VwGH 88/14/0182

VwGH88/14/018226.1.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des P in K, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in K,

gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 29. Juni 1988, Zl. B/268-3/87, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1983 und 1984, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs3;
EStG 1972 §27 Abs1 Z2;
EStG 1972 §27 Abs2 Z3;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs3;
EStG 1972 §27 Abs1 Z2;
EStG 1972 §27 Abs2 Z3;
EStG 1972 §4 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Steuerberater. Im Jahr 1983 beteiligte er sich als echter stiller Gesellschafter an einer Leasing GmbH mit einer Einlage von S 200.000,--. Aus dieser Beteiligung erklärte er für dasselbe Jahr negative Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von S 216.444,--, die sich wie folgt zusammensetzten:

Verlustzuweisung: S 200.000,--

Agio: S 5.000,--

Zinsen und Spesen: S 11.444,--.

Für das Jahr 1984 wurden aus dieser Beteiligung zunächst positive Einkünfte in Höhe von S 10.000,-- erklärt, die jedoch im Zuge einer Berufung um Aufwandszinsen von S 10.573,50 gekürzt wurden.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde der echten stillen Beteiligung, die der Beschwerdeführer zwischenzeitlich bereits wiederum abgetreten hatte, die Anerkennung als steuerlich relevante Einkunftsquelle mit der Begründung versagt, daß kein "wirtschaftlicher Überschuß" erzielt worden sei.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen und der rechtlichen Beurteilung des Prüfers und erließ entsprechende Abgabenbescheide.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Die stille Beteiligung sei objektiv nach der Vertragsgestaltung geeignet, einen "Totalüberschuß" zu erzielen. Es sei eine jährliche Fixverzinsung der Einlage von 5 %, die Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie bei Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses nach über 10 Jahren die Auszahlung der Einlage zuzüglich eines allfälligen "Ausscheidungsguthabens" vorgesehen. Die Aufnahme von Fremdkapital zur Finanzierung der Beteiligung sei nur kurzfristig für einen Zeitraum von ca. 1 1/2 Jahren erfolgt. Der Umstand, daß die Beteiligung bereits nach zwei Jahren aus persönlichen Gründen (Hausstandsgründung, Wiederverehelichung) veräußert worden sei und daher tatsächlich beim Beschwerdeführer zu keinem wirtschaftlichen Überschuß geführt habe, sei unbeachtlich, weil der Veräußerung der Beteiligung im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen keine Bedeutung zukomme.

Nach Ergehen von in diesem Punkt negativen Berufungsvorentscheidungen beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und brachte ergänzend vor, daß aus der stillen Beteiligung bereits im Jahr 1984 ein Einnahmenüberschuß erzielt worden sei. Die Fremdfinanzierung der Beteiligung sei durch Aufnahme eines Zwischenkredites bei einer Bausparkasse erfolgt. Rechne man die Guthabenszinsen aus dem Bausparvertrag den Fremdmittelzinsen wiederum hinzu, so ergebe sich insgesamt ein Einnahmenüberschuß von S 2.526,50. Das Finanzamt habe zu Unrecht die persönlichen Gründe für den Verkauf der Beteiligung außer acht gelassen. Wäre dem Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Anschaffung der Beteiligung die Wiederverehelichung und der damit im Zusammenhang stehende Geldbedarf bekanntgewesen, so hätte er sein "Gewinnstreben in anderer Weise gestaltet".

Die belangte Behörde traf durch Einsichtnahme in die Vertragsunterlagen betreffend die stille Beteiligung im angefochtenen Bescheid im wesentlichen folgende Feststellungen:

Die Beteiligung erfolgte durch Zwischenschaltung einer Treuhand-GmbH an einer weiteren GmbH (Geschäftsherr), die durch Inanspruchnahme von Investitionsbegünstigungen Verluste erwirtschaftete. An diesen Verlusten waren die stillen Gesellschafter als Treugeber bis zur Höhe ihrer Einlage beteiligt. Vorgesehen war weiters eine Verzinsung der Einlage im Ausmaß von 5 % jährlich. Das Gesellschaftsverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit eingegangen, konnte aber bis 31. Oktober 1986 grundsätzlich von keiner Seite aufgekündigt werden. Bei Ausscheiden eines stillen Gesellschafters vor dem 31. Oktober 1993 bestand für ihn nur ein Anspruch auf ein allfälliges Guthaben auf seinem variablen Konto. Bei späterem Ausscheiden umfaßte das Auseinandersetzungsguthaben auch den auf dem festen Einlagenkonto ausgewiesenen Betrag. Im Treuhandvertrag hatte der Beschwerdeführer die Treuhandgesellschaft unwiderruflich bevollmächtigt und ermächtigt, seine Gesellschaftereinlage zum 31. Oktober 1986 gegen ein Entgelt von mindestens 70 % der Einlage an einen Dritten ihrer Wahl abzutreten. Tatsächlich veräußerte der Beschwerdeführer seine stille Beteiligung bereits am 1. März 1985 an seine geschiedene Ehegattin.

Die belangte Behörde wies die Berufung im Beschwerdepunkt ab, wobei sie die Auffassung vertrat, daß der Beschwerdeführer durch die kurze zeitliche Begrenzung des Gesellschaftsverhältnisses von vornherein an der Erzielung eines Totalüberschusses nicht interessiert gewesen sei, sodaß die stille Beteiligung nicht als Einkunftsquelle beurteilt werden könne.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer vertritt im wesentlichen die Auffassung, daß bei der rechtlichen Beurteilung seiner stillen Beteiligung als Einkunftsquelle oder als sogenannte Liebhaberei die Veräußerung der Beteiligung außer Betracht zu bleiben habe, weil sie im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen keinen Steuertatbestand darstelle. Maßgebend sei daher nur, ob die Beteiligung bei objektiver Betrachtungsweise geeignet gewesen wäre, auf Dauer gesehen laufend Einnahmenüberschüsse zu erzielen.

Dieser Auffassung, auf der letztlich die übrigen Beschwerdeausführungen beruhen, ist die hg. Rechtsprechung entgegenzuhalten, wonach eine konkrete Tätigkeit oder Kapitalanlage nicht schon deswegen als Einkunftsquelle anzusehen ist, weil objektiv die Möglichkeit bestünde, sie ertragbringend zu gestalten. Entscheidend ist vielmehr, ob die vom Abgabepflichtigen tatsächlich gesetzten Maßnahmen einen wirtschaftlichen Erfolg erwarten lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. April 1988, 88/14/0005). In seinem Erkenntnis vom 6. November 1990, 90/14/0132, hat der Gerichtshof zu einem ähnlich gelagerten Beschwerdefall sinngemäß ausgesprochen, daß dann, wenn aus einer stillen Beteiligung deswegen kein Gesamtüberschuß erzielt werden könne, weil die Beteiligung bereits verhältnismäßig kurze Zeit nach ihrem Erwerb wiederum veräußert wird, keine Einkunftsquelle vorliege. Wörtlich hat der Gerichtshof in diesem Zusammenhang folgende Feststellung getroffen: "Für die Einkunftsquelleneigenschaft der stillen Beteiligung DER BESCHWERDEFÜHRERIN ist daher nicht entscheidend, ob die Erzielung eines Einnahmenüberschusses bei Fortsetzung des Gesellschaftsvertrages über einen längeren Zeitraum möglich gewesen wäre."

Der Beschwerdeführer hat von vornherein in Punkt VI Z. 3 des Treuhandvertrages die Treuhandgesellschaft unwiderruflich bevollmächtigt und ermächtigt, die im Jahr 1983 um S 205.000,-- erworbene stille Beteiligung nach drei Jahren um S 140.000,-- an eine dritte Person ihrer Wahl abzutreten. Während des dreijährigen Zeitraumes war lediglich mit einer Verzinsung der Einlage von 5 % pro Jahr (= insgesamt S 30.000,--) zu rechnen. Dies zeigt deutlich, daß aus der solcherart vom Beschwerdeführer getätigten Kapitalanlage von VORNHEREIN kein wirtschaftlicher Ertrag erwartet werden konnte. Attraktiv erschien die Gestaltung nur unter dem Aspekt der steuerlichen Berücksichtigung des prospektgemäß zugesagten Verlustes von S 200.000,--, wie dies im Abschnitt "steuerliche Grundlagen" und im Berechnungsbeispiel des "Emissions-Angebotes" ausführlich dargelegt wurde.

Der Beschwerdeführer irrt, wenn er meint, nur die seiner Ansicht nach unzulässige Einbeziehung des steuerlich irrelevanten Veräußerungsvorganges führe dazu, seiner stillen Beteiligung die Eigenschaft einer Einkunftsquelle im Sinne des Einkommensteuergesetzes abzusprechen. Der (steuerlich unbeachtliche) "Veräußerungsverlust", der darin erblickt werden könnte, daß der Beschwerdeführer eine um S 205.000,-- erworbene stille Beteiligung um S 140.000,-- abgetreten hat, war nämlich nicht maßgebend dafür, das Vorliegen einer Einkunftsquelle zu verneinen. Entscheidend dafür war vielmehr, daß einem Anfangsverlust von S 200.000,-- nur Zinseneinnahmen von maximal S 30.000,-- gegenüberstanden. Auf weitere Zinseneinnahmen oder Gewinnbeteiligungen, die geeignet gewesen wären, auf längere Sicht trotz dieses Anfangsverlustes zu einem positiven Gesamtergebnis zu gelangen, hat der Beschwerdeführer von vornherein durch die vertraglich vereinbarte Kurzfristigkeit seiner Kapitalanlage verzichtet. Dieser Umstand und nicht die (unzulässige) Einbeziehung eines steuerlich unbeachtlichen "Veräußerungsverlustes" hat dazu geführt, daß die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer eingegangene stille Beteiligung zu Recht nicht als steuerlich relevante Einkunftsquelle anerkannt hat.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.

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