bescheide herangezogenen Betriebsprüfungsbericht heißt es zu diesem Punkt wie folgt:

"TRANSPORTKOSTENZUSCHUSS - LAND:

Die Marktgemeinde X betreibt einen öffentlichen Kindergarten im Sinne des NÖ Kindergartengesetzes 1987 und ist hiermit auch unternehmerisch tätig. Im Rahmen einer Nebenleistung zum Kindergarten beauftragt die Gemeinde ein Personenbeförderungsunternehmen, das die Kinder zum und vom Kindergarten befördert. Aus den der Gemeinde in Rechnung gestellten Transportkosten, wird die ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen.

Für diesen Transport ist von den Erziehungsberechtigten ein bestimmter Betrag pro Kind und Monat an die Gemeinde zu entrichten. Diese Beträge wurden der Umsatzsteuer unterworfen.

Diese, von einem Erziehungsberechtigten erzielten Einnahmen decken zu ca. 1/3 die erwachsenen Beförderungskosten.

Das NÖ Kindergartengesetz enthält keine Regelung betreffend dieses Kindergartentransportes. Dem Erziehungsberechtigten ist es somit freigestellt, sein Kind selbst zum und vom Kindergarten zu bringen, oder die Dienstleistung der Gemeinde gegen Entgelt in Anspruch zu nehmen. Grundsätzlich wäre die Gemeinde jedoch berechtigt, ein kostendeckendes Entgelt zu verlangen. In weiterer Folge sucht die Gemeinde beim Land Niederösterreich um Gewährung eines Zuschusses gem. § 5 lit. j NÖ Familiengesetz (LGBl. 3505) zu den Beförderungskosten der Kinder zum und vom Kindergarten an.

Dieser Landeszuschuß berechnet sich nach der Finanzkraft der jeweiligen Gemeinde nach der Anzahl der beförderten Kinder, und nach der Anzahl der gefahrenen Kilometer.

Über Ansuchen der Gemeinde wurden vom Land Niederösterreich - nach Maßgabe von vorhandenen Mitteln - folgende Beträge zuerkannt und überwiesen:

1983: S 32.085,--

1984: S 55.125,--

1985: S 60.749,50

1986: S 87.145,84.

Diese Beträge wurden vom Land als Träger von Privatrechten erbracht, und gelten auch nicht als Maßnahmen, die dem Bund zukommen.

Die o.a. Einnahmen wurden von der Gemeinde bisher als echte Subventionen und daher NICHT als Entgelt angesehen.

Auf Grund folgender Bestimmungen ist dieser Landeszuschuß als steuerpflichtiges Entgelt von dritter Seite anzusehen.

Die Beförderung der Kinder stellt eine typische Nebenleistung zum Besuch des Kindergartens dar, und erfolgt somit IM RAHMEN DES UNTERNEHMENS der Gemeinde.

Gemäß § 4 Abs. 1 UStG wird der Umsatz im Falle des § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten.

Gemäß § 4 Abs. 2 Z. 2 gehört zum Entgelt AUCH, was ein ANDERER als der Empfänger dem Unternehmer für die Lieferung oder sonstige Leistung gewährt. Dies gilt nicht für BUNDESGESETZLICH geregelte Zuschüsse, die den Zuschußberechtigten aus öffentlichen Kassen oder aus Mitteln bundesgesetzlich errichteter Fonds gewährt werden. Da zwischen der Gewährung des Zuschusses und der Beförderung der Kinder ein UNMITTELBARER WIRTSCHAFTLICHER ZUSAMMENHANG gegeben ist, und es sich hierbei um keinen bundesgesetzlich geregelten Zuschuß handelt, stellen diese Einnahmen STEUERPFLICHTIGE UMSÄTZE dar.

Sie betragen (netto)

1983: S 29.708,33 ( 8 % USt)

1984: S 50.113,64 (10 % USt)

1985: S 55.226,82

1986: S 79.223,49

(Abschließend sei bemerkt, daß die Beiträge der Eltern und die Zuschüsse des Landes ca. 2/3 der gesamten Transportkosten decken, sodaß die Gemeinde rund 1/3 dieser Kosten aus Eigenmitteln trägt.)"

In den Jahren 1987 und 1988 betrugen die jeweils als Teil des umsatzsteuerpflichtigen Entgeltes behandelten Landeszuschüsse netto S 77.401,03 bzw. S 93.969,20.

In den gegen diese Bescheide von der Mitbeteiligten erhobenen Berufungen wird im wesentlichen eingewendet, es sei völlig ungeklärt, wer Zuschußberechtigter sei. Nach den Richtlinien für die Gewährung der Landeszuschüsse seien zunächst einmal die Eltern zuschußberechtigt und lediglich als zweiter Empfängerkreis seien die Gemeinden genannt. Nach Ansicht der Mitbeteiligten handle es sich bei den Landeszuschüssen um eine Unterstützung der Eltern. Ohne die (durch die Landeszuschüsse bewirkte) Verlustabdeckung würde sich der Zuschußempfänger außerstande sehen, den Dienst an der Allgemeinheit zu erbringen. Eine bloße Zweckbestimmung des Zuschusses reiche für sich allein noch nicht aus, um eine ursächliche wirtschaftliche Verknüpfung zwischen dem Zuschuß und der Leistung und damit einen Leistungsaustausch herzustellen. Durch das Stellen und Erfüllen einer lediglich auf haushaltsrechtliche Gründe gestützten Bedingung verliere die Zahlung aus einer öffentlichen Kasse noch nicht die Eigenschaft eines echten Zuschusses. Bei Zuschüssen aus öffentlichen Kassen, das heißt aus Kassen der Gebietskörperschaften, könne nach herrschender Lehre eher das Vorliegen einer echten (nicht steuerbaren) Subvention angenommen werden. Der Zuschuß sei so konzipiert, daß man von einer echten Subvention sprechen könne, deren Ziel es sei, den Gemeinden die Führung eines Kindergartens zu erleichtern. Die Mitbeteiligte beantragte, die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre dahingehend abzuändern, daß die strittigen Zuschüsse als echte Subventionen behandelt und daher aus der jeweiligen Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer herausgenommen würden.

Die von der Mitbeteiligten in der mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde vorgelegten "Richtlinien für die Gewährung eines Beitrages des Landes zu den Kosten der Beförderung von Kindern zum Zwecke des Kindergartenbesuches" lauten wie folgt:

"1. Zur Unterstützung von Eltern und Gemeinden bei der Beförderung von Kindern zum Zwecke des Kindergartenbesuches kann nach Maßgabe des Voranschlages ein Beitrag des Landes gewährt werden, soweit es sich um eine gemeinsame Hin- und Rückfahrt pro Tag handelt, die nach den Gegebenheiten in der Gemeinde festgesetzt wird.

2. Die Höhe des Beitrages ist nach der für die Aufteilung der Strukturhilfe an die Gemeinden maßgebenden Finanzkraftkopfquote zu bemessen und beträgt mindestens ein Drittel und höchstens ein Dreiviertel der Betriebskosten des für die Beförderung in Anspruch genommenen Transportmittels.

3. Bei Vorliegen mehrerer Beförderungsmöglichkeiten ist die wirtschaftlichste in Anspruch zu nehmen, wobei in erster Linie von öffentlichen Verkehrsmitteln Gebrauch zu machen ist. Im letzteren Fall ist der Beitrag des Landes vom Fahrpreis zu berechnen. Der Fahrpreis für allenfalls erforderliche Begleitpersonen zählt zu den Beförderungskosten.

4. Ein Beitrag des Landes gebührt nicht für die Beförderung von Kindern, die innerhalb des zusammenhängenden Siedlungsgebietes wohnen, in welchem der Kindergarten liegt. Ausnahmen sind in berücksichtigungswürdigen Fällen, so z.B. wegen der Verkehrs- und Klimabedingungen oder einer Gehbehinderung des Kindes zulässig.

5. Antragsberechtigt sind juristische Personen oder Personenvereinigungen, die im Auftrag und auf Rechnung von einer Mehrzahl von Eltern die Beförderung der Kinder besorgen, sowie Gemeinden, wenn sie selbst die Beförderungsleistung erbringen oder die Beförderung in ihrem Auftrag erfolgt.

6. Anträge sind bis spätestens 1. Oktober bzw. 1. April eines Jahres bei der Bezirksverwaltungsbehörde einzubringen, in deren Sprengel der Kindergarten liegt. Die zur Beurteilung der Beförderungskosten erforderlichen Unterlagen sind anzuschließen. Ansuchen der Städte mit eigenem Statut sind beim Amt der NÖ Landesregierung (Abteilung I/10) einzubringen.

7. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat die Anträge zu beurteilen und gesammelt dem Amt der NÖ Landesregierung (Abteilung I/10) vorzulegen.

8. Über die Zuerkennung des Landesbeitrages beschließt die Landesregierung.

9. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung des Beitrages besteht nicht.

10. Die widmungswesentliche wirtschaftliche Verwendung des Beitrages des Landes ist durch Stichproben zu überprüfen."

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über die Berufung, indem sie die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre im Sinne des Berufungsvorbringens abänderte. Begründend hiezu heißt es nach Darstellung des Sachverhaltes und Wiedergabe der maßgebenden Rechtsvorschriften im wesentlichen, der Meinung der Mitbeteiligten sei zu folgen, daß der Landeszuschuß (jeweils) der Verlustabdeckung diene und ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit einem konkreten Leistungsaustausch nicht bestehe. Daran ändere auch die Tatsache nichts, daß im Antrag auf Gewährung des Zuschusses die Anzahl der beförderten Kinder und der zurückgelegten Kilometer angegeben werden müsse, weil daraus ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Höhe des Zuschusses nicht ersichtlich sei. Der Zweck des Kostenbeitrages sei auch die Unterstützung der Gemeinden und solle somit diesen bei Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben behilflich sein. Der Beitrag stelle sich daher als echte und damit nicht steuerbare Subvention dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf § 292 BAO gestützte und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Präsidentenbeschwerde. Die belangte Behörde habe die im vorliegenden Fall strittige Rechtsfrage, ob die Zuschüsse der Nö Landesregierung an die Mitbeteiligte zur Beförderung der Kindergartenkinder umsatzsteuerbar seien, deswegen unrichtig gelöst, weil den Anträgen der Mitbeteiligten an die NÖ Landesregierung und deren Zuschußzusagen zu entnehmen sei, daß der Zuschuß jeweils nur gegeben worden sei, WEIL die Gemeinde eine Leistung im Rahmen ihres Unternehmens Kindergarten bewirkt habe. Der Zuschuß stehe somit in einer Wechselbeziehung mit einer Gegenleistung. Ohne diese Gegenleistung wären die Zuschüsse nicht gewährt worden. Das reiche aus, um einen Umsatz als steuerbar zu behandeln. Anders als der Berufungssenat sei der beschwerdeführende Präsident ferner der Ansicht, daß auch die Anzahl der beförderten Kinder und zurückgelegten Kilometer Komponenten für die Berechnung der Zuschüsse seien und somit auch auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Zuschuß hinwiesen; andernfalls müßte bei jedem Antrag eine gleich hohe Subvention ausbezahlt werden, weil die weiteren Komponenten - die Finanzkraft der Gemeinden und die zur Förderung zur Verfügung stehenden Mittel - zumindest für ein Kindergartenjahr konstante Größen seien. Dieser wirtschaftliche Zusammenhang sei aus den oben wiedergegebenen Richtlinien zu entnehmen.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, aber von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bedachtnahme auf die von der Mitbeteiligten erstattete Gegenschrift erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 2 Z. 2 UStG gehört zum Entgelt auch, was einer anderer als der Empfänger dem Unternehmer für die Lieferung oder sonstige Leistung gewährt. Dies gilt nicht für bundesgesetzlich geregelte Zuschüsse, die dem Zuschußberechtigten aus öffentlichen Kassen oder aus Mitteln bundesgesetzlich errichteter Fonds gewährt werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehört ein von dritter Seite gewährter Zuschuß dann zum Entgelt im Sinne der eben zitierten Gesetzesstelle, wenn der Zuschuß in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Leistungsaustausch steht, der zwischen dem leistenden Unternehmer und dem Leistungsempfänger stattfindet. Dies ist der Fall, wenn der Dritte ein zusätzliches Entgelt deshalb gewährt, damit oder weil der Unternehmer eine Leistung bewirkt. Dem geforderten unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang steht hiebei der Umstand nicht entgegen, daß kein Einzelzusammenhang zwischen dem Zuschuß und einer bestimmten Leistung gegeben sein muß (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1992, Zl. 91/15/0055, und die dort zitierten Vorerkenntnisse).

Im vorliegenden Fall handelt es sich schon im Hinblick auf Punkt 1. und auf Punkt 5. der oben im Wortlaut wiedergegebenen Richtlinien, welch letztere für die Antragsberechtigung unter anderem auf den durch die mitbeteiligte Gemeinde einem Transportunternehmer erteilten Auftrag abstellt, jeweils um einen mit Rücksicht auf einen konkreten Leistungsaustausch zu gewährenden bzw. gewährten Zuschuß. Die Gewährung des Landeszuschusses ist damit erkennbar mit einem konkreten Leistungsaustausch verknüpft, und zwar so, daß der Landeszuschuß ohne die konkrete Beförderung von Kindern zum Zwecke des Kindergartenbesuches nicht gewährt würde. Infolge dieses unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhanges zwischen dem von der Gemeinde veranlaßten entgeltlichen Kindertransport und dem jeweiligen Landeszuschuß stellt sich letzterer als Teil des Entgeltes im Sinne des § 4 Abs. 2 Z. 2 UStG dar, zumal es sich dabei auch nicht um einen BUNDESGESETZLICH geregelten Zuschuß im Sinne des zweiten Satzes dieser Gesetzesstelle handelt.

Auf die Frage, wer durch den in Rede stehenden Landeszuschuß gefördert werden soll - nach Meinung der Mitbeteiligten in ihrer Gegenschrift sind dies die Eltern von beförderten Kindergartenkindern UND die betroffenen Gemeinden, nach dem NÖ Familiengesetz bloß die NÖ Familien -, kommt es im vorliegenden Zusammenhang ebensowenig an, wie auf die in der Beschwerde erwähnte Berechnungsweise für den Zuschuß.

Aufgrund des Gesagten mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

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