VwGH 92/09/0207

VwGH92/09/020725.9.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der M-GmbH & Co KG in M, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bundesminister für Arbeit und Soziales wegen Verletzung seiner Pflicht zur Entscheidung über eine Berufung in einer Angelegenheit nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §68 Abs2;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwRallg;
AVG §68 Abs2;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 18. Dezember 1991 hat das Landesarbeitsamt Niederösterreich den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung von Sicherungsbescheinigungen für zwei türkische Arbeitskräfte abgelehnt. Mit Bescheid vom 20. JÄNNER 1992 hat die belangte Behörde der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung keine Folge gegeben. Das Verfahren zur Zl. 92/09/0135 über eine dagegen von der Beschwerdeführerin eingebrachte Beschwerde wurde mit hg. Beschluß vom 21. Mai 1992 eingestellt, weil die Beschwerdeführerin durch einen weiteren Bescheid der belangten Behörde vom APRIL 1992 (Aufhebung des Bescheides vom 20. Jänner 1992 von Amts wegen gemäß § 68 Abs. 2 AVG) klaglos gestellt worden war.

Gemäß einer Ergänzung zur nunmehrigen Säumnisbeschwerde hat die belangte Behörde nach der Aufhebung des Bescheides vom 20. Jänner 1992 über die Berufung der Beschwerdeführerin neuerlich entschieden, und zwar mit - zurückweisendem - Bescheid vom 6. AUGUST 1992, wobei dieser zuletzt genannte Bescheid von der belangten Behörde mit weiterem Bescheid vom

27. AUGUST 1992 neuerlich aufgehoben und gleichzeitig der Berufung der Beschwerdeführerin nunmehr Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen worden sei.

Mit ihrer nunmehrigen, am 4. August 1992 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde beantragt die Beschwerdeführerin mit der Behauptung, die belangte Behörde habe bisher nicht über ihre Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 18. Dezember 1991 entschieden, der Verwaltungsgerichtshof wolle "in der Sache selbst erkennen und den Antrag auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung für zwei türkische Pferdepfleger bewilligen". In der am 10. September 1992 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Beschwerdeergänzung vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung, ihre Säumnisbeschwerde sei zulässig, weil durch sie gewährleistet werden müsse, daß die Beschwerdeführerin in die Lage versetzt werde, mit Bescheidbeschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes heranzutreten. Die Beschwerdeführerin trete deshalb der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen, daß durch die Aufhebung eines einmal angefochtenen Bescheides die sechsmonatige Entscheidungsfrist gänzlich neu zu laufen beginne.

Die Säumnisbeschwerde ist - abgesehen davon, daß nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin derzeit eine Sachentscheidung über ihre Berufung vorliegt, die sie mit Beschwerde bekämpfen kann - deshalb unzulässig, weil im Zeitpunkt ihrer Erhebung die Frist nach § 27 VwGG noch nicht abgelaufen war.

Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Artikel 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde über die Berufung der Beschwerdeführerin erstmals mit ihrem Bescheid vom

20. JÄNNER 1992 entschieden. Durch die Zustellung der aufhebenden Berufungsentscheidung gemäß § 68 Abs. 2 AVG am

28. APRIL 1992 hat die Frist nach § 27 VwGG gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes neu zu laufen begonnen (vgl. etwa Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. November 1952, Zl. 2809/52, vom 1. Juni 1976, Zl. 1789/74 = Slg. 9074/A, vom 14. März 1980, Zl. 3055/79, und vom 7. Oktober 1983, Zl. 83/17/0189). Ohne daß auf die nach diesem Zeitpunkt nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin erfolgten weiteren Entscheidungen über ihre Berufung hier weiter einzugehen war, genügt für die vorliegende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes somit die in den Akten gedeckte Feststellung, daß die sechsmonatige Frist im Zeitpunkt der Einbringung der vorliegenden Säumnisbeschwerde (4. August 1992) noch offen war.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beschwerdeführerin nicht zu einem Abgehen von seiner oben angeführten Rechtsprechung veranlaßt, würde dies doch bedeuten, daß der betreffenden Behörde in vielen Fällen einer Aufhebung ihrer fristgerecht getroffenen Sachentscheidung für eine neuerliche Entscheidung wegen Ablaufes der ursprünglichen sechs Monate überhaupt keine, in jedem Falle aber nur eine verkürzte Frist zur neuerlichen Bescheiderlassung zur Verfügung stünde. Im vorliegenden Beschwerdefall hat die belangte Behörde überdies nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin bereits eine neuerliche Entscheidung über die anhängige Berufung erlassen, deren Anfechtung bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes nichts im Wege steht. Einem allfälligen Mißbrauch durch die Behörde dahingehend, daß sie durch sich ständig wiederholende Aufhebungen einmal gefaßter Sachentscheidungen ein Verstreichen der Frist zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde auf Dauer verhindert, müßte auf andere Weise als durch Erhebung einer solchen Beschwerde VOR dem im Gesetz vorgesehenen Fristablauf begegnet werden.

Die Beschwerde war somit wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

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