VwGH 92/12/0026

VwGH92/12/002616.12.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 13. Dezember 1991, Zl. 211.579/60-2.2/91, betreffend Erholungsurlaub, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §68;
BDG 1979 §69;
BDG 1979 §70;
BDG 1979 §74;
BDG 1979 §75;
DVV 1981 §1 Abs1;
DVV 1981 §2 Abs2;
DVV 1981 §3 Abs1 Z1;
BDG 1979 §68;
BDG 1979 §69;
BDG 1979 §70;
BDG 1979 §74;
BDG 1979 §75;
DVV 1981 §1 Abs1;
DVV 1981 §2 Abs2;
DVV 1981 §3 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Oberstleutnant in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Militärkommando Wien.

In der Zeit von 26. Juni 1989 bis 19. Juli 1991 war der Beschwerdeführer im Rahmen der Entsendung eines österreichischen Bataillons zur Überwachung des Waffenstillstandes zwischen Israel und Syrien durch UN-Streitkräfte eingesetzt.

Nach Beendigung dieses Einsatzes machte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 11. Juli 1991 einen Urlaubsanspruch von restlichen 90 Arbeitstagen geltend und suchte um einen Urlaub von 44 Arbeitstagen vom 22. Juli bis 20. September 1991 an, wobei er als Urlaubsrest 46 Arbeitstage angab. Dieses Urlaubsansuchen wurde genehmigt, jedoch mit Erledigung der Dienstbehörde vom 23. Juli 1991 mitgeteilt, daß dem Militärkommando Wien ein Nachweis darüber fehle, ein Verbrauch des Erholungsurlaubes 1989 sei aus dienstlichen Gründen nicht möglich gewesen. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert einen Nachweis dafür zu erbringen. Darauf antwortete der Beschwerdeführer mit seinem Schreiben vom 25. September 1991, daß ein Erholungsurlaub im Sinne des BDG 1979 während des UN-Dienstes nicht gewährt werde und dadurch der Verbrauch des ihm für 1989 zustehenden Erholungsurlaubes bis spätestens 31. Dezember 1990 nicht möglich gewesen sei. Mit Antrag vom 4. Oktober 1991 begehrte der Beschwerdeführer bescheidmäßige Absprache über diese Frage.

Mit Bescheid vom 11. Oktober 1991 stellte das Militärkommando Wien fest, daß der Anspruch des Beschwerdeführers auf Erholungsurlaub für das Kalenderjahr 1989 im Ausmaß von 30 Werktagen gemäß § 69 BDG 1979 mit Ablauf des Kalenderjahres 1990 verfallen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid ab und führte begründend - nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Wiedergabe der Bestimmungen des § 69 BDG 1979, § 3 Abs. 1 Z. 1 der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981 (DVV 1981), BGBl. Nr. 162, und § 2 Abs. 3 des Bundesverfassungsgesetzes über die Entsendung österreichischer Einheiten zur Hilfeleistung in das Ausland auf Ersuchen internationaler Organisationen, BGBl. Nr. 173/1965 - aus, auf Grund der dargestellten Rechtslage sei der durch den Bundesminister für Landesverteidigung bestellte Vorgesetzte der entsandten Einheit zuständig für die Feststellung gewesen, daß der Verbrauch des Erholungsurlaubes des Beschwerdeführers für das Kalenderjahr 1989 aus dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. Dezember 1990 möglich gewesen wäre. Erst auf Grund einer derartigen Feststellung wäre der Verfall des genannten Erholungsurlaubes erst mit Ablauf des 31. Dezember 1991 eingetreten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:

Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des § 69 BDG 1979 haben folgenden Wortlaut:

"Der Anspruch auf Erholungsurlaub verfällt, wenn der Beamte den Erholungsurlaub nicht bis zum 31. Dezember des dem Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres verbraucht hat. Ist der Verbrauch bis zu diesem Zeitpunkt aus dienstlichen Gründen nicht möglich, so tritt der Verfall erst mit Ablauf des folgenden Kalenderjahres ein."

Die Zuständigkeit in Dienstrechtsangelegenheiten richtet sich gemäß § 2 Abs. 1 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG nach den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen. Soweit in diesen Rechtsvorschriften keine Bestimmungen über die Zuständigkeit enthalten sind, gelten die folgenden Absätze. Die im Beschwerdefall in Betracht zu ziehenden Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:

"(2) Die obersten Verwaltungsorgane sind innerhalb ihres Wirkungsbereiches als oberste Dienstbehörden in erster Instanz zuständig. Solche Zuständigkeiten können mit Verordnung ganz oder zum Teil einer unmittelbar nachgeordneten Dienststelle als nachgeordneter Dienstbehörde übertragen werden, sofern dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist und die Dienststelle nach ihrer Organisation und personellen Besetzung zur Durchführung der zu übertragenden Aufgaben geeignet ist. Im Fall einer solchen Übertragung ist die nachgeordnete Dienstbehörde in erster Instanz und die oberste Dienstbehörde in zweiter Instanz zuständig.

(3) Eine Übertragung im Sinne des Abs. 2 ist im Wirkungsbereich des Bundesministers für Landesverteidigung auch an eine nicht unmittelbar nachgeordnete Dienststelle als nachgeordnete Dienstbehörde zulässig. In diesem Fall ist diese Dienstbehörde in erster Instanz und der Bundesminister für Landesverteidigung in zweiter Instanz zuständig.

(4) Die Durchführung von Dienstrechtsangelegenheiten, die ihrer Natur nach einer sofortigen Erledigung bedürfen oder von untergeordneter Bedeutung sind, obliegt dem Leiter der Dienststelle; welche Angelegenheiten dies sind, wird durch Verordnung festgestellt. Das Recht des Leiters der Dienststelle zur Durchführung der Dienstrechtsangelegenheiten erstreckt sich in diesem Falle auf alle bei der Dienststelle in Verwendung stehenden Bediensteten, unabhängig davon, ob diese der Dienststelle angehören oder nur zur Dienstleistung zugewiesen sind; diese Bestimmung ist insoweit nicht anzuwenden, als verfassungsrechtliche Vorschriften über die Ausübung der Diensthoheit entgegenstehen.

(5) Welche Dienstbehörde im einzelnen Fall zuständig ist, richtet sich bei Bediensteten des Dienststandes nach der Dienststelle, der der Bedienstete angehört. Sofern es sich um die Begründung eines Dienstverhältnisses handelt, ist für die Zuständigkeit jene Dienststelle maßgebend, bei der er die Anstellung anstrebt. Ist die Dienststelle nicht gleichzeitig Dienstbehörde, so ist jene Dienstbehörde zuständig, zu der die Dienststelle auf Grund der Organisationsvorschriften gehört."

Durch § Abs. 1 der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981 - DVV - wird, soweit die obersten Dienstbehörden gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz DVG in erster Instanz zuständig sind, diese Zuständigkeit für Beamte, die nicht der obersten Dienstbehörde angehören, in folgenden Dienstrechtsangelegenheiten auf die im § 2 genannten nachgeordneten Dienstbehörden übertragen:

"... 16. Feststellung des Ausmaßes und des Verfalles des

Erholungsurlaubes sowie Bewilligung des Verbrauches des für das nächste Kalenderjahr gebührenden Erholungsurlaubes," Nachgeordnete Dienstbehörde im Sinne des § 1 ist nach § 2 Z. 7 lit. c DVV das Militärkommando Wien. Das Militärkommando Wien war demnach als nachgeordnete Dienstbehörde zur Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf bescheidmäßige Feststellung des Urlaubsausmaßes zuständig.

Davon zu unterscheiden ist die vom Dienststellenleiter zu treffende Feststellung:

Nach § 3 Abs. 1 Z. 1 DVV 1981 obliegt den Leitern der Dienststellen - ausgenommen die Leiter der den nachgeordneten Dienstbehörden unterstehenden Dienststellen der Wachkörper - die Durchführung der Einteilung (datumsmäßige Festlegung) des Erholungsurlaubes, aus dienstlichen Rücksichten gebotene Abänderungen der Urlaubseinteilung, Rückberufung vom Urlaub und die Feststellung, daß der Verbrauch des Erholungsurlaubes bis zum 31. Dezember des dem Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres aus dienstlichen Gründen nicht möglich ist.

Aus der zuletzt genannten Bestimmung ist ausschließlich die Zuständigkeit des Dienststellenleiters zur Entscheidung darüber, ob der Verbrauch des Erholungsurlaubes bis zum 31. Dezember des dem Urlaubsjahr folgende Kalenderjahres aus dienstlichen Gründen nicht möglich ist, zu erschließen. Eine Befristung einer Antragstellung bis zum 31. Dezember des dem Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres ist der Bestimmung ebensowenig zu entnehmen, wie daß nach einer allfälligen Änderung der Dienststelle die Zuständigkeit des Leiters der bisherigen Dienststelle zur gegenständlichen Feststellung bestehen bliebe. Dies gilt auch für die der Dienstbehörde nach § 1 Abs. 1 Z. 16 DVV zukommende Feststellung des Ausmaßes und des Verfalles des Erholungsurlaubes, die Gegenstand des Antrages des Beschwerdeführers in diesem Verfahren ist.

Für die Entscheidung im Beschwerdefall ist daher die von der belangten Behörde zur Begründung des Bescheides herangezogene Bestimmung des § 2 Abs. 3 des Bundesverfassungsgesetzes über die Entsendung österreichischer Einheiten zur Hilfeleistung in das Ausland auf Ersuchen internationaler Organisationen, BGBl. Nr. 173/1965, ohne rechtliche Bedeutung. Die Auffassung der belangten Behörde, nach der genannten Verfassungsbestimmung habe der Vorgesetzte der zur Hilfeleistung in das Ausland entsendeten österreichischen Einheit gegenüber den Mitgliedern der Einheit die dienstliche Stellung eines Vorstandes der Dienstbehörde und hätte in dieser Eigenschaft über den Feststellungsantrag des Beschwerdeführers zu entscheiden gehabt, würde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides begründen, da in diesem Fall die Behörde erster Instanz unzuständig gewesen wäre. Daß diese Auffassung verfehlt ist, ergibt sich, wie schon ausgeführt, daraus, daß ein Fortbestand der Zuständigkeit (Perpetuierung) zur Entscheidung über Urlaubsansprüche nach Wechsel der Dienststelle des Beamten nach den hier anzuwendenden Verfahrensvorschriften nicht vorgesehen ist, sodaß nach Änderung der Dienststelle die nachgeordnete Dienststelle über die hier gegenständliche Frage des Verfalles von Urlaubsansprüchen zu entscheiden hat, der der Beamte angehört.

Die gesetzlichen Regelungen über den "Verbrauch des Erholungsurlaubes" (§ 68 BDG 1979) und den "Verfall des Erholungsurlaubes" (§ 69 BDG 1979) stellen im Gegensatz zur Regelung beim Urlaubsvorgriff, beim Sonderurlaub oder beim Karenzurlaub nicht auf ein ausdrückliches Ansuchen des Beamten ab; maßgebend ist, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 25. September 1989, Zl. 89/12/0160, ausgesprochen hat, vielmehr der tatsächliche Verbrauch. Daß der Beschwerdeführer in der in Rede stehenden Zeit im Sinne des Gesetzes seinen Erholungsurlaub nicht verbraucht hat, steht fest. Es wäre daher Sache der Dienstbehörde gewesen, selbst nach entsprechenden Ermittlungen festzustellen, ob dem Beschwerdeführer der Verbrauch des Erholungsurlaubes für das Jahr 1989 bis zum 31. Dezember 1990 aus dienstlichen Gründen nicht möglich gewesen ist.

Da die belangte Behörde die Rechtslage unrichtig beurteilt hat, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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