Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
In der Bausache der erstmitbeteiligten Partei betreffend einen Neubau eines Wohnhauses mit angebauter Garage auf Grundparzelle 463/4, KG E, wurde vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde eine mündliche Verhandlung für den 11. September 1990 anberaumt, zu der auch die Beschwerdeführer als Anrainer der nordöstlich vom zu bebauenden Grundstück gelegenen Grundparzelle 1786/8, KG E geladen wurden. Diese Verhandlung wurde in der Folge aufgrund mangelhafter Pläne abberaumt.
Für das neuerliche Baugesuch der erstmitbeteiligten Partei vom 17. September 1990 wurde mit Kundmachung vom 18. September 1990 eine mündliche Verhandlung für den 27. September 1990 anberaumt. Die Ladung zu dieser Bauverhandlung wurde den Beschwerdeführern unter Hinweis auf den Gegenstand und die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG sowie unter Verweis auf zur Einsichtnahme vom 24. bis 26. September 1990 im Gemeindeamt aufliegende Baupläne und Behelfe am 19. September 1990 zugestellt.
Zu Beginn dieser Bauverhandlung überreichten die Beschwerdeführer dem Bürgermeister als Verhandlungsleiter eine schriftliche Stellungnahme. Darin beantragten sie die Vertagung aufgrund der kurzen Frist zur Planeinsicht und wegen der den Bauplan betreffender Mängel; weiters wandten sie ein, daß das Vordach an der Ostseite nicht den gesetzlichen Abstand aufweise. Diese Stellungnahme wurde vom Verhandlungsleiter zum Akt genommen und als Bestandteil des Protokolls erklärt.
Mit Bescheid vom 8. Oktober 1990 erteilte der Bürgermeister der zweitmitbeteiligten Gemeinde dem Erstmitbeteiligten nach Maßgabe der beiligenden Pläne und unter Setzung einer Reihe von Auflagen die beantragte baubehördliche Bewilligung. Die von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen wurden mit der Begründung abgewiesen, daß diese erst schriftlich am Verhandlungstag und damit verspätet eingebracht worden wären.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in der sie ausführten, daß sowohl die Bauverhandlung am 11. September als auch die am 27. September 1990 zu kurzfristig anberaumt worden sei und für die letztere die Planunterlagen nur drei Tage zur Einsichtnahme aufgelegt worden wären. Darüber hinaus seien diese nach der Bauverhandlung dadurch geändert worden, daß Höhenschnitte zur Abstandsberechnung eingetragen worden seien. Zudem sei über die in der schriftlichen Stellungnahme vorgebrachten Einwendungen nicht abgesprochen worden.
Mit Bescheid des Gemeindevorstands der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 2. November 1990 wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, daß die schriftlich am Verhandlungstag eingebrachten Einwendungen verspätet seien. Aufgrund der Ortsansässigkeit der Beschwerdeführer und der Information des Verhandlungsleiters bei der am 11. September 1990 stattgefundenen Verhandlung über den neuerlichen Verhandlungstermin am 27. September 1990 könne von keiner zu kurzfristigen Anberaumung der mündlichen Verhandlung ausgegangen werden. Die Beschwerdeführer hätten vom
24. bis 26. September 1990 beim Gemeindeamt Planeinsichtsmöglichkeit gehabt. Darüber hinaus seien Änderungen der Pläne hinsichtlich der Angaben zur Abstandsberechnung nicht nach, sondern während der Bauverhandlung vorgenommen worden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung rügten die Beschwerdeführer eine Verletzung des Parteiengehörs und verwiesen neuerlich auf die zu kurzfristige Anberaumung der Verhandlung und die nur kurze Planeinsichtsmöglichkeit sowie auf fehlende Planunterlagen, was eine rechtzeitige Beurteilung des Bauvorhabens unmöglich gemacht hätte. Überdies wären nachträgliche Ergänzungen der Planunterlagen durch den Sachverständigen unzulässig. Da ihre schriftliche Stellungnahme dem Verhandlungsleiter während der Verhandlung übergeben und von diesem verlesen worden sei, könne nicht von einer Präklusion ausgegangen werden. Es sei deshalb nicht bescheidmäßig über ihre Einwendungen abgesprochen worden.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 3. Jänner 1990 wurde die Vorstellung der Beschwerdeführer abgewiesen. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, daß nur die in der Berufung geltend gemachten verfahrensrechtlichen Fragen (dies seien die zu kurzfristige Anberaumung der Bauverhandlung und die nachträgliche Planänderung) Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen. Nur insoweit sei der Berufungsbescheid Gegenstand der Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde. Den Beschwerdeführern sei das Projekt bereits seit längerem in seinen Grundzügen bekannt gewesen, weshalb sie sich nötige Zusatzinformationen ohne weiteres besorgen hätten können. Die Vorbereitungszeit zwischen 19. und 29. September 1990 sowie die Einsichtsmöglichkeit in die Unterlagen vom 24. bis 26. September 1990 seien ausreichend gewesen. Die schriftliche, zum Akt genommenen und als Bestandteil des Protokolls erklärten Einwendungen seien zwar als rechtzeitig erhoben anzusehen. Die vom Bausachverständigen zur Wahrung der Nachbarrechte vorgenommenen geringfügigen Plankorrekturen in Form einer Verkürzung des Vordaches und einer Eintragung der Gebäudehöhe in bezug auf das natürliche Gelände seien im Rahmen der mündlichen Verhandlung zulässig.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift und Gegenäußerung die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in zweifacher Hinsicht beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als den Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. dazu unter anderem das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. N.F. Nr. 10.317/A, u.v.a.).
Gemäß § 30 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung (TBO), LGBl. Nr. 33/1989, sind Nachbarn Eigentümer von Grundstücken, die zu dem zur Bebauung vorgesehenen Grundstücke in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, daß durch die bauliche Anlage oder durch deren Benützung hinsichtlich der durch dieses Gesetz geschützten Interessen mit Rückwirkungen auf ihr Grundstück oder die darauf errichtete bauliche Anlage zu rechnen ist. Dem Grundeigentümer ist der Bauberechtigte gleichgestellt.
Gemäß § 30 Abs. 4 TBO hat die Behörde über eine Einwendung des Nachbarn abzusprechen, die die Verletzung eines Rechtes behauptet, das in einer Bestimmung dieses Gesetzes oder einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes begründet ist, die nicht nur die Wahrung der öffentlichen Interessen, sondern auch dem Schutz der Nachbarn dient (subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendung). Subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen können insbesondere auf Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken, insbesondere auf die §§ 12 bis 16b des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, die Bauweise, die Bauhöhe, die Mindestabstände von baulichen Anlagen, die Beschaffenheit des Bauplatzes und den Brandschutz gestützt werden.
Im Gegenstand haben die Beschwerdeführer als Eigentümer der an das zu bebauende Grundstück unmittelbar nordöstlich angrenzende Liegenschaft am Beginn der Bauverhandlung vom 27. September 1990 eine schriftliche Stellungnahme eingebracht und darin unter Punkt 4 die Nichteinhaltung des gesetzlichen Abstandes des Vordaches auf der Ostseite geltend gemacht. Zwar wurde diese Einwendung entgegen der Vorschrift des § 44 Abs. 2 letzter Satz AVG in der mündlichen Verhandlung schriftlich abgegeben. Die Einhaltung dieser Bestimmung ist aber Sache des Verhandlungsleiters. Wenn dieser im Gegenstand das schriftliche Vorbringen entgegennimmt und dem Protokoll als DESSEN BESTANDTEIL anschließt, muß dies so gewertet werden, als ob der Antrag korrekt gestellt worden wäre (vgl. VwSlg. N.F. Nr. 9.141/A). Damit sind diese Einwendungen der Beschwerdeführer als rechtzeitig eingebracht anzusehen und daher nicht von der Präklusion nach § 42 Abs. 1 AVG erfaßt.
Die Behörde erster Instanz ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Einwendungen der Beschwerdeführer verspätet eingebracht wurden. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde haben die Beschwerdeführer die Nichtbehandlung ihrer Einwendungen in ihrer Berufung geltend gemacht, wenn sie darin ausführen, daß über ihre schriftliche Stellungnahme nicht abgesprochen worden sei.
Dies verhilft der vorliegenden Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg, weil die Beschwerdeführer an der Nordostseite und nicht an der Ostseite des Baugrundstückes anrainen und ihnen daher an der Einhaltung des Seitenabstandes an der östlichen Grundgrenze kein subjektiv-öffentliches Recht zukommt. Ebensowenig hingegen vermag der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung der Beschwerdeführer, es sei ihnen zu wenig Vorbereitungszeit für die mündliche Verhandlung eingeräumt worden, zu folgen, weil die Beschwerdeführer weder in ihren Rechtsmitteln noch in der vorliegenden Beschwerde darlegen, welche Einwendungen sie bei Einräumung einer ihnen ausreichend erschienen Vorbereitungszeit erhoben hätten. Damit fehlt es aber an einem ausreichenden Sachvorbringen zur Dartuung der Relevanz des von ihnen behaupteten Verfahrensmangels (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 S 600 f zitierte Judikatur). Letztlich kann auch auf sich beruhen, ob die "Feststellung der Höhe in der Bauverhandlung selbst jedenfalls zu spät und rechtswidrig" ist, da die Beschwerdeführer auch in der Folge, insbesondere auch in ihrer Berufung keine Einwendungen gegen die - ihnen nunmehr zweifelsfrei erkennbare - Gebäudehöhe erhoben haben.
Da die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid somit im Ergebnis in ihren Rechten nicht verletzt wurden, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesdere auch deren Art. III Abs. 2.
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