Normen
BAO §167 Abs2;
BAO §177 Abs1;
EStG 1972 §22 Abs1 Z1 lita;
EStG 1972 §22 Abs1 Z1;
EStG 1972 §23 Z1;
UStG 1972 §10 Abs2 Z8;
BAO §167 Abs2;
BAO §177 Abs1;
EStG 1972 §22 Abs1 Z1 lita;
EStG 1972 §22 Abs1 Z1;
EStG 1972 §23 Z1;
UStG 1972 §10 Abs2 Z8;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Abspruchs über Gewerbesteuer 1986 bis 1988 sowie über Einkommen- und Umsatzsteuer 1988 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Textildesignerin. Sie betreibt ein als Atelier geführtes Designstudio in Wien 1. mit einer als Werkstätte fungierenden Betriebsstätte in Wien 6. Die Beschwerdeführerin hat einige Semester lang die Hauptfächer Regie, Bühnenbild und Kostüm der Abteilung Filmgestaltung der nunmehrigen Hochschule für Musik und darstellende Kunst besucht, danach als Bühnenbildnerin und Filmausstatterin gearbeitet und übte in der Folge eine Tätigkeit aus, welche sie als "Textilkunst" versteht. Dementsprechend erklärte sie bis zum Jahre 1988 Umsätze und Einkünfte aus selbständiger (künstlerischer) Arbeit.
Im Zuge einer die Jahre 1986 bis 1988 umspannenden abgabenbehördlichen Prüfung beschrieb die Beschwerdeführerin ihre Tätigkeit mit der Herstellung von Kleidungsstücken und textilen Einrichtungsgegenständen nach eigenen Entwürfen, wobei die Ausführung in der Werkstätte unter ihrer Anleitung durch Hilfskräfte, gelegentlich unter Beauftragung einer Fremdwerkstätte, aber auch dort unter Anleitung, laufender Beaufsichtigung und abschließender Kontrolle durch die Beschwerdeführerin erfolge. Verkauft werde das Endprodukt durch die Beschwerdeführerin selbst, produziert würden nur Unikate. Das Wesentliche der von der Beschwerdeführerin geschaffenen Werke liege in der schöpferischen Gestaltung von individuellen Vorstellungen von Formen, Materialien und Farben, das Werk entstehe im Kopf und nicht unter den Händen, der kreative Prozeß sei ein faszinierender Vorgang, seine Umsetzung durch die Herstellung nur noch eine akzeptierte Notwendigkeit. Die Beschwerdeführerin legte eine Reihe von Arbeitsproben, Lichtbilder und Medienberichte über ihre Tätigkeit vor; unter anderem legte sie auch den Text eines Abschnittes in einem im Jahre 1985 von Bundeskanzleramt, Wissenschaftsministerium und Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft unter dem Titel "Sound of Austria" publizierten Buches vor, welcher sich mit der Überschrift "Mode als Kunst - Kunst als Mode" mit ihrem Schaffen befaßt.
Die Prüferin befand, daß es sich bei den Produkten der Beschwerdeführerin um solche handelte, wie sie auch in den im örtlichen Nahbereich der Innenstadt Wiens liegenden Boutiquen verkauft würden. Die Arbeiten bewiesen wohl individuellen Stil und Geschmack und seien vom künstlerischen Willen der Beschwerdeführerin bestimmt, doch würde der jeweilige Kunde einen Gebrauchsgegenstand und nicht ein Kunstwerk, das um seiner selbst willen geschaffen worden sei und für sich allein bestehen könne, erwerben. Verwiesen doch schon die ausgewiesenen Warenbezeichnungen "Mantel", "Kleid", "Vorhänge" und ähnliches auf das Vorliegen gewerblicher Produkte. Die Beschwerdeführerin sei demnach nicht als Künstlerin, sondern als Gewerbetreibende tätig.
Das Finanzamt folgte der Auffassung der Prüferin und erließ unter Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer 1986 und 1987 dementsprechende Sachbescheide über Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer der Jahre 1986 bis 1988 sowie Bescheide betreffend den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Jänner der Jahre 1988 und 1989.
Die Beschwerdeführerin berief und schloß ihrer Berufung als Gutachten überschriebene Bekundungen des Leiters der Meisterklasse für textiles Gestalten und Werken an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien und der Leiterin der Textilabteilung des österreichischen Museums für angewandte Kunst in Wien über ihre Arbeiten an. In diesen Bekundungen werden die von der Beschwerdeführerin hergestellten Arbeiten als einmalige angewandte Kunstwerke bezeichnet, mit welchen die Beschwerdeführerin mit der neuen künstlerischen Strömung der Kunstkleider in eine Reihe zu stellen sei; es sei der Beschwerdeführerin gelungen, durch künstlerische Entwürfe, ein ungewöhnliches Gefühl für textile Materialien und sicheres Empfinden für "tragbare" Kunst künstlerische Meisterwerke zu schaffen, die heute schwer eine Parallele fänden. Die Arbeitsweise der Beschwerdeführerin, welche vom Entwerfen über das Vorbereiten und Finden der Materialien zum eigentlichen Schaffen der Objekte und mit Hilfe überaus subtiler Techniken zur endgültigen Umsetzung für den Rezipienten führe, entspreche im besten Sinne einer Wiener Kunsttradition, wie sie etwa in der Wiener Werkstätte einen Höhepunkt erreicht hätte.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommen- und Umsatzsteuer 1986 und 1987 ebenso Folge wie gegen die Bescheide betreffend den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1988 und 1989, während die belangte Behörde die Berufung gegen die Bescheide betreffend Gewerbesteuer der Jahre 1986 bis 1988 sowie Umsatz- und Einkommensteuer 1988 als unbegründet abwies. In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Wiedergabe der von der hg. Judikatur entwickelten Grundsätze über die an das Vorliegen selbständiger Arbeit zu stellenden Anforderungen und über die Rechtsfolgen gleichzeitiger Ausübung selbständiger und gewerblicher Tätigkeit durch einen Steuerpflichtigen aus, daß im Fall der Beschwerdeführerin ein untrennbarer Zusammenhang zwischen ihrer kreativen Tätigkeit, welche im Entwerfen von Modellen für Bekleidungs- und Einrichtungsgegenstände bestünde, und deren Umsetzung durch manipulative Herstellung und Verkauf als Gebrauchsgegenstände nicht zu bestreiten sei; auch die Beschwerdeführerin selbst nehme eine Trennung nicht vor, dies wäre laut ihren Angaben auch gar nicht möglich. Daß dabei wirtschaftlich das Element eines Gewerbebetriebes bei weitem überwiege, sei schon aus der Höhe der jährlichen Ausgaben für Material, Löhne, Fremdleistungen und ähnliches zu erkennen, die rund 70 % der Bruttoeinnahmen und nahezu 80 % der gesamten Betriebsausgaben ausmachten. Abgesehen von den sonst noch für einen Gewerbebetrieb sprechenden Merkmalen (wie der fehlende Abschluß einer akademischen Ausbildung in einem umfassenden Kunstfach, die geltend gemachten Werbeaufwendungen, das Vorliegen von zwei Betriebsstätten, nämlich einem der Präsentation der Werke dienenden Atelier sowie einer Werkstätte), sei die Tätigkeit der Beschwerdeführerin schon aus diesem Grund - ungeachtet ihrer in Fachgutachten festgestellten künstlerischen Begabung und der künstlerischen Qualität ihrer Werke - als gewerbliche Einkunftsquelle im steuerlichen Sinne einzustufen. Ihre Berufung erweise sich in diesem Streitpunkt demnach als unberechtigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides - inhaltlich erkennbar nur im Umfang seines die Berufung(en) abweisenden Teiles - aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt; es erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihren Rechten auf Unterbleiben einer Veranlagung zur Gewerbesteuer für die Jahre 1986 bis 1988, auf die Qualifizierung ihrer im Jahre 1988 erzielten Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit unter Einschluß der Berücksichtigung des Absetzbetrages nach § 4 Abs. 6 EStG 1972, auf Besteuerung der Umsätze des Jahre 1988 mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 10 Abs. 2 Z. 8 UStG 1972 und auf Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten im Sinne des § 17 Abs. 1 UStG 1972 ebenso verletzt, wie sie sich im Umfang des Umsatzsteuerbescheides 1988 auch insoweit als beschwert ansieht, als die belangte Behörde mit der Belassung dieses Bescheides unter gleichzeitiger Beseitigung der im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen erstinstanzlichen Bescheide betreffend Umsatzsteuer der Jahre 1986 und 1987 der Übergangsvorschrift des § 17 Abs. 4 UStG 1972 nicht Rechnung getragen habe. In einem weiteren Schriftsatz hat die Beschwerdeführerin einen ihre Arbeit betreffenden Artikel in der Süddeutschen Zeitung vorgelegt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Rechtsprechung ist für die Beurteilung, ob die in der Herstellung eines Gegenstandes bestehende Tätigkeit eine künstlerische ist, ausschließlich die Art und Weise der Gestaltung des Gegenstandes maßgebend. Erfolgt diese nach Gestaltungsprinzipien, die für ein umfassendes Kunstfach wie beispielsweise Malerei, Bildhauerei oder Architektur charakteristisch sind, dann ist eine derartige Tätigkeit als die eines Künstlers anzusehen. Gleiches gilt für eine Tätigkeit, die in der Gestaltung des hergestellten Gegenstandes den Gestaltungsprinzipien im umfassenden Kunstfach deswegen gleichzustellen ist, weil sie eine vergleichbar weitreichende künstlerische Ausbildung und Begabung erfordert (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 21. Juli 1993, 91/13/0231, mit weiteren Nachweisen). Das Vorliegen dieser Sachverhaltselemente hat die Behörde in einem Akt der Beweiswürdigung zu beurteilen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Februar 1975, 1553/73, vom 20. Juni 1990, 86/13/0008, und vom 23. Oktober 1990, 89/14/0068). Diese Beweiswürdigung hat in der Beurteilung der Werkgestaltung einen repräsentativen Querschnitt der Arbeiten zu betrachten, welche die steuerlich relevante Tätigkeit bildeten (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 21. Juli 1993, 91/13/0231, mit weiteren Nachweisen); andere Sachverhaltselemente wie etwa die Präsentation von Werken in Ausstellungen und ihr Ankauf durch öffentliche Sammlungen treten für die Beweiswürdigung in den Hintergrund (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Februar 1989, 88/13/0063), können allerdings zur Abrundung des Gesamtbildes beitragen (vgl. das hg. Erkentnnis vom 7. Februar 1990, 89/13/0038); in Grenzfällen bedarf es zur Beurteilung der Werkgestaltung der Einholung sachverständiger Äußerungen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. Oktober 1983, 83/14/0043, 0052, 0053, und vom 23. Oktober 1990, 90/14/0035).
Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde zunächst vor, sich mit den von ihr im Berufungsverfahren vorgelegten Gutachten nicht auseinandergesetzt zu haben und (auch) deshalb nicht zum Vorliegen künstlerischer Tätigkeit gekommen zu sein. Mit dieser Rüge zeigt die Beschwerdeführerin eine zu ihren Lasten gehende Mangelhaftigkeit des behördlichen Verfahrens nicht auf. Es trifft zwar zu, daß die belangte Behörde in die - der Sachlage nach durchaus gebotene - Auseinandersetzung mit den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Attesten nicht eingetreten ist. Dies hatte nach der Begründung des angefochtenen Bescheides aber nicht die von der Beschwerdeführerin gesehene, sondern nur jene Konsequenz, daß die belangte Behörde, insoweit von der Auffassung der Erstbehörde abweichend, ohne nähere Prüfung und nachvollziehbare Begründung von der künstlerischen Qualität der Werke der Beschwerdeführerin ausgegangen ist. Der in den angefochtenen Bescheid dessen ungeachtet aufgenommene Hinweis auf das Fehlen des Abschlusses einer akademischen Ausbildung der Beschwerdeführerin in einem umfassenden Kunstfach bildet erkennbar kein tragendes Element der Bescheidbegründung. Es hätte ein Ausbildungsmanko der Beschwerdeführerin die Beurteilung ihrer Produktionen als Kunstwerke - träfe sie zu - auch nicht in einer Weise abschwächen können, welche der Einordnung der Einkünfte der Beschwerdeführerin als solche aus künstlerischer Tätigkeit entgegengestanden wäre.
Die belangte Behörde kommt zur Beurteilung der Einkünfte der Beschwerdeführerin als solcher aus Gewerbebetrieb nicht wegen eines Zweifels an ihrer künstlerischen Qualifikation, sondern aus anderen Erwägungen. Sie sieht in der Arbeit der Beschwerdeführerin zwei verschiedene Tätigkeiten unterschiedlicher Beschaffenheit: die "künstlerische" Tätigkeit des Entwerfens von Modellen für Bekleidungs- und Einrichtungsgegenstände und die "gewerbliche" Tätigkeit der Umsetzung der Entwürfe durch manipulative Herstellung und Verkauf als Gebrauchsgegenstände. Diese beiden Tätigkeiten hingen untrennbar zusammen, das Element der gewerblichen Tätigkeit überwiege, sodaß die als einheitlich zu beurteilende Tätigkeit der Beschwerdeführerin Gewerbebetrieb sei. Diese Begründung war nicht geeignet, den angefochtenen Bescheid zu tragen. Ausgehend von der behördlichen Hypothese über die Qualifikation der von der Beschwerdeführerin entworfenen Modelle als Kunstwerke war die im angefochtenen Bescheid unterstellte Trennbarkeit von Entwurf und Herstellung in zwei verschieden zu beurteilende Tätigkeiten nämlich verfehlt.
Zwar hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren erklärt, daß ihre Werke im Kopf und nicht unter den Händen entstünden; damit brachte sie aber nur zum Ausdruck, daß ihr die Gestalt ihrer Textilproduktionen nicht erst während, sondern schon vor deren Realisierung fertig vor Augen stehe, was nicht heißen kann, daß diese Realisierung nicht mehr Teil des gestaltenden Gesamtprozesses wäre. Verliert doch der "handwerkliche" Teil der künstlerischen Produktion auch im klassischen Kunstfach nicht deswegen seinen Charakter als künstlerisches Tun, weil das Werk in der Vorstellung des Künstlers Gestalt schon in allen Einzelheiten angenommen hat. Der Bildhauer, der sich anschickt, die vor seinem geistigen Auge im letzten Detail schon fixierte Skulptur aus dem Stein zu meißeln, ist bei dieser Arbeit ebenso künstlerisch tätig wie jener, für den das Werk seine endgültige Gestalt erst im Verlaufe des "handwerklichen" Umsetzungsprozesses annimmt. Gleiches hätte sinngemäß auch für die Realisierung der Entwürfe der Beschwerdeführerin zu gelten. Blieb doch ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren, daß die Ausführung ihrer Entwürfe in jedem Fall unter ihrer Anleitung und laufender Beaufsichtigung erfolge, von der Behörde unwidersprochen, sodaß die in der behördlichen Beweiswürdigung unterstellte Annahme, der als künstlerisch anzuerkennende Realisierungsprozeß sei mit dem als Entwurf zu Papier gebrachten Einfall der Beschwerdeführerin abgeschlossen, einer Grundlage im Sachverhalt entbehrt. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren, daß die Fälle, in welchen sie für bloße Entwürfe honoriert werde, in der Minderheit lägen, ist die belangte Behörde ebensowenig entgegengetreten.
Der Beurteilung des Anfertigens der von der Beschwerdeführerin hergestellten Textilkunstwerke als Teil eines künstlerischen Prozesses stünde auch der Umstand nicht entgegen, daß sich die Beschwerdeführerin dazu der Mithilfe anderer, teils bei ihr angestellter, teils auf Werkvertragsbasis entlohnter Personen bediente. Soweit diese Personen als fachlich vorgebildet anzusehen waren, ist hiezu auf die Bestimmung des drittletzten Satzes des § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 zu verweisen; die Mithilfe nichtqualifizierter Arbeitskräfte war der Beurteilung freiberuflicher Tätigkeit ebenso unschädlich (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2, TZ 13, letzter Absatz, zu § 22 EStG 1972). Auch der Verwaltungsgerichtshof hat etwa im Fall einer Gobelinweberin es der Beurteilung deren Tätigkeit als künstlerisch nicht für abträglich erachtet, daß sie sich der Mitwirkung ihrer Studenten bei der Herstellung einer großen Auftragsarbeit bedient hatte (Erkenntnis vom 3. Dezember 1979, 191/79 und 2835/79); der in diesem Erkenntnis gegebene Hinweis auf Rubens läßt sich nicht nur auf den gesamten Bereich etwa der Freskenmalerei oder Mosaikkunst erweitern, sondern durch die Einsicht ergänzen, daß die Beschaffenheit mancher Kunstwerke, unter Umständen die Eigenheit ganzer Kunstgattungen einst wie jetzt die Erforderlichkeit arbeitsteiliger Produktionsprozesse als unabweislich zeigt.
Wäre die mit der Herstellung der Textilproduktionen der Beschwerdeführerin verbundene Arbeit Teil eines künstlerischen Prozesses, dann verbliebe für das von der belangten Behörde gesehene untrennbare Nebeneinander von künstlerischer und gewerblicher Tätigkeit kein Raum mehr. Der Beschwerdefall unterscheidet sich von den im angefochtenen Bescheid ins Treffen geführten Fällen des Schriftstellers, der seine Werke selbst verlegt (Erkenntnisse vom 2. Oktober 1959, 1573/56, und vom 5. November 1986, 85/13/0082), und der Malerin, die ihre Kunstwerke im Siebdruckverfahren selbst vervielfältigt (Erkenntnis vom 30. Oktober 1968, 609/68), gerade dadurch, daß in den von der belangten Behörde angesprochenen Fällen der Abgabepflichtige im Anschluß an den mit der Fertigstellung des Textes oder des gemalten Bildes abgeschlossenen schöpferischen Prozeß eine von diesem unabhängige zusätzliche Tätigkeit entfaltet hatte, die als gewerblich zu beurteilen war; die im Beschwerdefall von der belangten Behörde als gewerblich angesehene Tätigkeit aber ist nicht - übergewichtiger - Annex, sondern Teil des gestaltenden Prozesses selbst. Das Bereithalten produzierter Kunstwerke zum Verkauf - und sei es auch in einer anderen Betriebsstätte als jener der Herstellung - konnte keine gewerbliche Tätigkeit begründen; auch die - dem Umfang nach geringfügigen - Werbeaufwendungen konnten dies nicht, wie die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1986, 84/14/0017, zutreffend bemerkt.
Die belangte Behörde hat in der Ansicht, daß die Herstellung der entworfenen Kreationen eine vom Entwurf selbst trennbare, rechtlich gesondert zu beurteilende Tätigkeit bedeutete, die Rechtslage verkannt. In dieser Verkennung der Rechtslage hat die belangte Behörde es nicht mehr für erforderlich gesehen, die in Wahrheit streitentscheidende Frage der künstlerischen Qualität der Produktionen der Beschwerdeführerin der sachverhaltsmäßig gebotenen Prüfung zu unterziehen.
Die von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren vorgelegten Bekundungen des Leiters der Meisterklasse für textiles Gestalten und Werken an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien und der Leiterin der Textilabteilung des österreichischen Museums für angewandte Kunst in Wien waren für sich allein nämlich noch nicht geeignet, für die Gestaltung der von der Beschwerdeführerin produzierten Gegenstände solche Prinzipien als kennzeichnend zu erweisen, welche im Sinne der oben wiedergegebenen Grundsätze der hg. Judikatur die Tätigkeit der Beschwerdeführerin als künstlerisch schon beurteilen ließen. Die vorgelegten Atteste hätten die belangte Behörde vielmehr dazu veranlassen müssen, zunächst durch Vernehmung dieser beiden Personen Auskunft darüber zu erhalten, worin sie im Schaffen der Beschwerdeführerin den entscheidenden Qualitätssprung vom Kunsthandwerk zur Kunst konkret und im Detail erblicken und in welchem Falle vergleichbare Produktionen weshalb auf die Ebene des Kunsthandwerks zu verweisen wären. Auch die Beiziehung weiterer, von der Behörde beauftragter Sachverständiger aus dem Kunstfach war bei der gegebenen Sachlage als ratsam nicht von der Hand zu weisen.
Wenn es auch der Qualifikation eines Gegenstandes als Kunstwerk nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich nicht entgegensteht, daß er sich zum Gebrauche eignet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1960, 1313/57, ebenso wie die bereits zitierten hg. Erkenntnisse vom 4. Oktober 1983, 83/14/0043, 0052, 0053, und vom 21. Juli 1993, 91/13/0231), so ist doch im Interesse einer gleichmäßigen Besteuerung aller Abgabepflichtigen das Vorliegen künstlerischer Tätigkeit besonders kritisch in jenen Fällen zu prüfen, in welchen künstlerisch inspiriertes Produzieren mit typischen Gewerbebetrieben in Wettbewerb tritt. Ob die von der Beschwerdeführerin in ihren Produktionen eingesetzten Gestaltungsprinzipien das Niveau fantasievollen Schneidergewerbes oder kreativen Kunsthandwerks tatsächlich in welcher Weise überschritten haben und mit jenen auf eine Stufe gestellt werden können, welche zur Herstellung von Kunstwerken auf den Gebieten klassischer Kunstfächer wie etwa der Bildhauerei oder Malerei führen, wird von der belangten Behörde im fortgesetzten Verfahren zu prüfen und anhand zureichender Beweisaufnahmen nachvollziehbar zu begründen sein.
Da der angefochtene Bescheid die Einkünfte der Beschwerdeführerin als solche aus Gewerbebetrieb mit einer Begründung qualifiziert, die aus den oben dargelegten Gründen auf einer Verkennung der Rechtslage beruht, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es noch eines Eingehens auf das weitere, auf eine Verletzung der Vorschrift des § 17 Abs. 4 UStG 1972 abzielenden Beschwerdevorbringen bedurfte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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