VwGH 92/05/0059

VwGH92/05/005915.9.1992

Der VwGH hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde 1.) des GN und 2.) der EN in X, beide vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Krnt LReg vom 29. 1. 1992, Zl. 8 BauR2-29/2/1992, betreffend Erteilung einer Bewilligung sowie Enteignung nach dem Kärntner Straßengesetz 1991 (mP: Land Kärnten (Landesstraßenverwaltung) in Klagenfurt), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
LStG Krnt 1991 §11;
LStG Krnt 1991 §36 Abs1 lita;
LStG Krnt 1991 §38 Abs2;
StGG Art5;
VwRallg;
AVG §8;
LStG Krnt 1991 §11;
LStG Krnt 1991 §36 Abs1 lita;
LStG Krnt 1991 §38 Abs2;
StGG Art5;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer zusammen haben dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 14.155,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 29. Jänner 1992 wurde dem Mitbeteiligten unter Berufung auf die §§ 11 und 57 des Kärntner Straßengesetzes 1991 die Bewilligung zur Durchführung des Straßenbauvorhabens über den Ausbau der L 46 Teuchen Straße, Baulos Nr. 210291 "Winkelbauerbrücken I und II, Sauerwaldbrücke", km 3,04 - km 4,92, im Bereiche der Gemeinde Arriach erteilt. Gleichzeitig wurden unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 36 bis 38 leg. cit. Teile von Liegenschaften, u.a. solche, die sich im Eigentum der Beschwerdeführer befinden, zum Zwecke des erwähnten Ausbaues dieser Landesstraße zugunsten des öffentlichen Gutes des Landes Kärnten (Landesstraßenverwaltung) enteignet.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

§ 11 des Kärntner Straßengesetzes 1991, LGBl. Nr. 72,

lautet:

"Bewilligung von Straßenherstellungen

(1) Die Straßenverwaltung (§ 61 Abs. 1) bedarf zur Herstellung (§ 6) öffentlicher Straßen einer Bewilligung der Straßenbehörde (§ 57). Dies gilt nicht für Straßenverbesserungen geringfügiger Art. (2) Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn die beabsichtigte Herstellung dem Verkehr gerecht wird und auf das Landschafts- und Ortsbild Bedacht nimmt.

(3) Entspricht die beabsichtigte Herstellung den Voraussetzungen des Abs. 2 nicht, so sind diese Voraussetzungen durch Auflagen zu schaffen. Durch diese Auflagen dürfen die beabsichtigten Straßen in ihrem Wesen nicht verändert werden.

(4) Sind die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht gegeben und können sie durch Auflagen nicht geschaffen werden, so ist die Bewilligung zu versagen.

(5) Der Erteilung der Bewilligung hat ein Augenschein vorauszugehen."

Zufolge § 36 Abs. 1 lit. a leg. cit. kann das Eigentum an Liegenschaften, die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung oder Aufhebung dinglicher Rechte an solchen im Wege der Enteignung von der Straßenverwaltung für die Herstellung und Erhaltung der öffentlichen Straßen (§ 4) in Anspruch genommen werden. Gemäß § 38 Abs. 2 leg. cit. entscheidet über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung bei Landesstraßen die Landesregierung.

Mit Rücksicht auf den in der Beschwerde genannten Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) ist zunächst festzuhalten, daß sich für die Beschwerdeführer aus den eben wiedergegebenen Bestimmungen des § 11 des Kärntner Straßengesetzes 1991 keine subjektiv-öffentlichen Rechte ableiten lassen, sodaß sie durch die mit dem angefochtenen Bescheid gegenüber dem Land Kärnten erteilte Bewilligung zur Durchführung des in Rede stehenden Straßenbauvorhabens nicht in ihren Rechten verletzt sein können. Allerdings können die Beschwerdeführer als Enteignete sowohl hinsichtlich der Notwendigkeit als auch der Zweckmäßigkeit der Straßenführung ihre Einwendungen im Enteignungsverfahren geltend machen. Daß § 36 Abs. 1 lit. a leg. cit. die Voraussetzungen nicht besonders nennt, kann nichts daran ändern, daß eine Enteignung nur dann durch das allgemeine Wohl gerechtfertigt ist, wenn ein konkreter Bedarf gegeben ist, dessen Deckung im öffentlichen Interesse liegt, das Objekt der Enteignung überhaupt geeignet ist, diesen Bedarf zu decken, und der Bedarf anders als durch Enteignung nicht gedeckt werden kann (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. April 1986, Zl. 85/06/0162, und die darin zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes).

Der Gerichtshof hat daher zu prüfen, ob unter diesen Gesichtspunkten durch die Enteignung von Grundstücken der Beschwerdeführer deren Rechte verletzt worden sind.

Der Erstbeschwerdeführer hat bei der im Gegenstand abgehaltenen örtlichen Verhandlung entsprechend dem Wortlaut der bei dieser Gelegenheit aufgenommenen Niederschrift - auch im Namen der Zweitbeschwerdeführerin - nachstehende Erklärung abgegeben:

"1. Der im Bereich der alten Trasse freiwerdende Landesstraßengrund soll nach Fertigstellung der neuen Trasse an mich käuflich veräußert werden. Ich leite den Anspruch auf den käuflichen Erwerb dieser Grundflächen aus dem Umstand ab, daß diese Grundflächen seinerzeit in meinem Eigentum gestanden sind und dann für Zwecke des Straßenbaues abgetreten werden mußten.

2. Die Zufahrt im Bereiche des Gehöftes B soll entgegen dem eingereichten Projekt nicht anbindend an den derzeitigen Weg, sondern so steil als möglich von der neuen Trasse bis zur Brücke geführt werden.

3. Für den Fall der Errichtung von Parkplätzen durch die Gemeinde Arriach im Bereich des Hauses K verlange ich den Entfall des im gegenständlichen Projekt vorgesehenen Gehsteiges (ca. Profil 10 bis Profil 15 links).

Ich bin mit den vom gerichtlich beeideten unparteiischen Sachverständigen ermittelten Entschädigungsbeträgen sowie den einvernehmlich festgesetzten Auflagen und Festhaltungen einverstanden.

Ich spreche mich allerdings gegen das gegenständliche Straßenbauvorhaben im Sinne des eingereichten Projektes aus, da ich insbesondere gegen die im derzeitigen Projekt enthaltene Einbindung im Bereiche des Gehöftes B bin. Ich verlange die Realisierung der Einbindung in diesem Bereiche wie sie im ursprünglichen Projekt vorgesehen war und auf das ich mich in meiner Stellungnahme an die Gemeinde Arriach vom 3. 4. 1990 bezogen habe.

Sollte dieser Punkt erfüllt werden, stimme ich dem vorliegenden Projekt vollinhaltlich zu."

Mit dieser Erklärung haben die Beschwerdeführer nicht zu erkennen gegeben, daß ihrerseits Bedenken gegen die Notwendigkeit der Durchführung des Straßenbauvorhabens bestehen, und haben sohin insbesondere auch nicht den Ausführungen des in der Verhandlungsschrift erwähnten "Technischen Berichtes" vom 4. November 1991 widersprochen, wonach "Veranlassung zum Ausbau" der gegenständlichen "Teilstrecke die viel zu geringe Fahrbahnbreite sowie das Fehlen einer entsprechenden Fahrbahnkonstruktion ist", und die "in diesem Abschnitt befindlichen Brücken nur eine Tragfähigkeit von 14 to aufweisen". Ferner sind die Beschwerdeführer der bei der Verhandlung vom straßenbautechnischen Amtssachverständigen vertretenen und der Begründung des angefochtenen Bescheides zugrunde gelegten Auffassung nicht entgegengetreten, daß die erwähnte Landesstraße die Verbindung zwischen der Millstätter und der Turracher Bundesstraße bilde und "durch den Ausbau der Aufstiegshilfen von Klösterle auf die Gerlitzen besonders in den Wintermonaten ein vermehrtes Verkehrsaufkommen eingetreten ist, welches den Ausbau unbedingt erfordert". In dieser Hinsicht sind daher keine Rechte der Beschwerdeführer verletzt worden.

Auch gegen die Zweckmäßigkeit der Straßenführung, insbesondere im Bereich ihrer Liegenschaften, haben die Beschwerdeführer mit der vorstehend wiedergegebenen Erklärung keine konkreten Einwendungen erhoben, sondern lediglich gemeint, daß sie "die Realisierung der Einbindung in diesem Bereich" entsprechend dem ursprünglichen Projekt verlangen, womit sie nicht aufgezeigt haben, inwiefern die im genehmigten Projekt vorgesehene "Einbindung im Bereich des Gehöftes B" unzweckmäßig sein soll. Der straßenbautechnische Amtssachverständige hat zu diesem Vorbringen der Beschwerdeführer ausgeführt, daß die in Rede stehende "Einbindung der Feldwegzufahrt zwischen Bauprofil 9 und 10 im Detailprojekt umgeplant wurde, da eine annähernd senkrechte Zufahrt nur bei Realisierung der Parkplätze verkehrstechnisch sinnvoll gewesen wäre. Die gegenständliche Planung ergibt die geringstmögliche Grundinanspruchnahme unter Beibehaltung des bestehenden Weges und nimmt Bedacht auf die Hauptverkehrsbeziehung. Vom Standpunkt des straßenbautechnischen Sachverständigen wird gegen die projektsmäßige Ausführung kein Einwand erhoben. Die Grundinanspruchnahme für das gegenständliche Bauvorhaben ist daher im vollen Umfange gerechtfertigt."

Die Beschwerdeführer sind dieser Auffassung des Sachverständigen während des Verwaltungsverfahrens trotz hiezu gebotener Gelegenheit nicht entgegengetreten, weshalb die belangte Behörde ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften davon ausgehen durfte, daß gegen das in der Folge genehmigte Projekt insbesondere in bezug auf die erwähnte Einbindung im Bereiche der Liegenschaften der Beschwerdeführer auch unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit keine Bedenken bestehen.

Im übrigen hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend darauf hingewiesen, daß den Liegenschaftseigentümern im Grundeinlöseverfahren grundsätzlich kein Anspruch auf Inanspruchnahme einer größeren Grundfläche zur Realisierung ihrer Wünsche zustehe, wenn im eingereichten Projekt ohnehin die geringstmögliche Grundinanspruchnahme angestrebt werde. Im vorliegenden Fall würde aber gerade die Realisierung des Wunsches der Beschwerdeführer mehr Grund in Anspruch nehmen als die projektsgemäße Ausgestaltung der Zufahrt. Ergänzend dazu hat die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift unwidersprochen ausgeführt, daß der gewählten Form der Einbindung auch aus straßenbautechnischen Gründen der Vorzug zu geben sei, weil sich zum einen aus dem geplanten Verlauf der neuen Trasse ein Zwangspunkt für die Einbindung ergebe, da eine möglichst harmonische Einbindung erreicht werden soll (schließlich diene diese Einbindung Landwirten zum Abtransport von Holz von über dem Arriachbach gelegenen Waldgrundstücken, weshalb auf das Einfahren von Langgutfuhren in die Teuchen Straße Bedacht zu nehmen sei), und zudem sei diese Einbindungsform bereits derzeit in der Natur vorhanden. Zum anderen ergebe sich ein Zwangspunkt aus der Anbindung des Wirtschaftsweges an die Brücke über den Arriachbach, der bei einer rechtwinkeligen Einbindung zu einem Eck in der Wegtrasse führen würde. Das Argument der vermehrten Grundinanspruchnahme durch die projektsgemäße Einbindung im Beschwerdevorbringen gehe insofern ins Leere, als dabei übersehen werde, daß die rechtwinkelige Einbindung eine völlige Neuanlegung (Kostenfaktor im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot) des Wirtschaftsweges bedinge, wodurch sich aber auch entgegen dem Beschwerdevorbringen gerade ein vermehrter Grundbedarf ergebe. Die projektsgemäße Einbindung hingegen benötige zusätzliche Grundflächen nur im Bereich der Verlängerung von der bereits bestehenden Trasse des Wirtschaftsweges bis zur neuen Trasse der Teuchen Straße.

Ungeachtet der in der Beschwerde - übrigens entgegen dem aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitenden Neuerungsverbot - erstmals vorgetragenen diesbezüglichen Erwägungen sprechen daher gewichtige Argumente für die genehmigte Einbindung in dem in Rede stehenden Bereich der projektierten Landesstraße.

Der von den Beschwerdeführern bei der mündlichen Verhandlung geltend gemachte "Anspruch auf den käuflichen Erwerb" des im Bereich der alten Trasse freiwerdenden Straßengrundes steht weder mit der Notwendigkeit noch mit der Zweckmäßigkeit des bewilligten Straßenbauvorhabens in einem Zusammenhang, weshalb diesen Erwägungen der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides keine Bedeutung zukommt.

Ob die belangte Behörde bei der Bewilligung des vorliegenden Straßenbauvorhabens auf das Orts- und Landschaftsbild "Bedacht genommen" hat, war in Ermangelung eines diesbezüglichen Mitspracherechtes der Beschwerdeführer nicht zu erörtern.

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß durch den angefochtenen Bescheid keine Rechte der Beschwerdeführer verletzt worden sind, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Damit erübrigte sich eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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