Normen
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z1;
FrPolG 1954 §4;
StGB §127;
StGB §297 Abs1;
VwRallg;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z1;
FrPolG 1954 §4;
StGB §127;
StGB §297 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 23. Oktober 1991 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, ein auf § 3 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 und § 4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954 idF BGBl. Nr. 575/1987, (FrPolG) gestütztes, bis 29. Mai 2001 befristetes Aufenthaltsverbot für das österreichische Bundesgebiet erlassen.
Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen folgendes aus: Der Beschwerdeführer sei mit - rechtskräftig gewordenem - Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25. Jänner 1990 wegen § 297 Abs. 1 StGB sowie §§ 15, 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt worden, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei. Im Mai 1990 sei der Beschwerdeführer wieder straffällig geworden, und zwar in zweifacher Hinsicht. Seinen eigenen Angaben (vor der Bundespolizeidirektion Innsbruck am 3. Mai 1991) zufolge sei er ohne Sichtvermerk mit der Absicht nach Österreich gekommen, um hier zu arbeiten, und habe sich in der Folge ohne Sichtvermerk bis 20. September 1990 im Bundesgebiet aufgehalten, obwohl er von seinem früheren Aufenthalt in Österreich her gewußt habe, zumindest hätte wissen müssen, daß er einen Sichtvermerk benötige. Diese Fakten ließen in eindeutiger Weise einen Schluß auf das fehlende Rechtsempfinden des Beschwerdeführers zu und rechtfertigten die Annahme, daß die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 FrPolG für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vorlägen. Nach Durchführung der vom Gesetz (§ 3 Abs. 3 FrPolG) gebotenen - in der Bescheidbegründung im einzelnen dargestellten - Interessenabwägung gelangte die belangte Behörde zu dem Ergebnis, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen würden als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Angehörigen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptende Beschwerde, mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die im Beschwerdefall zu beachtenden Bestimmungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 und Abs. 3 FrPolG lauten:
§ 3 (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder
1. von einem inländischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist; einer solchen Verurteilung ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht dann gleichzuhalten, wenn sie den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.
(3) Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:
1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;
- 2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen;
- 3. die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.
2.1. Die Beschwerde faßt die Rechtsrüge dahin zusammen, daß im Hinblick auf das von der Behörde auszuübende "Ermessen" "weder die bezeichnete strafbare Handlung noch die von der Behörde behaupteten Verwaltungsstraftatbestände geeignet sind, für sich selbst eine Tatbestandsvoraussetzung zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes zu erwirken".
2.2. Die belangte Behörde hat - anders als die Erstbehörde - nicht den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 1 FrPolG, sondern ausschließlich den des § 3 Abs. 1 leg. cit. als erfüllt angesehen.
Nach Ansicht des Gerichtshofes verwirklicht die rechtskräftige gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten, wobei ein Teil in der Dauer von sechs Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden ist, den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 1 zweiter Fall FrPolG. Dies im Hinblick darauf, daß einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sieben Monaten (die dem Wortlaut nach diesen Tatbestand erfüllt) kraft Größenschlusses eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten, die sich aus einer bedingt nachgesehenen von sechs Monaten und einer unbedingten von einem Monat zusammensetzt, gleichzuhalten ist. Es ist demnach im Beschwerdefall vom Vorliegen einer "bestimmten Tatsache im Sinne des Abs. 1" (des § 3) FrPolG auszugehen, womit die dort umschriebene Annahme gerechtfertigt ist.
Das solcherart begründete öffentliche Interesse an der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes über den Beschwerdeführer gewinnt durch die keineswegs als unbedeutend zu wertenden, in Ansehung des Paßgesetzes und des Fremdenpolizeigesetzes verpönten Verhaltensweisen des Beschwerdeführers
- sichtvermerksfreie Einreise nach Österreich im Mai 1990 und mehrmonatiger Aufenthalt im Bundesgebiet, ohne im Besitz eines Sichtvermerkes zu sein - zusätzlich an Gewicht.
3. Auch dem Beschwerdeeinwand, es habe erstmals die belangte Behörde die "verwaltungsrechtlichen Straftaten erwähnt", was eine Erörterung mit dem Beschwerdeführer zur Wahrung des Parteiengehörs erforderlich gemacht hätte, kommt keine Berechtigung zu. Abgesehen davon, daß bereits die Erstbehörde in ihrem Bescheid vom 29. Mai 1991 auf die sichtvermerksfreie Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich hingewiesen hat, bedurfte es in Ansehung des mehrfach erwähnten, von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Sachverhaltes, wonach der Beschwerdeführer sichtvermerksfrei nach Österreich eingereist sei und sich hier geraume Zeit, ohne im Besitz eines Sichtvermerkes zu sein, aufgehalten habe, schon deshalb nicht der Gewährung des rechtlichen Gehörs, weil die betreffenden Angaben vom Beschwerdeführer selbst stammen (vgl. die Niederschrift der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 3. Mai 1991).
4. Einwände gegen die von der belangten Behörde im Grunde des § 3 Abs. 3 FrPolG vorgenommene Interessenabwägung enthält die Beschwerde nicht; auch der Gerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß der angefochtene Bescheid insoweit rechtswidrig wäre.
5. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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