Normen
AVG §7 Abs1;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z2;
FrPolG 1954 §3 Abs3 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §6 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
PaßG 1969 §40 Abs3;
PaßG 1969;
StGB §127;
StGB §129 Z2;
StGB §130;
VwGG §34 Abs1;
AVG §7 Abs1;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z2;
FrPolG 1954 §3 Abs3 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §6 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
PaßG 1969 §40 Abs3;
PaßG 1969;
StGB §127;
StGB §129 Z2;
StGB §130;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 2. Oktober 1991 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, ein auf § 3 Abs. 1 und § 4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954 idF BGBl. Nr. 575/1987, (FrPolG) gestütztes, bis 26. Februar 1996 befristetes Aufenthaltsverbot für das "gesamte Bundesgebiet der Republik Österreich" erlassen.
Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 20. Februar 1991 wegen §§ 127, 129 Z. 2 und 130 vierter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt worden, wobei die Strafe gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei; darüber hinaus sei der Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf mit Strafverfügungen vom 21. Juni 1990 und vom 26. September 1990 jeweils wegen Übertretung des Paßgesetzes (§ 40 Abs. 3) bestraft worden. Dem Beschwerdeführer sei zwar insoweit zu folgen, daß die zwei Bestrafungen wegen Übertretung des Paßgesetzes nicht dem Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 2 (zweiter Fall) FrPolG subsumiert werden könnten; allerdings komme die belangte Behörde entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis, daß aufgrund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers eine Subsumtion unter § 3 Abs. 1 leg. cit. zulässig sei. Der gerichtlichen Verurteilung liege nicht eine einzige Tathandlung zugrunde, vielmehr seien vom Beschwerdeführer im September und Oktober 1990 zwei im selben Haus wie der Beschwerdeführer wohnende Gastarbeiter mehrmals bestohlen worden. Die Tathandlungen stellten nicht nur einen Verstoß gegen den Grundtatbestand des § 127 StGB (Diebstahl) dar, sondern hätten auch die Qualifikation nach § 129 Z. 2 (Einbruchsdiebstahl) und nach § 130 vierter Fall StGB (gewerbsmäßiger Diebstahl) erfüllt. Dies und die Übertretungen des Paßgesetzes stellten ein Gesamtverhalten dar, welches die Annahme rechtfertige, daß der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährde.
Im Rahmen der Interessenabwägung sei davon auszugehen, daß sich der Beschwerdeführer seit 5. Februar 1989 im Bundesgebiet aufhalte, und daß in Österreich ein Bruder und ein Cousin des Beschwerdeführers lebten. Der Beschwerdeführer sei in Österreich nur kurzfristig als Hilfsarbeiter tätig gewesen; ein berufliches Fortkommen des Beschwerdeführers sei auch außerhalb des Bundesgebietes gewährleistet. Die aufgrund eines Unfalles notwendig gewordene medizinische Versorgung sei dem Beschwerdeführer gewährt worden; es könne nicht angenommen werden, daß diese außerhalb Österreichs nicht möglich wäre.
Das Aufenthaltsverbot stelle zwar einen nicht unbeträchtlichen Eingriff in das Leben des Beschwerdeführers dar; ungeachtet dessen sei dieser Eingriff zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen unbedingt geboten. Die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme vom Aufenthaltsverbot seien unverhältnismäßig schwerer einzustufen als die nicht unbeträchtlichen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.
Was schließlich die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Befangenheit des in erster Instanz mit dieser Angelegenheit befaßten Organwalters anlange, so sei eine solche weder darin zu erblicken, daß der besagte Organwalter sowohl im Mandatsverfahren als auch nach durchgeführtem Ermittlungsverfahren die gleiche (für den Beschwerdeführer negative) Entscheidung getroffen habe, noch darin, daß zu einem früheren Zeitpunkt die "weitere fremdenpolizeiliche Behandlung" des Beschwerdeführers (Erlassung eines Aufenthaltsverbotes) bekanntgegeben worden sei.
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden und deshalb die Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die im Beschwerdefall zu beachtenden Bestimmungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 2 und Abs. 3 FrPolG lauten:
§ 3 (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder
2. im Inland mehr als einmal wegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen oder mehrmals wegen Übertretungen des Fremdenpolizeigesetzes, des Paßgesetzes, des Grenzkontrollgesetzes oder des Meldegesetzes rechtskräftig bestraft worden ist.
(3) Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:
1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;
- 2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen;
- 3. die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.
2. Die belangte Behörde hat - anders als die Erstbehörde - nicht den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 2 (zweiter Fall) FrPolG, sondern ausschließlich den des § 3 Abs. 1 leg. cit. als verwirklicht angesehen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verhältnis des § 3 Abs. 1 zu § 3 Abs. 2 FrPolG kann ein Aufenthaltsverbot rechtens auf § 3 Abs. 1 leg. cit. gestützt werden, wenn triftige Gründe vorliegen, die zwar nicht die Voraussetzungen der im Abs. 2 angeführten Fälle aufweisen, wohl aber in ihrer Gesamtheit die im § 3 Abs. 1 FrPolG umschriebene Annahme rechtfertigen (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 28. Oktober 1991, Zl. 91/19/0242, vom 25. November 1991, Zl. 91/19/0254, und vom 2. Dezember 1991, Zl. 90/19/0585).
Die belangte Behörde war demnach unter Zugrundelegung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers berechtigt zu prüfen, ob die im § 3 Abs. 1 FrPolG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Als insoweit relevantes Gesamt(fehl)verhalten wertete die belangte Behörde die der oben I.1. genannten gerichtlichen
- nach Ausweis der Akten rechtskräftigen - Verurteilung zugrunde liegenden strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers sowie den mehrere Monate währenden Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich, ohne im Besitz des erforderlichen Sichtvermerkes zu sein. Der aus diesem Gesamt(fehl)verhalten gezogene Schluß der belangten Behörde, daß der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet den im § 3 Abs. 1 leg. cit. genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Dies deshalb, weil es sich zum einen bei den strafbaren Handlungen, derentwegen der Beschwerdeführer gerichtlich verurteilt wurde - qualifizierte Diebstahlsfälle (Einbruchsdiebstahl, gewerbsmäßiger Diebstahl) - durchaus um gewichtige Verstöße gegen die Rechtsordnung handelt, zum anderen das der rechtskräftigen Bestrafung wegen Übertretung des Paßgesetzes zugrunde liegende Verhalten des Beschwerdeführers nicht als unbedeutend zu werten ist, hat doch der Gesetzgeber schon drei rechtskräftige Bestrafungen u.a. wegen Übertretung des Paßgesetzes für ausreichend erachtet, um den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 2 zweiter Fall FrPolG als verwirklicht anzusehen und allein damit vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 3 Abs. 1 leg. cit. ausgehen zu können (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 14. Oktober 1991, Zl. 91/19/0277, und vom 28. Oktober 1991, Zl. 91/19/0242).
Angesichts dessen ist das Beschwerdevorbringen, das sich gegen eine Berücksichtigung der gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers unmittelbar im Wege des § 3 Abs. 1 FrPolG wendet, ebensowenig zielführend wie der Hinweis darauf, daß für den Zeitraum 15. Februar 1989 bis 29. Juni 1990 eine Doppelbestrafung des Beschwerdeführers nach dem Paßgesetz erfolgt sei, war doch für die Entscheidung der belangten Behörde unter dem Gesichtspunkt des von ihr beurteilten Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers im Sinne des § 3 Abs. 1 leg. cit. - zu Recht - nicht die rechtskräftige gerichtliche Verurteilung und die zweimalige rechtskräftige Bestrafung wegen Übertretung des Paßgesetzes, sondern das der Verurteilung und den Bestrafungen jeweils zugrunde liegende
- in der Beschwerde nicht bestrittene - verpönte Verhalten des Beschwerdeführers maßgebend.
3. Der Gerichtshof vermag auch die von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung (§ 3 Abs. 3 FrPolG) im Ergebnis nicht als rechtswidrig zu erkennen. Im angefochtenen Bescheid wurde der Aufenthalt eines Bruders und eines Cousins des Beschwerdeführers in Österreich als für den Beschwerdeführer sprechendes Interesse an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet gewertet. Demgegenüber hielt die Behörde den erst relativ kurzen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich sowie seine kurzfristige Tätigkeit als Hilfsarbeiter fest und wies im Anschluß daran darauf hin, daß ein berufliches Fortkommen des Beschwerdeführers auch außerhalb Österreichs gewährleistet sei. Dies ist, was die zunächst getroffenen Feststellungen anlangt, unbestritten geblieben und aktenmäßig gedeckt sowie, was die Schlußfolgerung betrifft, nachvollziehbar. Wenn die Beschwerde rügt, daß die belangte Behörde den Einwand des Beschwerdeführers, es sei in der Türkei "keine der Behandlung in Österreich entsprechende medizinische Versorgung gewährleistet" (nach seinem schweren Verkehrsunfall), nicht berücksichtigt habe, so ist ihr zu entgegnen, daß eine "nicht entsprechende", also nicht die gleiche Qualität wie in Österreich aufweisende medizinische Versorgung des Beschwerdeführers sachverhaltsbezogen keine Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens im Sinne des § 3 Abs. 3 Z. 3 FrPolG bedeutete, somit auf diesen Umstand von der belangten Behörde zutreffend nicht Bedacht genommen wurde. Daß außer einem Bruder und einem Cousin auch noch ein Onkel und dessen Familie in Österreich aufhältig sei, was aus dem Verwaltungsakt hervorgehe, vermag das Gesamtgewicht der privaten (persönlichen) Interessen des Beschwerdeführers im Grunde des § 3 Abs. 3 leg. cit. nicht entscheidend zu verstärken. Nichts anderes gilt für den Hinweis des Beschwerdeführers, er habe den Schaden aus der gerichtlich strafbaren Handlung zur Gänze gutgemacht und im Juli 1991 wieder eine Stelle als Bauhilfsarbeiter angetreten.
4. Die - zum Teil in polemische Formulierungen gekleidete - Behauptung der Befangenheit der "Behörde 1. Instanz" wie auch der "belangten Behörde" ist schon deshalb nicht zielführend, weil nur ein Verwaltungsorgan, nicht aber eine Behörde befangen sein kann.
5. Mit der Behauptung, er sei durch den bekämpften Bescheid in seinem "Recht nach § 6 Abs. 3 (richtig wohl: Abs. 2) FrPolG, wonach die Behörde aus Billigkeitsgründen die Frist zum Verlassen des Bundesgebietes nach § 6 Abs. 1 FrPolG verlängern kann, verletzt", läßt der Beschwerdeführer außer acht, daß er bereits am 21. November 1991 in die Türkei abgeschoben worden ist (vgl. dazu den hg. Beschluß vom 9. März 1992, Zl. 91/19/0380), somit eine Verletzung des geltend gemachten Rechtes nicht in Betracht kommt.
6. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren, somit auch ohne Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung, als unbegründet abzuweisen.
7. Im Hinblick auf die Entscheidung in der Hauptsache erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)