Normen
ASVG §43 Abs3 Z1;
ASVG §49 Abs3 Z1 litc;
ASVG §49 Abs3 Z1;
ASVG §43 Abs3 Z1;
ASVG §49 Abs3 Z1 litc;
ASVG §49 Abs3 Z1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 14. Juli 1989 verpflichtete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse den Beschwerdeführer als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG für den Versicherten H allgemeine Beiträge in der Höhe von S 3.937,50 zu entrichten. Nach der Begründung sei bei einer Beitragsprüfung festgestellt worden, daß der Versicherte ab 1. Jänner 1989 Tagesgelder in der Höhe von monatlich S 360,-- erhalte. Dabei sei vom Beschwerdeführer ein Betrag in der Höhe von S 340,-- beitragsfrei und nur der übersteigende Betrag in Höhe von S 20,-- beitragspflichtig behandelt worden. Der Versicherte fahre täglich von der Baustelle zum Wohnort zurück. Diese Fahrten würden überwiegend mit dem Firmen-PKW gemeinsam mit dem Dienstgeber durchgeführt. Nach dem im Beschwerdefall zur Anwendung kommenden Kollektivvertrag für das Hafner-, Platten- und Fliesenlegergewerbe erhalte der Arbeitnehmer bei Arbeit außerhalb einer 10 km-Grenze von der Stadtmitte oder Ortsmitte, falls er nicht am Abend auf Anordnung und Kosten der Firma zurückfahre und ihm nicht ausreichende Verpflegung und Quartier beschafft werden könne, für die Mehrkosten eine Auslöse (§ 7). Da nach diesen Bestimmungen im Beschwerdefall für den Versicherten kein Anspruch auf Auslöse bestünde und auch ein tatsächlicher Aufwand nicht habe belegt werden können, stelle das gewährte Tagesgeld zur Gänze beitragspflichtiges Entgelt dar.
Der Beschwerdeführer erhob Einspruch, wobei er im wesentlichen vorbrachte, daß der Arbeitnehmer bei der Montage von Kachelöfen ausschließlich auswärts arbeiten müsse. Die Fahrten würden mit dem Firmen-PKW durchgeführt, wobei zum Teil beträchtliche Entfernungen zurückzulegen seien. Ein Nachweis einzelner Aufwendungen sei im Gesetz nicht gefordert, es müsse daher die Kenntnis eines erhöhten Verpflegsaufwandes genügen und dieser gegebenenfalls geschätzt werden. Der erhöhte Aufwand sei von der mitbeteiligten Kasse nicht bestritten worden, sodaß § 49 Abs. 2 (gemeint wohl: Abs. 3) Z. 1 erster Satz ASVG angewendet werden könne. Der Nachweis jedes einzelnen Verpflegsaufwandes sei nicht zumutbar und könne daher auch nicht ernstlich verlangt werden. Die gewährten Beträge seien unbestrittenermaßen vereinbart gewesen. Nach § 49 Abs. 3 Z. 1 ASVG seien auch individuell vereinbarte Beträge beitragsfrei, wenn sie die Vergütungssätze von Kollektivverträgen für vergleichbare Betriebe nicht überstiegen. Wenn im Kollektivvertrag für Hafner kein Anspruch geregelt sei, so seien Kollektivverträge vergleichbarer Branchen für eine Beurteilung heranzuziehen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch keine Folge gegeben und der Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bestätigt. Nach der Begründung sei die Gebietskrankenkasse im Recht, wenn sie die Ansicht vertrete, der Hinweis im Gesetz, daß die Aufwandersätze "die tatsächlichen Aufwendungen nicht übersteigen dürfen", bedeute, daß der Aufwand belegsmäßig nachzuweisen sei. Lediglich in den Fällen des § 49 Abs. 3 Z. 1 lit. a bis c seien Tages- und Nächtigungsgelder (bis zu den jeweilige Höchstgrenzen) ohne Nachweis der tatsächlichen Aufwendungen beitragsfrei. Im § 7 des Kollektivvertrages für Hafner sei ein Anspruch auf Auslösen geregelt. Die Voraussetzungen dafür seien im Beschwerdefall jedoch nicht gegeben, da der Arbeitnehmer täglich mit dem Firmen-PKW vom Wohnort zur Baustelle und wieder zurück gefahren sei. Dem Beschwerdeführer könne nicht gefolgt werden, wenn er die Auffassung vertrete, Diäten könnten individuell vereinbart sein und dürften dann jedoch die Vergütungssätze von Kollektivverträgen für vergleichbare Betriebe nicht übersteigen. Die entsprechende Regelung im § 49 Abs. 3 Z. 1 lit. c ASVG könne nämlich nur dann zur Anwendung kommen, wenn Normen der kollektiven Rechtsgestaltung überhaupt fehlten und die Vereinbarung mit allen Dienstnehmern oder bestimmten Gruppen getroffen worden sei. Der Kollektivvertrag für das Hafnergewerbe enthalte jedoch - wie oben ausgeführt - eine entsprechende Bestimmung über Aufwandsersätze.
Mit Beschluß vom 25. September 1990, B 804/90-3, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In seiner auftragsgemäß ergänzten Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 49 Abs. 1 ASVG bestimmt:
"§ 49. (1) Unter Entgelt sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält."
§ 49 Abs. 3 Z. 1 ASVG in der im Beschwerdefall (ab Beginn des Beitragszeitraumes Jänner 1989) anzuwendenden Fassung der 46. ASVG-Novelle BGBl. Nr. 749/1988 hat folgenden Inhalt:
"(3) Als Entgelt im Sinne des Abs. 1 und 2 gelten nicht:
1. Vergütungen des Dienstgebers an den Dienstnehmer (Lehrling), durch welche die durch dienstliche Verrichtungen für den Dienstgeber veranlaßten Aufwendungen des Dienstnehmers abgegolten werden (Auslagenersatz); hiezu gehören insbesondere Beträge, die den Dienstnehmern (Lehrlingen) als Fahrtkostenvergütungen einschließlich der Vergütungen für Wochenend(Familien)heimfahrten, Tages- und Nächtigungsgelder gezahlt werden, soweit sie die tatsächlichen Aufwendungen nicht übersteigen. Unter Tages- und Nächtigungsgelder fallen auch Vergütungen für den bei Arbeiten außerhalb des Betriebes oder mangels zumutbarer täglicher Rückkehrmöglichkeiten an den ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) verbundenen Mehraufwand, wie Bauzulagen, Trennungsgelder, Übernachtungsgelder, Zehrgelder, Entfernungszulagen, Aufwandsentschädigungen, Stör- und Außerhauszulagen u.ä., wenn sie
- a) aufgrund gesetzlicher Vorschriften, von Gebietskörperschaften erlassener Dienstordnungen, aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst(Besoldungs)- ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechtes oder der vom Österreichischen Gewerkschaftsbund für seine Bediensteten festgelegten Arbeitsordnung,
- b) aufgrund von Normen oder kollektiven Rechtsgestaltung oder
- c) aufgrund von Vereinbarungen, die bei Fehlen von Normen der kollektiven Rechtsgestaltung zwischen einem einzelnen Dienstgeber und allen Dienstnehmern oder Gruppen seiner Dienstnehmer abgeschlossen wurden und deren Höhe - unter sinngemäßer Anwendung des Abs. 4 zweiter Satz - die Vergütungssätze in Kollektivverträgen für vergleichbare Betriebe nicht überschreitet,
gezahlt werden und nach § 26 des Einkommensteuergesetzes 1988, LGBl. Nr. 400, nicht der Einkommensteuer(Lohnsteuer)pflicht unterliegen, wobei an die Stelle der im § 26 Z. 4 lit. b des Einkommensteuergesetzes 1988 genannten Beträge von S 240,-- bzw. S 300,-- die Beträge von S 340,-- bzw. S 400,-- treten;"
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens besteht Übereinstimmung, daß im anzuwendenden Kollektivvertrag für das Hafnergewerbe lediglich dann ein Anspruch des Dienstnehmers auf Tagesgelder besteht, wenn mit der außerbetrieblichen Verrichtung auch eine Übernachtung verbunden ist (§ 7). Unbestritten ist auch, daß der Kollektivvertrag für den Fall der täglichen Rückkehr zum Betrieb keinen Anspruch des Dienstnehmers vorsieht.
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, daß gemäß § 49 Abs. 3 Z. 1 lit. c ASVG bei Fehlen von Normen der kollektiven Rechtsgestaltung für das konkrete Dienstverhältnis jene Vergütungssätze heranzuziehen sind, die in Kollektivverträgen für vergleichbare Betriebe gelten; die belangte Behörde hätte daher z.B. den Kollektivvertrag für Installateure bzw. den Kollektivvertrag für Arbeiter im eisen- und metallverarbeitenden Gewerbe heranziehen müssen.
Diese Auffassung erweist sich als unzutreffend. Von einem "Fehlen von Normen kollektiver Rechtsgestaltung" im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 1 lit. c ASVG kann zwar nicht erst gesprochen werden, wenn (bezüglich der betroffenen Beschäftigungsverhältnisse) die Möglichkeit der Schaffung von Normen der kollektiven Rechtsgestaltung im Sinne des Art. I des Arbeitsverfassungsgesetzes fehlt; vielmehr reicht das konkrete Fehlen solcher Normen aus. Davon kann aber nicht schon dann gesprochen werden, wenn ein Kollektivvertrag keine Bestimmung enthält, aufgrund derer die strittigen Entgeltteile zu zahlen wären (vgl. das Erkenntnis vom 17. Dezember 1991, Zl. 90/08/0005). Ein solcher Umstand ist jedoch im Beschwerdefall gegeben, da der anzuwendende Kollektivvertrag für das Hafnergewerbe (wie dessen § 7 zeigt) bloß keine Bestimmung enthält, nach der bei täglicher Rückkehr des Dienstnehmers zum Arbeitsplatz ein Anspruch auf Aufwandersatz bestünde. Ein Rückgriff auf Vereinbarungen nach § 49 Abs. 3 Z. 1 lit. c ASVG kam daher nicht in Frage. Die Ermittlung von Vergütungssätzen in Kollektivverträgen für vergleichbare Betriebe war entbehrlich.
Anders als die vom zweiten Satz des § 49 Abs. 3 Z. 1 ASVG erfaßten Entgeltteile (vgl. das Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 89/08/0060) sind jene nach dem ersten Satz der genannten Bestimmung als Auslagenersätze gewidmete nur insoweit beitragsfrei, als mit ihnen TATSÄCHLICHE AUFWENDUNGEN der Dienstnehmer abgegolten wurden (vgl. das Erkenntnis vom 17. Dezember 1991, Zl. 90/08/0225). Ein Nachweis in der Richtung, daß die geleisteten "Tagesgelder" die tatsächlichen Aufwendungen nicht überstiegen haben, ist vom Beschwerdeführer aber nicht erbracht worden.
Die belangte Behörde handelte deshalb nicht rechtswidrig, wenn sie die vom Beschwerdeführer gewährten Tagesgelder als beitragspflichtiges Entgelt behandelte. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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