Normen
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §17;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz (belangte Behörde) vom 23. April 1992 wurde der Mitbeteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemäß den §§ 17, 18 und 19 des Forstgesetzes 1975 die Bewilligung zur Rodung einer Teilfläche des Grundstückes Nr. nn1, KG K, im Ausmaß von 400 m2 für die Errichtung einer Kfz-Werkstätte erteilt. Der Einleitung dieses Bescheides ist zu entnehmen, das Grundstück Nr. nn1 solle an ein namentlich bezeichnetes Unternehmen (im folgenden Unternehmen) zur Errichtung einer Kfz-Werkstätte veräußert werden. Das Unternehmen betreibe derzeit eine Kfz-Werkstätte samt Handel im S-Areal in K. Da diese Räumlichkeiten den gesetzlichen Anforderungen nicht mehr entsprächen und in den umliegenden Gemeinden keine Grundstücke zur Verfügung gestellt würden, solle die Werkstätte direkt an der Landesstraße K, im Bereich der Autobahn errichtet werden.
In der Begründung ihres Bescheides führt die belangte Behörde aus, durch die Aussiedlung der Kfz-Werkstätte ergebe sich eine sicherheitstechnische Verbesserung für das S-Areal, insbesondere durch die Verbesserung der Feuerwehrzufahrt. Weiters entsprächen die Räumlichkeiten nicht mehr dem Standard, weshalb das Unternehmen gezwungen sei, eine Standortverlegung vorzunehmen. Die Ansiedlung direkt an der Landesstraße K im Bereich der Autobahn verbessere die Verkehrssituation im Ort selbst, da der Verkehr, den eine Kfz-Werkstätte samt Handel anziehe, von K ferngehalten werde. Im übrigen würden durch die Umsiedlung der Kfz-Werkstätte die bestehenden Arbeitsplätze gesichert. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, daß die Verbesserungen in sicherheitstechnischer sowie verkehrstechnischer Hinsicht und die Sicherung von Arbeitsplätzen als öffentliche Interessen das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Fläche als Wald überwiegen würden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf § 170 Abs. 8 des Fortsgesetzes 1975 gestützte Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Das Beschwerdevorbringen läßt sich dahingehend zusammenfassen, daß im angefochtenen Bescheid zwar das Vorliegen öffentlicher Interessen, die das Interesse an der Walderhaltung überwiegen, behauptet werde, doch entbehre der Akteninhalt jeglicher Gutachten, die dies bestätigten und tatsächlich eine schlüssige Interessenabwägung ermöglichten. Dies sei umso bedeutsamer, als das forsttechnische wie auch das naturschutzrechtliche Gutachten sich zwar nicht ausdrücklich gegen die Erteilung der Rodungsbewilligung aussprächen, jedoch durchaus beachtenswerte Bedenken beinhalteten. Auch sei den Anforderungen des § 17 Abs. 4 des Forstgesetzes 1975 nicht Rechnung getragen worden, weil die Raumordnungsziele nicht ausreichend erhoben worden seien und letztlich auch keine Aussagen darüber vorlägen, ob überhaupt eine Waldausstattung gegeben sei, die auch nach der Rodung der gegenständlichen Fläche die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleiste.
Die belangte Behörde hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die Mitbeteiligte hat keine Äußerung erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 17 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als solchen der Waldkultur (Rodung) verboten. Die Forstbehörde kann aber zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung derselben als Wald überwiegt. Nach § 17 Abs. 3 des Forstgesetzes 1975 können öffentliche Interessen im Sinne des Abs. 2 insbesondere in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- und öffentlichen Straßenverkehr, im Post- und öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft in der Agrarstrukturverbesserung sowie im Siedlungswesen begründet sein. Nach § 17 Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde bei Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 2 insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen; ferner sind unter dieser Voraussetzung die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.
Voraussetzung für eine dem Gesetz entsprechende Interessenabwägung sind ausreichende Ermittlungen, welches Ausmaß im konkreten Fall das öffentliche Interesse an der Erhaltung der zur Rodung beantragten Fläche als Wald aufweist und in welchem Ausmaß ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der Rodungsfläche vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 1992, Zl. 91/10/0156). In dieser Richtung ist aber der ermittelte Sachverhalt im Beschwerdefall mangelhaft. Worin die sicherheitstechnische Verbesserung für das S-Areal bei einer Absiedelung der Kfz-Werkstätte besteht, wird - abgesehen von der Erwähnung einer Verbesserung der Feuerwehrzufahrt - in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht dargelegt und ergibt sich auch aus dem übrigen Akteninhalt nicht. Es kann daher nicht beurteilt werden, ob und in welchem Ausmaß diese Verbesserung ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Rodung zu begründen vermag. Dies gilt aber auch für die behauptete Verbesserung der Feuerwehrzufahrt, da nicht dargelegt wird, welche Mängel der Ist-Zustand aufweist und worin die Verbesserung besteht. Ob eine Verbesserung eines bestimmten sicherheitstechnischen Zustandes von solcher Bedeutung ist, daß dadurch das Vorliegen überwiegender öffentlicher Interessen für eine Rodung begründet wird, kann ohne Kenntnis der bestehenden Verhältnisse und ihrer Mängel nicht beurteilt werden. Aus der Tatsache allein, daß eine Verbesserung erfolgt, kann nicht zwingend auf das Vorliegen überwiegender öffentlicher Interessen geschlossen werden, liegt doch eine Verbesserung auch dann vor, wenn ein bereits befriedigender Zustand durch einen noch besseren ersetzt wird.
Dies gilt auch für die behauptete Verbesserung der Verkehrsverhältnisse. Daß die Absiedelung der Kfz-Werkstätte zu einer Verminderung des Verkehrs im Ort K führt, kann für sich allein überwiegende öffentliche Interessen an der Rodung nicht begründen. Auch diesbezüglich hätte es näherer Ausführungen bedurft, wie der derzeitige Verkehrszustand ist und in welchem Ausmaß eine Verminderung der Verkehrsbelastung durch die Absiedlung erwartet wird.
Die belangte Behörde hat auch keine Begründung dafür gegeben, inwiefern durch eine Umsiedlung der Kfz-Werkstätte Arbeitsplätze erhalten werden. Sie geht davon aus, daß diese Werkstätte am bestehenden Standort nicht mehr weiter betrieben werden könne, weil die Räumlichkeiten nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. In diesem Fall hätte sie aber darzulegen gehabt, worin diese Mängel bestanden, warum sie einen Weiterbetrieb nicht ermöglichten und weshalb eine Sanierung nicht am bestehenden Standort erfolgen könnte.
Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift meint, die von ihr als öffentliche Interessen gewerteten Umstände seien ihr als Gewerbebehörde bekannt und es handle sich um offenkundige Tatsachen, übersieht sie, daß § 45 Abs. 1 AVG zwar die Behörde bei offenkundigen Tatsachen von einer Beweisführung entbindet, was aber die belangte Behörde nicht davon befreite, diese Tatsachen in der Begründung ihres Bescheides so eingehend darzulegen, daß der beschwerdeführende Bundesminister und der Verwaltungsgerichtshof in die Lage versetzt werden, zu beurteilen, ob tatsächlich überwiegende öffentliche Interessen für eine Rodung vorliegen.
Das öffentliche Interesse an der Walderhaltung ist bereits im Forstgesetz 1975 statuiert. Welches Ausmaß dieses Interesse aber hat, ist im Einzelfall zu ermitteln. Entsprechende Feststellungen fehlen im Beschwerdefall. Der forsttechnische Amtssachverständige hat sich nicht mit der forstlichen Bedeutung der Rodungsfläche auseinandergesetzt und auch keine Aussagen zur Waldausstattung der Gemeinde gemacht, sondern sich darauf beschränkt, für den Fall, daß die belangte Behörde die Rodung genehmige, Auflagen vorzuschlagen.
Aus den angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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