VwGH 88/14/0011

VwGH88/14/00113.3.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Baumann, Mag. Heinzl und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des M in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom 16. November 1987, GZ. 274/1-3/87, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1985, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §270;
EStG 1972 §34 Abs1;
EStG 1972 §34 Abs3;
MRK Art6 Abs1;
BAO §270;
EStG 1972 §34 Abs1;
EStG 1972 §34 Abs3;
MRK Art6 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1985 den Antrag, die Gebühren und Kosten eines Vaterschaftsprozesses in der Höhe von S 28.525,-- als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1972 zu berücksichtigen. Gegen den dies abweisenden Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes erhob der Beschwerdeführer Berufung mit der Begründung, daß erst durch das Sachverständigengutachten im Vaterschaftsprozeß sich die Richtigkeit seiner Aussage herausgestellt habe, nicht der Vater dieses Kindes zu sein. Er habe allerdings Gerichtskosten im Ausmaß von insgesamt S 28.525,-- in Kauf nehmen müssen. Hätte er sich diesem Test nicht gestellt, so wäre er als Vater des Kindes festgestellt worden. Dies hätte zur Folge gehabt, daß er zu Zahlung von Alimenten - somit von außergewöhnlichen Belastungen - verpflichtet worden wäre. Im übrigen sei er zur Durchführung des Vaterschaftstestes auch aus sittlichen Gründen im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1972 verpflichtet gewesen. Erst durch diesen Test habe er dem Kind die Möglichkeit eröffnet, seinen richtigen Vater zu finden. Diese Aufwendungen seien ihm daher zwangsläufig erwachsen.

Das Finanzamt legte diese Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor. In der mündlichen Berufungsverhandlung wurde ausgeführt, daß die durch das Jugendamt der Bezirkshauptmannschaft F. vertretene Angelika Maria R. die gegen den Beschwerdeführer auf Feststellung seiner Vaterschaft und seines Unterhaltes gerichtete Klage erhoben habe. Der Beschwerdeführer habe in der mündlichen Verhandlung die geschlechtlichen Beziehungen mit der Kindesmutter in der fraglichen Zeit als richtig außer Streit gestellt. Der Sachverständige sei in seinem Gutachten auf Grund der Untersuchungen zu dem Ergebnis gelangt, der Beschwerdeführer sei blutgruppenserologisch von der Vaterschaft zu diesem Kind auszuschließen und könne die minderjährige Klägerin unmöglich gezeugt haben. Die Klage sei daher mit Urteil rechtskräftig abgewiesen worden, wobei der Beschwerdeführer allerdings zur Entrichtung der Gebühren und Kosten dieses Verfahrens verpflichtet worden sei. Der Beschwerdeführer brachte im wesentlichen vor, daß sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 34 EStG 1972 erfüllt seien, um die geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Dies um so mehr, als der Verwaltungsgerichtshof auch die Zwangsläufigkeit der Kosten eines freisprechenden Strafprozesses bejahe, der Beschwerdeführer in seinem Falle trotz Obsiegens im Vaterschaftsprozeß jedoch nur infolge Vermögenslosigkeit der minderjährigen Klägerin im Regreßwege zu dieser Kostenzahlung verpflichtet worden sei. Die Auffassung der Finanzbehörden, diese Aufwendungen seien - infolge freiwilligen Eingehens der Beziehung zur Kindesmutter - nicht zwangsläufig, erweise sich als unzutreffend, zumal auch Unterhaltskosten eines letztlich freiwillig gezeugten unehelichen Kindes als außergewöhnliche Belastung anerkannt würden. Für eine Bejahung der Zwangsläufigkeit spreche auch, daß der Staat bei ehelichen Kindern Steuerermäßigung in verschiedenen Formen gewähre. Abgesehen davon würden auch in anderen Fällen (z.B. bei einer Pilzvergiftung oder einem Bergunfall) Krankenbehandlungskosten als außergewöhnliche Belastung anerkannt, auch dann, wenn in solchen Fällen die Verhältnisse freiwillig herbeigeführt worden seien. Im übrigen seien diese Prozeßkosten als Abwehrkosten einzustufen. Hätte er sich in diesem Verfahren nicht zur Wehr gesetzt, wäre er nämlich als Vater festgestellt und zur Unterhaltsleistung verpflichtet worden. Diese Aufwendungen hätten in der Folge jedoch zu weit größeren Steuerermäßigungen geführt.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen und dazu ausgeführt, daß es im vorliegenden Fall zu prüfen gelte, ob sich der Beschwerdeführer den geltend gemachten Prozeßkosten vom Entstehungsgrund her entziehen hätte können. Als Entstehungsgrund kämen nur die geschlechtlichen Beziehungen zur Kindesmutter in Betracht. Denn diese Ereignisse seien Ausgangspunkt einer fortlaufenden - und letztlich im Vaterschaftsprozeß mündenden - Kausalkette. Denke man sich nämlich diese intimen Beziehungen weg, so wäre hiedurch den nachfolgenden Ereignisssen die Grundlage entzogen. Daß diese Beziehung zur Kindesmutter auf freiwilliger Basis erfolgt sei, werde vom Beschwerdeführer während des gesamten Verfahrens nicht bestritten. Dies bedeute aber im Ergebnis, daß sich der Beschwerdeführer den geltend gemachten Prozeßkosten von ihrem Entstehungsgrund her entziehen hätte können, wenn er sich mit der Kindesmutter nicht geschlechtlich eingelassen hätte.

Im übrigen sei die auch in diesem Verfahren strittige Rechtsfrage nach der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen für eine Blutgruppenuntersuchung im Zusammenhang mit einem Vaterschaftsprozeß bereits einmal Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gewesen. Im Erkenntnis vom 1. Juli 1970, 699/69, habe der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde verworfen und dazu ausgeführt, daß von einer Zwangsläufigkeit dann nicht gesprochen werden könne, wenn die zu den Aufwendungen führenden Verhältnisse vom Beschwerdeführer vorsätzlich herbeigeführt worden seien (vgl. auch hg. Erkenntnisse vom 14. Februar 1962, 1652/60, und 18. Juni 1963, 1238/61).

Wenn sich der Beschwerdeführer aber den geltend gemachten Prozeßkosten von ihrem Entstehungsgrund her entziehen hätte können, diese Aufwendungen sohin nur die Folge eines von ihm freiwillig (oder vorsätzlich) herbeigeführten Verhaltens seien, fehle damit diesen Aufwendungen die Zwangsläufigkeit und eine der Voraussetzungen für ihre Anerkennung als außergewöhnliche Belastung.

An diesem Ergebnis vermögen auch die Einwendungen des Beschwerdeführers nichts zu ändern. Wenn der Beschwerdeführer einwende, er habe sich dem gerichtlichen Verfahren zur Feststellung seiner Vaterschaft nach seinen geschlechtlichen Beziehungen zur Kindesmutter nicht entziehen können, so möge das durchaus zutreffen, sei aber letztlich irrelevant. Entscheidend sei vielmehr, ob sich der Beschwerdeführer dem Entstehungsgrund der Kosten dieses Verfahrens aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen hätte können. Doch gerade dies habe er nicht bestritten. Bei anderer Beurteilung würde das Erfordernis der Zwangsläufigkeit gegenstandslos, weil es dann jeder Steuerpflichtige in der Hand hätte, die steuerliche Berücksichtigung seiner Aufwendungen dadurch herbeizuführen, daß er eine entsprechende Rechtsverbindlichkeit schafft (Urteil des BFH vom 14. Dezember 1961, VI 206/61, Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, III C, Tz. 4 zu § 34 Abs. 3, 2).

Auch der Hinweis, durch sein Obsiegen im Vaterschaftsprozeß sei das Entstehen weit höherer außergewöhnlicher Belastungen, nämlich von Unterhaltszahlungen, verhindert worden, erweise sich als nicht zielführend. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer in diesem Fall selbst höhere Aufwendungen zu tragen hätte und schon aus diesem Grunde an ihrer Vermeidung interessiert sein mußte, übersehe er, daß eine gesetzliche Verpflichtung zur Unterhaltsleistung der Eltern von ehelichen bzw. unehelichen Kindern bestehe. Wenn aber ein Steuerpflichtiger zu Unterhaltsleistungen von Gesetzes wegen verpflichtet sei, könne er sich diesen Aufwendungen schon aus rechtlichen Gründen nicht entziehen. Diese Zwangsläufigkeit sei in diesen Fällen eben Ausfluß einer gesetzlichen Verpflichtung. Nur auf Grund des Umstandes, daß die normalen Kosten, die mit dem Unterhalt und der Berufsausbildung haushaltszugehöriger Kinder oder Enkelkinder verbunden seien, auf andere Weise (z.B. durch Familienbeihilfen) abgegolten werden, habe eine zusätzliche Berücksichtigung dieser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung zu unterbleiben (vgl. hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1978, 790/78).

Wenn der Beschwerdeführer auf die Zwangsläufigkeit anderer fraglicher Aufwendungen (z.B. Krankheitskosten) hinweise, so führe auch dieser Einwand ins Leere. Wenn auch Krankheitskosten zu einer Steuerermäßigung führen können, bleibe indessen aus der Argumentation des Beschwerdeführers nicht erkennbar, weshalb auch die Kosten eines Vaterschaftsprozesses zu dieser Steuerermäßigung führen sollen. Einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Kategorien von Aufwendungen habe der Beschwerdeführer jedenfalls nicht aufzeigen können.

Insoweit sich der Beschwerdeführer darauf stütze, daß auch die Kosten eines freisprechenden Strafprozesses zu außergewöhnlichen Belastungen führen können, sei ihm zwar prinzipiell zuzustimmen. Er übersehe dabei jedoch, daß hier kein Strafprozeß vorliege. Abgesehen davon liege der Entstehungsgrund von Verteidigungskosten im Strafverfahren in der Regel außerhalb der Einflußsphäre des Steuerpflichtigen. Denn wenn sich erst im Laufe eines Strafprozesses der Verdacht einer strafbaren Handlung als unrichtig erweise und sich folglich erst dort die Unschuld des Verdächtigen herausstelle, so werde man nicht ernsthaft behaupten können, der Steuerpflichtige hätte sich den Kosten seiner Verteidigung entziehen können. Die Zwangsläufigkeit der Kosten eines Vaterschaftsprozesses wäre nach Ansicht der belangten Behörde dann zu bejahen, wenn sich der Steuerpflichtige mit der Kindesmutter geschlechtlich gar nicht eingelassen hätte, sich dieser Umstand erst im Zuge des Verfahrens als wahr erweisen würde und der obsiegende Steuerpflichtige keine Regreßmöglichkeit (z.B. gegen die Kindesmutter) hätte. In einem solchen Fall würde dem Steuerpflichtigen nicht unterstellt werden können, die zu diesen Aufwendungen führenden Verhältnisse freiwillig oder vorsätzlich herbeigeführt zu haben. Daß er mit der Kindesmutter geschlechtlich verkehrte, habe der Beschwerdeführer indessen selbst ausdrücklich bestätigt.

Völlig unerheblich sei im übrigen, wie sich die strittigen Aufwendungen zusammensetzten. Selbst wenn man das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers, diese Kosten seien darauf zurückzuführen, daß die minderjährige Klägerin einen Antrag auf Verfahrenshilfe gestellt habe, als wahr ansehen würde, bleibe fraglich, weshalb die Zusammensetzung der jeweiligen Prozeßkosten aus Gerichtsgebühren, Rechtsanwaltskosten, Sachverständigengebühren für ihre Abzugsfähigkeit entscheidend sein soll. Der Beschwerdeführer übersehe mit dieser Argumentation offensichtlich, daß die Gebühren und Kosten von insgesamt S 28.525,-- nur infolge der Vermögenslosigkeit der minderjährigen Klägerin nicht überwälzbar waren. Durch sein Obsiegen hätte er jedoch Anspruch auf Ersatz sämtlicher prozeßbedingten Aufwendungen. Welche Kosten im Einzelfall nicht überwälzbar seien, könne daher nicht entscheidend sein. Abgesehen davon hätte der Beschwerdeführer auch die Möglichkeit, im Falle eines späteren Vermögenszuwachses bei der minderjährigen Klägerin sich innerhalb der Verjährungsfrist an ihr zu regressieren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt der Beschwerdeführer zunächst darin, daß der Grundsatz, Zwangsläufigkeit sei zu verneinen, wenn sich die außergewöhnliche Belastung als Folge eines freiwilligen Verhaltens des Steuerpflichtigen darstelle, dort seine Grenze finde, wo nach dem Urteil vernünftig denkender Menschen ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen Ursache und schließlicher Folge nicht mehr gegeben sei. Werde aber dieser unmittelbare Zusammenhang im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. September 1978, 2840/77, verneint, so liege ein derartiger Kausalzusammenhang im Anlaßfall noch viel weniger vor. Wohl müßte der Kausalzusammenhang zwischen der Prozeßführung und der Kostentragung untersucht werden, nicht jedoch dürfe versucht werden, den Begriff des Kausalzusammenhanges noch weiter auszudehnen.

Der Ansicht der belangten Behörde, die Sachverständigengebühren und Gerichtskosten seien indirekte Folge eines vom Beschwerdeführer freiwillig oder vorsätzlich herbeigeführten Verhaltens, sei entgegenzuhalten, daß nicht er eine unberechtigte Privatklage eingebracht habe, sondern gegen ihn eine solche eingebracht worden sei. Außerdem sei ihm die Zahlung dieser Gebühren und Kosten nicht wegen eines schuldhaften Verhaltens seinerseits auferlegt worden. Vielmehr sei er zur Bezahlung verpflichtet worden, weil die Klägerin vermögenslos gewesen und er dadurch subsidiär zur Zahlung der Prozeßkosten herangezogen worden sei. Er habe sich aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Tragung dieser Verbindlichkeiten nicht entziehen können. Da die Verwaltungspraxis Alimentationszahlungen an uneheliche Kinder als außergewöhnliche Belastung anerkenne, habe er durch die Abführung des Vaterschaftsprozesses das Entstehen anderer, weit höherer außergewöhnlicher Belastungen vermeiden können. Nicht berücksichtigt habe die belangte Behörde, daß nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch im Zivilprozeß entstandene Kosten - soweit der Steuerpflichtige deren Entstehung nicht vorsätzlich herbeigeführt habe - Aufwendungen im Rahmen der außergewöhnlichen Belastung bilden könnten. Schließlich sei die Frage, ob der Beschwerdeführer mit dem Eintritt der Folgen seines in den Augen der belangten Behörde freiwilligen Verhaltens, nämlich der Bezahlung der Prozeßkosten, habe rechnen müssen, zu verneinen.

Das von der Behörde zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 1970, 699/69, könne nicht ohne weiteres für den Anlaßfall herangezogen werden. Dort sei es grundsätzlich um die Frage gegangen, ob Unterhaltszahlungen, die nach einem verlorenen Vaterschaftsprozeß in kumulierter Form geleistet werden, zwangsläufig erwachsen seien oder nicht. In diesem Zusammenhang seien auch die Kosten der Blutprobenuntersuchung im verlorenen Vaterschaftsprozeß als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht worden. Die Abweisung der Beschwerde sei vor allem auf die Begründung des Steuerpflichtigen zurückzuführen, er habe zwar den Zeitpunkt der an ihn vorgenommenen Sterilisationsoperation nicht genau nachweisen können, aber auf Grund dieser Operation ausgeschlossen, als Vater in Frage zu kommen. Der Verwaltungsgerichtshof habe dazu ausgeführt, daß die Einwendungen hinsichtlich der subjektiven Überzeugung des Beschwerdeführers, auf Grund der Operation nicht zeugungsfähig gewesen zu sein, allenfalls beweisen könnten, daß er das Risiko seines Verhaltens nicht richtig beurteilt habe.

In Richtung Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer vor, daß die Vorgänge während der mündlichen Berufungsverhandlung in klarem Widerspruch zu den Verfahrensvorschriften der BAO gestanden und die verfassungsgesetzlich garantierten Rechte in unzulässiger Weise beschränkt hätten. Gemäß § 283 Abs. 1 BAO sei ein Beisitzer des Senates vom Vorsitzenden als Berichterstatter zu bestellen. Daraus folge einerseits, daß es sich beim Berichterstatter um ein Mitglied des Berufungssenates handeln müsse, andererseits könne es sich entweder um ein ernanntes oder aber entsandtes Mitglied der gemäß § 270 Abs. 3 BAO zu besetzenden Senate handeln. In der Regel werde jedoch der ernannte, also weisungsgebundene Beamte vom Vorsitzenden des Senates zum Berichterstatter bestellt. Im vorliegenden Fall sei dies offenbar nicht erfolgt, weil ein nicht dem Senat angehöriger Finanzbeamter diese Tätigkeit übernommen habe. Auch sei die Anwesenheit eines zusätzlichen Finanzbeamten bei der Beratung und Abstimmung des Berufungssenates unzulässig gewesen. Durch diese entgegen den Bestimmungen der BAO abgeänderte Senatszusammensetzung, die zumindest eine psychologische Wirkung auf die Entscheidungsfindung der Laienrichter haben mußte, sei das vom Gesetzgeber beabsichtigte Kräfteverhältnis unter den Senatsmitgliedern in Frage gestellt worden. Die zu ähnlich gelagerten Fällen vertretene Auffassung der Finanzverwaltung, die geschilderte Vorgangsweise diene der Einschulung junger Juristen der Finanzlandesdirektion, könne nicht dazu führen, die im Gesetz vorgesehene eindeutige Zusammensetzung der Berufungssenate entgegen den Bestimmungen der Bundesverfassung abzuändern. Denn einerseits sei die Verhandlung vor dem Berufungssenat nach dem Willen des Gesetzgebers nicht öffentlich, andererseits seien die Senatsmitglieder im Gesetz genau bestimmt, sodaß die Anwesenheit eines weiteren Behördenorgans im Verfahren vor dem Berufungssenat eine Einschränkung des verfassungsgesetzlich garantierten Grundrechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art. 83 Abs. 2 B-VG in Verbindung mit Art. 8 StGG, Art. 5 und 6 MRK, vgl. Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit, RGBl. Nr. 87/1862) darstelle. Denn die gesamte staatliche Verwaltung dürfe nach Art. 18 Abs. 1 B-VG nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Dies umfasse nicht nur die Beschreibung des Tatbestandes, und der daran geknüpften Rechtsfolgen, sondern auch eine Bestimmung des Organs und seines Vorgehens bzw. Verfahrens. Wenn auch die Bestimmung des Organs und des Verfahrens nicht bis ins letzte Detail geregelt sein müsse, so müßten letztere doch ausreichend bestimmt werden. Wenn nun die Bundesabgabenordnung das Verfahren vor dem Berufungssenat, aber auch dessen Zusammensetzung bis ins Detail regle, darüber hinaus bestimme, daß die Verhandlung vor dem Berufungssenat nicht öffentlich sei, so könne nicht davon ausgegangen werden, daß bei Anwesenheit eines weiteren, im Gesetz nicht genannten Behördenorgans das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter in der durch die Verfassungbestimmungen grundsätzlich normierten, durch die Verwaltungsgesetze näher bestimmten Weise durchgeführt worden sei.

Als weiteren Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer, daß der bekämpfte Bescheid hinsichtlich der Regreßansprüche Ausführungen enthalte, die ihm nicht zur Kenntnis gebracht worden seien, weshalb die belangte Behörde eine Verletzung des Parteiengehörs zu vertreten habe. Des weiteren erhebe sich die Frage, ob die belangte Behörde nicht ihre amtswegige Ermittlungspflicht verletzt habe, da sie das Vorliegen einer Regreßmöglichkeit einfach in den Raum stelle, statt von sich aus gemäß § 115 BAO die tatsächlichen Verhältnisse zu ermitteln.

In der Gegenschrift beantragt die belangte Behörde, die Beschwerde als unbegründet und kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1972 werden auf Antrag außergewöhnliche Belastungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, insoweit vor Berechnung der Steuer vom Einkommen abgezogen, als sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben außer Betracht. Nach Abs. 2 leg. cit. liegt eine außergewöhnliche Belastung, die zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer führt, dann vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Von einem zwangsläufig erwachsenen Aufwand im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1972 kann nur gesprochen werden, wenn sich ein Abgabepflichtiger diesem Aufwand von dessen Entstehungsgrund her aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (vgl. hg. Erkenntnis vom 28. April 1982, 13/3141/80). Die Zwangsläufigkeit ist stets nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles und nicht in wirtschaftlicher oder gar typisierender Betrachtungsweise zu beurteilen (vgl. hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1966, 907/66, Slg. 3514/F). Schon aus der Wortfolge des § 34 Abs. 3 leg. cit. "wenn der Steuerpflichtige sich ihr ... nicht entziehen kann" ergibt sich mit aller Deutlichkeit, daß freiwillig getätigte Aufwendungen ebensowenig Berücksichtigung finden können wie Aufwendungen, welche auf Tatsachen zurückzuführen sind, die vom Steuerpflichtigen freiwillig oder vorsätzlich herbeigeführt wurden (hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1970, 699/69, sowie Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 34 Abs. 3 EStG 1972, Tz. 1; Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnig, Einkommensteuerhandbuch2, § 34, Tz. 22).

Im allgemeinen kann davon ausgegangen werden, daß Prozeßkosten nicht zwangsläufig erwachsen sind, weil jede Prozeßführung mit dem Risiko verbunden ist, die Kosten ganz oder teilweise selbst tragen zu müssen. Eine allgemeine Regel läßt sich allerdings nicht aufstellen, vor allem dann nicht, wenn der Steuerpflichtige als beklagte Partei zur Prozeßführung gezwungen ist. Die Rechtsprechung hat jedoch die Zwangsläufigkeit stets dann verneint, wenn ein Prozeß letztlich nur die Folge eines Verhaltens ist, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken bereitgefunden hat. Den Aufwendungen für eine Blutgruppenuntersuchung im Zusammenhang mit einem Vaterschaftsprozeß fehlt nach dem Schrifttum das Merkmal der Zwangsläufigkeit, weil sie eine Folge das dieses Merkmal ausschließenden Verhaltens des Steuerpflichtigen sind (Hofstätter-Reichel, Kommentar zu § 34 EStG 1972 Einzelfälle, Stichwort Prozeßkosten).

Mit dem Erkenntnis vom 1. Juli 1970, 699/69, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Berufung auf die Vorjudikatur ausgesprochen, daß von einer Zwangsläufigkeit dann nicht gesprochen werden könne, wenn die Verhältnisse, welche die Aufwendungen bedingen, vom Beschwerdeführer vorsätzlich herbeigeführt worden sind. Zu entscheiden war über Aufwendungen im Verfahren, in denen die Vaterschaft des Beschwerdeführers festgestellt worden ist. Daß solchen unmittelbar vom Beschwerdeführer zu tragenden Kosten eines Prozesses der Charakter der Zwangsläufigkeit fehlt, entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 4. April 1990, 89/13/0100).

Im vorliegenden Beschwerdefall liegt jedoch ein anderer Sachverhalt vor. Der Beschwerdeführer hat im Vaterschaftsprozeß als beklagte Partei den Geschlechtsverkehr in der gesetzlichen Vermutungsfrist mit der Mutter der Klägerin nicht bestritten, sodaß ihn die Beweislast für die Widerlegung der Vaterschaftsvermutung traf. Er hatte daher die Beweise zu beantragen und zunächst vorläufig die Kosten dafür, nämlich einer entsprechenden Untersuchung und eines Sachverständigengutachtens, zu tragen. Nachdem im Vaterschaftsprozeß festgestellt worden war, daß der Beschwerdeführer nicht als Vater des Kindes in Frage komme, hätte die klagende Partei gemäß § 41 Abs. 1 ZPO der beklagten Partei alle durch die Prozeßführung verursachten, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten zu ersetzen gehabt. Auch im Falle der Verfahrenshilfe nach §§ 63 ff ZPO hat die unterliegende Partei die Verpflichtung zur Übernahme der notwendigen Prozeßkosten. Somit trafen letztlich die vom Beschwerdeführer als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Prozeßkosten rechtlich betrachtet nicht ihn, sondern die im Gerichtsverfahren klagende und unterliegende Partei.

Daß der Kostenzuspruch an die obsiegende Partei im Beschwerdefall in der Entscheidung des Gerichtes nicht erfolgt ist, ist darauf zurückzuführen, daß der nicht anwaltlich vertretene Beschwerdeführer kein Kostenverzeichnis gelegt hat. Mit anschließend ergangenem Beschluß hat das Gericht zwar bestimmt, daß die beklagte Partei die in Rede stehenden Kosten im vollen Umfang zu ersetzen habe, der Beschwerdeführer hätte jedoch die Möglichkeit gehabt, zu erwirken, daß die Kosten der klagenden Partei auferlegt werden. Dies hätte allerdings an der Kostentragung durch den Beschwerdeführer nichts geändert, weil Regreßansprüche gegen einkommens- und vermögenslose, unter Umständen erst in Jahrzehnten berufstätige Personen erfahrungsgemäß nicht eintreibbar sind, sodaß der Regreßanspruch, wie auch von der belangten Behörde festgestellt, in absehbarer Zeit nicht durchsetzbar ist.

Der Beschwerdeführer hat somit Kosten in einem Fall getragen, in dem er obsiegende Partei war. Damit kann aber im vorliegenden Fall von einem die Zwangsläufigkeit ausschließenden Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Beschwerdeführers und der tatsächlichen Kostentragung nicht mehr gesprochen werden. Der Grund für die Belastung kann daher nicht mehr in der Beziehung des Steuerpflichtigen zur Kindesmutter gesehen werden, sondern vielmehr darin, daß der Beschwerdeführer Prozeßkosten zu tragen hatte, obwohl er in dem ihm aufgezwungenen Vaterschaftsprozeß als Beklagter obsiegt hat (vgl. auch Urteil des BFH vom 15. November 1957, VI 279/56U, BFH E Bd 66/63).

Da die belangte Behörde dies verkannte, erweist sich der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig.

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verfahrensrüge, ein nicht dem Berufungssenat angehöriger, in Ausbildung befindlicher Finanzbeamter habe vertretungsweise zu Beginn der Verhandlung Bericht erstattet, ist insofern zutreffend, als diese Vorgangsweise wie auch die bloße Anwesenheit dieses Finanzbeamten bei der Beratung und Abstimmung nicht den Bestimmungen der BAO entspricht. An der Zusammensetzung der stimmführenden Mitglieder des Senates ist jedoch dadurch keine Änderung eingetreten, sodaß die behauptete Einschränkung des Grundrechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht erkennbar ist.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß der Bescheid der belangten Behörde mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet und daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne daß auf die weiteren Beschwerdegründe näher eingegangen werden mußte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwandersatz ein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer nicht zuerkannt werden kann (vgl. die bei Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 687 Abs. 3 zitierte hg. Rechtsprechung) und ein nicht erforderlicher Stempelgebührenaufwand (der angefochtene Bescheid war lediglich in einfacher Ausfertigung anzuschließen) verzeichnet worden ist.

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