VwGH 92/03/0020

VwGH92/03/002020.5.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Leukauf, Dr. Sauberer und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des J in P, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. November 1991, Zl. VI/4-J-179, betreffend Wildfütterung, zu Recht erkannt:

Normen

JagdG NÖ 1974 §87 Abs2;
JagdRallg;
JagdG NÖ 1974 §87 Abs2;
JagdRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 28. Mai 1991 wurde für die Jagdjahre 1991 und 1992 im Eigenjagdgebiet Z bei den Rotwildfütterungen die Vorlage aller Futterarten mit Ausnahme von Rauhfutter (Heu) und Grassilagen gemäß § 87 Abs. 2 Z. 1 und 4 des NÖ Jagdgesetzes 1974, LGBl. 6500-8 (NÖ JG) verboten. Gleichzeitig wurde vorgeschrieben, daß die im Jagdgebiet vorhandenen Rehwildfütterungen rotwildsicher (Lattenabstand maximal 19 cm) zu umfrieden sind.

Jagdausübungsberechtigter in diesem Eigenjagdgebiet ist der Beschwerdeführer. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, der Behörde sei auf Grund von Beschwerden von Waldeigentümern seit längerem bekannt, daß in den Rotwildrevieren der Hegeringe A, H und F im verstärkten Ausmaß Schälschäden an Waldkulturen auftreten, die auf die Einwirkung von Rotwild zurückzuführen seien. Im Jänner 1991 seien von einem Forstorgan der Behörde im Eigenjagdgebiet der Gutsverwaltung R in T auf einer Fläche von ca. 3 ha Schälschäden in einem durchforsteten Bestand an 500 bis 600 Stämmen festgestellt worden, die ein bestandsgefährdendes und somit waldverwüstendes Ausmaß im Sinne der forstrechtlichen Bestimmungen aufgewiesen hätten. Der Umfang dieser Schäden sei fotografisch dokumentiert. Gleichartige und ähnliche Schäden seien aber auch aus anderen Rotwildgebieten dieses Hegeringes bekannt geworden. Im Hegering H seien seit Jahren umfangreiche Schäden auf landwirtschaftlichen Kulturflächen (Äckern, Wiesen) festgestellt worden, die auf den Äsungsdruck hoher Populationsziffern des Rotwildes zurückzuführen seien und vor allem im Frühjahr beim ersten Grün der Wiesen und der jungen Saaten zu spürbaren Ernteausfällen (Grünfutter und Heu) bzw. bei der Ackerfrucht zum Erfordernis eines weiteren Anbaues und zu späteren Mindererträgen führten. Diese Äsungsschäden hätten die Landwirtschaft im Schadensbereich bewogen, die geschädigten Flächen (Wiesen und Äcker) mit Elektrozäunen gegen das Eindringen von Rotwild zu schützen, ein Umstand, der zu einer weiteren Einengung des Lebensraumes dieses Wildes und zur Schadensintensivierung auf ungeschützten Flächen führe. Diese gebietsweisen Schadensmassierungen seien nach Ansicht des Bezirksjagdbeirates überwiegend darauf zurückzuführen, daß das Rotwild in seinem Lebensraum im Verwaltungsbezirk X sowohl zeitlich als auch örtlich und nach der Zusammensetzung der Futtergaben häufig divergierend und nicht artgerecht gefüttert werde. So gebe es sogenannte Lock- und Reizfütterungen, bei denen hohe Gaben von qualitativ hochwertigem Futter, wie z.B. Kraftfutter, Rüben, Karotten und dergleichen, vorgelegt würden. Auch der Umstand, daß in einzelnen Revieren nicht durchgehend gefüttert werde, oder daß dort qualitativ minderwertigere Futterarten vorgelegt würden, bewirke eine Art "Fütterungstourismus" des Rotwildes und führe so zu einer völlig ungleichartigen Äsungs- und Schadensbelastung des Lebensraumes, weil die Aufnahmekapazität des Biotopes durch das Wild nicht genutzt werde. Aus der Ernährungsphysiologie des Rotwildes (Literatur dazu von Dr. Wölfel, Universität Göttingen, und von Univ.Prof. Dr. Onderschecka, Institut für Wildtierforschung in Wien, Broschüre "Wildtierernährung-Wildschaden") sei bekannt, daß das Rotwild, wie auch andere Wiederkäuer, für seinen Verdauungsvorgang (das Nachdrücken) Futterarten benötige, die hohe Rohfaseranteile enthalten. Weder Rüben noch Karotten oder Kraftfutter besäßen solche Rohfasern in ausreichendem Maß. Werde das Rotwild mit derartigen Futterarten gefüttert, dann müsse es die für seinen Verdauungsvorgang erforderlichen Faseranteile substituieren. Die für das Wild leichteste und geeignetste Art, zu diesen Faseranteilen zu kommen, bestehe im Schälen der Baumrinde, weil die Rinde hohe Faseranteile enthalte. Derartige Fütterungsarten seien daher in hohem Maße mitverantwortlich für das Entstehen der in der Forstwirtschaft besonders gefürchteten "Schälschäden". Weil das Rotwild in der Notzeit des Winters seine Lebensaktivität stark reduziere, sei in dieser Zeit das Vorhandensein qualitativ besonders hochwertigen Futters nicht erforderlich, daher ernährungsphysiologisch eher schädlich (vgl. die Ausführungen von Dr. Karoline Schmidt, St. Hubertus 3/1991). Für eine Fütterung des Rotwildes sei in Notzeiten daher aus biologischer und ernährungsphysiologischer Hinsicht lediglich das Vorhandensein von Futter mit Rohfaseranteilen, wie dies beim Rauhfutter (Heu) der Fall sei, erforderlich. Der Bezirksjagdbeirat X habe die jagdfachliche Ansicht vertreten, daß die auf das Rotwild zurückzuführende Schadenssituation im gesamten Lebensbereich des Rotwildes im Verwaltungsbezirk X Maßnahmen erfordere, die vor allem die Fütterung betreffen müßten. Er sei insbesondere der Meinung, daß in allen Rotwildbiotopen des Verwaltungsbezirkes X solche, im wesentlichen gleichartige, Fütterungsverhältnisse geschaffen werden sollten. Dadurch soll erreicht werden, daß in allen Rotwildrevieren des Lebensraumes dieses Wildes im Verwaltungsbezirk X gleichartige Lebens- und Fütterungsverhältnisse geschaffen werden, die sodann zu einer gleichmäßigen Lebensraumnutzung durch das Rotwild führen, weil damit die auf divergierenden Fütterungen beruhenden Massierungsanreize dieser Wildart dann nicht mehr gegeben wären. Bei der Begehung von Revieren der durch diese jagdwirtschaftlichen Maßnahmen betroffenen Jagdausübungsberechtigten habe sich herausgestellt, daß bei keinem Rotwildrevier äsungs- und biotopsbedingte Umstände vorhanden gewesen seien, die es zulassen würden, daß das Revier aus der generellen Fütterungsregelung ausgeklammert werden könnte, weil eine solche Maßnahme den Erfolg der gesamten Regelung in Frage stellen würde. Die Behörde sei daher zur Ansicht gelangt, daß es im Interesse der durch das Rotwild geschädigten und gefährdeten Land- und Forstwirtschaft im Verwaltungsbezirk X unbedingt erforderlich erscheine, alle Futterarten für diese Wildart bis auf Rauhfutter und Grassilagen zu verbieten. Die rotwildsichere Umfriedung der Futterstellen des Rehwildes sei vorzuschreiben gewesen, um den Erfolg der Rotwildfütterungsregelung nicht zu gefährden.

Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer eingebrachte Berufung wies die Niederösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom 27. November 1991 ab. Sie bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid und legte in der Begründung ihres Bescheides dar, es sei auf Grund der Berufung ein Gutachten eines jagdfachlichen Amtssachverständigen eingeholt worden, der folgendes ausgeführt habe:

"In der Berufung wird angeführt, daß im gg. Jagdgebiet keine Wildschäden vorhanden sind. Das Revier ist dem Unterfertigten bekannt, da er ein Jahr als Bezirksforsttechniker in X tätig war. Aufgrund eigener Erhebungen kann bestätigt werden, daß in dieser Zeit keine neuen Schälschäden, jedoch im ganzen Revier Verbißschäden angetroffen wurden, wobei insbesondere der selektive Verbiß von Laubholz gerade auf diesen Flächen, wo es am nötigsten ist, vorkommt. In den direkt angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen wurden von der Agrarbezirksbehörde Erhebungen bezüglich Wildschäden auf Wiesen durchgeführt. Bei diesen Erhebungen zeigt sich durch alle Jahre hindurch, daß erhebliches Abäsen der Wiesen stattfindet. Hiebei wurden Probezäunungen durchgeführt. Die übrige Feldfrucht wurde praktisch zur Gänze abgeäst, sodaß keine Ernte mehr möglich war. Die Wildschäden im Wald, die durch Verbiß entstehen, sind zwar nicht leicht erkennbar, in ihrer Wirkung jedoch gerade auf den dortigen seichtgründigen Böden besonders schlimm, da gerade diese Böden bei einseitiger Bewirtschaftung stark zu Erosion neigen.

Die Frage der Fütterungsarten wird von verschiedenen Autoren ganz unterschiedlich behandelt. Übereinstimmend wird jedoch festgestellt, daß die Vorlage von Kraftfutter keinesfalls als artgerecht anzusprechen ist.

Betrachtet man nun die in der Berufung angeführten Futtermittel Rübe und Mais, so wird hiezu festgestellt, daß im Bereich westlich der Südautobahn des Bezirkes X keine Rübe angebaut wird. Mais ist bekanntlich eine aus Amerika importierte Pflanze und kommt in diesem Gebiet erst in den letzten Jahren fallweise vor. Wenn nun Rotwild artgerecht gefüttert werden soll, so hat sich die Fütterung auf die im betroffenen Gebiet vorkommenden Pflanzen - und zwar diejenigen, die hier natürlich vorkommen - zu beschränken. Bietet man andere Pflanzen an, so kommt es zur Massierung durch den Anlockeffekt dieser Futterarten und in weiterer Folge zu verstärkten Schäden. Am ehesten soll man die in der Natur vorkommenden Pflanzen vorlegen, wobei man als Richtschnur die natürlichen Äsungsverhältnisse, wie sie vor dem Eingriff des Menschen bestanden haben, als Muster nehmen sollte. Viel wichtiger ist jedoch die Frage der Fütterungsstandorte und vor allem der Gleichartigkeit des vorgelegten Futters sowie der gleiche Fütterungsbeginn und das gleiche Fütterungsende. Gerade diesen Gedanken wurde im Bezirk X gefolgt.

Die Befürchtung der Änderung der Fütterung wird nur insofern geteilt, daß eine radikale Abänderung der Fütterung innerhalb der Fütterungsperiode zu solchen schweren Schäden führen kann. Gerade durch die rechtzeitige Erlassung des Bescheides ist dies aber während der Fütterungsperiode nicht zu erwarten. Viel gravierender ist dagegen ein Unterbrechen der Fütterung, wie es meist nach Beendigung der Schußzeit erfolgt.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, daß entgegen der Berufung sehr wohl in den angrenzenden Jagdgebieten und auch im eigenen gravierende Wildschaden vorhanden sind, die dringendst hintangehalten werden müssen. Der durch die Bezirkshauptmannschaft X eingeschlagene Weg einer gleichartigen Fütterung im gesamten Gebiet scheint daher sachlich durchaus richtig und befolgenswert."

Der Landesjagdbeirat habe sich - so wird in der Begründung des Bescheides weiters ausgeführt - in der Sitzung vom 4. September 1991 dem Gutachten angeschlossen. Auf Grund der Aktenlage sei davon auszugehen, daß bereits erhebliche Schäden durch Rotwild an land- und forstwirtschaftlichen Kulturen im Verwaltungsbezirk X eingetreten seien. Dies werde unter anderem auf eine verschiedenartige und nicht artgerechte Fütterung zurückgeführt. Die Erstbehörde habe die gleiche Regelung wie für das gegenständliche Jagdgebiet für sämtliche Rotwildreviere getroffen. Dagegen sei nur von wenigen Jagdausübungsberechtigten berufen worden, sodaß die Anordnungen für alle anderen Reviere bereits verbindlich geworden seien. Das gegenständliche Revier weise eine Größe von 321 ha auf. Als bekannt könne vorausgesetzt werden, daß das Rotwild einen über dieses Flächenausmaß hinausgehenden Lebensraum benötige. Es seien daher die schlüssigen Ausführungen des Amtssachverständigen, daß der einheitlichen Fütterung eine besondere Bedeutung zukomme, zutreffend. Es bedürfe keiner besonderen jagdfachlichen Kenntnisse, um zu verstehen, daß bei verschiedenartiger Fütterung das vom Rotwild besonders bevorzugte Futter dieses auf kleinen Raum anlocke und es in der Folge zu einer Massierung führe. Mit der Anlockung und Massierung des Rotwildes auf kleinem Raum würden mit größter Wahrscheinlichkeit nachteilige Auswirkungen insbesondere auf die Forstkulturen geschaffen. Die Erstbehörde habe die von ihr in ihrem Bescheid angeführten wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt, wonach das Rotwild Futter mit hohem Rohfaseranteil benötige. Ein hoher Rohfaseranteil sei im Rauhfutter und in der Grassilage enthalten. Beim Rauhfutter und der Grassilage handle es sich um Produkte von Pflanzen, die im gegenständlichen Gebiet dem Rotwild sonst während des Jahres vorwiegend als Äsung zur Verfügung stünden. Es sei nicht einsichtig, warum diese Futterarten bei der Wildfütterung nicht als artgerecht gelten sollten, zumal sie geeignet seien, den für das Rotwild notwendigen Rohfaserbedarf zu decken. Wesentliches Ziel der getroffenen Maßnahme sei es, zu verhindern, daß durch verschiedenartige Fütterung eine Anlockung und Massierung des Rotwildes erfolge und es dadurch zu Wildschäden durch das Rotwild komme. Die Feststellung des Umfanges der vorhandenen Schäden erscheine nicht von wesentlicher Bedeutung. Wesentlich sei vielmehr die Befürchtung, daß durch die Verwendung anderer Futterarten in dem kleinen Revier Schäden eintreten werden. Es sei deshalb nicht als notwendig erachtet worden, die vom Beschwerdeführer genannten Personen als Zeugen zu vernehmen bzw. diesbezüglich weitere ergänzende Erhebungen durchzuführen. In der Berufung werde ausgeführt, daß zu 90 % zugefüttert werden müsse. Wenn das Rotwild in der Notzeit fast nur mehr gefüttert werde, dann könne sicherlich nicht von einem Wildstand gesprochen werden, der den natürlichen Äsungsverhältnissen entspreche. Die Wildfütterung soll nach § 87 Abs. 1 u.a. nur als Ergänzung der natürlichen Äsung erfolgen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 NÖ JG ist mit dem Jagdrecht die Berechtigung und Verpflichtung verbunden, das Wild unter Rücksichtnahme auf die Interessen der Land- und Forstwirtschaft zu hegen, damit ein artenreicher und gesunder Wildstand sich entwickeln kann und erhalten bleibt. Die Jagdausübung und die Wildhege haben insbesondere so zu erfolgen, daß die Erhaltung des Waldes und seiner Wirkungen nicht gefährdet wird.

Gemäß § 87 Abs. 1 NÖ JG ist Schalenwild, soweit dies zur Vermeidung von Wildschäden oder zur Ergänzung der natürlichen Äsung erforderlich erscheint, während einer Notzeit und des Vegetationsbeginnes in artgerechter Weise zu füttern. Gemäß § 87 Abs. 2 leg. cit. hat die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn dies im Interesse der durch eine Wildart geschädigten oder gefährdeten Land- und Forstwirtschaft oder aus wildbiologischen Gründen notwendig ist, für alle oder bestimmte Jagdgebiete

1. bestimmte Futterarten zu verbieten, 2. die Wildfütterung während bestimmter Zeiten zu verbieten, 3. die Wildfütterung für bestimmte Gebiete zu verbieten, 4. eine rotwildsichere Umfriedung der Futterstellen vorzuschreiben.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid als Eigentümer und Jagdausübungsberechtigter in dem ihm aus § 2 NÖ JG zustehenden Recht, das in seinem Jagdgebiet befindliche Wild zu hegen, verletzt. Mit dem so bezeichneten Beschwerdepunkt läßt der Beschwerdeführer jedoch außer Betracht, daß das Recht der Wildhege einerseits bereits ex lege dadurch eingeschränkt ist, als die Wildhege so zu erfolgen hat, daß die Erhaltung des Waldes und seiner Wirkungen nicht gefährdet wird, und die Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 87 Abs. 2 leg. cit., wenn dies im Interesse der durch eine Wildart geschädigten oder gefährdeten Land- und Forstwirtschaft oder aus wildbiologischen Gründen notwendig ist, die darin angeführten erforderlichen Maßnahmen, die auch die Wildhege betreffen, zu treffen hat, und daß andererseits das Recht der Wildhege durch die im § 87 Abs. 1 erster Satz normierte Fütterungsverpflichtung während einer Notzeit und des Vegetationsbeginnes eine Ergänzung erfährt. Solcherart kann der Beschwerdeführer in dem von ihm behaupteten Recht durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt sein. Nach dem gesamten Beschwerdevorbringen ist jedoch davon auszugehen, daß sich der Beschwerdeführer in Wahrheit durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt erachtet, daß ihm mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 NÖ JG bei den Rotwildfütterungen die Vorlage aller Futterarten mit Ausnahme von Rauhfutter (Heu) und Grassilagen verboten wird.

In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde vor, daß sie sich "mit den (unzureichenden) Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens nicht ausreichend auseinandergesetzt" habe. Zur Frage der Wildfütterung sei nämlich im wesentlichen auf wissenschaftliche Erkenntnisse (unter anderem von Dr. Onderschecka) Bezug genommen worden, wobei diese jedoch unvollständig wiedergegeben und falsch interpretiert würden. Nach diesen Erkenntnissen müsse in den europäischen Breitegraden Wild in Notzeiten zu 90 % gefüttert werden und sei außer Heu die zusätzliche Verabreichung von Saftfutter, wie Maissilage oder Rüben, unbedingt erforderlich, um Mangelerscheinungen zu vermeiden. Aus diesem Grunde habe der Beschwerdeführer die Einholung eines Gutachtens des Institutes für Wildtierkunde der Universität Wien beantragt, das zur Prüfung der Frage, ob die Verabreichung von Zusatzfutter zur Ergänzung der natürlichen Äsung im Eigenjagdgebiet des Beschwerdeführers erforderlich sei, notwendig gewesen wäre. Da die belangte Behörde von diesem Beweismittel abgesehen habe, liege ein Verfahrensmangel vor. Die Unhaltbarkeit der Auffassung der belangten Behörde, daß lediglich die Verabreichung von Heu und Grassilage eine artgerechte Fütterung darstelle, ergebe sich auch aus dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft N vom 30. August 1991, in dem unter Zugrundelegung derselben Problematik wie im vorliegenden Fall, nämlich Vereinheitlichung der Futterarten, die Vorlage von Saftfutter - wie Maissilage und Futterrübe - vom Fütterungsverbot mit der Begründung ausgenommen worden sei, daß das vorhandene natürliche Äsungsangebot in der nahrungsreichen Zeit im Bereich des Piestingtales - wie bei einem in den Jahren 1970 bis 1975 von Prof. Onderschecka durchgeführten Forschungsprojekt festgestellt worden sei - zur Deckung des Äsungsbestandes nicht ausreiche und die Beigabe von verschiedenen Saftfuttermitteln geboten sei, um Mangelerscheinungen auszugleichen. Das Jagdgebiet des Beschwerdeführers grenze unmittelbar an den Bereich der Bezirkshauptmannschaft N an und sei geographisch zum Großteil dem Piestingtal zuzurechnen und weise biologisch dieselbe Beschaffenheit auf wie jene Gebiete, die von Prof. Onderschecka untersucht worden seien. Ein Verfahrensmangel liege weiters insofern vor, weil die belangte Behörde von der Vernehmung der zum Beweise dafür, daß es im Jagdrevier des Beschwerdeführers trotz eines von der belangten Behörde angenommenen zu hohen Wildbestandes und der bisher gepflogenen und nunmehr verbotenen Fütterung zu keinen Wildschäden gekommen sei, beantragten Zeugen abgesehen habe, zumal die Feststellungen des von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen in diesem Punkte zu den Feststellungen anläßlich der in seinem Jagdgebiet durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 8. März 1991 in Widerspruch stünden. Im übrigen lägen keine konkreten Erhebungsergebnisse vor; dem Beschwerdeführer sei nicht bekanntgegeben worden, wo und in welchem Jagdgebiet bei der Bezirkshauptmannschaft X sowie in welchem Ausmaß Wildschäden vorlägen. Die belangte Behörde begnüge sich mit der allgemein gehaltenen Feststellung, daß an land- und forstwirtschaftlichen Kulturen im Verwaltungsbezirk X erhebliche Schäden durch Rotwild eingetreten seien und diese unter anderem auf eine verschiedenartige und nicht artgerechte Fütterung zurückgeführt würden. Im Sinne eines mängelfreien Verfahrens wäre es erforderlich gewesen, konkret anzugeben, wann und wo Schäden festgestellt worden seien, um beurteilen zu können, ob das verhängte Fütterungsverbot im Interesse der durch eine Wildart geschädigten oder gefährdeten Land- und Forstwirtschaft oder aus wildbiologischen Gründen notwendig sei.

Vorweg ist zu bemerken, daß die Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 87 Abs. 2 NÖ JG Maßnahmen nicht erst dann zu treffen hat, wenn durch eine Wildart die Land- und Forstwirtschaft bereits geschädigt ist, sondern solche Maßnahmen schon dann notwendig sind, wenn die Land- und Forstwirtschaft durch eine Wildart gefährdet ist. Das Vorliegen eines bereits eingetretenen Schadens stellt demnach keine Voraussetzung für Maßnahmen zur Vermeidung von Wildschäden nach der angeführten Gesetzesstelle dar, sondern es genügt, daß die Gefahr des Eintrittes derartiger Schäden droht, der Eintritt eines Wildschadens sohin - insoweit ist der belangten Behörde beizupflichten - mit Grund zu befürchten ist. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, es sei nicht konkret festgestellt worden, wo und in welchem Jagdgebiet sowie in welchem Ausmaß in dem hier in Rede stehenden Verwaltungsbezirk Schäden durch Rotwild gegeben sind, und die im Zusammenhang damit vorgetragene Verfahrensrüge entbehren solcherart der Relevanz. Doch abgesehen davon trifft dieser Einwand des Beschwerdeführers

Die belangte Behörde führte die durch das Rotwild in den Jagdgebieten des Verwaltungsbezirkes X verursachten Schäden an land- und forstwirtschaftlichen Kulturen unter anderem "auf eine verschiedenartige und nicht artgerechte Fütterung" zurück. Sie konnte ihre Annahme, daß "eine einheitliche Fütterung" im gesamten Verwaltungsbezirk X in Hinsicht auf den Lebensraum des Rotwildes auch unter dem Gesichtspunkte der Vermeidung und Reduzierung von Wildschäden von besonderer Bedeutung ist und die Vorlage verschiedenartiger Futtermittel, insbesondere solcher, die vom Rotwild bevorzugt angenommen werden, in einem bestimmten Gebiete das Rotwild anlockt, sodaß es dort zu einer Massierung des Rotwildes mit der Folge von Wildschäden kommt, auf das Gutachten des jagdfachlichen Amtssachverständigen gründen. Diese Annahme und ihre weitere Feststellung, daß Rotwild Futter mit hohem Rohfaseranteil benötigt, wie dies beim Rauhfutter (Heu) und der Grassilage der Fall ist, steht auch mit den Erkenntnissen der Wissenschaft im Einklang. Der von der belangten Behörde daraus gezogene Schluß, es könne das Ziel, durch verschiedenartige Fütterung eine Anlockung und Massierung des Rotwildes und damit Wildschäden zu verhindern, nur mit einem Verbot sämtlicher Futtermittel mit Ausnahme von Heu und Grassilage erreicht werden, ist hingegen nicht berechtigt. Dem Gutachten des jagdfachlichen Amtssachverständigen ist nicht zu entnehmen, daß und aus welchen Gründen zur Vermeidung einer Schädigung oder Gefährdung der Land- und Forstwirtschaft das Rotwild im Verwaltungsbezirk X nur mit Heu und Grassilage gefüttert werden dürfe. Denn die Behauptung des Sachverständigen, die Vorlage von Rüben und Mais stelle keine artgerechte Fütterung dar, weil diese Futtermittel keine im betreffenden Gebiet natürlich vorkommenden Pflanzen seien, sagt nichts darüber aus, ob das Verbot dieser Futtermittel im Interesse der durch eine Wildart geschädigten oder gefährdeten Land- und Forstwirtschaft oder aus wildbiologischen Gründen notwendig ist, worauf es - wie der Beschwerdeführer zu Recht einwendet - nach der Regelung des § 87 Abs. 2 NÖ JG ankommt. Im übrigen ist es nicht schlüssig, aus dem mangelnden Vorkommen einer Pflanze in einem bestimmten Gebiet zu schließen, daß schon deswegen ihre Verfütterung nicht artgerecht sei. Nach den Erkenntnissen der Wissenschaft, auf die die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides ebenfalls Bezug nimmt, wird zwar die Vorlage von Kraftfutter einhellig abgelehnt, was der Beschwerdeführer ohnehin nicht beabsichtigt, die Beigabe anderer Futtermittel zu Rauhfutter, vor allem von Saftfutter in Gebieten mit Feuchtigkeitsmangel, jedoch zur Hintanhaltung von Mangelerscheinungen befürwortet. Warum aber nur die Beigabe des Saftfutters Grassilage keine negativen Auswirkungen im Sinne der Annahme der belangten Behörde befürchten läßt, hingegen solche Auswirkungen bei der zusätzlichen Vorlage anderer Saftfuttermittel zu erwarten sind, geht aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens nicht eindeutig hervor und ist der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen. Es hätte daher zur Beantwortung der Frage, ob und welche Saftfuttermittel vom Rotwild in seinem Lebensbereich bevorzugt angenommen werden und damit einen Anlockeffekt ausüben, insbesondere ob dies für die Saftfuttermittel Maissilage und Rüben, die nach der Behauptung des Beschwerdeführers in dem hier in Betracht kommenden Lebensraum dem Rotwild vorgelegt werden, weiterer Feststellungen, etwa durch eine Ergänzung des Gutachtens des jagdfachlichen Amtssachverständigen auch dahin, ob es sich bei der Maissilage und den Rüben nicht ebenfalls um Futtermittel mit hohem Rohfaseranteil handelt, allenfalls durch Einholung des Gutachtens eines wildbiologischen Sachverständigen bedurft, um hinreichend beurteilen zu können, ob das verhängte Fütterungsverbot im Interesse der durch eine Wildart geschädigten oder gefährdeten Land- und Forstwirtschaft oder aus wildbiologischen Gründen notwendig ist oder gerade dieses Interesse neben der Grassilage die Beigabe auch anderer Saftfuttermittel erfordert. Zumindest aber hätte sich die belangte Behörde mit den diesbezüglich vom Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Einwänden in der Begründung des angefochtenen Bescheides näher auseinandersetzen müssen.

Da die belangte Behörde dies unterließ, blieb nicht nur der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkte ergänzungsbedürftig, sondern wurden auch Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, wobei sich eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen erübrigte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, wobei der Schriftsatzaufwand nur in der beantragten Höhe zuzusprechen war. Die Abweisung des Mehrbegehrens hat nichterforderlichen Stempelgebührenaufwand - die Beschwerde war lediglich in zweifacher Ausfertigung einzubringen - zum Gegenstand.

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