VwGH 92/09/0020

VwGH92/09/002023.4.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des NN in N, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 7. Dezember 1991, Zl. VIII/1-1025/4-1991, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1988/231;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §7 Abs6;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1988/231;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §7 Abs6;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft (BH) vom 11. Dezember 1990 wurde über den Beschwerdeführer als den handelsrechtlichen Geschäftsführer der NN Gesellschaft m.b.H. eine Geldstrafe in der Höhe von S 80.000,-- verhängt, weil diese Gesellschaft in der Zeit vom 15. Mai 1990 bis 30. Juni 1990 in N vier ausländische Staatsbürger beschäftigt habe, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Der Beschwerdeführer habe zu diesem Vorwurf und zu seinen Einkommens- und Familienverhältnissen keine Stellungnahme abgegeben.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Einspruch (Berufung) wie folgt:

"Die ausländischen Staatsbürger ... sind von mir nicht

beschäftigt worden. Sie haben lediglich das Lokal am Abend zur

Probe benutzt, da sie von mir zu einem späteren Zeitpunkt

beschäftigt werden wollten. Zum angegebenen Zeitpunkt haben

diese Personen noch kein Ansuchen beim Arbeitsamt ... zwecks

Beschäftigungsbewilligung gestellt. Die ausländischen Personen haben von mir keinerlei Entgelt erhalten."

Im Berufungsverfahren wurde eine Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Burgenland eingeholt, in welcher das Berufungsvorbringen als reine Schutzbehauptung gewertet und festgehalten wurde, daß für die Ausländer keine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei. Der Beschwerdeführer habe schon mehrfach gegen das AuslBG verstoßen.

Diese Stellungnahme hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor, wobei dieser - vom Beschwerdeführer nicht fristgerecht beantwortete - Vorhalt u.a. auch folgenden Absatz enthielt:

"Die im angefochtenen Straferkenntnis genannten Ausländer wurden per 1.4.1990 mit einer monatlichen Beitragsgrundlage in Höhe von (je) S 6.000,-- der Bgld. Gebietskrankenkasse (an)gemeldet. Die Abmeldung derselben erfolgte per 30.4.1990 (Abmeldegrund Zeitablauf). Am 15.5.1990 erfolgte deren neuerliche Anmeldung mit gleich hoher Beitragsgrundlage. Die neuerliche Abmeldung datiert per 30.6.1990. Die ursprünglich erteilten Beschäftigungsbewilligungen umfaßten den Zeitraum von 1.4.1990 - 30.9.1990. Jede Beschäftigungsbewilligung enthält den Hinweis, daß sie mit Beendigung der bewilligten Beschäftigung erlischt. Die Firma NN Ges.m.b.H. beschäftigt seit Jahren ausländische Arbeitnehmer."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7. Dezember 1991 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge, nahm aber aus deren Anlaß eine Korrektur des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides vor, durch die einerseits ein Hinweis auf § 9 Abs. 1 VStG erfolgte und andererseits das AuslBG "in der anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 231/1988" zitiert wurde.

Zur Schuldfrage stellte die belangte Behörde nachstehenden Sachverhalt als erwiesen fest:

"Die NN Gesellschaft m.b.H. betreibt am Standort ... ein Gastgewerbe der Betriebsart Bar. Der Beschuldigte ist (alleiniger) handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft.

Die im Spruch der Berufungsbehörde genannten Ausländer wurden per 1.4.1990 mit einer monatlichen Beitragsgrundlage in Höhe von (je) S 6.000,-- als Angestellte der Bgld. Gebietskrankenkasse (an)gemeldet. Die über Antrag seitens des Arbeitsamtes N erteilten Beschäftigungsbewilligungen umfaßten den Zeitraum von 1.4.1990 - 30.9.1990. Die Abmeldung der Ausländer von der Sozialversicherung erfolgte per 30.4.1990. Als Abmeldegrund wurde der Gebietskrankenkasse "Zeitablauf" bekanntgegeben. Am 15.5.1990 wurden genannte Ausländer erneut mit (je) S 6.000,-- zur Sozialversicherung als Angestellte (an)gemeldet. Ihre neuerliche Abmeldung datiert per 30.6.1990."

Daraus leitete die belangte Behörde ab, der der Krankenkasse angegebene Abmeldegrund "Zeitablauf" lasse eindeutig auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund eines befristeten Dienstvertrages schließen. Diese Konstruktion von Arbeitsverträgen sei gerade bei Tänzern und Musikern wie im Beschwerdefall durchaus üblich. Dem Abmeldegrund "Zeitablauf" könne auch kein fortdauernder Wille, das Beschäftigungsverhältnis nach einer kurzen Unterbrechung wieder aufzunehmen, entnommen werden. Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers in seiner Berufung erscheine in Anbetracht der Anmeldungen zur Sozialversicherung und der dadurch entstandenen Verpflichtung zur Bezahlung von Sozialversicherungsbeiträgen gänzlich unglaubwürdig. Die NN Gesellschaft m.b.H. beschäftige schon seit Jahren Ausländer, außerdem enthalte jede (erteilte) Beschäftigungsbewilligung den Hinweis, daß sie mit Beendigung der bewilligten Beschäftigung erlösche.

Die Anwendung der §§ 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a, 3 Abs. 1 und 7 Abs. 6 AuslBG auf den festgestellten Sachverhalt ergebe zweifelsfrei, daß der Beschwerdeführer den objektiven Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretungen gesetzt habe. Auch sein Verschulden stehe fest. Schließlich sei auch die zutreffende Strafbemessung der BH zu bestätigen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer fühlt sich in seinem Recht beschwert, nicht nach den Bestimmungen des AuslBG schuldig erkannt und bestraft zu werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 13. Dezember 1991, G 294/91-5, ausgesprochen, daß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 verfassungswidrig war, und daß diese Vorschrift auch auf die derzeit (d.h. am 13. Dezember 1991, siehe dazu auch BGBl. Nr. 105/1992) beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Fälle nicht mehr anzuwenden sei. Die vorliegende Beschwerde ist erst im Jänner 1992 beim Verwaltungsgerichtshof angefallen, der vorliegende Beschwerdefall zählt daher nicht zu den Anlaßfällen gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG, sondern ist noch auf Grund der alten Rechtslage zu entscheiden.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung gemäß BGBl. Nr. 231/1988 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde.

Sowohl als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften als auch unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit macht der Beschwerdeführer insbesondere geltend, im angefochtenen Bescheid seien keine ausreichenden Feststellungen dahin getroffen worden, daß die vier Ausländer während der Tatzeit (15. Mai 1990 bis 30. Juni 1990) im Betrieb des Beschwerdeführers "beschäftigt" worden seien. Dieser Vorwurf ist indes schon deshalb unbegründet, weil der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren unbestritten gelassen hat, daß er die vier Ausländer für diese Zeit als Angestellte zur Sozialversicherung angemeldet hatte, und weil aus seinem eigenen Berufungsvorbringen hervorgeht, daß sie auch tatsächlich in seinem Betrieb tätig gewesen sind.

Der Beschwerdeführer verweist aber auch darauf, daß nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid Beschäftigungsbewilligungen für die Zeit vom 1. April 1990 bis zum 30. September 1990 ohnehin vorgelegen seien.

Die belangte Behörde hat sich dazu auf § 7 Abs. 6 AuslBG berufen, wonach Beschäftigungsbewilligungen mit Beendigung der bewilligten Beschäftigung erlöschen. Auf eine solche Beendigung der für die vier Ausländer bewilligten Beschäftigung hat die belangte Behörde aus dem - ebenfalls unbestritten gebliebenen - Umstand geschlossen, daß die vier Ausländer per 30. April 1990 wegen "Zeitablaufes" bei der Krankenkasse abgemeldet worden seien. Dieser Schluß ist indes - mag er auch durch die Untätigkeit des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren nahegelegt worden sein - nicht zwingend und hätte einer eingehenderen Prüfung des zugrunde liegenden Sachverhaltes bedurft.

Die Abmeldung des Ausländers von der Sozialversicherung als solche spricht nämlich noch nicht gegen die Annahme einer Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses und damit auch nicht gegen die weitere Wirksamkeit einer über das Abmeldedatum hinaus bereits erteilten Beschäftigungsbewilligung. Die Wirkung des § 7 Abs. 6 AuslBG tritt nicht schon dann ein, wenn bei gleichzeitiger Unterbrechung der Entgeltzahlung bloß die Erbringung der vereinbarten Arbeitsleistung für eine verhältnismäßig kurze Dauer unterbleibt und der Wille beider Vertragsteile auf die fortdauernde Rechtswirksamkeit des Beschäftigungsverhältnisses gerichtet ist. Arbeitsrechtlich stellt eine gegenüber dem zuständigen Sozialversicherungsträger abgegebene Abmeldungserklärung keinen dem Arbeitnehmer gegenüber wirksamen Rechtsgrund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar, wie dies etwa bei Entlassungs- oder Kündigungserklärungen oder beim Ablauf befristeter Arbeitsverträge zutrifft (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. März 1983, Zl. 81/01/0246, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Im Beschwerdefall lagen nach den Feststellungen der belangten Behörde einerseits Beschäftigungsbewilligungen für die vier Ausländer vor, die bis zum 30. September 1990 erteilt worden waren, andererseits Abmeldungen dieser vier Ausländer bei der Sozialversicherung, die nur den Zeitraum vom 1. bis zum 14. Mai 1990 umfaßten. Bei dieser Sachlage wären auf Grund der im Strafverfahren gegebenen amtswegigen Ermittlungspflicht ungeachtet des nicht kooperativen Verhaltens des Beschwerdeführers weitere Ermittlungen dahin erforderlich gewesen, warum es zu der vorübergehenden Abmeldung der vier Ausländer bei der Sozialversicherung gekommen ist und ob damit tatsächlich auch eine arbeitsrechtliche Beendigung der mit diesen vereinbarten, nach dem AuslBG bewilligten Beschäftigung beabsichtigt war. Es wäre Aufgabe der zur Erforschung der materiellen Wahrheit verpflichteten Behörde gewesen, konkrete Feststellungen über die im Beschwerdefall maßgebenden arbeitsvertragsrechtlichen Beziehungen zwischen dem Beschwerdeführer bzw. dessen Gesellschaft m.b.H. und den Ausländern zu treffen, bevor sie eine für die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers so weitreichende Schlußfolgerung ziehen durfte, wie sie dies im angefochtenen Bescheid getan hat.

Der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Sachverhalt erweist sich daher in einem entscheidungswesentlichen Punkt als ergänzungsbedürftig, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft überhöht geltend gemachte Stempelgebühren für den als Beilage vorgelegten angefochtenen Bescheid.

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