VwGH 91/15/0152

VwGH91/15/015225.5.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Simon sowie die Hofräte Dr Karger und Dr Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr Kirchmayr, über die Beschwerde des Dr E und der Dr L, Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, vom 23. September 1991, Zl 6/1 - 1152/90-02, betreffend ua amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 1986 und deren neuerliche Festsetzung, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §303 Abs4;
BAO §303 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Teil des Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen von 11.540 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer ua gegen den die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 1986 verfügenden Bescheid im wesentlichen mit der Begründung ab, es sei von den Anschaffungskosten eines PKW's unzulässigerweise ein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen und dadurch die Zahllast zu niedrig festgesetzt worden. Das Finanzamt habe mangels Vorlage eines Anlageverzeichnisses nicht erkennen können, daß dieser Vorsteuerabzug rechtswidrig gewesen sei. Erst im Zug einer abgabenbehördlichen Prüfung habe das Finanzamt Kenntnis von der zu Unrecht in Anspruch genommenen Vorsteuer erlangt. Da somit die Voraussetzungen des § 303 Abs 4 BAO vorlägen und der rechtswidrig gewährte Betrag nicht geringfügig sei, sei die Wiederaufnahme des Verfahrens zu Recht erfolgt.

In der Beschwerde, in der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet wird, bestreiten die Beschwerdeführer nicht, daß sie für den PKW zu Unrecht Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hätten. Sie stellen aber in Abrede, daß dies "verdeckt" geschehen sei. Vielmehr ergebe sich der Vorsteuerabzug für den angeschafften PKW einerseits aus der Umsatzsteuererklärung, anderseits aus dem Anlageverzeichnis, welches gleichzeitig mit den Erklärungen für das Jahr 1986 vorgelegt worden sei. Da das Finanzamt bei richtiger rechtlicher Würdigung der zur Verfügung stehenden Unterlagen schon im ersten Verfahren zu der im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte kommen können, sei die Wiederaufnahme unzulässig.

In der Gegenschrift verweist die belangte Behörde auf die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1986, aus der nicht erkennbar sei, daß im Jahr 1986 Vorsteuerabzug von den Anschaffungskosten eines PKW's in Anspruch genommen worden sei. Überdies bestreitet sie, daß der Erklärung der einheitlich und gesondert festzustellenden Einkünfte für das Jahr 1986 ein Anlageverzeichnis beigelegt gewesen sei. Ein solches sei nur den diesbezüglichen Erklärungen für das Jahr 1982 beigelegt gewesen.

In der Replik zur Gegenschrift behaupten die Beschwerdeführer, sie hätten auch der Steuererklärung für das Jahr 1986 ein Anlageverzeichnis beigelegt, aus dem die Anschaffung eines PKW's ersichtlich sei. Zum Beweis ihrer Behauptung legten die Beschwerdeführer eine Kopie des der Steuererklärung für das Jahr 1986 beigeschlossenen Anlageverzeichnisses vor. Diese Kopie trägt den Eingangsstempel des Finanzamtes vom 29. Jänner 1988.

Der Verwaltungsgerichtshof forderte daraufhin die belangte Behörde unter Hinweis auf die von den Beschwerdeführern erstattete Replik auf, sich dahingehend zu äußern, ob das Anlageverzeichnis für das Jahr 1986 tatsächlich beim Finanzamt eingelangt sei.

Die belangte Behörde führte darauf folgendes aus:

"Die Ausführungen der Beschwerdeführer .... sind zutreffend.

Laut Auskunft des Finanzamtes war das Anlageverzeichnis irrtümlich im Einkommensteuerakt des Dr E (der Erstbeschwerdeführer) abgelegt.

Bemerkt wird, daß sowohl die Feststellungserklärung als auch die Einkommensteuererklärung am 29. Jänner 1988 abgegeben wurden und demnach nicht feststellbar ist, welcher Erklärung das Anlageverzeichnis beigelegt wurde. Im Zusammenhang mit dem Anlageverzeichnis läßt die Höhe der in der Umsatzsteuererklärung für Anlagegüter geltend gemachten Vorsteuern erkennen, daß auch für den PKW Vorsteuer in Anspruch genommen wurde.

Die belangte Behörde geht daher davon aus, daß auch für das Streitjahr 1986 kein Wiederaufnahmsgrund vorlag."

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ist ua dann zulässig, wenn Tatsachen oder Beweismitel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Im vorliegenden Fall ist die belangte Behörde zu Unrecht von der Annahme ausgegangen, die Beschwerdeführer hätten anläßlich der Abgabe der Erklärung für das Jahr 1986 kein Anlageverzeichnis vorgelegt. Da nunmehr von der belangten Behörde im Einklang mit den Ausführungen der Beschwerdeführer die Vorlage des Anlageverzeichnisses anläßlich der Abgabe der Erklärung für das Jahr 1986 nicht in Abrede gestellt wird, sind im Zug der abgabenbehördlichen Prüfung keine Tatsachen oder Beweismittel NEU hervorgekommen, die die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 1986 rechtfertigen würden.

Der die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens verfügende angefochtene Bescheid war daher ebenso wie der angefochtene Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1986, dem nunmehr die Rechtsgrundlage fehlt, gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Es erübrigte sich daher, auf die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften einzugehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.

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