VwGH 90/04/0358

VwGH90/04/035827.4.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. Oktober 1990, Zl. MA 63 - F 18/90/Str., betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §2;
GewO 1973 §39;
GewO 1994 1973;
VStG §5 Abs2;
ABGB §2;
GewO 1973 §39;
GewO 1994 1973;
VStG §5 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. Oktober 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, in der Zeit vom 17. Oktober 1988 bis 12. April 1989 an einem näher bezeichneten Standort das konzessionierte Gastgewerbe in der Betriebsart eines Restaurants durch Verabreichung diverser kalter und warmer Speisen sowie alkoholischer und nichtalkoholischer Getränke ohne die erforderliche Konzession ausgeübt zu haben. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 verletzt. Über den Beschwerdeführer wurde gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1973 eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Tage) verhängt.

In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer stelle nicht in Abrede, daß er zur Tatzeit das Gastgewerbe ohne die hiezu erforderliche Konzession ausgeübt habe. Daß für diesen Zeitraum von der Gewerbebehörde ein Probebetrieb angeordnet worden sei, rechtfertige nicht die Annahme, es könnte in diesem Fall für die Dauer des Probebetriebes auf das Erfordernis einer (möglicherweise auch bedingten) rechtskräftigen Konzession verzichtet werden. In der Gewerbeordnung sei "unmißverständlich angeführt", daß konzessionierte Gewerbe erst nach der Konzessionserteilung ausgeübt werden dürften. Der Beschwerdeführer habe es unterlassen, sich vor Aufnahme des Probebetriebes diesbezüglich umfassend zu informieren bzw. sich bei der zuständigen Behörde zu erkundigen, weshalb sein Vorbringen auch nicht als Schuldausschließungsgrund geeignet sei.

Wie es in der Begründung dieses Bescheides weiters heißt, sei im vorliegenden Fall die strafbare Tätigkeit am 12. April 1989 abgeschlossen worden. Die 6monatige Verjährungsfrist ende demnach am 12. Oktober 1989. Mit Ladungsbescheid vom 10. Oktober 1989, zugestellt am 12. Oktober 1989, sei vor Ablauf dieser Frist gegen den Beschwerdeführer eine geeignete Verfolgungshandlung vorgenommen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit sowie einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, es wäre Pflicht der Behörde gewesen, vor Anordnung des Probebetriebes sein bereits am 12. Juli 1988 anhängig gemachtes Ansuchen um Ausstellung einer Konzession zu erledigen und dem Beschwerdeführer zumindest eine bedingte Konzession, deren mögliche Erteilung ihm nicht bekannt gewesen sei, auszustellen. Auf seinen Hinweis, wie sich der Probebetrieb auf die Konzessionserteilung auswirke, sei ihm gesagt worden, man sei nur für die "Abführung" der Betriebsbewilligungsverhandlung zuständig. Der Beschwerdeführer sei daher der begründeten Annahme gewesen, daß § 5 Z. 2 GewO 1973 vorläufig über die Zeit des von der Behörde angeordneten Probebetriebes "bis zu deren Abführung mit Bescheid vom 10. April 1989 sistiert wäre". Die Verfolgungshandlung, welche mit Ladungsbescheid vom 10. Oktober 1989, zugestellt am 12. Oktober 1989, gesetzt worden sei, sei verspätet, weil die Erlangung eines Rechtes, nämlich die mit Bescheid vom 10. April 1989, zugestellt am 12. April 1989, erteilte Betriebsbewilligung auf 00.00 Uhr des 12. April 1989 "zurückweicht". Das heiße, daß der Beschwerdeführer bereits mit 12. April, 00.00 Uhr, im Rechtsbesitz gewesen sei. Eine allfällige strafbare Handlung gemäß § 5 Z. 2 GewO 1973 sei somit bereits mit 11. April 1989 abgeschlossen. Es sei daher die Verjährung gemäß § 31 Abs. 1 VStG eingetreten. Da offensichtlich auch der Behörde die Vorgangsweise bei Erteilung einer Konzession (oder allenfalls einer bedingten Konzession bei Anordnung eines Probebetriebes) nicht bekannt gewesen und der Beschwerdeführer der begründeten Annahme gewesen sei, daß bei Anordnung eines Probebetriebes wohl ein Konzessionsansuchen, bei welchem alle persönlichen Voraussetzungen gegeben gewesen seien, nicht aber die endgültige Konzession, "deren Erteilung ja erst nach Abführung der Betriebsbewilligungsverhandlung möglich war", habe vorliegen müssen, sei dem Beschwerdeführer ein Schuldausschließungsgrund zuzubilligen.

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z. 2) ohne die erforderliche Konzession ausübt.

Gemäß § 189 Abs. 1 Z. 2 , 3 und 4 GewO 1973 unterliegen (unter anderem) die Verabreichung von Speisen jeder Art sowie der Ausschank von alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken der Konzessionspflicht.

Nach § 5 Z. 2 GewO 1973 dürfen konzessionierte Gewerbe erst nach Erlangung einer Bewilligung (Konzession) ausgeübt werden (§ 25).

Nach § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Nach § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Soweit in der Beschwerde eine Verfolgungsverjährung geltend gemacht wird, genügt der Hinweis, daß für die Verwirklichung des in Rede stehenden Tatbildes allein entscheidend ist, ob der Beschwerdeführer zur Tatzeit das zur Last gelegte (konzessionierte) Gewerbe ohne die erforderliche Konzession ausgeübt hat. Derart geht das auf die erteilte Betriebsbewilligung gestützte Beschwerdevorbringen an der maßgebenden Rechtslage vorbei. Davon abgesehen ist die Verfolgungshandlung (Ladungsbescheid) nach der Lage der Akten bereits am 10. Oktober 1989 wirksam geworden (vgl. die Rechtsprechung bei Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht5, 1991, Rz 862).

Ebenso vermag an der Verwirklichung des in Rede stehenden Tatbildes nichts zu ändern, wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, es wäre Pflicht der Behörde gewesen, sein am 12. Juli 1988 anhängig gemachtes Konzessionsansuchen zu erledigen und ihm zumindest eine bedingte Konzession zu erteilen.

Aber auch das unter dem Gesichtspunkt einer Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift dargestellte Beschwerdevorbringen vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

Die Unkenntnis eines Gesetzes kann nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist; selbst guter Glaube stellt den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen; ferner hat sich, wer ein Gewerbe betreibt (oder als Geschäftsführer für die Ausübung eines Gewerbes im Sinne des § 39 GewO 1973 verantwortlich ist), zeitgerecht über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften zu unterrichten (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1992, Zl. 91/04/0019). Bestehen über den Inhalt der Verwaltungsvorschrift Zweifel, dann ist der Gewerbetreibende verpflichtet, hierüber bei der zuständigen Behörde Auskunft einzuholen; wenn er dies unterläßt, so vermag ihn die Unkenntnis dieser Vorschrift nicht von seiner Schuld zu befreien (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1970, Zl. 678/68, und die dort zitierte Vorjudikatur). Vor dem Hintergrund, daß der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, (bei der zuständigen Behörde) Auskunft eingeholt zu haben, vermag es nicht als rechtswidrig erkannt zu werden, wenn die belangte Behörde das Vorliegen eines Schuldausschließungsgrundes im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG verneint hat.

Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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