VwGH 91/13/0174

VwGH91/13/017422.12.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 10. Juni 1991, Zl. GA 5-1645/1/91, betreffend Gewährung der Familienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Normen

FamLAG 1967 §11 Abs1;
FamLAG 1967 §11 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte beim Finanzamt am 4. Dezember 1989 die Gewährung der Familienbeihilfe für seine Tochter A, geboren 1974, und für seine beiden Söhne R und T, jeweils geboren 1976, ab dem 1. Dezember 1989.

Mit Bescheid vom 10. Mai 1990 wies das Finanzamt diesen Antrag mit der Begründung ab, daß eine überwiegende Pflege der Kinder durch den Beschwerdeführer im Sinne des § 11 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 nach Befragung aller Betroffenen nicht festgestellt habe werden können.

In seiner dagegen erhobenen Berufung bestritt der Beschwerdeführer die behördliche Beurteilung mit der Behauptung, daß er es sei, der für die Pflege und Erziehung der Kinder sorge, während die Mutter der Kinder nur zum Schlafen nach Hause komme und auch an den Wochenenden nicht da sei; die Mutter vernachlässige die Kinder und koche auch nicht für sie.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 30. Jänner 1991 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Aus der niederschriftlichen Befragung aller dreier Kinder und ihrer Mutter am 20. November 1989, aus der neuerlichen niederschriftlichen Befragung der Tochter am 26. November 1990, aus der Bestätigung des Jugendamtes vom 24. Oktober 1989 über die Bestellung der Mutter zum Unterhaltssachwalter und einem Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien über die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Unterhaltszahlung gehe eindeutig hervor, daß die Mutter die Kinder bis zum Zeitpunkt der Scheidung überwiegend gepflegt habe. Durch die Scheidung der Kindeseltern am 21. Juni 1990 sei allerdings mit Wirksamkeit ab dem 1. Juli 1990 eine geänderte Sachlage insoweit eingetreten, als die beiden Söhne beim Beschwerdeführer verblieben seien, während die Tochter der Obsorge der Mutter zugewiesen worden sei. Dem Beschwerdeführer stehe demnach ab dem 1. Juli 1990 Familienbeihilfe für seine beiden Söhne zu; allerdings sei im Berufungsverfahren hervorgekommen, daß die drei Kinder in den Jahren 1987 bis 1989 in den Vereinigten Staaten gelebt hätten, was einen Rückforderungsbescheid zur Folge haben müsse.

Nachdem der Beschwerdeführer die Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz begehrt hatte, wies diese mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Berufung als unbegründet ab. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der maßgebenden Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde begründend aus, daß die Verfahrensergebnisse den Behauptungen des Beschwerdeführers insofern entgegenstünden, als nach den übereinstimmenden Erklärungen der Kinder und ihrer Mutter sie es gewesen sei, welche seit ihrer Rückkehr aus Amerika im Juni 1989 bis zur Scheidung der Eltern im August 1990 den Haushalt geführt, gekocht und die Kinder versorgt habe. Diese Aussagen würden durch den Umstand untermauert, daß das Bezirksjugendamt zum Unterhaltssachwalter bestellt worden und vom Pflegschaftsgericht der Beschwerdeführer mit einstweiliger Verfügung ab 24. Oktober 1989 zu Unterhaltsleistungen in Höhe von S 1.200,-- für jedes Kind verhalten worden sei. Demgemäß lägen die Anspruchsvoraussetzungen für die vom Beschwerdeführer begehrte Gewährung der Familienbeihilfe an ihn nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, Familienbeihilfe für Kinder zu erhalten, die zu seinem Haushalt gehörten und die er zumindest überwiegend pflege.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Oktober 1993 war der Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 8 VwGG dazu eingeladen worden, sich zum Sachvorbringen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift zu äußern, demzufolge ihm für seine beiden Söhne R und T Familienbeihilfe ab dem 1. Juli 1990 gewährt werde. Der Beschwerdeführer bestritt in seiner dazu erstatteten Äußerung diese Behauptung mit dem Vorbringen, daß ihm erst ab März 1993 laufend die Familienbeihilfe für seine Söhne ausbezahlt werde, erstmals am 26. März 1993 habe er einen Betrag von S 7.875,-- erhalten; im Zeitraum zwischen dem 1. Juli 1990 bis zum 26. März 1993 sei ihm für seine Söhne Familienbeihilfe nicht ausbezahlt worden.

Die belangte Behörde verwies in einer dazu erstatteten Gegenäußerung darauf, daß die dem Beschwerdeführer ab 1. Juli 1990 zustehenden Beträge auf den bescheidmäßig festgestellten Überbezug in Höhe von S 100.050,-- bis März 1993 im Sinne des § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 angerechnet worden seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer ist zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1993, 91/13/0175, zu verweisen. In diesem Erkenntnis wurde seine Beschwerde gegen einen weiteren Bescheid der belangten Behörde vom 10. Juni 1991 als unbegründet abgewiesen; Gegenstand des dort bekämpften Bescheides war die Feststellung gewesen, daß der Beschwerdeführer für seine drei Kinder während der Zeit vom 1. Juli 1987 bis zum 31. Mai 1989 Familienbeihilfe im Gesamtbetrag von S 100.050,-- zu Unrecht bezogen habe, und die gemäß § 26 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 ausgesprochene Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Rückzahlung dieses Betrages, wobei die Rückzahlung durch Anrechnung des zu Unrecht bezogenen Betrages auf die fälligen oder fällig werdenden Familienbeihilfen verfügt worden war.

Gegenstand des vorliegenden Beschwerdefalles ist die vom Beschwerdeführer für sich in Anspruch genommene und von der belangten Behörde verneinte Berechtigung zum Bezug der Familienbeihilfe für seine Kinder ab dem Zeitraum

Dezember 1989.

Der Beschwerdeführer tritt der behördlichen Beurteilung, wie schon im Verwaltungsverfahren, mit der Behauptung entgegen, selbst die Kinder überwiegend gepflegt zu haben, bestreitet das Vorliegen einer übereinstimmenden Erklärung von Kindern und Mutter über eine Pflege der Kinder durch die Mutter bis zum Scheidungszeitpunkt und verweist im besonderen auf den Umstand, daß seine Söhne jedenfalls seit dem Zeitpunkt der Scheidung ausschließlich von ihm versorgt würden. Dieses Vorbringen zeigt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht erfolgreich auf.

Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 genanntes Kind hat nach dem zweiten Absatz des genannten Paragraphen jene Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Gemäß § 11 Abs. 1 leg. cit. ist die Familienbeihilfe im Falle konkurrierend erhobener Ansprüche beider Elternteile, zu deren gemeinsamen Haushalt das Kind gehört, jenem Elternteil zu gewähren, der das Kind überwiegend pflegt. Welcher der Anspruchwerber als jener anzusehen ist, der das Kind überwiegend pflegt, ist eine von der Behörde zu lösende Tatfrage. Die von der Behörde in der Beurteilung dieser Tatfrage gefundene Lösung unterliegt der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes nur insoweit, als zu prüfen ist, ob die behördliche Feststellung in einem mangelfreien Verfahren zustandegekommen ist und die Erwägungen der behördlichen Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und dem allgemein menschlichen Erfahrungsgut nicht in Widerspruch stehen.

Die im Beschwerdefall von der belangten Behörde getroffene Feststellung, daß die Kinder des Beschwerdeführers vom Zeitpunkt ihrer Rückkehr an bis zur Scheidung der Eltern von der Mutter, und nicht vom Beschwerdeführer, überwiegend gepflegt worden seien, hält der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung stand. Die Behauptung des Beschwerdeführers, es treffe nicht zu, daß Kinder und Mutter derlei ausgesagt hätten, steht mit der Aktenlage in Widerspruch; schon am 20. November 1989 erklärten die Kinder übereinstimmend, daß die Mutter für sie sorge und koche, während der Vater fast nie zu Hause sei; gleiches bekundete die Tochter des Beschwerdeführers am 26. November 1990 auch hinsichtlich ihrer Brüder. Bekundungen der Mutter der Kinder finden sich in der Niederschrift vom 26. November 1990 ebenso wie in einem Brief an das Finanzamt vom 12. November 1990. Aus welchen anderen Verfahrensergebnissen die belangte Behörde dem entgegen zu einer Beurteilung gelangen hätte können, daß die Kinder bis zum Scheidungszeitpunkt vom Beschwerdeführer überwiegend gepflegt worden wären, zeigt nicht einmal das Beschwerdevorbringen auf. Es ist demnach nicht zu erkennen, worin eine Rechtswidrigkeit der behördlichen Beurteilung über die bis zum Scheidungszeitpunkt im Juni 1990 fehlende Berechtigung des Beschwerdeführers zum Bezug der Familienbeihilfe für seine Kinder gelegen sein sollte.

Nicht anders verhält es sich für den danach gelegenen Zeitraum. Daß einem Bezug von Familienbeihilfe ab Juli 1990 für seine Tochter schon der aktenkundige Umstand entgegenstehen mußte, daß diese seinem Haushalt nicht mehr zugehörte (§ 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) wird auch vom Beschwerdeführer nicht mehr erkennbar bestritten. Für seine beiden Söhne wurde dem Beschwerdeführer ab Juli 1990 aber Familienbeihilfe gewährt.

Die gemäß § 36 Abs. 8 VwGG vom Beschwerdeführer erstattete Äußerung bestreitet diesen Umstand zwar, gesteht ihn mit dem Inhalt ihres Sachvorbringes aber zu. Daß dem Beschwerdeführer, wie er selbst angibt, Familienbeihilfe für seine beiden Söhne ab März 1993 laufend ausbezahlt wird, erweist im Zusammenhang mit dem im zitierten Vorerkenntnis vom 20. Oktober 1993, 91/13/0175, behandelten Sachverhalt ja gerade die Richtigkeit der behördlichen Behauptung über die Gewährung von Familienbeihilfe für die beiden Söhne ab Juli 1990. Daß es zu einem Geldfluß an den Beschwerdeführer ungeachtet der Gewährung von Familienbeihilfe seit Juli 1990 bis Februar 1993 nicht gekommen war, ist eine schlichte Konsequenz des Umstandes, daß die Rückzahlung des zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfenbetrages von S 100.050,-- in dem zur hg. 91/13/0175 erfolglos bekämpften Bescheid durch Anrechnung dieses Betrages auf die fällig werdenden Familienbeihilfen verfügt wurde; daß der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer diesen Zusammenhang nicht erkannt haben sollte, erscheint nicht leicht verständlich. Hat demnach das Finanzamt zufolge geänderter Sachlage ab Juli 1990 über den Familienbeihilfenantrag des Beschwerdeführers gemäß § 13 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz für den Zeitraum ab Juli 1990 ohnehin eine stattgebende Entscheidung getroffen, dann scheidet für diesen Zeitraum hinsichtlich der beiden Söhne des Beschwerdeführers eine Verletzung seiner im Beschwerdepunkt genannten Rechte aus diesem Grunde aus. Da für den Zeitraum vom Dezember 1989 bis einschließlich Juni 1990 die mit Recht unbekämpft gebliebene rechtliche Beurteilung der Behörde auf einer unbedenklichen Sachverhaltsfeststellung beruht und der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Tochter für den Zeitraum ab Juli 1990 deswegen in seinen Rechten nicht verletzt ist, weil diese seit dieser Zeit seinem Haushalt unbestrittenermaßen nicht angehört, erwies sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der außerhalb der Beschwerdefrist gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte Rechtswirkungen gemäß § 39 Abs. 1 Z. 1 VwGG nicht auslösen; im übrigen hätten die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ (§ 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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