VwGH 90/14/0128

VwGH90/14/012817.2.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert sowie die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der Z GmbH & Co KG in S, vertreten durch Dr. X, RA in S, gegen den Bescheid der FLD Slbg, vom 29.3.1990, 65-GA3BK-DBa/88, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften sowie Umsatz- und Gewerbesteuer für die Jahre 1981 bis 1985 und Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1.1.1982 bis 1.1.1986, zu Recht erkannt:

Normen

BewG 1955 §4;
BewG 1955 §57;
EStG 1972 §6;
BewG 1955 §4;
BewG 1955 §57;
EStG 1972 §6;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Einheitswerte des Betriebsvermögens betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen im Betrag von 11.120 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betreibt ein Inkassobüro, für das sie den Gewinn gemäß § 5 EStG 1972 ermittelt.

Ihre Tätigkeit sieht folgendermaßen aus:

Nach Auftragserteilung wendet sich die Beschwerdeführerin mit einer schriftlichen Mahnung an den Schuldner des Auftraggebers (in der Folge: Schuldner), um ihm mitzuteilen, sie sei nun berechtigt, die genannte Forderung im Namen des Auftraggebers einzuziehen. Mit dieser Zahlungsaufforderung werden dem Schuldner gleichzeitig die Kosten der Einzugsmaßnahmen (Bearbeitungs- und Evidenzhaltungsgebühren, Mahnspesen, Interventionskosten und Zinsen) verrechnet. Nach der ersten Mahnung folgen im Abstand von jeweils ca 14 Tagen zwei weitere. Sind auch diese erfolglos oder wird die Forderung bestritten, wird der Fall an den Auftraggeber zurückgestellt bzw vom Auftraggeber ein Rechtsanwalt mit der weiteren Verfolgung der Sache betraut. Die Beschwerdeführerin übernimmt gemäß den von ihr im Verwaltungsverfahren vorgelegten "Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Mahn- und Inkassodienst für Inlandsforderungen" gegebenenfalls auch die Veranlassung und Koordination der gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche ihres Auftraggebers. Die vom Schuldner sowohl im außergerichtlichen, als auch - nach Übergabe des Falles an einen Rechtsanwalt - im gerichtlichen Verfahren geleisteten Beträge werden auf ein Konto der Beschwerdeführerin eingezahlt, die diese Beträge an den Auftraggeber weiterleitet. Gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist die Beschwerdeführerin jedoch berechtigt, eingehende Zahlungen zunächst auf die (im Namen des Auftraggebers) gegenüber dem Schuldner geltend gemachten Kosten zu verrechnen.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen lauten im einzelnen:

"A Leistungsumfang

Die Z (Beschwerdeführerin) übernimmt gemäß den gesetzlichen Bestimmungen (Bundesinnung für das Inkassogewerbe) die Inkassotätigkeit im Namen des Auftraggebers, veranlaßt und koordiniert ggf die gerichtliche Geltendmachung seiner Ansprüche. ...

C Auftragserteilung, Schuldnerdaten

Die zum Inkasso übergebenen Forderungen müssen zu Recht bestehen. Auf strittige Punkte ist unbedingt aufmerksam zu machen. (Bei nicht zu Recht bestehenden Forderungen haftet der Auftraggeber für alle dadurch entstandenen Kosten.) ... Nimmt der Auftraggeber der Z die Möglichkeit der weiteren Bearbeitung, gehen sämtliche entstandenen Kosten und Gebühren zu seinen Lasten. Mit dem Einverständnis der Z sind allerdings Sonderregelungen in Ausnahmefällen möglich. Sollte ein Vergleich zwischen Auftraggeber und Schuldner notwendig werden, bei dem die Kosten der Z nicht berücksichtigt wurden, kann die Z dem Auftraggeber bis 50 % der angefallenen Gebühren in Rechnung stellen. ...

E Einzugskosten

Die Kosten der außergerichtlichen oder gerichtlichen Einzugsmaßnahmen werden im Namen des Auftraggebers gegen die Schuldner geltend gemacht. Der Auftraggeber soll den gebuchten Rechnungsbetrag abzugsfrei erhalten. Für ihre Agenden überläßt der Auftraggeber der Z die dem Schuldner in Anrechnung zu bringenden Zinsen. Auch bei besonders schwierigen und zeitraubenden Fällen berechnet die Z keine gesonderten Gebühren. Eingehende Zahlungen können zunächst auf die Kosten verrechnet werden. ..."

Strittig ist, ob die von der Beschwerdeführerin dem Schuldner verrechneten Kosten der Einzugsmaßnahmen auch dann noch als Forderungen der Beschwerdeführerin zu aktivieren sind, wenn der Fall bereits einem Rechtsanwalt übergeben wurde (Ansicht der belangten Behörde), oder ob diese Forderungen nach erfolgloser Mahnung durch die Beschwerdeführerin zur Gänze abzuschreiben und spätere Zahlungseingänge als außerordentliche Erträge zu buchen sind, weil das Auftragsverhältnis der Beschwerdeführerin mit der Übergabe der Sache an einen Rechtsanwalt endet und für sie daher als erfolglos abgeschlossen zu betrachten ist (Ansicht der Beschwerdeführerin).

Gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses genannten Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin stützt ihre Argumentation vor allem darauf, es handle sich bei den von der belangten Behörde aktivierten Forderungen, soweit sie die den Schuldnern für die Mahnvorgänge in Rechnung gestellten Kosten beträfen, um keine "tatsächlichen Forderungen". Eine Forderung könne nur aus einem zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäft entstehen. Eine Rechtsbeziehung bestehe jedoch nur zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Auftraggeber, nicht hingegen zwischen der Beschwerdeführerin und dem Schuldner. Demgemäß sei auch eine gerichtliche Geltendmachung der Kosten der Beschwerdeführerin gegenüber dem Schuldner nicht zulässig.

Die Beschwerdeführerin geht zutreffend davon aus, daß ein Rechtsverhältnis nur zwischen ihr und ihrem Auftraggeber besteht. Deshalb kann sie auch nur gegenüber ihrem Auftraggeber Forderungen auf Bezahlung der Kosten ihrer Einzugsmaßnahmen geltend machen. Wenn die Beschwerdeführerin meint, mit der Verrechnung der Kosten gegenüber dem Schuldner mache sie Forderungen gegen diesen geltend, so übersieht sie, daß die "Kosten der außergerichtlichen oder gerichtlichen Einzugsmaßnahmen" gemäß Punkt E der Allgemeinen Geschäftsbedingungen "im Namen des Auftraggebers" gegenüber dem Schuldner geltend gemacht werden. Tatsächlich macht die Beschwerdeführerin die Kosten daher gegenüber ihrem Auftraggeber geltend, der wiederum versucht, diese Kosten vom Schuldner ersetzt zu erhalten. (Ob der Schuldner zum Ersatz der Kosten der Beschwerdeführerin verpflichtet ist oder nicht, ist - da davon nur das Rechtsverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Auftraggeber der Beschwerdeführerin betroffen ist - für den vorliegenden Fall bedeutungslos.) Die unmittelbare Verrechnung der Kosten durch die Beschwerdeführerin im Namen ihres Auftraggebers gegenüber dem Schuldner vor Gerichtsanhängigkeit dient einerseits der Vereinfachung des Zahlungsvorganges, anderseits der Sicherung der Ansprüche der Beschwerdeführerin. Am Anspruch der Beschwerdeführerin gegenüber ihrem Auftraggeber ändert sich durch die Art der Verrechnung nichts.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie dürfe laut den Vereinbarungen mit inländischen Auftraggebern diesen die Kosten der Inkassotätigkeit nicht verrechnen, stehen sowohl ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen, als auch die von ihr vorgenommene Verrechnung der Kosten entgegen. Gemäß Punkt E letzter Satz der Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann die Beschwerdeführerin eingehende Zahlungen zunächst auf ihre Kosten verrechnen. Damit trägt der Auftraggeber der Beschwerdeführerin die Kosten der Einzugsmaßnahmen, wenn der Schuldner nicht die gesamte Verbindlichkeit zuzüglich der Kosten der Beschwerdeführerin begleicht. (Bezahlt der Schuldner den gesamten Betrag, ersetzt er damit lediglich dem Gläubiger als Auftraggeber der Beschwerdeführerin diese Kosten.)

Die Beschwerdeführerin meint, daraus, daß sie in dem Fall, in dem der Schuldner überhaupt keine Zahlungen leiste, auch ihre Kosten nicht erhalte, sei ersichtlich, daß ihr Auftraggeber zur Bezahlung der Kosten nicht verpflichtet sei und sie daher auch keine entsprechenden Forderungen ihm gegenüber habe.

Es trifft zwar zu, daß der Beschwerdeführerin mangels eingehender Zahlungen die Möglichkeit der Verrechnung ihrer Kosten fehlt. Dies ändert aber nichts am grundsätzlichen Bestehen ihrer Forderungen gegenüber dem Auftraggeber. Allerdings bestehen diese lediglich unter der aufschiebenden Bedingung, daß der Schuldner überhaupt etwas - und seien es betragsmäßig auch nur die Kosten der Einzugsmaßnahmen - bezahlt. An der buchmäßigen Behandlung der Forderungen ändert sich dadurch ebenfalls nichts. Aufschiebend bedingte Forderungen auf Grund bereits erbrachter Leistungen sind in der Schlußbilanz des Jahres der Leistung zu bilanzieren, auch wenn die Bedingung noch nicht erfüllt ist (vgl Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch, § 6 Tz 49).

Die (gegenüber ihrem Auftraggeber geltend zu machenden) Forderungen der Beschwerdeführerin auf Bezahlung der Kosten der Einzugsmaßnahmen sind, von bereits voraussehbarer Uneinbringlichkeit abgesehen, erst in dem Zeitpunkt abzuschreiben, in dem ein Auftrag endgültig erfolglos abgeschlossen wurde. Dieser Zeitpunkt tritt nach Ansicht der Beschwerdeführerin bereits mit der Übergabe eines Falles an einen Rechtsanwalt ein, weil damit ihr Auftragsverhältnis ende. Später eingehende Zahlungen wurden von der Beschwerdeführerin als außerordentliche Erträge gebucht. Gerade die Abwicklung der Zahlungen aber spricht gegen die Auffassung der Beschwerdeführerin. Eingehende Zahlungen werden nämlich vom Rechtsanwalt, der zunächst seine Kosten einbehält, nicht an den Auftraggeber, sondern an die Beschwerdeführerin überwiesen, die gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen wiederum die Möglichkeit hat, vor Weiterleitung des Betrages an ihren Auftraggeber ihre Kosten einzubehalten. Die Tatsache, daß der Rechtsanwalt nicht von der Beschwerdeführerin, sondern von ihrem Auftraggeber bevollmächtigt werden muß, ändert am Bestehen des Auftragsverhältnisses mit der Beschwerdeführerin nichts, weil sie die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche ihres Auftraggebers veranlaßt und koordiniert. Für das weitere Bestehen des Auftragsverhältnisses der Beschwerdeführerin nach Übergabe eines Falles an einen Rechtsanwalt spricht auch, daß laut Punkt E der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Schuldner gegenüber im Namen des Auftraggebers nicht nur die Kosten der außergerichtlichen, sondern auch die Kosten der gerichtlichen Einzugsmaßnahmen geltend gemacht werden.

Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretene Ansicht, daß es sich bei den zu den jeweiligen Bilanzstichtagen aktivierten Forderungen um solche der Beschwerdeführerin gegenüber ihren Auftraggebern handelt, die auch nach Übergabe des jeweiligen Falles an einen Rechtsanwalt aufrecht bleiben, ist daher zutreffend. Daß die Abgabenbehörde den tatsächlich als uneinbringlich anzusehenden Honorarforderungen durch Wertberichtigung Rechnung getragen hat (vgl S 21 des angefochtenen Bescheides), blieb unbestritten.

Wie oben ausgeführt, handelt es sich bei den strittigen Forderungen um aufschiebend bedingte. Nach § 4 BewG sind Wirtschaftsgüter und damit auch Forderungen, deren Erwerb vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, erst bei Eintritt derselben zu berücksichtigen. Die Forderungen wurden daher bei der Ermittlung der Einheitswerte zu Unrecht als zum Betriebsvermögen gehörend angesetzt.

Der Einwand der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde hätte einen Vergleich mit anderen Inkassobüros vornehmen müssen, ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuzeigen. Für die Beurteilung des vorliegenden Falles ist ausschließlich der von der Beschwerdeführerin verwirklichte Sachverhalt maßgebend. Überdies kann die Beschwerdeführerin aus einer - allenfalls rechtswidrigen - Vorgangsweise bei anderen Abgabepflichtigen für ihren Standpunkt nichts gewinnen.

Da die belangte Behörde somit die Rechtslage hinsichtlich der Einheitswerte des Betriebsvermögens verkannt hat, war der angefochtene Bescheid insoweit gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, im übrigen aber war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil mit dem pauschalierten Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer abgegolten ist.

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