VwGH 90/14/0077

VwGH90/14/007716.11.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Baumann, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Hutter, über die Beschwerde der M in F, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 14. Februar 1990, Zl. B 7-3/90, betreffend Einkommensteuer 1984, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §294;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §6;
JagdRallg;
ABGB §294;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §6;
JagdRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin verkaufte ihren forstwirtschaftlichen Betrieb. Nach Ansicht des Finanzamtes resultiere der unter den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassende steuerpflichtige Veräußerungsgewinn - vor Abzug der Veräußerungskosten von S 20.000,-- und des Freibetrages nach § 24 Abs. 4 EStG 1972 von S 100.000,-- - aus der Übertragung des stehenden Holzes (Gewinnanteil von S 1,368.610,--) und des Eigenjagdrechtes (Gewinnanteil von S 1,041.140,--).

In der Berufung bekämpfte die Beschwerdeführerin die Steuerpflicht des auf das Eigenjagdrecht entfallenden Gewinnanteiles. Das Jagdrecht sei kein selbständiges Wirtschaftsgut, sondern Ausfluß von Grund und Boden. Es erhöhe die Nutzungsmöglichkeit von Grund und Boden und könne ohne diesen nicht veräußert werden. Der auf das Jagdrecht entfallende Teil des Veräußerungsgewinnes unterliege daher wie der dem Grund und Boden zuzuordnende Teil nicht der Einkommensteuer.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Der Begriff "Wirtschaftsgut" umfasse nicht nur Sachen im Sinne des Zivilrechtes, sondern alle Güter, die nach der Verkehrsauffassung selbständig bewertbar seien. Das Jagdrecht erfülle die Kriterien eines Wirtschaftsgutes und sei daher von Grund und Boden zu unterscheiden.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht verletzt, daß das Eigenjagdrecht nicht selbständig bewertet werde und daher mit dem Grund und Boden außer Ansatz bleibe. Sie behauptet Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nur der nackte Grund und Boden, nicht aber bewertungsfähige Wirtschaftsgüter unter oder auf dem Grund und Boden bleiben bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1972 außer Betracht. Bewertungsfähige Wirtschaftsgüter, so etwa auch bürgerlich-rechtliches Zubehör, sind kein Teil des nackten Grund und Bodens und daher bei der Gewinnermittlung nicht außer Ansatz zu lassen (vgl Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch, 2. Auflage, Tz 54 zu § 4). Für den Begriff des Wirtschaftsgutes ist die selbständige Bewertbarkeit eines Gutes jeder Art (Sachen, Rechte, tatsächliche Zustände) im wirtschaftlichen Verkehr nach der Verkehrsauffassung maßgebend. Es kann daher auch das zivilrechtliche Zugehör einer Liegenschaft ein selbständiges Wirtschaftsgut sein (vgl Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch,

2. Auflage, Tz 20 zu § 6).

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mit Erkenntnis vom 11. Dezember 1990, 90/14/0199, ausgesprochen, daß das Eigenjagdrecht ein selbständiges Wirtschaftsgut ist. Er sieht aus Anlaß der gegenständlichen Beschwerde keinen Grund, von dieser Rechtsprechung abzugehen, auch wenn er der Beschwerdeführerin darin beipflichtet, daß das Jagdrecht ein Ausfluß des Eigentums am Grundstück ist, von diesem nicht getrennt werden kann und daher stets dem rechtlichen Schicksal des Eigentums an Grund und Boden folgen muß. Das Eigenjagdrecht ist nämlich eine Art der Ausübung des Jagdrechtes, das seinerseits aus dem Grundeigentum erfließt, mit ihm verbunden ist und als selbständiges Recht nicht begründet werden kann. Es besteht in der Befugnis, innerhalb von Jagdgebieten das Wild zu hegen, ihm nachzustellen, es zu fangen, zu erlegen und sich anzueignen; es umfaßt ferner die Befugnis, sich Fallwild, Abwurfstangen und Eier des Federwildes anzueignen.

Nach der Verkehrsauffassung ist das Eigenjagdrecht im wirtschaftlichen Verkehr selbständig bewertbar. Die selbständige Bewertbarkeit ist etwa durch Kapitalisierung erzielbarer Pachtzinse möglich. Das Recht bildet einen Vorteil auch für den nur an forstwirtschaftlicher Nutzung seines Waldes interessierten Grundeigentümer, bietet es doch auch ihm die Möglichkeit auf eine entsprechende Minimierung von Forstschäden durch die Jagdwirtschaft hinzuwirken und allenfalls auch Erlöse zu erzielen, die es ihm erlauben, selbst wenn die Jagdwirtschaft für sich betrachtet Erträge nicht abwirft, Nachteile der Forstwirtschaft durch die Jagd wenigstens zu verringern.

Daß das Eigenjagdrecht ein Ausfluß des Eigentums am Grundstück ist und im Fall der Eigentumsübertragung des Grundstückes kein selbständiges Schicksal hat, steht der Wirtschaftsguteigenschaft nicht entgegen. Die eigenständige Übertragbarkeit ist kein wesentliches Merkmal für die Einstufung als Wirtschaftsgut. So sind etwa auch Gebäude selbständige Wirtschaftsgüter, also nicht Grund und Boden im Sinne des § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1972, obwohl sie im Hinblick auf den Grundsatz superficies solo cedit in der Regel bei Eigentumsübergang der Grundfläche, auf der sie stehen, deren rechtliches Schicksal teilen. Gleiches gilt für Wirtschaftsgüter unter dem Boden (vgl nochmals das hg Erkenntnis vom 11. Dezember 1990, 90/14/0199).

Wird im Falle der Enteignung eines Grundstückes das Jagdrecht nicht gesondert entschädigt, sondern als den Wert von Grund und Boden erhöhend angesehen, so ist dies Ausfluß dessen, daß es im Fall des Eigentumsüberganges des Grundstückes kein selbständiges Schicksal haben kann. Dieser Umstand spricht aber nicht gegen die selbständige Bewertbarkeit.

Dem angefochtenen Bescheid haftet daher keine die Beschwerdeführerin im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihren Rechten verletzende Rechtswidrigkeit an.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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