VwGH 92/18/0116

VwGH92/18/01164.9.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 25. Februar 1992, Zl. UVS-01/18/00051/92, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1968 §5 Abs1;
FrPolG 1954 §13a;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §5 Abs1;
FrPolG 1954 §5a;
VwRallg;
AsylG 1968 §5 Abs1;
FrPolG 1954 §13a;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §5 Abs1;
FrPolG 1954 §5a;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 7. Jänner 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen pakistanischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 des Fremdenpolizeigesetzes ein bis zum 7. Jänner 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen; mit Bescheid derselben Behörde vom 8. Jänner 1992 wurde gegen den Genannten gemäß § 5 Abs. 1 und 2 des Fremdenpolizeigesetzes mit sofortiger Wirksamkeit die vorläufige Verwahrung "zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und Sicherung der Abschiebung" angeordnet. In beiden Bescheiden wurde einer allfälligen Berufung jeweils gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Auf Grund des letzteren Bescheides wurde der Beschwerdeführer in Schubhaft genommen und in das Gefangenenhaus der Bundespolizeidirektion Wien überstellt.

Die gegen die "Verhängung der Schubhaft und die Anhaltung in Schubhaft" erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 5a Abs. 6 des Fremdenpolizeigesetzes in Verbindung mit § 67c Abs. 2 und 3 AVG als unbegründet abgewiesen.

Nach der Begründung sei der Beschwerdeführer am 7. Jänner 1992 zwischen 3.35 Uhr und 4.00 Uhr anläßlich eines illegalen Grenzübertrittes im Gemeindegebiet von Nikitsch gemeinsam mit 21 weiteren illegalen Grenzgängern festgenommen worden. Anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 7. Jänner 1992 habe der Beschwerdeführer unter anderem zu Protokoll gegeben, daß er noch nie in Österreich gewesen sei, weder in Österreich noch sonst in Europa Verwandte oder Bekannte habe und derzeit völlig mittellos sei. Im Lichte dieses Sachverhaltes sei "der verhängte Freiheitsentzug völlig gerechtfertigt".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 5 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung genommen werden (Schubhaft), wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder aus dem Grund notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern.

Wer in Schubhaft genommen oder angehalten wird, hat gemäß § 5a Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung anzurufen.

Zunächst ist klarzustellen, daß die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter der "Verhängung der Schubhaft" nicht die Erlassung des Schubhaftbescheides, sondern die Festnahme zum Zwecke der Schubhaft verstehen.

Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, daß seine Festnahme und Anhaltung in Schubhaft schon deshalb nicht "zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes" notwendig sein kann, weil ihm der Bescheid, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen worden war, nach der Aktenlage gleichzeitig mit dem Schubhaftbescheid zugestellt wurde. Damit ist für ihn jedoch nichts gewonnen: Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer mittellos ist und über keine Unterkunftsmöglichkeit in Österreich verfügt, ist die Annahme gerechtfertigt, daß er sich dem behördlichen Zugriff entziehen werde, um die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes gegen ihn zu verhindern oder zumindest erheblich zu erschweren. Solcherart erscheint aber die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers jedenfalls zur Sicherung der Abschiebung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung notwendig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1992, Zl. 92/18/0054).

Auch die Berufung des Beschwerdeführers auf eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 AsylG vermag nicht durchzuschlagen: Eine solche Berechtigung hindert nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 28. Oktober 1991, Zl. 91/19/0240) nicht die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Asylwerber; diesem kommt jedoch die Rechtswohltat des zweiten Halbsatzes des § 5 Abs. 2 AsylG zugute. Erscheint es aus den im § 5 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz genannten Gründen notwendig, einen Asylwerber, gegen den ein Aufenthaltsverbot erlassen wurde, zur Sicherung der - unter Bedachtnahme auf die oben angeführte Rechtswohltat vorzunehmende - Abschiebung in Schubhaft zu nehmen, so steht dem die vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 AsylG nicht entgegen. Für die Anwendung des § 5 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz spielt es nämlich sowohl vom Wortlaut dieser Bestimmung her als auch nach deren Sinn und Zweck keine Rolle, ob der Fremde im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft (im Falle einer Beschwerde nach § 5a Fremdenpolizeigesetz im Zeitpunkt der Festnahme des Beschwerdeführers oder während seiner Anhaltung in Schubhaft) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist oder nicht. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers handelt es sich bei der Verhängung der Schubhaft (bzw. der Festnahme oder Anhaltung in Schubhaft) nicht um eine Vollstreckungshandlung zur Durchsetzung eines Aufenthaltsverbotes, sondern um eine im öffentlichen Interessse vorzukehrende vorläufige Sicherungsmaßnahme. Ob der Beschwerdeführer - wie er behauptet - rechtzeitig im Sinne des § 5 Abs. 1 AsylG einen Asylantrag gestellt hat, ist somit auf dem Boden dieser Rechtslage nicht von Bedeutung.

Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde zum Vorwurf macht, nicht geprüft zu haben, "ob die Verhängung der Schubhaft bzw. die weitere Anhaltung in Schubhaft nicht im Sinne des Art. 1 Abs. 3 letzter Halbsatz PersFrG gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verstieß", ist er darauf zu verweisen, daß die Wahrnehmung der Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes als Angelegenheit im Sinne des Art. 133 Z. 1 B-VG der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes entzogen ist.

Schließlich ist in einem Verfahren über eine Beschwerde nach § 5a Fremdenpolizeigesetz nicht zu prüfen, in welchen Staat der Beschwerdeführer abgeschoben werden wird. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, "daß seine Abschiebung in sein Heimatland gemäß § 13a Abs. 1 Z. 2 FrPolG nicht zulässig ist", geht daher in diesem Verfahren ins Leere.

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, daß die belangte Behörde davon ausgehen durfte, daß der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erschien, sodaß eine mündliche Verhandlung gemäß § 5a Abs. 6 Fremdenpolizeigesetz unterbleiben konnte.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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