Normen
GewO 1973 §80 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §81 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §80 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §81 Abs1 idF 1988/399;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 16. Dezember 1991 wurde der mitbeteiligten Partei die Genehmigung zur Änderung der Betriebsanlage Bauhof in der Sandgrube in X bei R, genehmigt mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 14. Oktober 1958, bestehend aus einem langgestreckten Gebäude (umfassend einen großen und einen kleineren Arbeitsraum) und der Verwendung einer Schleifmaschine (Antrieb E-Motor mit ca. 3,5 PS) und einer Handschleifmaschine, in Form a) der flächenmäßigen Erweiterung des Betriebsareals, b) einer gebäude- und anlagenmäßigen Erweiterung um eine Betriebstankstelle, zwei Lagerschuppen, einen Waschplatz für Kraftfahrzeuge, einen Zubau an das bestehende Werkstättengebäude und c) der Hinzunahme und des Einsatzes von Maschinen und Geräten nach Maßgabe der einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Projektsunterlagen unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen erteilt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer nach ihrem gesamten Vorbringen in den aus der Gewerbeordnung erfließenden Nachbarrechten verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringen die Beschwerdeführer zusammengefaßt vor, die belangte Behörde habe die von der in Rede stehenden Betriebsanlage ausgehenden und auf die Beschwerdeführer einwirkenden Immissionen unzutreffend ermittelt und deren Auswirkungen auf die Beschwerdeführer hinsichtlich Gesundheitsgefährdung und Zumutbarkeit unrichtig beurteilt.
Die Beschwerde erweist sich aufgrund folgender Überlegungen als berechtigt:
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 dürften gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Ziffern 1 bis 5 genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen zu verursachen.
Nach § 77 Abs. 1 leg. cit. ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1973 auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.
Veränderungsmaßnahmen an einer bestehenden Betriebsanlage stellen nur dann eine nach der zuletzt zitierten Gesetzesstelle zu beurteilende Änderung dar, wenn zwischen ursprünglicher und geänderter Anlage ein örtlicher und sachlicher Zusammenhang besteht. Es ist daher eine Gesamtumwandlung der Anlage unter Wegfall dieses Zusammenhanges nicht als Änderung im Sinne des § 81 leg. cit. anzusehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1987, Zl. 86/04/0118).
Aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakten ergibt sich, daß die in Rede stehende Betriebsanlage im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 14. Oktober 1958, welcher von der belangten Behörde als der bis heute unverändert aufrecht gebliebene Ursprungskonsens angesehen wird, als Betriebsanlage zur Ausübung des "Kunststeinerzeugungsgewerbes" bezeichnet wird, während im angefochtenen Bescheid die geänderte Betriebsanlage als "Bauhof" bezeichnet wird.
Auf dieser Aktengrundlage vermag der Verwaltungsgerichtshof ohne ergänzende Feststellungen nicht zu beurteilen, ob der oben dargestellte erforderliche sachliche Zusammenhang zwischen ursprünglicher und geänderter Betriebsanlage besteht und ob daher der vorliegende Sachverhalt tatsächlich als Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage im Sinne des § 81 GewO 1973 angesehen werden kann.
Abgesehen davon setzt ein Abspruch nach § 81 Abs. 1 leg. cit. voraus, daß für die zu ändernde Betriebsanlage eine weiterhin aufrechte, also noch nicht erloschene gewerberechtliche Genehmigung besteht (vgl. das oben zitierte hg. Erkenntnis Zl. 86/04/0118).
Gemäß § 80 Abs. 1 GewO 1973 erlischt die Genehmigung der Betriebsanlage, wenn der Betrieb der Anlage nicht binnen drei Jahren nach erteilter Genehmigung in zumindest einem für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Anlage aufgenommen oder durch mehr als drei Jahre in allen für die Erfüllung des ordentlichen Zwecks wesentlichen Teilen der Anlage unterbrochen wird.
Zur Vermeidung der Rechtsfolge des § 80 Abs. 1 leg. cit. ist es erforderlich, daß die Anlage innerhalb der im Gesetz genannten Frist wenigstens in einem wesentlichen Teil KONSENSGEMÄSZ betrieben wurde (vgl. das noch im zeitlichen Geltungsbereich der Gewerbeordnung 1973 in ihrer Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, ergangene hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 1985, Zl. 85/04/0032; diese Rechtslage hat durch die Neufassung des § 80 Abs. 1 GewO 1973 durch die Gewerberechtsnovelle 1988 keine Änderung erfahren).
Der erstbehördliche Genehmigungsbescheid vom 20. November 1990 enthält den in diesem Zusammenhang bedeutsamen Hinweis, daß an der ursprünglich genehmigten Anlage - die, wie bereits ausgeführt, ursprünglich als Betrieb zur Kunststeinerzeugung genehmigt wurde und die an maschineller Ausstattung lediglich eine mit Elektromotor betriebene Schleifmaschine und eine Handschleifmaschine aufwies - "in flächen-, anlagen-, maschinen- und gerätemäßiger Hinsicht Änderungen erfolgt sind".
Ungeachtet der eingangs behandelten Frage des Vorliegens eines Änderungstatbestandes nach § 81 Abs. 1 GewO 1973 läßt dieser von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt auch nicht erkennen, ob unter dem Gesichtspunkt des § 80 Abs. 1 GewO 1973 die für die in Rede stehende Betriebsanlage mit Bescheid vom 14. Oktober 1958 erteilte gewerbebehördliche Genehmigung im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch aufrecht und damit das für eine Änderungsgenehmigung nach § 81 Abs. 1 GewO 1973 erforderliche Tatbestandsmerkmal einer genehmigten Betriebsanlage gegeben war.
Aus den dargelegten Gründen erweist sich der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt als in wesentlichen Punkten als ergänzungsbedürftig. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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