Normen
BauRallg;
ROG Tir 1972 §15 Abs2;
RPG Vlbg 1973 §20;
VwRallg;
BauRallg;
ROG Tir 1972 §15 Abs2;
RPG Vlbg 1973 §20;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.050,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 27. Juli 1988 ersuchte der Beschwerdeführer bei der mitbeteiligten Gemeinde unter Anschluß von Plänen um Erteilung der nachträglichen Baubewilligung für die Errichtung einer Sennhütte (Almhütte) auf Parzelle Nr. 383, KG T. Die verbaute Fläche betrage 43,09 m2, die Hütte enthalte eine Vorhütte, einen Vorratsraum, eine Küche und eine Kammer. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 6. Juni 1989 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers gemäß § 31 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 43/1978 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen, da sich bereits aus dem Ansuchen bzw. den Unterlagen ergebe, daß das Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan (Freiland) widerspreche. Der dagegen eingebrachten Berufung hat der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 17. August 1989 keine Folge gegeben. Die dagegen eingebrachte Vorstellung hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 4. April 1990 abgewiesen. In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, es stehe unbestritten fest, daß das gegenständliche Grundstück nach dem von der Tiroler Landesregierung am 27. Juli 1982 genehmigten Flächenwidmungsplan als Freiland ausgewiesen ist. Die Zulässigkeit des angesuchten Bauvorhabens richte sich nach § 15 des Tiroler Raumordnungsgesetzes LGBl. Nr. 4/1984. Nach dem klaren Wortlaut des § 15 Abs. 3 leg. cit. müsse die Errichtung von Bauten für einen bestehenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb einschließlich der dazugehörigen Wohnungen und Wohnräume für diesen Betrieb erforderlich sein. Die eingeholten Sachverständigengutachten hätten ergeben, daß das Gebäude für den Betrieb des Beschwerdeführers nicht notwendig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Auch die mitbeteiligte Partei hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Sowohl die Gemeindebehörden als auch die Aufsichtsbehörde sind davon ausgegangen, daß die Zulässigkeit des gegenständlichen Bauvorhabens an § 15 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, LGBl. Nr. 4/1984, zu messen sei. Nach dieser Bestimmung ist die Errichtung von Bauten für land- und forstwirtschaftliche Betriebe einschließlich der zu diesen Betrieben gehörenden Wohnungen und Wohnräumen im Freiland nur zulässig, soweit diese nach Art und Größe für einen bestehenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich sind. Die Errichtung solcher Bauten für bestehende land- und forstwirtschaftliche Betriebe ist nur dann als erforderlich anzusehen, wenn dies im Zuge einer Maßnahme zur Verbesserung der Agrarstruktur, insbesondere für die Auflösung materiell geteilten Hauseigentums, für die Verlegung von Betrieben aus wirtschaftlich ungünstigen Orts- oder Hoflagen, aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder aus Gründen des Umweltschutzes notwendig ist.
Alle eingeholten Sachverständigengutachten waren auf die in dieser Bestimmung normierte Erforderlichkeit bzw. Notwendigkeit des Gebäudes für den landwirtschaftlichen Betrieb abgestellt. Die Baubehörden und die Gemeindeaufsichtsbehörde haben aber verkannt, daß sich der Regelungsinhalt von Flächenwidmungsplänen nach den im Zeitpunkt der Beschlußfassung geltenden Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes richtet; nach später geänderten Bestimmungen nur soweit Übergangsbestimmungen dies vorsehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1987, Zl. 86/06/0081, BauSlg. 911, sowie vom 22. Oktober 1992, Zl. 92/06/0143).
Der für das Bauvorhaben maßgebliche Flächenwidmungsplan stammt aus dem Jahre 1982. Zu diesem Zeitpunkt stand das Tiroler Raumordnungsgesetz, LGBl. Nr. 10/1972, in der Fassung LGBl. Nr. 63/1976 in Geltung. § 15 dieses Gesetzes lautete wie folgt:
"§ 15
Freiland
(1) Zum Freiland gehören alle Grundflächen des Gemeindegebietes, die nicht als Bauland oder als Hauptverkehrsflächen gewidmet sind.
(2) Im Freiland, ausgenommen in Sonderflächen, ist nur die Errichtung von Bauten für land- und forstwirtschaftliche Betriebe einschließlich der zu diesen Betrieben gehörenden Wohnungen und Wohnräume zulässig. Hiezu sind Räume nicht zu zählen, die für eine gewerbsmäßige Vermietung bestimmt sind. Im Freiland sind überdies Umbauten sowie Zubauten, deren Umfang im Verhältnis zum bestehenden Gebäude gering ist, zulässig."
Zu dieser Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, daß als "Bauten für land- und forstwirtschaftliche Betriebe" solche Bauten anzusehen seien, die geeignet und baurechtlich bestimmt seien, land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zu dienen. Dabei komme es im Gegensatz zu Vorschriften anderer Bundesländer nicht auf die Notwendigkeit (Erforderlichkeit) dieser Verwendung an. Ebensowenig sei in diesem Zusammenhang die Frage des Größenverhältnisses zwischen der landwirtschaftlich zu nutzenden Fläche des Grundstückes und der geplanten Baulichkeit von Bedeutung. Es sei auch nicht entscheidend, ob es sich um die Neuerrichtung eines Betriebes handle oder nicht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. Dezember 1985, Zl. 84/06/0123, sowie vom 23. Jänner 1986, Zl. 84/06/0117).
Da die belangte Behörde zu Unrecht davon ausging, daß die Frage der Übereinstimmung des Bauvorhabens mit der Flächenwidmung nach der Rechtslage des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, LGBl. Nr. 4/1984 zu beurteilen sei, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, die der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes von Amts wegen aufzugreifen hatte (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. N.F. Nr. 11.528/A).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Bestimmung der §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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