Normen
BauO NÖ 1976 §2 Z10;
BauO NÖ 1976 §2 Z11;
BauO NÖ 1976 §21 Abs4;
BauO NÖ 1976 §21 Abs6;
BauO NÖ 1976 §21;
BauO NÖ 1976 §22;
BauO NÖ 1976 §4 Abs1 Z3;
BauO NÖ 1976 §4 Abs1 Z4;
BauO NÖ 1976 §4 Abs1 Z5;
BauO NÖ 1976 §5 Abs3;
BauO NÖ 1976 §5;
BauO NÖ 1976 §8;
BauRallg;
BauO NÖ 1976 §2 Z10;
BauO NÖ 1976 §2 Z11;
BauO NÖ 1976 §21 Abs4;
BauO NÖ 1976 §21 Abs6;
BauO NÖ 1976 §21;
BauO NÖ 1976 §22;
BauO NÖ 1976 §4 Abs1 Z3;
BauO NÖ 1976 §4 Abs1 Z4;
BauO NÖ 1976 §4 Abs1 Z5;
BauO NÖ 1976 §5 Abs3;
BauO NÖ 1976 §5;
BauO NÖ 1976 §8;
BauRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 4. Juli 1981 suchten die damaligen Eigentümer des Grundstückes Nr. 256, EZ 1242, KG M (N-Gasse 79 in X), Dr. Johann R einerseits und Ing. Alfred und Waltraud E andererseits um die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Zweifamilienhauses an. Ostseitig benachbart ist das Fahnengrundstück Nr. 257 EZ 1240 KG M (N-Gasse 77), welches damals Gustav N gehörte. Daran schließt an der N-Gasse (top Nr. 75) das Grundstück der Melitta F an.
Dem vom mitbeteiligten Bauwerber vorgelegten Grundbuchsauszug ist zu entnehmen, daß aufgrund des Kaufvertrages vom 27. August 1981 das Eigentumsrecht an der Liegenschaft des G.N. am 19. April 1982 für Walter O einverleibt wurde; zufolge Kaufvertrages vom 13. April 1984 wurde das Eigentumsrecht für den Beschwerdeführer am 2. August 1984 einverleibt. Die Ladung zur Bauverhandlung vom 23. Juli 1981 erging an den damaligen Nachbarn G.N.; auch die Baubewilligung vom 27. Juli 1981 wurde ihm zugestellt.
Am 9. September 1981 beantragten die Bauwerber unter Vorlage von Auswechslungsplänen "aufgrund von Einwendungen der Wohnbauförderung" Abänderungen des bewilligten Bauvorhabens. Als Büros genützte Räume sollten spezifiziert werden und durch eine Wendeltreppe einen eigenen Gang erhalten; ein Wohnraum sollte in einen Eßraum getauscht werden und es sollten geringfügige Veränderungen der Fensterachsen unter Beibehaltung des äußeren Gebäudeumrisses vorgenommen werden. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 5. Oktober 1981 wurden diese Auswechslungspläne baubehördlich genehmigt und die Baubewilligung für den Neubau des Zweifamilienhauses nach diesen Auswechslungsplänen erteilt. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, daß nur untergeordnete Abänderungen hinsichtlich der inneren Raumeinteilung und Raumwidmung sowie damit verbunden untergeordnete und den Eindruck des Objektes nicht beeinflussende Abänderungen an Fassaden beabsichtigt seien, die auf Nachbarrechte keinen andern Einfluß hätten, als die schon seinerzeit erteilte Baubewilligung. An der Situierung, der äußeren Gestalt und dem Umfang bzw. der Größe des Bauvorhabens ändere sich nichts.
Der letztgenannte Bescheid wurde den Nachbarn nicht zugestellt. Der Rechtsnachfolger im Liegenschaftseigentum des G.N., W.O., hat anläßlich seines ersten Einschreitens mit Schreiben vom 16. April 1982 gerügt, daß die Bauführung gegen den Baubewilligungsbescheid (vom 27. Juli 1981) in mehrfacher Hinsicht verstoße. Der Beschwerdeführer selbst trat erstmals am 7. Mai 1984 mit einer Anrainerbeschwerde auf.
Die mitbeteiligten Ing. Alfred und Waltraud E sind Wohnungseigentümer des Hauses 1, welches dem Wegteil des östlich benachbarten Fahnengrundstückes gegenüberliegt; der mitbeteiligte Dr. D ist seit 5. Mai 1989 Wohnungseigentümer des Hauses 2, welches dem Bauplatzteil des östlich benachbarten Fahnengrundstückes gegenüberliegt. Rechtsvorgänger des Dr. D war Dipl.Ing. Dr. Lothar R.
Dem nunmehrigen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof liegt der Antrag des Letztgenannten vom 21. September 1987 um Erteilung der Baubewilligung am Bauteil 2 für einen zusätzlichen Nutzraum unter der Stiege durch Untermauerung mit Bogenöffnung sowie weitere Abweichungen vom ursprünglichen Projekt und die Bewilligung für eine 1,8 m hohe Stützmauer an der Grundgrenze zugrunde. Anläßlich der darüber abgehaltenen Bauverhandlungen vom 6. April 1988, 27. Oktober 1988 und 10. Jänner 1989 wendete der Beschwerdeführer ein, die Bebauungsdichte werde überschritten, der seitliche Bauwich werde nicht eingehalten und die Stützmauer sei zu hoch und nicht fundiert. Nach den Bebauungsbestimmungen müsse ihre Höhe auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden. Die Errichtung von Büros sei im Bauland-Wohngebiet widmungswidrig. Der Bescheid vom 5. Oktober 1981 sei den Anrainern gegenüber nicht rechtswirksam geworden, weil er nie zugestellt wurde und nicht verhandelt worden sei.
Der den Verhandlungen beigezogene bautechnische Amtssachverständige verwies hinsichtlich der Verengung des "Zwischengartens" durch den Erkervorbau im Bereich der angrenzenden Fahne der Nachbarliegenschaft auf das in einem früheren Verfahren eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen der Landesregierung, Dipl.Ing. Y, vom 28. Oktober 1985 bzw. 18. November 1985. In diesem Gutachten wird die Frage, ob durch den Stiegenaufbau und das Gebäudeeck der seitliche Stiegenaufbau überschritten wird, wie folgt beantwortet:
"Für die Beurteilung dieser Frage ist die Höhe der Traufenfront hT = 9,49 m maßgebend. Der erforderliche Bauwich beträgt hT:2 = 9,49 : 2 = 4,75 m. Dieses Maß von der "Mittellinie" des Zufahrtsstreifen aufgetragen ergibt jenen Bereich der Stiege, welcher im seitlichen Bauwich liegt. Demzufolge liegen von den 14 Stufen die ersten 10 Stufen zum Teil im seitlichen Bauwich."
Hinsichtlich des zusätzlichen Nutzraumes unter der Stiege führte der Sachverständige aus:
"Der "sogenannte" Türvorbau kann im Sinne des LGBl. 8200-1 als Vorbau angesehen werden, wenn im Kellerbereich durch Entfernung der 25 cm dicken Schalsteinwand ein "offener Türvorbau" hergestellt wird. Der gesamte Vorbau stelle dann eine Kombination zwischen offenen Türvorbauten mit und ohne Stufen, Schutzdach bzw. Balkon dar."
Mit Bescheid vom 27. Jänner 1989 bewilligte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde die beantragte Abänderung beim Zweifamilienhaus, die Errichtung der Stützmauer und die Niveauveränderungen unter Auflagen. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden teils ab-, teils zurückgewiesen.
In der dagegen erstatteten Berufung verwies der Beschwerdeführer darauf, daß die zugrundegelegte Baubewilligung vom 5. Oktober 1981 ohne Anhörung der Nachbarn erlassen worden sei und somit den Bauwerbern gegenüber nicht rechtskräftig geworden sei. Hinsichtlich der Stützmauer liege res iudicata vor. Eine Stützmauer in dieser Höhe sei nicht erforderlich. Der Bauwich werde nicht eingehalten, die Bebauungsdichte überschritten.
Diese Berufung wies der Gemeinderat der Stadtgemeinde X mit Bescheid vom 20. Juni 1989 als unbegründet ab. In der Begründung wurde in bezug auf die behauptete Abstandsverletzung auf die Ausführungen des Bausachverständigen im erstinstanzlichen Verfahren hingewiesen.
In seiner Vorstellung machte der Beschwerdeführer neuerlich geltend, daß er den Bescheid vom 5. Oktober 1981 nicht erhalten habe und daher auch nicht habe prüfen können, ob er in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden sei. Er berief sich auf eine rechtskräftige Abweisung des Bauansuchens hinsichtlich der Stützmauer; nunmehr werde über dieselbe Sache, bloß mit Auflagen, neuerlich entschieden. Warum die Stützmauer für erforderlich angesehen wurde, habe die Berufungsbehörde nicht begründet. Sie könne sich hinsichtlich des Einwandes, daß der Erkervorbau in den Bauwich rage, nicht mit dem Hinweis auf die Meinung eines Sachverständigen der Landesregierung begnügen und keine Begründung geben. Es könne auch nicht angehen, daß ein Bauansuchen aus früheren Bebauungsbestimmungen die größere Bauhöhe, aus späteren Bebauungsbestimmungen die höhere Bebauungsdichte konsumiere. Damit werde eine Baubewilligung erteilt, die weder den alten, noch den neuen Bestimmungen entspreche.
Im angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Die durch den Bescheid vom 5. Oktober 1981 gegenüber dem Bescheid aus Juli 1981 bewilligten Änderungen seien geringfügig gewesen und hätten keine Nachbarinteressen berührt. Der Bewilligung der jetzt gegenständlichen Stützmauer mit einer Höhe von 1,8 m stehe die seinerzeitige Abweisung eines Antrages auf Bewilligung einer Mauer mit 2,6 m nicht entgegen, es könne von einer identen Sache keine Rede sein. Daß die Stützmauer erforderlich sei, wurde mit der gegebenen Hanglage begründet. Dem Gutachten des Dipl.Ing. Y, welches dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht wurde, sei nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten worden. Das nunmehrige Projekt habe hinsichtlich der zulässigen Gebäudehöhe keine Änderung erfahren. Wenn sich auch die Bestimmungen über die Bebauungsdichte geändert hätten, so könnten auf diese nachträgliche Änderung sehr wohl die günstigeren Bestimmungen des geltenden Bebauungsplanes angewendet werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten auf Parteistellung im Bauverfahren gemäß § 118 Abs. 8 der Bauordnung für Niederösterreich, auf Abweisung eines Bauansuchens bei Identität der Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, auf Einhaltung der Bestimmungen des Bebauungsplanes sowie auf fehlerfreie Handhabung der Berechnung des Bauwichs im Sinne des § 21 Abs. 4 und 6 der Bauordnung für Niederösterreich verletzt.
Der mitbeteiligte Bauwerber Dr. D und die mitbeteiligte Stadtgemeinde erstatteten Gegenschriften; die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und nahm unter Hinweis auf die Begründung im angefochtenen Bescheid von einer Gegenschrift Abstand. Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes legte die mitbeteiligte Stadtgemeinde den geltenden Bebauungsplan samt Verordnung vom 24. September 1986 (im folgenden: VO) sowie weiters einen bis zum Jahr 1986 in Kraft befindlichen Bebauungsplan, bis 1986 geltende Bausatzungen, die Verordnung vom 11. Mai 1973 sowie die Naturmaße des gegenständlichen Gebäudes und eine Berechnung der Bebauungsdichte vor. Zur Replik auf den Standpunkt in der Beschwerde, daß der seitliche Bauwich 4 m betrage, legte die mitbeteiligte Stadtgemeinde den diesbezüglichen Beschluß des Gemeinderates vom 9. Oktober 1964 vor, welcher jedoch aufgrund des geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes außer Kraft getreten sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Was die zunächst vom Beschwerdeführer gerügte Nichtbeiziehung seiner Rechtsvorgänger anläßlich des Verfahrens über die Erteilung der Baubewilligung vom 5. Oktober 1981 betrifft, ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, daß allfällige Mängel des Verfahrens nur dann zu einer Rechtsverletzung des Nachbarn führen können, wenn der Nachbar bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften in einem (materiellen) Recht verletzt sein könnte (Hauer, Der Nachbar im Baurecht3, 76). Ein Vergleich der dem Bescheid vom 27. Juli 1981 zugrunde gelegten Einreichpläne mit den dem Bescheid vom 5. Oktober 1981 zugrundeliegenden Plänen läßt weder eine Vergrößerung von Flächen, noch eine Erhöhung, noch sonst Veränderungen erkennen, die auf subjektiv-öffentliche Nachbarrechte Einfluß haben könnten. Der Beschwerdeführer vermag auch gar nicht darzutun, in welche Nachbarrechte allein durch die Bewilligung vom 5. Oktober 1981 eingegriffen worden wäre. Insbesondere findet sich die Stützmauer in keinem der zuletzt genannten Pläne, sondern taucht erstmals in den einem abweisenden Bescheid vom 12. Mai 1987 zugrundeliegenden Plänen vom 17. Mai 1982 auf. Daß durch die Baubewilligung vom 5. Oktober 1981 gegenüber jener vom 27. Juli 1981 eine Vergrößerung des Eckvorbaues bewilligt worden wäre, kann auch dem Protokoll vom 25. März 1988 (richtig: 6. April 1988) nicht entnommen werden.
Dem Einwand, hinsichtlich der Stützmauer liege res iudicata vor, kann auch der Verwaltungsgerichtshof nicht folgen. Punkt 7.2 VO erklärt Einfriedungen entlang von Grundgrenzen vom Nachbargrund aus gemessen bis zu einer Höhe von 1,80 m für zulässig. Damit hat das frühere Bauvorhaben dieses Ausmaß überschritten, während es jetzt eingehalten wird.
Der Beschwerdeführer verweist allerdings richtig auf Punkt 6.1 VO, wonach Stütz- und Einfriedungsmauern auf das unbedingt erforderliche Mindestmaß zu beschränken sind. Zur grundsätzlichen Erforderlichkeit der Stützmauer verwies die belangte Behörde auf die Hanglage. Der Beschwerdeführer beruft sich zwar auf konsenslos durchgeführte Niveauänderungen, legt aber weder klar, inwieweit dadurch in seine Rechte (§ 118 Abs. 9 der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200 in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-7; im folgenden: BO) eingegriffen worden wäre, noch setzt er sich gegen die im erstinstanzlichen Bescheid bewilligten Niveauänderungen ausdrücklich zur Wehr.
Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Beschränkung der Höhe von Einfriedungsmauern im Punkt 6.1 VO auch den Interessen der Anrainer dienen kann. Der Beschwerdeführer hat schon in der Berufung geltend gemacht, daß eine Höhe von 1,80 m nicht erforderlich sei, und diesen Einwand in der Vorstellung unter ausdrücklichem Hinweis auf Punkt 6.1 VO wiederholt. Allein mit dem Hinweis, im Hinblick auf die Hanglage des Grundstückes zweifle die Vorstellungsbehörde nicht an der Erforderlichkeit der Mauer in der bewilligten Höhe, hat sie ihre Verpflichtung, gemäß §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG den Bescheid zu begründen, nicht erfüllt. Auch sonst erscheint die Frage, ob die Ausnützung des Höchstausmaßes sachlich gerechtfertigt ist, nicht geklärt.
Der Beschwerdeführer macht neuerlich geltend, daß der seitliche Bauwich nicht eingehalten werde. Er führt zwar nicht mehr an, durch welche der bewilligten Bauteile er in seinem Recht auf Einhaltung des Seitenabstandes verletzt worden sei; in der Vorstellung, auf die in der Beschwerde verwiesen wird, nennt er den "Erkervorbau", also offenbar den "zusätzlichen Nutzraum unterhalb der Stiege durch Untermauerung mit Bogenöffnung" (Antrag vom 21. September 1987) - im Plan als "Windfang" bezeichnet -, die Errichtung einer weiteren Säule im Erdgeschoß und die Vergrößerung des Balkons im ersten Stock des Bauteiles 2. Hinsichtlich dieses Beschwerdevorbringens ist zunächst zu prüfen, wie weit der Bauwich reicht. § 21 Abs. 4 BO lautet:
"Wenn im Bebauungsplan nicht durch eine Baufluchtlinie ein größerer seitlicher oder hinterer Bauwich festgelegt ist (§ 4 Abs. 2 Z. 3) und der hintere Bauwich auch nicht gemäß § 5 Abs. 7 aufgehoben ist, beträgt der Bauwich jeweils die Hälfte der Gebäudehöhe, mindestens aber 3 m. Ab der Bauklasse III und einer Gebäudelänge von 15 m beträgt der Bauwich die volle Gebäudehöhe. Sind zwei Bauklassen wahlweise festgelegt ..."
Da ein Bebauungsplan besteht, sind die Mindestabstände des § 21 Abs. 4 einzuhalten; daß durch seitliche Baufluchtlinien ein noch größerer Abstand festgelegt wäre, wurde nicht behauptet. Der Bauwich ist also von der Gebäudehöhe abhängig, beträgt aber mindestens 3 m. Die Formulierung "beträgt die Hälfte der Gebäudehöhe .... ab der Bauklasse III ... die volle Gebäudehöhe" macht deutlich, daß der Abstand umso größer sein soll, je höher das Gebäude ist, und zwar bei Bauklasse I und II linear, ab der Bauklasse III progressiv ansteigend. Diese Absicht des Gesetzgebers wird aber nur verwirklicht, wenn der Verweis auf die Bauklasse III als ein Verweis auf die mit dieser Bauklasse festgelegte Gebäudehöhe (§ 5 Abs. 3 BO) und nicht etwa auf Festlegungen im Bebauungsplan verstanden wird. Die von den Verwaltungsbehörden vorgenommene Auslegung würde nämlich dazu führen, daß bei Bebauungsplanänderungen durch Reduzierung der Bauklasse auch bei Vorhandensein eines höheren Gebäudes weitere Bautätigkeiten auf den nun nicht mehr im Bauwich enthaltenen Flächen entfaltet werden könnten; damit würde die jedenfalls vom Gesetzgeber gewünschte Relation zwischen Höhe und Abstand unterlaufen werden.
Es kann kein Zweifel bestehen, daß der Bauteil 1 und der Bauteil 2 des gegenständlichen Zweifamilienhauses als ein Gebäude (siehe § 21 Abs. 1 BO) anzusehen ist, dessen Länge 15 m übersteigt. Abstandsbestimmungen gehören ja gemäß § 118 Abs. 9 BO zu jenen Bestimmungen, die subjektiv-öffentliche Nachbarrechte begründen. Für den Nachbarn ist allein die 15 m übersteigende Gebäudefront von Bedeutung. Ob etwa zwischen den Bauteilen Verbindungstüren bestehen oder nicht, berührt den Nachbarn keinesfalls.
Damit ist aber die volle Gebäudehöhe bei Bemessung des Bauwichs heranzuziehen. Diese Gebäudehöhe ist nach § 22 BO zu ermitteln; gemäß § 22 Abs. 1 BO bleiben untergeordnete Bauteile außer Betracht.
Die Verwaltungsbehörden verkennen aber auch die Anrechnungsmöglichkeiten hinsichtlich des Zufahrtsweges nach § 21 Abs. 6 BO. Diese Bestimmung lautet:
"Zufahrtsstreifen von Fahnengrundstücken können je zur Hälfte der Breite dem Bauwich angerechnet werden. Sie dürfen nicht mit Einfriedungen oder sonstigen Baulichkeiten versehen werden, die den freien Lichteinfall auf die Hauptfenster der Nachbargrundstücke beeinträchtigen."
Von einem solchen Zufahrtsstreifen kann nur so lange gesprochen werden, als zu BEIDEN Seiten dieses Weges Nachbargrundstücke vorhanden sind; der Gesetzgeber drückt dies deutlich durch die Anordnung aus, daß die Anrechnung JE zur Hälfte erfolgen kann. Sobald das dem Fahnengrundstück vorgelagerte Nachbargrundstück endet, kann von einem Zufahrtsstreifen im Sinne dieser Gesetzesstelle keine Rede mehr sein, weil dann nicht mehr beiderseits des Streifens ein Nachbargrundstück vorhanden ist, für welches jeweils die Anrechnungsmöglichkeit besteht. Ohne Belang ist es allerdings, ob der Zufahrtsstreifen geradlinig, gebogen oder gar geknickt verläuft, so lange noch BEIDERSEITS Nachbarn vorhanden sind und die Breite eine Qualifikation als "Streifen" noch erlaubt. Hingegen kann der weitere Verlauf des dem vorgelagerten (Straßen-)Grundstück gegenüberliegenden Grundstückes keine Rolle spielen.
Im vorliegenden Fall bedeutet dies, daß die Anrechnungsmöglichkeit bereits in Fortsetzung der Grenzlinie des Nachbarn F. zum Bauplatz des Beschwerdeführers endet, was auf Seiten des Bauwerbers in etwa der Grenze zwischen Bauteil 1 und Bauteil 2 entspricht.
Der angefochtene Bescheid läßt auch eine ausdrückliche Behandlung des Vorstellungsvorbringens, der Erkervorbau "rage" in den Bauwich, vermissen. Der Hinweis darauf, daß einem Gutachten eines Amtssachverständigen in einem früheren Verfahren (vom 28. Oktober 1985 bzw. vom 18. November 1985) nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten worden sei, kann jedenfalls nicht als Auseinandersetzung mit den hier zu entscheidenden Rechtsfragen angesehen werden. Befindet sich der "Erkervorbau" im Bauwich, dann ist eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, ob das Bauvorhaben - insbesondere hinsichtlich des im Plan als "Windfang" bezeichneten Nutzraumes - mit § 23 Abs. 2 Z. 1 BO in Einklang gebracht werden kann. Nach den vorliegenden Plänen und Fotos läßt sich dieser Bauteil im Keller keinem der dort beschriebenen Vorbauten (Erker, Balkone, Dachvorsprünge, Schutzdächer über Eingängen, seitlich offene und verglaste Türvorbauten mit und ohne Stufen) unterordnen.
Ein ähnlich eindeutiger Zusammenhang wie zwischen Gebäudehöhe und Abstandsbestimmungen läßt sich dem Gesetzestext hinsichtlich der Bebauungsdichte und der Gebäudehöhe nicht entnehmen. Den Verwaltungsbehörden ist daher in ihrer Auffassung zuzustimmen, daß ein Bauwerber die Änderung eines Bebauungsplanes, wenn die Bebauungsbestimmungen für ihn günstiger wurden, zum Anlaß eines diesen Bestimmungen entsprechenden Vorhabens machen kann, wenn auch konsentierte, vom neuen Bauvorhaben nicht erfaßte Bauteile nicht mehr genehmigungsfähig wären.
Die belangte Behörde hat nicht nur ihre Begründungspflicht verletzt, in dem sie sich mit der Frage der Erforderlichkeit der Stützmauer im beantragten Ausmaß nicht auseinandersetzte, sondern auch dadurch, daß sie von der Einhaltung des Bauwichs ausging, den Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, unter Bedachtnahme auf deren Art. III Abs. 2.
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