VwGH 91/12/0236

VwGH91/12/023629.7.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des J in H, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 19. August 1991, Zl. IIa-L/Ho, betreffend Versetzung gemäß § 19 LDG 1984, zu Recht erkannt:

Normen

LDG 1984 §19 Abs2;
LDG 1984 §19 Abs4;
LDG 1984 §19 Abs2;
LDG 1984 §19 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Berufsschullehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Vorarlberg.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 19 LDG 1984 von Amts wegen unter Aufhebung seiner derzeitigen Zuweisung zur gewerblichen Berufsschule X ab Beginn des Schuljahres 1991/92 an die gewerbliche Berufsschule Y versetzt. Dies wurde nach eingehender Darstellung der an der gewerblichen Berufsschule X stattgefundenen Vorfälle, in die der Beschwerdeführer involviert war, im wesentlichen damit begründet, durch die Art und Weise, wie bestehende Differenzen vom Beschwerdeführer und seiner Gruppe in die Öffentlichkeit getragen und private Äußerungen und Äußerungen von Kollegen in Konferenzen oder Arbeitsgruppen entstellt und aus dem Zusammenhang gerissen veröffentlich worden seien, habe sich das Betriebsklima an der Schule sehr verschlechtert. Es sei in der Lehrerschaft der Berufsschule X eine Atmosphäre gegenseitigen Mißtrauens entstanden, die ein gedeihliches Zusammenarbeiten nicht mehr erwarten lasse. Die Versetzung des Beschwerdeführers sei notwendig, um dieses bestehende gegenseitige Mißtrauen unter der Lehrerschaft abzubauen und wiederum auf der Grundlage einer neuen Vertrauensbasis ein gedeihliches Betriebsklima zu erzielen. Da gemäß § 19 Abs. 4 LDG 1984 auf die sozialen Verhältnisse des Landeslehrers nur so weit Rücksicht zu nehmen sei, als dienstliche Interessen nicht gefährdet würden, habe sich ein weiteres Eingehen auf den in den Einwendungen enthaltenen Hinweis des Beschwerdeführers über die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse erübrigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend macht.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, und legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des § 19 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. 302/1984,

LDG 1984 lauten:

"(1) Der Landeslehrer ist entweder unmittelbar einer Schule zur Dienstleistung oder der Lehrerreserve zuzuweisen.

(2) Unter Aufhebung der jeweiligen Zuweisung kann der Landeslehrer von Amts wegen oder auf Ansuchen jederzeit durch eine anderweitige Zuweisung an eine andere Schule oder zur Lehrerreserve versetzt werden (Versetzung), sofern er jedoch eine schulfeste Stelle innehat, nur in den Fällen des § 25.

...

(4) Bei der Versetzung von Amts wegen ist auf die sozialen Verhältnisse und auf das Dienstalter des Landeslehrers soweit Rücksicht zu nehmen, als dienstliche Interessen nicht gefährdet werden. Die Versetzung ist unzulässig, wenn sie für den Landeslehrer einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Landeslehrer, bei dem dies nicht der Fall ist und der keine schulfeste Stelle innehat, zur Verfügung steht."

Die amtswegige Versetzung eines Landeslehrers nach § 19 Abs. 2 LDG 1984 ist eine Ermessensentscheidung, die zunächst und grundsätzlich ihren im Gesetz zum Ausdruck gelangenden Sinn in dienstlichen Interessen, insbesondere im dienstlichen Bedarf, findet (Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1988, Zl. 87/12/0014 und vom 19. Februar 1992, Zl. 86/12/0159). Ausgehend davon, daß eine solche Versetzung sowohl die Aufhebung der bestehenden Zuweisung als auch die Zuweisung an eine neue Schule oder zur Lehrerreserve beinhaltet, reicht es für eine diesem aufgezeigten Sinn des Gesetzes entsprechende Ermessensentscheidung aus, wenn dienstliche Interessen für einen der beiden Teile des Versetzungsaktes vorliegen (vgl. dazu die bereits zitierten Erkenntnisse vom 20. September 1988 und 19. Februar 1992). Im Beschwerdefall erblickt die belangte Behörde das dienstliche Interesse in der Notwendigkeit, das (auch) durch den Beschwerdeführer verursachte bestehende gegenseitige Mißtrauen unter der Lehrerschaft an der gewerblichen Berufsschule X abzubauen und wiederum auf der Grundlage einer neuen Vertrauensbasis ein gedeihliches Betriebsklima zu erzielen. Dieses von der belangten Behörde herangezogene maßgebende Argument genügt aber für die Rechtmäßigkeit der Versetzung des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt des dienstlichen Interesses. Er selbst stellt auch in der Beschwerde die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid im einzelnen genannten Vorkommnisse an der gewerblichen Berufsschule X und seine Involvierung gar nicht in Abrede; er führt ins Treffen, die belangte Behörde habe sich nicht ausreichend mit der Bestimmung des § 19 Abs. 4 LDG 1984 auseinandergesetzt. Demzufolge habe die belangte Behörde außer acht gelassen zu prüfen, ob im Hinblick auf die nach Auffassung des Beschwerdeführers in seinem Fall erfüllten Tatbestandsvoraussetzungen seine Versetzung nach dem ersten oder zweiten Satz dieser Bestimmung überhaupt zulässig gewesen sei.

Darauf ist ihm folgendes zu erwidern:

Nach § 19 Abs. 4 LDG 1984 ist das dienstliche Interesse an der Versetzung vorrangig. Erst wenn die dienstlichen Interessen dies - grundsätzlich - zulassen, ist bei einer Versetzung von Amts wegen auf die sozialen Verhältnisse und auf das Dienstalter des Landeslehrers Rücksicht zu nehmen. Der Beschwerdeführer meint nun in diesem Zusammenhang von einer Gefährdung dienstlicher Interessen durch seine Nichtversetzung könne nicht gesprochen werden; eine solche wäre allenfalls anzunehmen, wenn der Dienstzweck, nämlich die Durchführung des Unterrichtes, gefährdet wäre. Der Beschwerdeführer übersieht aber, daß das Bestehen eines auf gegenseitiger Achtung und Vertrauen zwischen Direktion und Lehrerschaft sowie unter der Kollegenschaft beruhenden Betriebsklimas eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, daß die Schule ihren gesetzlichen Erziehungs- und Bildungsauftrag im Sinne der Bestimmungen des Schulorganisationsgesetzes überhaupt erfüllen kann, daß also zwischen dem Betriebsklima und den der Erfüllung dienstlicher Aufgaben im Schulbereich ein nicht zu leugnender innerer Bezug besteht. Daß es gerade zum Zwecke der Erfüllung der nach dem Schulorganisationsgesetz gestellten Aufgaben einer Beruhigung der kollegialen Atmosphäre innerhalb der gewerblichen Berufsschule X bedarf, ist aktenkundig und wird vom Beschwerdeführer auch grundsätzlich nicht in Abrede gestellt.

Der Beschwerdeführer verkennt aber, daß ihm nicht die "Aufklärung" von Vorfällen als solche zum Vorwurf gemacht wird, sondern seine diesbezügliche Vorgangsweise. Ausgehend von den Feststellungen im angefochtenen Bescheid erweist sich aber auch die Annahme der belangten Behörde, die Nichtversetzung des Beschwerdeführers könnte die dienstlichen Interessen gefährden, als unbedenklich. Soweit sich der Beschwerdeführer auf § 19 Abs. 4 zweiter Satz LDG 1984 beruft, geht seine Beschwerde in Leere. Denn diese Bestimmung setzt voraus, daß die Versetzung des ursprünglich in Aussicht genommenen Lehrers entfallen kann, weil ein anderer geeigneter Lehrer, für den die Maßnahme keinen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeutet, zur Verfügung steht. Eine solche Auswahl ist aber von vornherein dann nicht gegeben, wenn das wichtige dienstliche Interesse - wie dies im Beschwerdefall zutrifft - darin besteht, einen bestimmten Lehrer von seiner Dienststelle zu entfernen (siehe in diesem Zusammenhang die zur vergleichbaren Bestimmung des § 38 Abs. 3 zweiter Satz BDG 1979 ergangene Judikatur z.B. Erkenntnis vom 13. Dezember 1982, Zl. 81/12/0206, vom 13. Dezember 1982, Zl. 82/12/0080, vom 17. März 1986, Zl. 85/12/0212,

AW 85/12/0019 und vom 27. Februar 1989, Zl. 87/12/0060).

Da die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Versetzung des Beschwerdeführers aber ausschließlich in der Hintanhaltung der Gefährdung dienstlicher Interessen (wesentliche Beeinträchtigung des Betriebsklimas etwa das Verhalten des Beschwerdeführers an seiner bisherigen Schule) begründet ist, entspricht die Nichtberücksichtigung der ausschließlich auf die sozialen und wirtschaftlichen Aspekte abzielenden Ausführungen in den Einwendungen der Rechtslage.

Der angefochtene Bescheid weist daher weder die aufgezeigte noch eine andere vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen wahrzunehmende Rechtswidrigkeit auf, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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