VwGH 92/01/0140

VwGH92/01/01401.7.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inners vom 4. November 1991, Zl. 4.298.418/2-III/13/91, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich hatte mit Bescheid vom 10. Dezember 1990 festgestellt, daß der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger albanischer Nationalität, nicht Flüchtling sei.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 4. November 1991 ab und sprach aus, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei. In der Bescheidbegründung ging die belangte Behörde nach Darstellung der Rechtslage davon aus, daß es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, Umstände glaubhaft zu machen, die die Annahme rechtfertigen würden, der Beschwerdeführer befinde sich aus objektiv wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention außerhalb seines Heimatlandes und sei daher nicht gewillt, sich wieder unter dessen Schutz zu stellen. So könne insbesondere die Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur albanischen Minderheit allein noch nicht als Grund für seine Anerkennung als Flüchtling ausreichen. Vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Anhaltungen im Zusammenhang mit verbotenen Demonstrationen könnten nicht als Verfolgungshandlung qualifiziert werden. Im Hinblick auf das in der Berufung wesentlich gesteigerte Vorbringen könne den über die Angaben bei der ersten Einvernahme hinausgehenden Behauptungen des Beschwerdeführers kein Glaube geschenkt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer hat bei seiner ersten, unter Beiziehung eines Dolmetschers vorgenommenen Befragung durch die Behörde erster Instanz am 4. August 1990 angegeben, zwar seit 1981 im Kosovo regelmäßig an den für die albanische Minderheit abgehaltenen Demonstrationen teilgenommen zu haben, doch sei er nie von der Miliz "erwischt" worden und auch keinen Gewalttaten bzw. weder politischer noch ethnischer oder religiöser Verfolgung ausgesetzt gewesen. Zum Verlassen seines Heimatlandes habe er sich nach der Verhaftung zweier seiner Freunde im Anschluß an eine Demonstration am 23. Februar 1990 "aus Angst und auch auf Grund der sehr unsicheren politischen Lage für die albanische Minderheit" entschlossen. In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hat der Beschwerdeführer über diese Angaben hinaus behauptet, er sei an blutigen Auseinandersetzungen mit der Polizei beteiligt gewesen, bei Demonstrationen im Jänner und Februar 1990 von der Polizei identifiziert und sodann polizeilich gesucht worden. Sein Elternhaus sei durchsucht und seine Familie "malträtiert" worden. Einer Ende Februar (offenbar 1990) bevorstehenden Verhaftung habe sich der Beschwerdeführer durch Flucht nach Slowenien entzogen.

Dieses Berufungsvorbringen steht in Gegensatz zu den Ausführungen des Beschwerdeführers bei seiner Erstbefragung, nie "erwischt" worden und keinerlei Verfolgung ausgesetzt gewesen und nur wegen der Verhaftung zweier Freunde geflüchtet zu sein, und geht - entgegen dem in der Beschwerde unternommenen Versuch, diese weiteren Ausführungen lediglich als vom ursprünglichen Vorbringen bereits grundsätzlich umfaßte Konkretisierungen darzustellen - weit über diese ersten Angaben hinaus. Soweit daher die belangte Behörde die Abweisung der Berufung damit begründet hat, daß erfahrungsgemäß die von Asylwerbern bei ihrer ersten Befragung gemachten Angaben am ehesten der Wahrheit entsprechen und daß die über das im erstinstanzlichen Verfahren erhobene Vorbringen hinausgehenden Ausführungen als nicht glaubwürdig anzusehen seien, kann ihr nicht entgegengetreten werden, weil - wie der Verwaltungsgerichtshof schon zu wiederholten Malen erkannt hat - eine derartige Würdigung eines sich im Lauf des Instanzenzuges steigernden Vorbringens von Asylwerbern nicht unschlüssig ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1992, Zl. 92/01/0259, und viele andere).

Die belangte Behörde hat sohin zu Recht ihrer Beurteilung jene Angaben zugrunde gelegt, die der Beschwerdeführer bei seiner ersten Befragung gemacht hat. Ausgehend von diesem Vorbringen ist der belangte Behörde beizupflichten, daß weder der Hinweis auf die allgemeine Lage der albanischen Minderheit bzw. auf die Zugehörigkeit zu dieser Volksgruppe noch die Teilnahme an Demonstrationen, die für den Beschwerdeführer zu keinen Konsequenzen geführt hat, geeignet sind, wohlbegründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen. Dies umso weniger, als der Beschwerdeführer ausdrücklich jegliche gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung in Abrede gestellt hat. Auch kann die Verhaftung zweier Freunde des Beschwerdeführers nicht als konkret gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung gewertet werden und kann aus diesem Geschehen - ohne Hinzutreten weiterer, vom Beschwerdeführer aber in keiner Weise dargetaner Umstände - auch keine begründete Furcht vor Verfolgung abgeleitet werden.

Soweit der Beschwerdeführer rügt, es sei ihm im Berufungsverfahren keine Gelegenheit geboten worden, seine in der Berufung erweiterten Angaben auch mündlich vorzutragen und alle geltend gemachten Umstände glaubhaft zu machen, ist ihm entgegenzuhalten, daß er ja durch die von ihm auch genützte Möglichkeit der Berufungserhebung in der Lage war, alles ihm zweckdienlich Erscheinende vorzubringen. Zur Durchführung einer ergänzenden mündlichen Einvernahme zwecks Darlegung der ohnedies bereits schriftlich geltend gemachten Berufungsgründe war die belangte Behörde daher nicht verpflichtet, sodaß im Unterbleiben einer solchen Einvernahme kein Verfahrensmangel erblickt werden kann.

Die mit der Beschwerde zum Beweis für gegen ihn gerichtete polizeiliche Nachforschungen vorgelegte Vorladung des Beschwerdeführers zum Sicherheitszentrum der Milizstation Pec für März 1992 kann zufolge des gemäß § 41 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschenden Neuerungsverbotes bei Beurteilung der Beschwerde nicht herangezogen werden. Darüber hinaus kann aus einer polizeilichen Vorladung allein noch nicht der Schluß gezogen werden, der Vorgeladene unterliege behördlicher Verfolgung aus den in der Flüchtlingskonvention angeführten Gründen.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte