VwGH 92/14/0044

VwGH92/14/004430.6.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des J in M, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat) vom 27. Jänner 1992, Zl. B 6 - 4/91, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer sowie Abgabe von alkoholischen Getränken jeweils für 1986 und 1987, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §115 Abs1;
BAO §115;
BAO §132;
BAO §138;
BAO §161;
BAO §167 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs3;
EStG 1972 §4 Abs4;
EStG §2 Abs2;
LiebhabereiV §1 Abs1;
LiebhabereiV §2 Abs1;
LiebhabereiV §3 Abs1;
LiebhabereiV;
UStG 1972;
BAO §115 Abs1;
BAO §115;
BAO §132;
BAO §138;
BAO §161;
BAO §167 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs3;
EStG 1972 §4 Abs4;
EStG §2 Abs2;
LiebhabereiV §1 Abs1;
LiebhabereiV §2 Abs1;
LiebhabereiV §3 Abs1;
LiebhabereiV;
UStG 1972;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen im Betrag von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Aufwandersatzmehrbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betrieb von 1978 bis 1988 ein Gasthaus in einer Stadtgemeinde und erklärte aus dieser Tätigkeit jeweils nur Verluste aus Gewerbebetrieb (nach aufsteigenden Jahreszahlen geordnet ab 1978: S 154.807,--, S 8.554,--, S 32.956,--, S 97.938,--, S 130.971,--, S 152.866,--, S 234.466,--, S 176.837,--, S 246.060,--, S 221.126,--, S 261.444,--). Er wurde zu den oben angeführten Abgaben erklärungsgemäß veranlagt. Aus Anlaß von abgabenbehördlichen Prüfungen wurden von den Prüfungsorganen als geringfügig beurteilte Aufzeichnungsmängel festgestellt, weshalb von ihnen auch kein Anlaß gefunden wurde, der Abgabenbehörde Wiederaufnahme der Verfahren und Neufestsetzung der Abgaben vorzuschlagen. Der Beschwerdeführer bezog positive Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in einer Tischlerei sowie positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Die erklärungsgemäßen Abgabenbescheide für die Streitjahre bekämpfte der Beschwerdeführer mit der Begründung, daß jedenfalls ab 1986 auf Grund des bereits ausreichenden Beobachtungszeitraumes von 8 Jahren (1978 bis 1985) die Einkunftsquelleneigenschaft des Gasthauses und damit auch die umsatzsteuerrechtliche Unternehmenseigenschaft desselben wegen der Aussichtslosigkeit, einen Gesamtgewinn zu erzielen, zu verneinen gewesen wäre. Er begründete dies vorerst nur mit der objektiven Ertragsunfähigkeit auf Grund des hohen Fremdkapitaleinsatzes (Bankverbindlichkeiten zuletzt schon über S 2,000.000,--) und der daraus folgenden Zinsenbelastung. Der Beschwerdeführer habe 1988 die Gastwirtschaft in der Stadtgemeinde deshalb auch aufgegeben, ohne daß ein Veräußerungsgewinn zu erzielen gewesen wäre. 1989 habe er mit einem Pachtbetrieb in einer Berghütte eines alpinen Vereines begonnen. Nachdem während des Berufungsverfahrens die Liebhabereiverordnung in Kraft getreten war, begründete der Beschwerdeführer das Fehlen der Einkunftsquelleneigenschaft der Betätigung als Gastwirt im Streitzeitraum auch an Hand der Kriterien des § 2 Abs. 1 Liebhabereiverordnung. Er stellte den Verlauf der Verluste dar und setzte sie in Relation zu den Umsätzen (0,6 bis 30,46, im Durchschnitt 10,55 vH), verwies darauf, daß nur Verluste angefallen seien und diese steigende Tendenz aufwiesen. Die Ursachen der Verluste seien nicht nur innere (hoher Zinsenaufwand: steigend von 3,19 bis 17,64 vH vom Umsatz; überhöhter Personalaufwand: 26,39 bis 50,5 vH vom Umsatz, weil der Beschwerdeführer selbst nicht im Betrieb mitarbeite), sondern auch äußere (zahlreiche Konkurrenzbetriebe mit besserem Küchenangebot und Service). Dem Beschwerdeführer hätten die Mittel für eine Verbesserung des Angebotes gefehlt. Er habe sich auch nicht marktgerecht verhalten, etwa keinen gelernten Koch beschäftigt, keine Spezialitäten angeboten, für seine Speisen einen niedrigen Preis verlangt, keine entsprechenden Werbemaßnahmen oder Verbesserungen unternommen. Auch die Höhe der Privatentnahmen spreche für eine nicht kaufmännische Führung der Gastwirtschaft.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde, nachdem sie eine Nachschau durch ein Prüfungsorgan des Finanzamtes veranlaßt und eine mündliche Verhandlung durchgeführt hatte, die Berufung als unbegründet ab und erhöhte Umsätze sowie Erträge aus der Gastwirtschaft jährlich um einen "Unsicherheitszuschlag" von jeweils S 50.000,--. Sie begründete diese Teilschätzung mit "Buch- und Aufzeichnungsmängeln", die vom Prüfer zu Unrecht unterbewertet worden und vom Beschwerdeführer unaufgeklärt geblieben seien.

In der Frage der Liebhaberei im steuerlichen Sinn gelangte die belangte Behörde zu dem Ergebnis, daß die Einkunftsquelleneigenschaft des Gasthauses gemessen an den von der Liebhabereiverordnung gesetzten Maßstäben nicht verneint werden könne, weil der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung selbst ausdrücklich dargelegt habe, daß er seine Tätigkeit sehr wohl in der Absicht entfaltet habe, einen Gewinn zu erzielen, weshalb von der subjektiven Gewinnerzielungsabsicht ausgegangen werden müsse. Trotz mehrmaliger Verlegung des Standortes sei keine Änderung der Wirtschaftsführung erfolgt. Ungeachtet der Anwendung von "Unsicherheitszuschlägen" sei offengeblieben, ob die im Schätzungsweg ermittelten Bemessungsgrundlagen die erzielten Betriebsergebnisse widerzuspiegeln vermöchten. Da der Beschwerdeführer die näheren Umstände einer Darlehensgewährung durch die Ehegattin nicht aufgeklärt habe, lasse dies die Annahme zu, daß diese Mittel auch aus nichterklärten Betriebseinnahmen herrühren könnten. Der Senat halte die hohen Bankschulden und die damit einhergegangenen Zinsenbelastungen für nicht glaubhaft, weil der Beschwerdeführer die Gründe für die Entstehung der Verbindlichkeiten und die Betriebsbedingtheit der Aufnahme der Mittel nicht nachgewiesen habe. Ein Überbestand an Arbeitskräften sei nicht vorgelegen. Da die Ehegattin des Beschwerdeführers im Betrieb mitgearbeitet habe, sei das Fehlen der Mitarbeit des Beschwerdeführers keine Ursache für die Verluste. Die Verluste überstiegen nicht die Belastungen durch Umsatzsteuern, sodaß bei deren Wegfall negative Betriebsergebnisse nicht aufgetreten wären. Es sei nicht erwiesen, daß ein höherer Werbeaufwand, eine Verbesserung des Leistungsangebotes und höhere Preise für die Gerichte zu einer Verbesserung der Erträge geführt hätten. Die Gewinnerzielungsabsicht sei daher nicht zu verneinen.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht darauf verletzt, für die Streitjahre zu den betreffenden Abgaben mangels Steuerpflicht nicht veranlagt zu werden. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die in den vorgelegten Verwaltungsakten liegenden Bescheide des Finanzamtes betreffend die strittigen Abgabenfestsetzungen und der angefochtene Bescheid der belangten Behörde wurden jeweils an den Beschwerdeführer zu Handen eines Steuerberaters adressiert. Es ist vorerst darauf hinzuweisen, daß sich der Verwaltungsgerichtshof trotz des Umstandes, daß in den vorgelegten Verwaltungsakten nur eine Vollmachtsurkunde (datiert vom 2. Jänner 1970) liegt, in der als Vollmachtgeber lediglich die Ehegattin des Beschwerdeführers als Pächterin eines Schutzhauses genannt ist, nicht veranlaßt sieht, die Erlassung der Abgabenbescheide (auch die für andere als die strittigen Abgabenjahre) in Zweifel zu ziehen, weil er nicht ausschließen kann, daß das Vertretungsverhältnis, das zu den geschilderten Zustellungen berechtigte, tatsächlich bestand und der Behörde auf andere Weise nachgewiesen war, zumal ein gegen diese Annahme sprechendes Vorbringen von keiner der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erstattet wurde.

Der angefochtene Bescheid wurde durch Zustellung am 13. Februar 1992 erlassen. Die Sache war nicht Anlaßfall des Verordnungsprüfungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof (V 53/91 ua.). Die Liebhabereiverordnung wurde daher von der belangten Behörde zu Recht uneingeschränkt auf die von ihr zu beurteilende Berufungssache angewendet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 1992, 92/14/0006), und zwar auch im Zusammenhang mit § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972 (vgl. das eben zitierte Erkenntnis).

Wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, "daß trotz mehrmaliger Änderung des Standortes eine Änderung der Wirtschaftsführung ... nicht erfolgt ist" (Seite 14/15 des angefochtenen Bescheides), so entbehrt diese Beurteilung jedenfalls hinsichtlich der Aufgabe des Betriebes in der Stadtgemeinde und den Beginn eines Pachtbetriebes in einem Schutzhaus eines alpinen Vereins jeder nachvollziehbaren Begründung. Zwischen einem städtischen Gasthaus einerseits und einem Schutzhüttenwirtshaus andererseits besteht ein derart auffallender Unterschied nicht nur im Kundenkreis, sondern auch in der Bewirtschaftungsweise, daß die belangte Behörde in Ermangelung an Feststellungen, die diese Lebenserfahrung widerlegt hätten, davon auszugehen gehabt hätte, daß es sich um verschiedene Betriebe, jedenfalls aber um eine völlige Änderung der Wirtschaftsführung handelte. Dieser Umstand hätte der belangten Behörde eine einheitliche Betrachtung der Einkunftsquelleneigenschaft über das Jahr 1988 (Aufgabe des Wirtshauses in der Stadtgemeinde) hinaus verboten. Damit wäre für die Zeit nach 1988 die Erzielbarkeit eines Gesamtgewinnes aus dem städtischen Gasthaus für den Fall seiner Fortführung nur an Hand der bis dahin eingetretenen Umstände zu prognostizieren gewesen.

Der Beschwerdeführer beanstandet zu Unrecht eine Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die Anwendung von "Unsicherheitszuschlägen" für die beiden Streitjahre. Selbst wenn die belangte Behörde ihre Pflicht verletzt haben sollte, hinsichtlich der Buch- und Aufzeichnungsmängel Parteiengehör zu gewähren, läßt sich der Beschwerde nicht entnehmen, was der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgebracht hätte, um die Berechtigung zu dieser Teilschätzung zu entkräften, wenn ihm dort die Feststellungen im angefochtenen Bescheid (Seite 8 und 9) vorgehalten worden wären. Eine Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels, die allein zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen könnte, ist daher nicht erkennbar. Daß, ausgehend von den im angefochtenen Bescheid festgestellten Aufzeichnungsmängeln, die Teilschätzungsberechtigung nicht gegeben gewesen wäre, die belangte Behörde sich in der Wahl der Schätzungsmethode vergriffen oder diese unrichtig angewendet hätte, behauptet der Beschwerdeführer nicht und vermag der Verwaltungsgerichtshof nach der Aktenlage nicht zu erkennen. Es ist daher vom Verwaltungsgerichtshof bei Nachprüfung der Lösung der Frage der Einkunftsquelleneigenschaft durch die belangte Behörde hinsichtlich der Ergebnisse der Streitjahre von den jeweils um S 50.000,-- geringeren Verlusten auszugehen.

Gemäß § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung ist das Vorliegen von Einkünften zu vermuten bei einer Betätigung, die durch die Absicht veranlaßt ist, einen Gesamtgewinn zu erzielen. Die Vermutung kann widerlegt werden, wenn die Absicht nicht an Hand objektiver Umstände (§ 2 Abs. 1 und 3) nachvollziehbar ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. Dezember 1991, V 53/91-15 ua., dargelegt hat, sind die Worte "Vermutung" und "Widerlegung" als "untechnisch" zu verstehen, der Charakter einer gesetzlichen Vermutung komme ihnen nicht zu, für eine Beweislastverteilung biete sich - von der unzutreffenden Wortwahl abgesehen - kein Anhaltspunkt, die in der Verordnung umschriebenen Sachverhalte unterlägen der amtswegigen Ermittlungspflicht, gleichgültig, ob sie als Voraussetzung einer "Vermutung" oder einer "Widerlegung" formuliert seien. Von diesem Verständnis der Verordnung geht auch der Verwaltungsgerichtshof nun aus.

Die belangte Behörde stützt "vor Eingehen auf die ... Kriterien" des § 2 Abs. 1 Liebhabereiverordnung ihre Entscheidung darauf, daß der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung selbst ausdrücklich dargelegt hat, seine Tätigkeit sehr wohl in der Absicht entfaltet zu haben, einen Gewinn zu erzielen. Angesichts dieser klaren und unmißverständlichen Aussage bedürfe es keines näheren Eingehens auf die Frage, ob die Ausübung und Fortführung der Tätigkeit allenfalls gänzlich andere Motive gehabt habe. Diese Ausführungen im angefochtenen Bescheid zeigen, daß die belangte Behörde die Rechtslage von vornherein grundlegend verkannt hat.

Bei der Absicht, durch die die Betätigung veranlaßt ist, also der subjektiven Komponente des Ertragsstrebens, handelt es sich nämlich nicht um Wunschvorstellungen desjenigen, der die Betätigung entfaltet, mögen diese Wunschvorstellungen auch noch so weit von jeder Realisierbarkeit entfernt sein, sondern um ein Streben, auf das an Hand objektiver Umstände geschlossen werden kann (vgl. in diesem Sinn auch die Ausführungen unter A/1.2 des Durchführungserlasses des Verordnungsgebers vom 5. Juni 1990, abgedruckt in der ÖStZ 1990, 140). Deshalb heißt es auch in § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, die "Vermutung" könne "widerlegt" werden, wenn die Absicht nicht an Hand objektiver Umstände, wie sie u.a. im § 2 Abs. 1 angeführt sind, nachvollziehbar ist.

Behauptungen des "Steuerpflichtigen" über sein subjektives Ertragsstreben allein sind daher für die Beurteilung der Frage, ob die Betätigung durch die Absicht veranlaßt ist, einen Gesamtgewinn zu erzielen, ohne entscheidungswesentliche Bedeutung. Die belangte Behörde durfte deshalb nicht schon aus dieser Absichtserklärung den Schluß auf das Vorliegen einer Einkunftsquelle ziehen.

Im vorliegenden Fall stand im Jahre 1986 bereits fest, daß auf Grund der vom Beschwerdeführer eingeschlagenen Wirtschaftsführung durch 8 Jahre jeweils nur Verluste erwirtschaftet wurden, die die eingangs zitierte beträchtliche Höhe erreichten und die durch Bescheide des Finanzamtes spruchgemäß als Bemessungsgrundlage im Sinne des § 198 BAO rechtskräftig festgestellt waren. Auch für 1986 und 1987 wurden Verluste erklärt (siehe oben), die sich im angefochtenen Bescheid durch die "Unsicherheitszuschläge" jeweils nur um S 50.000,-- reduzierten. Irgendwelche Anhaltspunkte, die zu einer Prognose berechtigten, daß jemals - bei gleichbleibender Wirtschaftsführung - ein Jahresgewinn, geschweige denn ein Gesamtgewinn im Sinne des § 3 Abs. 1 Liebhabereiverordnung erzielt werden könnte, lagen nicht vor und wurden auch von der belangten Behörde nicht festgestellt.

Bei dieser Sachlage konnte den offenbar unrealistischen Hoffnungen, die der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde äußerte, für die Beurteilung der Frage, ob Einkünfte in den Streitjahren vorlagen, keine Bedeutung zukommen.

Das an Hand objektiver Umstände festzustellende Gewinnstreben bedarf einer Prognose, die ihrerseits eine Grundlage in Tatsachenfeststellungen finden muß. Dabei kommt es auf Tatsachen an, deren Eintritt mit einem ausreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden kann. Möglichkeiten (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 5. Mai 1992) oder sogar nur die Vermutung von Möglichkeiten bilden keine taugliche Grundlage einer solchen Prognose. Die belangte Behörde hat die Rechtslage daher auch in diesem Punkt verkannt, weil sie ihrer Entscheidung zugrundelegte, daß "offenbleibt", inwieweit die im Schätzungsweg ermittelten Bemessungsgrundlagen die erzielten Betriebsergebnisse "tatsächlich wiederzuspiegeln vermögen" (Seite 16 des angefochtenen Bescheides) und die unaufgeklärten Umstände der Darlehensgewährung durch die Ehegattin die Annahme zuließen, "daß diese Mittel auch aus nichterklärten Betriebseinnahmen herrühren könnten" (Seite 19 des angefochtenen Bescheides). Mit diesen Ausführungen traf die belangte Behörde keine durch Ermittlungsergebnisse erhärteten Feststellungen, wonach Verluste gar nicht oder in geringerem Ausmaß eintreten würden, sondern äußerte lediglich Vermutungen von Möglichkeiten, wonach der Sachverhalt anders gelagert sein könnte, als er im Rahmen der Veranlagungen und auf Grund der von der belangten Behörde selbst getroffenen Hinzuschätzungen bisher rechtskräftig und daher für die Vergangenheit jedenfalls verbindlich festgestellt worden war. Damit verstieß die belangte Behörde gegen den Grundsatz, wonach für die Beurteilung der Einkunftsquelleneigenschaft eine Prognose nicht bloß auf vermutete Möglichkeiten gestützt werden darf.

Was die Beweiswürdigung der belangten Behörde anlangt, sie halte die hohen Bankschulden und die damit einhergegangenen Zinsenbelastungen nicht für glaubhaft, weil der Beschwerdeführer die Gründe für die Entstehung der Verbindlichkeiten und die Betriebsbedingtheit der Aufnahme der Mittel nicht nachgewiesen habe, so entspricht dieser Beweiswürdigung weder eine konkrete Tatsachenfeststellung noch sie selbst dem Spruch des Bescheides, in dem die belangte Behörde keine entsprechenden "Änderungen der Einkünfte" aus Gewerbebetrieb vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung als Teil der Bescheidbegründung und der Spruch des angefochtenen Bescheides stehen daher insofern in einem unauflösbaren Widerspruch, der die Entscheidung der belangten Behörde ebenfalls mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Die Beweiswürdigung ist aber auch unschlüssig, läßt sie doch die sich aus den rechtskräftigen Feststellungen der Steuerbemessungsgrundlagen (§ 198 BAO) - einschließlich der für die strittigen beiden Abgabenjahre im angefochtenen Bescheid - hinsichtlich der Verluste aus Gewerbebetrieb über den eingangs genannten Zeitraum im Betrag von zusammen S 1,618.015,-- (darin sind die Verlustkürzungen um jährlich S 50.000,-- für 1986 und 1987 infolge der "Unsicherheitszuschläge" durch die belangte Behörde berücksichtigt) völlig unerwähnt. Allein diese Summe der Verluste hätte einen durch den Betrieb veranlaßten, beträchtlichen Fremdkapitaleinsatz naheliegend erscheinen lassen. Schließlich war aber auch die Aufforderung der Behörde an den Beschwerdeführer zum Nachweis der Gründe für die Entstehung der Verbindlichkeiten und die Betriebsbedingtheit der Aufnahme der Mittel nicht ausreichend, um es der Behörde zu erlauben, wegen einer unbefriedigenden Antwort derart weitreichende Schlüsse wie die Verneinung der Betriebsbedingtheit der Fremdmittelverwendung zu ziehen. Ein ausreichend konkretisierter Vorhalt, der zumutbarerweise hätte beantwortet werden können, z.B. welche Darlehen oder Kredite, in welcher Höhe, bei welcher Bank wann und zur Deckung welcher für den Betrieb erforderlicher Ausgaben, auf- oder in Anspruch genommen wurden, und wie sich jeweils der Geldfluß abgespielt hat, ist nämlich nie ergangen. Dabei hätte wegen des weit zurückreichenden Zeitraumes, der sogar über die Dauer der Aufbewahrungspflicht (§ 132 Abs. 1 BAO) zurückreicht, auf die Möglichkeit bloßer Glaubhaftmachung (§ 138 Abs. 1 BAO) Bedacht genommen werden müssen. Eine uneingeschränkte Forderung eines Nachweises war daher unzulässig. Erwähnt sei auch, daß bei den abgabenbehördlichen Prüfern bisher wiederholt keine Bedenken an der Betriebsbedingtheit der Bankzinsen entstanden sind. Diese Verfahrensmängel werden jedoch durch die der belangten Behörde unterlaufene inhaltliche Rechtswidrigkeit in den Hintergrund gedrängt.

Die belangte Behörde hat aber auch bei Prüfung der im § 2 Abs. 1 Liebhabereiverordnung angeführten Umstände die Rechtslage verkannt. Tatsachen, die im Sinne der beispielsweisen Aufzählung dieser Verordnungsstelle die Ertragserzielungsabsicht nachvollziehbar im Sinne des § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung machten, sind nämlich nicht zutage getreten und wurden auch von der belangten Behörde nicht festgestellt. Das Ausmaß der Verluste ist beträchtlich, die Entwicklung der Verluste ist jedenfalls langjährig betrachtet steigend, das Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen zeigt nur Verluste. Als Ursachen für die Verluste, die jährlich durch ein Jahrzehnt aufgetreten sind, kommen nach den unwiderlegt gebliebenen Vorbringen des Beschwerdeführers der hohe Fremdkapitaleinsatz, die Nichtmitwirkung des Beschwerdeführers im Betrieb, Wettbewerbsnachteile gegenüber nahegelegenen Betrieben und zu hohe Privatentnahmen in Betracht. Bei dieser Sachlage kann von einem marktgerechten Verhalten keine Rede sein, weil ein solches - ohne Verbesserung der Wirtschaftsführung - nur in einer Betriebsaufgabe hätte bestehen können, zumal auch die belangte Behörde selbst keine Maßnahmen aufzeigen konnte, die eine Verbesserung der Ertragslage hätten bewirken können. Es weist daher kein einziges Merkmal in Richtung einer Nachvollziehbarkeit der Ertragserzielungsabsicht.

Auch der Ansicht der belangten Behörde, die Umsatzsteuerlast müsse bei Prüfung des Ertragsstrebens aus der Aufwandseite ausgeschieden werden, ist verfehlt. Dies ergibt sich schon aus der Definition des Gesamtgewinns in § 3 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, wonach der Gesamtgewinn der Gesamtbetrag der Gewinne zuzüglich steuerfreier Einnahmen abzüglich des Gesamtbetrages der Verluste ist. Dies schließt es aus, bei der Ermittlung des Gesamtgewinnes die Umsatzsteuerzahllast auf der Einnahmenseite in Ansatz zu bringen. Auch § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972 knüpft an den Begriff der Liebhaberei im Sinne des Ertragssteuerrechtes an, kennt also keinen autonomen umsatzsteuerrechtlichen Begriff von Gewinn oder Einnahmenüberschuß, der davon ausginge, daß Verluste bis zur Höhe (fiktiver) Umsatzsteuerzahllasten noch als Gewinne zu betrachten seien.

Das Erfordernis rascher Beurteilbarkeit der Liebhabereifrage spielt auch hinsichtlich der Umsatzsteuer im Beschwerdefall schon deshalb keine Rolle, weil bereits im ersten Streitjahr ein achtjähriger Beobachtungszeitraum verstrichen war, einer sofortigen Beurteilung für den Streitzeitraum daher bereits ausreichendes Beobachtungsmaterial zur Erstattung der notwendigen Prognose zur Verfügung stand.

Ausgehend von dem von der belangten Behörde festgestellten - und nicht nur vermuteten - Sachverhalt, aus dem sich auch keine Anhaltspunkte dafür ergaben, daß die Einkünfte aus Gewerbebetrieb seit 1978 nicht wie angeführt in den Abgabebescheiden als Bemessungsgrundlage rechtskräftig festgestellt worden seien, wäre daher die allenfalls im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Aufnahme erwerbstypischer Betätigung eines in einer Stadtgemeinde gelegenen Gasthauses als berechtigt anzusehende "Vermutung" von Einkünften jedenfalls ab dem Jahr 1986 als "widerlegt" anzusehen gewesen, weil nicht mehr an Hand objektiver Umstände im Sinne des § 2 Abs. 1 Liebhabereiverordnung nachvollziehbar war, daß die Betätigung im Sinne des § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung (ab 1986 weiterhin) durch die Absicht veranlaßt war, einen Gesamtgewinn gemäß § 3 Abs. 1 Liebhabereiverordnung zu erzielen. Einkünfte aus Gewerbebetrieb hätten daher für den Streitzeitraum ebensowenig mehr angenommen werden dürfen wie eine in diesem Gasthausbetrieb verwirklichte unternehmerische Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1972.

Der angefochtene Bescheid mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Danach steht im Hinblick auf den Pauschbetrag für Schriftsatzaufwand darüber hinausgehender Ersatz von Umsatzsteuer nicht zu. Die Eingabengebühr je vorzulegender Beschwerdeausfertigung betrug S 120,-- (drei Ausfertigungen zusammen daher S 360,--). Die Ausfertigung (Abschrift) des angefochtenen Bescheides mußte gemäß § 28 Abs. 5 VwGG nur einfach vorgelegt werden, weshalb die zur Rechtsdurchsetzung notwendige Beilagengebühr S 180,-- beträgt. Die gesonderte Einbringung eines Kostenantrages für Bundesstempelmarken war schon deshalb nicht notwendig, weil ein vollständiger Aufwandersatzantrag bereits in der Beschwerde hätte gestellt werden können. Aufwandersatz für diesen Antrag steht schon aus diesem Grund nicht zu. Das Aufwandersatzmehrbegehren (Umsatzsteuer aus pauschaliertem Schriftsatzaufwand, weitergehende Stempelgebühren) war daher abzuweisen.

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