Normen
WRG 1959 §105 Abs1 litb;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §38;
WRG 1959 §105 Abs1 litb;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §38;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm die im Spruchabschnitt I des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 10. April 1991, Zl. Wa-216/13-1990, erfolgte Abweisung des Ansuchens um wasserrechtliche Bewilligung einer Gartenhütte und der im Spruchabschnitt II dieses Bescheides enthaltene Auftrag zur Beseitigung einer Thujenhecke bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Zweitbeschwerdeführerin erwarb im Sommer 1990 das rechtsufrig der X im Grünland gelegene Grundstück 248/30 KG A und die Beschwerdeführer errichteten auf diesem in der Folge konsenslos eine Gartenhütte und eine Einfriedung, bestehend aus Maschendrahtzaun und Thujenhecke.
Mit Bescheid vom 5. Dezember 1990 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. (BH) den Beschwerdeführern einen wasserpolizeilichen Alternativauftrag nach § 138 Abs. 2 WRG 1959, entweder bis 31. Jänner 1991 die Gartenhütte zu beseitigen oder unter Projektsvorlage um Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung anzusuchen. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
In der Folge suchten die Beschwerdeführer um wasserrechtliche Bewilligung der Gartenhütte an und erweiterten ihr Konsensbegehren in der Bewilligungsverhandlung vom 28. März 1991 auch hinsichtlich des Maschendrahtzaunes.
Mit Bescheid vom 10. April 1991 wies die BH im Spruchabschnitt I das Ansuchen der Beschwerdeführer um wasserrechtliche Bewilligung der Gartenhütte gemäß §§ 38 und 105 WRG 1959 ab und trug ihnen im Spruchabschnitt II (gestützt auf die §§ 38 und 138 WRG 1959) auf, bis längstens
30. September 1991 die Grundstückseinfriedung in Form eines Maschendrahtzaunes und einer Thujenhecke zu entfernen. Begründend wurde ausgeführt, die Anlagen lägen im 30jährlichen Hochwasserabflußbereich der X und seien daher nach § 38 Abs. 3 WRG 1959 wasserrechtlich bewilligungspflichtig; das Ansuchen um wasserrechtliche Bewilligung der Gartenhütte sei abzuweisen gewesen, da öffentliche Interessen, insbesondere wasserwirtschaftliche Gesichtspunkte, gegen eine Konsenserteilung sprächen; die erst in der mündlichen Verhandlung vom 28. März 1991 erfolgte Erweiterung des Konsensbegehrens hinsichtlich des Maschendrahtzaunes habe im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren nicht berücksichtigt werden können, da keine dem § 103 WRG 1959 entsprechende Unterlagen vorgelegt worden seien; die Einfriedung stelle sich als unerlaubte Neuerung dar, und es habe daher deren Beseitung aufgetragen werden müssen.
Die gegen diesen Bescheid durch die Beschwerdeführer erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab und erstreckte die Erfüllungsfrist bis 29. Februar 1992. Begründend führte sie aus, im Berufungsverfahren sei ein ergänzendes Gutachten eingeholt worden, das gegenständliche Grundstück liege im 30jährlichen Hochwasserabflußbereich, und es sei durch den Zaun eine erhebliche Beeinträchtigung des Hochwasserablaufes zu besorgen;
die Gartenhütte werde nach den gutächtlichen Stellungnahmen zwar im Überflutungsfall vom Hochwasser umströmt und sei nicht geeignet, die Hochwasserabflußverhältnisse spürbar zu ändern;
im Hinblick darauf, daß ein präventives Vorgehen geboten und zur Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung nicht unabdingbar eine konkrete erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer (§ 105 Abs. 1 lit. b WRG 1959) zu besorgen sein müsse, sei die belangte Behörde im öffentlichen Interesse zur Beseitigung des Zaunes berechtigt und verpflichtet gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Gegenstand hatte die belangte Behörde das Wasserrechtsgesetz in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 252/1990 anzuwenden.
Die vorliegende Beschwerde führt aus, daß eine anlagebedingte "erhebliche Beeinträchtigung" des Ablaufes der Hochwässer im Sinn des § 105 Abs. 1 lit. b WRG 1959 nicht vorliege, was auch durch die eingeholten Gutachten nicht bestätigt werde, in denen vielmehr auf die bloße Möglichkeit nachteiliger Einwirkungen auf die Hochwässerabflußverhältnisse hingewiesen worden sei; es hätte daher eine wasserrechtliche Bewilligung allenfalls unter entsprechenden Auflagen erteilt werden müssen; im übrigen stehe fest, daß "bei den derzeitigen Verhältnissen keine Beeinträchtigung des Hochwasserablaufes" vorliege. Auch sei das Beweisverfahren insofern mangelhaft geblieben, als der Nachweis, daß sich die Anlagen im wasserrechtlich relevanten Hochwasserabflußbereich befänden, nicht erbracht worden sei.
1. ZUR WASSERRECHTLICHEN BEWILLIGUNGSPFLICHT:
Nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 ist zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Die Bewilligung kann auch zeitlich befristet erteilt werden. Nach § 38 Abs. 3 erster Satz gilt als Hochwaserabflußgebiet das bei 30jährlichen Hochwässern überflutete Gebiet.
Im vorliegenden Fall hat der wasserbautechnische Amtssachverständige der Behörde erster Instanz in der Wasserrechtsverhandlung vom 28. März 1991 ausgeführt, daß das gegenständliche Grundstück Nr. 248/30 im 30jährlichen Hochwasserabflußbereich liege. Dies wurde durch den von der belangten Behörde beigezogenen hydrologischen Amtssachverständigen in seinem Gutachten vom 4. Juni 1991 dahin gehend ergänzt, daß anläßlich einer örtlichen Erhebung vom 27. Mai 1991 festgestellt worden sei, daß das Grundstück zur Gänze im rechtsufrigen Hochwasserabflußbereich der X liege. Daß sich das Grundstück nicht einmal im 30jährlichen Hochwasserabflußbereich befinde, behaupten die Beschwerdeführer
- ungeachtet eines derartigen Vorbringens auf Verwaltungsebene - in der Beschwerde nicht mehr. Die belangte Behörde ist daher nicht rechtswidrig vorgegangen, wenn sie
- gestützt auf diese Ausführungen - davon ausgegangen ist, daß die Anlagen (Gartenhütte und Einfriedung) jedenfalls im 30jährlichen Hochwasserabflußbereich liegen und daher wasserrechtlich bewilligungspflichtig sind.
2. ZUR VERSAGUNG DER WASSERRECHTLICHEN BEWILLIGUNG SOWIE
ZUM WASSERPOLIZEILICHEN BESEITIGUNGSAUFTRAG:
Die Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung bezieht sich allein auf die Gartenhütte (§ 38 WRG 1959). Dagegen umfaßte der wasserpolizeiliche Beseitigungsauftrag nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 den Maschendrahtzaun und die Thujenhecke.
Im vorliegenden Fall ist, was den Bestand der GARTENHÜTTE anlangt (da fremde Rechte der von den Beschwerdeführern beantragten wasserrechtlichen Bewilligung nach dem Stand der Akten nicht entgegenstehen), entscheidend, ob die angestrebte wasserrechtliche Bewilligung im öffentlichen Interesse versagt werden durfte. Gleiches gilt unter denselben Gesichtspunkten für den erteilten Beseitigungsauftrag.
Nach der im vorliegenden Fall von der belangten Behörde als maßgeblich erachteten Bestimmung des § 105 Abs. 1 lit. b WRG 1959 kann ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens dann als unzulässig angesehen oder nur unter entsprechenden Auflagen bewilligt werden, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer und des Eises oder der Schiff- oder Floßfahrt zu besorgen ist.
Zur Frage der Beeinträchtigung des Hochwasserabflusses durch den bereits errichteten MASCHENDRAHTZAUN hat der wasserbautechnische Amtssachverständige erster Instanz in der Wasserrechtsverhandlung vom 28. März 1991 ausgeführt, daß dieser im Hochwasserfall durch mitgeführte Äste und ähnliches verklausen und dadurch eine "erhebliche Abänderung des Hochwasserabflußbereiches bewirkt" werden könne. Ergänzend führte der hydrologische Amtssachverständige der belangten Behörde in seinem Gutachten vom 4. Juni 1991 aus, daß durch die Zaunführung, vor allem durch die Zäune an den Grundstückslängsseiten senkrecht zur Hochwasserströmungsrichtung, der Hochwasserabfluß ausgeuferter Hochwässer der X "wesentlich behindert" werde. Durch die Errichtung der Zäune quer zur Hochwasserabflußrichtung komme es insbesonders bei Verklausungen der Zäune zwangsläufig flußaufwärts davon zu einem Aufstau, sofern nicht die Zäune selbst zerstört würden. Je nach verbleibender Durchströmungsmöglichkeit der Zäune komme es zu einer mehr oder minder großen Abdrängung der bisher rechtsufrig abgeflossenen Hochwassermengen zum Flußschlauch bzw. zum gegenüberliegenden linksufrigen Hochwasserabflußbereich, wodurch "schädliche Auswirkungen zu befürchten" seien. Die belangte Behörde ist daher nicht rechtwidrig vorgegangen, wenn sie aufgrund dieser - die konkrete Besorgnis einer erheblichen Beeinträchtigung des Hochwasserabflusses artikulierenden - gutachtlichen Stellungnahmen davon ausgegangen ist, daß der Maschendrahtzaun nicht bewilligt werden kann, und insoweit den erstinstanzlichen Beseitigungsauftrag bestätigt hat.
Insoweit erweist sich daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet.
Dagegen bieten die gutachtlichen Stellungnahmen keine Grundlage dafür, allein auf sie gestützt, die GARTENHÜTTE nicht gemäß § 38 WRG 1959 zu bewilligen und die THUJENHECKE als nicht bewilligungsfähige und gemäß § 105 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 138 Abs. 1 WRG 1959 zu beseitigende Neuerung zu qualifizieren. Übereinstimmend haben die Amtssachverständigen ausgeführt, daß die GARTENHÜTTE im Überflutungsbereich zwar "von Hochwässern umströmt" werde, dies sei jedoch nicht geeignet, "die Hochwasserabflußverhältnisse spürbar zu ändern". Desgleichen habe auch die THUJENHECKE in der derzeitigen Größe "noch keinen spürbaren Einfluß auf die Hochwasserabflußverhältnisse".
Die Amtssachverständigen wandten sich - ungeachtet der vorstehend wiedergegebenen Aussagen - gegen den Bestand einer Gartenhütte und der Thujenhecke, weil negative Erfahrungen an anderen Gewässern zeigten, "daß es durch Summenwirkung derartiger Eingriffe zusammen mit Beispielsfolgen und begleitenden Maßnahmen (Zäune, Anschüttungen etc.) zu gravierenden Änderungen der Hochwasserabflußverhältnisse kommen ... und negative Einflüsse auf Gewässerbett und Hochwasservorländer entstehen" könnten. Die belangte Behörde hat - ohne nähere Begründung - ein derartiges "präventives Vorgehen zum Schutz des Wassers bzw. Schutz vor dem Wasser" als "im Interesse des Gesetzgebers der WRG-Novelle 1990" erachtet und ausgeführt, daß aufgrund der Textierung des § 105 Abs. 1 lit. b WRG 1959 "nicht unabdingbar eine konkrete erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer zu besorgen sein" müsse.
Damit verkennt jedoch die belangte Behörde die Rechtslage. Abgesehen davon, daß die WRG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252, diese Bestimmung nicht geändert hat, bietet das Gesetz keine Grundlage für die Versagung einer beantragten wasserrechtlichen Bewilligung bzw. den Auftrag zur Beseitigung einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung allein aus präventiven Gründen. Vielmehr ist eine auf § 105 Abs. 1 lit. b WRG 1959 gestützt Versagung nur dann auszusprechen, wenn die KONKRETE Besorgnis einer erheblichen Beeinträchtigung des Hochwasserablaufes vorliegt (vgl. hiezu die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1984, Zl. 83/07/0224).
Da die belangte Behörde somit rechtsirrtümlich davon ausgegangen ist, die im Verwaltungsverfahren erzielten Ermittlungsergebnisse reichten für eine Abweisung des Bewilligungsansuchens betreffend die Gartenhütte sowie zur Erlassung eines wasserpolizeilichen Beseitigungsauftrags hinsichtlich der Thujenhecke aus, hat sie den angefochtenen Bescheid insoweit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Der Bescheid war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft einen nicht erkennbar entstandenen Aufwand.
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