VwGH 91/04/0196

VwGH91/04/019621.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der A-GmbH (vormals J-Gesellschaft mbH) in T, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des BMWA vom 31. Mai 1991, Zl. 309.485/2-III/3/91, betr Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mP: 1. GP, T, sowie weitere 21 mP, ebendort), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs3;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
GewO 1973 §353;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
AVG §13 Abs3;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
GewO 1973 §353;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 31. Mai 1991 erkannte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Berufung der mitbeteiligten Parteien gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 28. Mai 1986 gemäß § 73 Abs. 2 AVG dahin, daß der angefochtene Bescheid mit Ausnahme des Spruchteiles III. Z. 1 (Verpflichtung zur Tragung der Kommissionsgebühren) und Z 3 (Barkostenersatz) behoben werde und das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 1. Juli 1985 um gewerberechtliche Genehmigung der Betriebsanlage (Sonderabfallzwischenlager) in T, GP 1189, KG T, gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 353 GewO 1973 zurückgewiesen werde.

Hinsichtlich des bisherigen Geschehens im Verwaltungsverfahren wurde u.a. ausgeführt, mit Schreiben vom 1. Juli 1985 habe die Beschwerdeführerin um die gewerbebehördliche Genehmigung des im Spruch genannten Betriebsanlagenprojektes angesucht. Die Bezirkshauptmannschaft habe mit Bescheid vom 28. Mai 1986 die beantragte Genehmigung unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erteilt. Gegen diesen Bescheid hätten die mitbeteiligten Parteien berufen. Mit Schreiben vom 2. Juli 1990 habe die Beschwerdeführerin einen Devolutionsantrag an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten gestellt. Dieser habe daraufhin eine Stellungnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen des Bundesministeriums eingeholt, welcher in seiner Stellungnahme vom 14. Februar 1991 wie folgt ausgeführt habe:

"Die J GmbH suchte mit Schreiben vom 1.7.1985 um Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage in T, Niederösterreich, an. Gegenstand der Änderung war die vorgesehene Errichtung eines Sonderabfallzwischenlagers, wobei im Ansuchen ausgeführt wird, daß die Zwischenlagerung sämtlicher Sonderabfälle nach ÖNORM S 2100 (Sonderabfallkatalog) mit Ausnahme radioaktiver Abfälle beabsichtigt sei. Die Bezirkshauptmannschaft erteilte mit Bescheid vom 28.5.1986 die gewerbebehördliche Genehmigung für dieses Lager. Dieser Bescheid wurde infolge der Berufung mehrerer Nachbarn nicht rechtskräftig und mit Eingabe vom 2.7.1990 wurde seitens der Konsenswerberin der Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten gestellt.

Seitens der do. Abteilung wurde nun die Frage gestellt, ob

1. ausgeschlossen werden kann, daß bestimmte Abfälle länger als 6 Monate bis zum Abtransport in der Betriebsanlage verbleiben und

2. die vorgelegten Projektsunterlagen für eine Beurteilung des Ansuchens aus gewerbetechnischer Sicht ausreichend sind.

Zur Frage der Dauer der Zwischenlagerung von gefährlichen Abfällen (früher Sonderabfällen) kann ausgeführt werden, daß bei der derzeitigen Entsorgungssituation ein Einhalten der Frist von 6 Monaten für die maximale Dauer einer Zwischenlagerung nicht gesichert ist. Für einzelne Sorten von gefährlichen Abfällen ist nach ho. Kenntnis gegenwärtig in Österreich kein Deponieraum vorhanden. Weiters führt die begrenzte Kapazität der vorläufig einzig vorhandenen thermischen Behandlungsanlage in Wien immer wieder zu Verzögerungen bei der Übernahme. Nach Aussage anderer Entsorgungsunternehmen reichen auch die derzeitigen Exportmöglichkeiten für gefährliche Abfälle nicht aus. Es ist somit nicht auszuschließen, daß die Zwischenlagerung einzelner Abfallchargen über einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten vorgenommen werden muß. Eine Überprüfung der Einhaltung durch die Behörde ist nicht immer möglich, da eine solche nur anhand der Begleitscheine erfolgen könnte. Hiezu kommt noch, daß eine Überprüfung nur in Form einer langfristigen Mengenbilanz und im Nachhinein möglich ist.

Zur Frage der Eignung der vorgelegten Unterlagen:

Vorhanden sind ein Einreichplan und eine Baubeschreibung für das Lagergebäude, weiters wurden in der Verhandlungsschrift zum erstinstanzlichen Verfahren vom 15.5.1986 einige Projektskonkretisierungen vorgenommen. Daraus ergibt sich, daß das Lager aus einem ebenerdigen Gebäude, unterteilt in 12 gleichgroße Boxen, bestehen soll. 6 dieser Boxen sollen zur Aufnahme von Lkw-Mulden, die anderen 6 zur Lagerung von diversen Abfallsorten in Fässern dienen. Für die Faßlagerung ist eine Unterteilung in folgende Gruppen vorgesehen: brennbare Stoffe (die betreffende Box soll als einzige speziell ausgestattet werden), Säuren, Laugen, Lösungsmittel, Schlämme und Öl-Wasser-Gemische. In den Abstellboxen für Mulden sollen feste nicht brennbare Abfälle ohne nähere Spezifikation gelagert werden. Der beantragte Genehmigungsauftrag hinsichtlich der Abfallsorten wurde im Rahmen der Verhandlung insofern eingeschränkt als "infektiöse Abfälle, pyrotechnische Abfälle, Sprengstoff- und Munitionsabfälle, mehrfach nitrierte organische Chemikalien, radioaktive Abfälle und Abfälle, die der Tierkörperverwertung zugeführt werden sollen" nicht zwischengelagert werden. An weiteren technischen Einzelheiten ist den Einreichunterlagen zu entnehmen, daß das Lagergebäude eine Entlüftung erhalten soll, wobei nicht zu ersehen ist, wie diese gestaltet wird. Weiters soll die Entwässerung einzelner Lagerboxen und des Anlieferungsbereiches für diese, in diverse Sammelgruben erfolgen.

Aus technischer Sicht wird festgestellt, daß die vorliegenden Unterlagen keinesfalls zur Beurteilung des Projekts ausreichen. Darüber hinaus muß die Genehmigungsfähigkeit selbst bezweifelt werden, da das Projekt bereits in seinen Grundzügen wesentliche sicherheitstechnische Mängel enthält. Beispielsweise wäre nach dem derzeit beantragten Genehmigungsumfang auch die Lagerung von festen oder pastösen zyanidhältigen Abfällen möglich, die unter Säureeinwirkung giftige Gase abgeben und daher getrennt von anderen Stoffen in einem geschützten Bereich zu lagern sind. Möglich wäre auch die Lagerung von Druckgaspackungen, welche bei Brandeinwirkung zerknallen und leichtere Metallkonstruktionen oder Wandstärken geringerer Dimensionierung durchschlagen können. Demgemäß wären auch sie in einem eigenen, allseits von massiven Umfassungsbauteilen umgebenen Raum zu lagern. Für chlorierte Lösungsmittel ist ebenfalls ein eigener abgesonderter Lagerbereich erforderlich, da dieser speziell auch gegen Durchdringen von Lösungsmitteldämpfen abzudichten ist.

Die vorgenannte Aufzählung ist nur beispielhaft und soll demonstrieren, daß nach ho. Ansicht für ein Zwischenlager für gefährliche Abfälle eine wesentlich weitergehende Aufteilung nach einzelnen Abfallsorten erforderlich ist, als im vorliegenden Fall geplant wurde. Einzelne Anforderungen sind nicht Projektsbestandteil, wurden aber als Auflage im erstinstanzlichen Bescheid vorgeschrieben. Im Falle der für das gegenständliche Projekt sehr wesentlichen Fragen der Abdichtungen für den Grundwasserschutz oder der Abluftreinigung sind aber die mit den Auflagen verbundenen Maßnahmen nur in sehr allgemeiner Form beschrieben. So ist für die Abluftreinigungsanlage kein Emissionsgrenzwert oder keine Dimensionierung des Filters gefordert. Hinsichtlich der Abdichtung gegen Eindringen ins Grundwaser ist lediglich die Vorlage eines Attestes über die "Dichtheit je nach gelagertem Produkt" vorgeschrieben. Es sollte aber zumindest grundsätzlich aus dem Projekt erkennbar sein, wie diesen sehr wesentlichen Anforderungen entsprochen wird.

Ein weiterer wichtiger Bereich ist die mögliche Lagerung von Lebensmittelabfällen oder tierorganischen Abfällen, die gegenwärtig nicht ausgeschlossen ist. Hiezu enthält das Projekt keinerlei nähere Angaben. Im erstinstanzlichen Bescheid ist einerseits (in Punkt 11.) gefordert, daß derartige Abfälle in luftdichten Behältnissen zu lagern sind, andererseits, daß sie (in Punkt 28.) "umgehend einer ordnungsgemäßen Beseitigung zuzuführen sind". Neben der nicht eindeutigen Formulierung "umgehend" ist eine Lagerung in luftdichten Behältnissen nicht in allen Fällen möglich, da diese Abfälle einem Gärungsprozeß unterliegen und die Lagerbehälter daher eine Öffnung zum Druckausgleich benötigen. Viele dieser Abfälle können sehr intensive Geruchsbelästigungen hervorrufen, wobei die betreffenden Geruchsstoffe bei derartigen Anlagen derzeit noch ungefiltert nach außen abgegeben werden müssen, da die technischen Lösungsmöglichkeiten noch unbefriedigend sind.

Neben diesen Details, die das eigentliche Lagerobjekt betreffen, fehlen im Projekt auch sämtliche Angaben über Fragen des Kausalverkehrs, die gleichfalls im gewerbetechnischen Verfahren zu beurteilen sind. Wenngleich aus dem Bezugsakt hervorgeht, daß sämtliche Fragen des Kausalverkehrs infolge der an den Betrieb angrenzenden Südautobahn von äußerst untergeordneter Bedeutung seien, so müssen die dadurch entstehenden Immissionen trotzdem quantifiziert werden. Dies ist aber nur möglich, wenn Angaben zur Frequenz des Transportverkehrs und zur Art der verwendeten Fahrzeuge vorliegen.

Die Konsenswerberin hätte ihr Ansuchen daher in diesem Sinn zu präzisieren und weiters anzugeben, wie den jeweiligen Gefährdungs- oder Belästigungsmerkmalen der einzelnen Abfallgruppen, aufgeschlüsselt nach der Aufzählung im Sonderabfallkatalog, begegnet wird. Hiefür ist eine ausführliche Beschreibung und eine präzisere planliche Darstellung als derzeit vorliegt, erforderlich. Dabei wäre auf die Frage der Abluftreinigung und des Grundwasserschutzes besonders Bedacht zu nehmen."

Diese Stellungnahme sei in der Folge der Beschwerdeführerin mit der Einladung zur Kenntnis gebracht worden, gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 353 GewO 1973 binnen zwei Wochen folgende ergänzende Projektsunterlagen vorzulegen:

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