VwGH 91/12/0274

VwGH91/12/027419.2.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth und Dr.Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, in der Beschwerdesache der XY in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen die Erledigung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 21. Jänner 1991, Zl. 109.712/01-Pr.C6b/91, betreffend Dienstzuteilung und ihre Auswirkung auf eine Funktion, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §56;
BDG 1979 §39 Abs2;
AVG §56;
BDG 1979 §39 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Vor Zustellung der von ihr bekämpften Erledigung war sie im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft tätig.

Die nunmehr von der Beschwerdeführerin angefochtene Erledigung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft (belangte Behörde) vom 21. Jänner 1991 lautet:

"Im Sinne des Ersuchens der Parlamentsdirektion vom 16. Jänner 1991, Zl. 15.879-Pers./90, sowie entsprechend Ihrer Einverständniserklärung vom 14. Jänner 1991 werden Sie mit Wirkung vom 1. Februar 1991 der Parlamentsdirektion zum Zwecke der Zuweisung nach Artikel 30 Abs. 5 B-VG. an den Freiheitlichen Parlamentsklub zur Dienstleistung zugeteilt. Die Dienstzuteilung erfolgt zunächst bis zum 31. August 1991.

In Ihrer Funktion als Stellvertreterin des Leiters der Abteilung n1 im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft tritt hiedurch keine Änderung ein."

Die Beschwerdeführerin wertete diese Erledigung als Bescheid und erhob dagegen zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 7. Oktober 1991, B 262/91, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß nach Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde. Demnach erachtet sie sich in ihrem Recht auf bescheidmäßige Abklärung strittiger Dienstpflichten verletzt. Auf Grund der Nichterlassung eines Bescheides sei ihr weiters das Recht genommen "in einem gesetzmäßigen Verwaltungsverfahren ihren Rechtsanspruch auf qualifikationsadäquate Beschäftigung geltend zu machen". Die gegenständliche Dienstzuteilung erfolge nur zur Verschleierung der tatsächlich angestrebten Verwendungsänderung, die gemäß § 40 Abs. 2 Z. 1 und Z. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) im Gegensatz zur bisherigen Verwendung eine nicht mindestens gleichwertige Verwendung und dadurch eine Verschlechterung der Laufbahn der Beschwerdeführerin zur Folge hätte, sohin einer Versetzung gleichzuhalten wäre, die gemäß § 38 Abs. 5 BDG 1979 mit Bescheid zu verfügen gewesen wäre.

Aus der umfangreichen Verfassungsgerichtshofbeschwerde geht hervor, daß sich die Beschwerdeführerin vor allem gegen die in der oben wiedergegebenen Erledigung im zweiten Absatz getroffene Feststellung betreffend ihre bisherige Funktion, nämlich Abteilungsleiterstellvertreterin der Abteilung n1, wendet. Sie vertritt die Auffassung, daß die ihr vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft erteilte Weisung vom 24. Oktober 1990 - auf Grund ihres Widerspruches nach § 44 Abs. 2 BDG 1979 wiederholt mit Weisung vom 6. Dezember 1990 - wonach sie von ihren Aufgaben in der Inneren Revision entbunden und mit der Funktion der Abteilungsleiterstellvertreterin in der Abteilung n1 betraut und ihr Dienstantritt (in der letztgenannten Weisung) in der Abteilung n1 mit 17. Dezember 1990 festgesetzt worden sei, unwirksam geblieben sei. Durch die Entgegennahme ihres Urlaubsscheines für die Zeit vom 17. Dezember 1990 bis 1. Februar 1991 habe der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft nämlich auf die Einhaltung seiner Weisung "implizit verzichtet", denn eine Weisung könne nur im Dienst, d.h. nicht während des genehmigten Erholungsurlaubes, befolgt werden. Die Weisung hätte daher frühestens am 4. Februar 1991 (erster möglicher Tag des Dienstantrittes nach dem Erholungsurlaub) befolgt werden und daher auch wirksam werden können. In der Zwischenzeit sei sie jedoch mit Wirksamkeit vom 1. Februar 1991 der Parlamentsdirektion dienstzugeteilt worden. Inhaltlich bewertet die Beschwerdeführerin diese Feststellung als sogenannte "qualifizierte Verwendungsänderung", die mit Bescheid zu verfügen gewesen sei. Mit der gleichzeitig mit der Dienstzuteilung zur Parlamentsdirektion im zweiten Absatz der angefochtenen Erledigung angetroffenen Feststellung sei der Versuch unternommen worden, ihre Eliminierung aus der Inneren Revision doch noch durchzusetzen.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG hatte der Verwaltungsgerichtshof vorweg die Zulässigkeit der vorliegenden auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützten Beschwerde zu prüfen. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist das Vorhandensein eines letztinstanzlichen Bescheides einer Verwaltungsbehörde und die Behauptung des Beschwerdeführers, durch diesen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein. Ein Bescheid in diesem Sinne liegt jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Falle der beschwerdegegenständlichen Erledigung nicht vor.

Auf das Verfahren in Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zum Bund sind gemäß § 1 Abs. 1 DVG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes mit den im Dienstrechtsverfahrensgesetz angeführten Abweichungen anzuwenden. Für die Erlassung von Bescheiden gelten daher im Dienstrechtsverfahren die Bestimmungen des AVG mit den im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Abweichungen der §§ 9, 10 und 11 DVG.

Gemäß § 58 AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat im Spruch die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in dem Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Zlen. 934 und 1223/73, Slg. N.F. Nr. 9458/A, eingehend mit den wesentlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Bescheides befaßt. Er hat in diesem Beschluß u.a. ausgeführt, daß das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich sei, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthalte. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid könne nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergebe, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt habe, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden habe. Der normative Inhalt müsse sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus der Form der Erledigung ergeben. Sei aus dem Wortlaut der behördlichen Erledigung, insbesondere aus der Verwendung des Wortlautes der Verfahrensgesetze und der Verwaltungsvorschriften für jedermann eindeutig zu entnehmen, daß ein rechtsverbindlicher Abspruch vorliege, dann sei ungeachtet des Fehlens der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid ein solcher als gegeben anzunehmen.

Die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid sei jedoch nicht in jedem Fall entbehrlich. Die Verwaltungsbehörden (im organisatorischen Sinn) könnten auch rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben, wobei aus dem Inhalt der Erklärung noch nicht eindeutig geschlossen werden könne, ob es sich um rechtsgeschäftliche Erklärungen oder um rechtsverbindliche Anordnungen im Bereich des öffentlichen Rechts handle. Ferner seien behördliche Erledigungen nicht nur in Bescheidform zu erlassen (vgl. Verfahrensanordnungen, Dienstaufträge oder organisatorische Maßnahmen). Insbesondere in jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung oder einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lasse, sei die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung wesentlich.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 23. Oktober 1987, Zl. 86/12/0260 und die dort zitierte Vorjudikatur) stellt eine Dienstzuteilung einen Dienstauftrag dar, der nicht mit Bescheid zu verfügen ist; solcherart besteht auch keine Verpflichtung zur Begründung eines solchen Dienstauftrages. Bei der Dienstzuteilung bedarf es der Erlassung eines Bescheides nur dann, wenn Streit darüber entsteht, ob die Befolgung des Dienstauftrages zu den Dienstpflichten des Beamten gehört hat.

Letzteres trifft jedoch im Beschwerdefall nicht zu, enthält der erste Absatz der angefochtenen Erledigung seinem Inhalt nach die Dienstzuteilung und keinen Abspruch, daß die Befolgung eines die Dienstzuteilung verfügenden Dienstauftrages zu den Dienstpflichten der Beschwerdeführerin gehört. Da die nunmehr von der Beschwerdeführerin bekämpfte Erledigung insgesamt nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, erfolgte daher die im ersten Absatz verfügte Dienstzuteilung in der Form der Weisung.

Dies gilt auch für die im zweiten Absatz der angefochtenen Erledigung getroffene Feststellung. Es kann dahingestellt bleiben, ob damit die belangte Behörde zutreffend lediglich klargestellt hat, daß sich an der (nach ihrer Auffassung) bisher von der Beschwerdeführerin innegehabten Funktion als stellvertretende Leiterin der Abteilung n1 (herbeigeführt durch die von der Beschwerdeführerin genannten Weisungen der belangten Behörde vom 24. Oktober bzw. vom 6. Dezember 1990) nichts geändert hat oder ob - wie die Beschwerdeführerin meint - wegen der behaupteten Wirkungslosigkeit dieser Weisungen ihre Betrauung mit dieser Funktion erst durch die im zweiten Absatz der nunmehr angefochtenen Erledigung getroffene Feststellung herbeigeführt wurde: Im ersten Fall käme nämlich der Feststellung keine eigenständige normative Bedeutung zu. Ob die Erfüllung der Weisungen vom 24. Oktober bzw. 6. Dezember 1990 zu den Dienstpflichten der Beschwerdeführerin gehörte oder nicht, ist jedoch nicht Gegenstand der angefochtenen Erledigung. Aber selbst wenn die Auffassung der Beschwerdeführerin zutreffen sollte, läge im zweiten Absatz der nunmehr angefochtenen Erledigung die Anordnung einer Verwendungsänderung.

Nach dem BDG 1979 ist unter den Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 und Abs. 3 BDG eine Verwendungsänderung einer Versetzung gleichzuhalten und nach § 38 Abs. 5 BDG mit Bescheid zu verfügen. In allen übrigen Fällen einer Verwendungsänderung hat deren Anordnung nicht im Wege eines Bescheides, sondern durch Weisung (Dienstauftrag) zu erfolgen.

Für die Anordnung einer Verwendungsänderung kommt sohin - je nach den Gegebenheiten des Falles - entweder das rechtstechnische Mittel des Bescheides oder jenes der Weisung in Betracht. Damit gehört aber die Verwendungsänderung zu jenen Sachbereichen, in denen im Sinn der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einer behördlichen Erledigung Bescheidcharakter nur dann beizumessen ist, wenn die Erledigung ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist.

Im Beschwerdefall ist die angefochtene Erledigung nicht als Bescheid bezeichnet. Im Sinn der obigen Darlegungen ist daher davon auszugehen, daß es sich hiebei nicht um einen Bescheid, sondern um eine Weisung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft handelt. Weisungen können jedoch (abgesehen vom Fall des Art. 130 Abs. 1 letzter Satz in Verbindung mit Art. 81a Abs. 4 B-VG) nicht beim Verwaltungsgerichtshof mit Beschwerde nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG angefochten werden. Die vorliegende Beschwerde mußte daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückgewiesen werden.

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