VwGH 91/13/0085

VwGH91/13/008521.7.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des Dr. G in B, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, vom 28. Jänner 1991, GZ. 6/1-1003/90-07, betreffend Feststellung von Einkünften für 1986, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §20;
EStG 1972 §4 Abs4;
EStG 1972 §7 Abs1;
EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §20;
EStG 1972 §4 Abs4;
EStG 1972 §7 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.590,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war im Streitjahr insbesondere als Assistenzarzt an der 2. Chirurgischen Universitätsklinik des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien tätig.

Gegen den die Feststellung von Einkünften aus selbständiger Arbeit für das Jahr 1986 betreffenden Bescheid wurde Berufung erhoben. Der Beschwerdeführer beantragte, die Einkünfte für dieses Jahr entsprechend einer angeschlossenen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung mit einem Verlust von S 20.172,-- festzustellen.

In Ergänzung der Berufung wurde nach einem insbesondere die Aufwendungen für ein Arbeitszimmer betreffenden Vorhalt von der steuerlichen Vertreterin des Beschwerdeführers ausgeführt, dieser habe sich bei seiner Tätigkeit am AKH auf Herzoperationen und Herztransplantationen spezialisiert. Daneben sei er auch Vortragender an zwei Krankenpflegeschulen. Weiters halte er bei Tagungen und Kongressen Vorträge über Laserangioplastik. Die Vorbereitung für diese Vorträge sowie die Lehrtätigkeit erfolge im Arbeitszimmer in der Wohnung des Beschwerdeführers. Im AKH verfüge er über keine geeignete Räumlichkeit, in der er die Tätigkeiten wie Führung der umfangreichen Korrespondenz im In- und Ausland, Auswertung von wissenschaftlichem Material, Lesen der Fachliteratur, Ausarbeitung der Vorträge durchführen könne. Das Arbeitszimmer werde ausschließlich für diese Tätigkeiten benützt. Für die Aufbewahrung der umfangreichen Fachliteratur verwende der Beschwerdeführer einen an das Arbeitszimmer angrenzenden Raum als Archiv. Der Eingabe waren Ablichtungen von Tagungsprogrammen und eines Wohnungsplanes angeschlossen.

Bei der antragsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat gab die steuerliche Vertreterin des Beschwerdeführers an, sein Spezialgebiet sei die Durchführung von Herzoperationen und Herztransplantationen. Seit 1985 arbeite er in einem von ihm und einigen Kollegen organisierten Laser-Team an der Entwicklung eines Kalt-Lasers. Im Jahre 1987 sei dieser Kalt-Laser erstmals eingesetzt worden. Seit 1983 arbeite er an wissenschaftlichen Publikationen, habe einen Beitrag zu einem Buch über Organtransplantationen geschrieben, halte Vorträge für Forschung und medizinische Anwendung der Laserstrahlen. Sein Ziel sei die Habilitation, die nach ungefähr zehn Berufsjahren möglich sei. Der Vorstand der Klinik gestatte erst nach der Habilitation die Eröffnung einer privaten Ordination. Die nunmehrigen Einnahmen des Beschwerdeführers könnten daher auf die Leistungen der Vorjahre zurückgeführt werden. Der Beschwerdeführer habe im Jahre 1986 an fünf Publikationen gearbeitet, an drei Buchbeiträgen, darunter einem fünfzigseitigen Beitrag des im Jahre 1987 erschienenen Buches über Organtransplantationen, an 14 bei Kongressen und Tagungen gehaltenen Vorträgen und an neun Berichten zu Vorträgen. Üblicherweise würden für Vorträge und wissenschaftliche Publikationen keine Honorare bezahlt, weil der Autor diese Arbeiten zur Vorbereitung seiner Habilitation benötige. Das Arbeitszimmer werde vom Beschwerdeführer wöchentlich 10 bis 20 Stunden benützt. Es werde ausschließlich beruflich genutzt und sei vom Wohnungsverband getrennt. Es befinde sich darin ein Schreibtisch mit Schreibmaschine und Regale zur Aufbewahrung der Bücher und Arbeiten.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung hinsichtlich der Aufwendungen für das Arbeitszimmer keine Folge gegeben. Die belangte Behörde verwies dazu auf den Umstand, daß der Beschwerdeführer im Streitjahr seine Einnahmen fast zur Gänze durch seine Tätigkeit an den Kliniken erzielt habe. Demgegenüber entfielen auf die Vortragstätigkeit an der Krankenpflegeschule nur geringfügige Einnahmen, während er für die Vortragstätigkeit auf Kongressen und Tagungen sowie für die Abfassung wissenschaftlicher Publikationen überhaupt keine Einnahmen erzielt habe. Da das Arbeitszimmer somit nur für Zwecke der Fortbildung genutzt worden sei, fehle für die Anerkennung der gegenständlichen Aufwendungen die Voraussetzung, daß die Haltung eines Arbeitszimmers unbedingt erforderlich ist.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die anteilig auf ein Arbeitszimmer in der Wohnung des Steuerpflichtigen entfallenden Aufwendungen sind nur dann steuerlich absetzbar, wenn die ausgeübte Tätigkeit ein ausschließlich beruflichen Zwecken dienendes Arbeitszimmer unbedingt erforderlich macht und wenn auch tatsächlich ein Raum entsprechend eingerichtet und genutzt wird (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 1993, 91/13/0045, mit weiterem Hinweis).

Die belangte Behörde hat die steuerliche Absetzbarkeit der geltend gemachten Aufwendungen für ein Arbeitszimmer ausschließlich mit der Begründung versagt, daß die Tätigkeit, die vom Beschwerdeführer im gegenständlichen Arbeitszimmer ausgeübt wird, im Streitjahr nur zu geringfügigen Einnahmen bzw. hinsichtlich der Vortrags- und Schriftstellertätigkeit zu überhaupt keinen Einnahmen geführt hat. Damit hat die belangte Behörde aber übersehen, daß es für die Frage, ob die Tätigkeit ein Arbeitszimmer unbedingt erforderlich macht, auf die Erzielung von Einnahmen aus dieser Tätigkeit (bereits) in dem in Betracht kommenden Besteuerungszeitraum nicht ankommt. Steht - wie im Beschwerdefall - ein Kausalzusammenhang zwischen dieser Tätigkeit, für die das Arbeitszimmer erforderlich ist, und den im Rahmen der freien Berufstätigkeit zu erwartenden künftigen Einnahmen nicht in Zweifel, so hindert die Geringfügigkeit der im Besteuerungszeitraum unmittelbar aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen nicht die Absetzbarkeit der auf das Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen. Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie es auch unterlassen, sich mit dem Vorbringen insbesondere in der mündlichen Verhandlung auseinanderzusetzen, worin ein Zusammenhang zwischen der Tätigkeit, für die das Arbeitszimmer nach Auffassung des Beschwerdeführers erforderlich sei, und den zukünftigen, nach der Habilitation in Aussicht stehenden höheren Einnahmen aus der ärztlichen Berufstätigkeit hergestellt worden ist.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG.

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