VwGH 91/13/0246

VwGH91/13/02464.9.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der O, reg.Gen.mbH in X, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 30. Oktober 1991, GZ. 6/2-804/19/91-02, betreffend Feststellung gemäß § 5 Z. 10 KStG 1988, zu Recht erkannt:

Normen

KStG §5 Z10;
WFG 1984;
WGG 1979 §7 Abs1 idF 1984/482;
WGG 1979 §7 Abs3 Z2;
KStG §5 Z10;
WFG 1984;
WGG 1979 §7 Abs1 idF 1984/482;
WGG 1979 §7 Abs3 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft stellte mit Eingabe vom 3. Oktober 1991 den Antrag auf Feststellung, ob die im Zuge von Umbauarbeiten an der (bestehenden) Wohnhausanlage in O., L-Gasse 4, beabsichtigte Vergrößerung eines bestehenden Geschäftslokales und die Errichtung eines weiteren Geschäftslokales in den steuerbefreiten Geschäftskreis gemäß § 7 Abs. 1 bis 3 WGG, insbesondere § 7 Abs. 3 Z. 2 WGG, fällt oder nicht. Eventualiter wurde beantragt, die unbeschränkte Steuerpflicht auf das letztgenannte Geschäft einzuschränken. Nach der Eingabe war die Vornahme folgender Arbeiten beabsichtigt:

Im Zuge dieser Adaptierungsmaßnahmen wird auch das bereits bestehende Geschäftslokal um den, wie oben erwähnt, verlegten Hauszugang vergrößert (ca. 20 m2) und in weiterer Folge ein Geschäftslokal mit ca. 50 m2 neu erichtet."

Weiters wurde von der Beschwerdeführerin ausgeführt, daß die Nutzfläche der Geschäftsräume 1/3 der Gesamtnutzfläche nicht übersteige.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid stellte die belangte Behörde (allein) fest, daß das "Geschäft der Vergrößerung eines Geschäftsraumes bzw. die Errichtung eines weiteren Geschäftsraumes" in der gegenständlichen Wohnhausanlage nicht unter § 7 Abs. 1 bis 3 WGG 1979 falle. Begründet wurde dieser Ausspruch damit, daß die Vergrößerung bzw. Errichtung der Geschäftsräume nicht im Zuge der Errichtung von Wohnungen erfolgte.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird

dessen "Rechtswidrigkeit" geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Tätigen Bauvereinigungen, die nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) als gemeinnützig anerkannt sind, Geschäfte außerhalb der in § 7 Abs. 1 bis 3 WGG bezeichneten Art, so hat die Finanzlandesdirektion gemäß § 5 Z. 10 KStG 1988 auf Antrag die unbeschränkte Steuerpflicht bescheidmäßig auf diese Geschäfte unter der Auflage zu beschränken, daß für diese Geschäfte ein gesonderter Rechnungskreis besteht. Weiters hat die Finanzlandesdirektion im Zweifelsfall auf Antrag festzustellen, ob ein geplantes Geschäft unter § 7 Abs. 1 bis 3 WGG fällt oder nicht.

Nach § 7 Abs. 1 WGG hat sich die Bauvereinigung nach ihrem Genossenschaftsvertrag (Gesellschaftsvertrag, Satzung) und tatsächlich mit der Errichtung und Verwaltung von Wohnungen, Eigenheimen und Heimen bestimmter Art und Größe zu befassen. Die Verwaltung schließt nach dieser Gesetzesstelle die Instandhaltung und Instandsetzung sowie die Verbesserung mit ein. Die Bauvereinigung kann sich ferner mit Sanierungen größeren Umfanges befassen.

Abs. 2 des § 7 WGG trifft nähere Bestimmungen über die Verwaltung von Objekten.

Nach § 7 Abs. 3 WGG hat die Bauvereinigung überwiegend die in Abs. 1 und 2 genannten Geschäfte zu betreiben. Nach Z. 2 dieser Gesetzesstelle darf die Bauvereinigung neben diesen Geschäften unter anderem die Errichtung von Geschäftsräumen im Zuge der Errichtung von Wohnungen, Eigenheimen oder Heimen betreiben, sofern insbesondere die Nutzfläche aller Geschäftsräume eines Bauvorhabens ein Drittel der Gesamtnutzfläche nicht übersteigt.

Mit dieser Bestimmung des § 7 Abs. 3 Z. 2 WGG soll gewährleistet werden, daß die Bewohner der von gemeinnützigen Bauvereinigungen errichteten und verwalteten Wohnungen mit entsprechenden Einrichtungen versorgt werden (vgl. die Regierungsvorlage zum WGG, 760 Blg. NR. XIV. GP).

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde der Meinung, daß die von der Beschwerdeführerin geplanten Bauarbeiten deswegen kein Geschäft iSd § 7 Abs. 1 bis 3 WGG darstellen, weil die Vergrößerung bzw. Errichtung von Geschäftsräumen nicht im Zuge der Errichtung von Wohnungen, sondern im Zuge einer Umgestaltung der Wohnhausanlage als solcher erfolgen sollte.

Die Formulierung des § 7 Abs. 3 Z. 2 WGG bringt zum Ausdruck, daß die Errichtung von Geschäftsräumen in Verbindung mit der Hauptaufgabe der gemeinnützigen Bauvereinigung - das ist Errichtung von Wohnraum und die Verwaltung der von ihr geschaffenen Wohnungen - erfolgen muß (vgl. den Bericht des Bautenausschusses zum WGG, 1220 Blg. NR. XIV. GP). Im Beschwerdefall war die Errichtung eines geschlossenen Wohnhofes der bestehenden Wohnhausanlage in Verbindung mit einer Verlegung des Hauszuganges geplant. Diese Umgestaltung zählt zu den Aufgaben der Bauvereinigung im Sinne des § 7 Abs. 1 bis 3 WGG, zumal Sanierungen (auch) größeren Ausmaßes sowie - nach § 7 Abs. 3 Z. 4 WGG - auch die Errichtung von Gemeinschaftseinrichtungen für die Bewohner der verwalteten Wohnungen zu diesen Aufgaben gehören. Die Bestimmung des letzten Satzes des § 7 Abs. 1 WGG wurde durch das Wohnbauförderungsgesetz 1984, BGBl. Nr. 482, angefügt. Die Sanierung größeren Umfanges wurde damit der Errichtung von Wohnungen gleichgestellt (vgl. Korinek-Funk-Scherz-Weinberger-Wieser, Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, Kommentar, S. 20). Aus dem Zusammenhalt der angeführten Bestimmungen in der für den Beschwerdefall maßgeblichen Fassung und dem - auch in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden - Sinn des Gesetzes folgt aber, daß die Errichtung von Geschäftsräumen - in einem im übrigen untergeordneten Ausmaß - im Zuge der von der Beschwerdeführerin geplanten Umgestaltung der Wohnhausanlage als Geschäft im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 2 WGG anzusehen ist. Die Beschwerdeführerin ist bereits in ihrer Eingabe vom 3. Oktober 1991 von einer Sanierung der Wohnhausanlage ausgegangen und die belangte Behörde hat diese nicht in Zweifel gezogen.

Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Der Ersatz der Beilagengebühr hatte sich dabei auf das gesetzliche Ausmaß von S 30.-- zu beschränken.

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