VwGH 88/05/0161

VwGH88/05/016128.4.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 27. Mai 1988, Zl. X-B-65/16-1988, betreffend die Aufhebung einer Bauplatzerklärung von Amts wegen (mitbeteiligte Partei: Gemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Bgld 1969 §15 litb;
BauRallg;
VwRallg;
BauO Bgld 1969 §15 litb;
BauRallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 11.240,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Gemeinde wird abgewiesen.

Begründung

I.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 2. Dezember 1976 wurde das Grundstück des Beschwerdeführers Nr. 6367, KG. S, zum Bauplatz erklärt. Mit Bescheid derselben Behörde vom 25. Juni 1987 wurde der Bauplatzerklärungsbescheid von Amts wegen aufgehoben. Begründend wurde darauf hingewiesen, daß gemäß § 15 lit. b der Burgenländischen Bauordnung die Eigenschaft einer Grundfläche als Bauplatz durch Aufhebung der Bauplatzerklärung von Amts wegen erlösche, wenn seit der Rechtskraft der Bauplatzerklärung zehn Jahre verstrichen sind, ohne daß rechtmäßig mit der Bebauung der Grundfläche begonnen worden sei. Bei einem Lokalaugenschein, zu dem der Beschwerdeführer trotz Einladung nicht erschienen sei, sei im Rahmen des Ermittlungsverfahrens festgestellt worden, daß das hergestellte Mauerwerk in keiner Weise mit dem einzigen vorhandenen und rechtskräftigen Baubewilligungsbescheid ex 1976 übereinstimme. Im übrigen stützte sich die Baubehörde auch darauf, daß die Burgenländische Landesregierung den Beschwerdeführer unterdessen mit einem am 23. April 1979 im Instanzenzug rechtskräftig ergangenen Straferkenntnis wegen der Übertretung nach § 111 Abs. 1 Z. 1 der Burgenländischen Bauordnung mit S 600,-- bestrafte. Der vom Beschwerdeführer in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 14. Mai 1987 behauptete rechtmäßige Baubeginn könne daher nicht vorliegen.

In einer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß er im Sinne des mit Baubewilligung ex 1976 genehmigten Vorhabens mit der Errichtung einer Einfriedung begonnen habe.

Mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde S vom 19. Oktober 1987 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. In der Begründung heißt es im wesentlichen, der Baubewilligungsbescheid ex 1976 sei nie rechtmäßig konsumiert worden, vielmehr habe der Beschwerdeführer anstelle der bewilligten Bauführung ein volles Mauerwerk hergestellt, das dem Keller eines Wohnhauses entspricht und in keiner Weise mit dem einzigen vorhandenen und rechtskräftigen Baubewilligungsbescheid übereinstimme. Nach einem Hinweis auf das bereits von der Baubehörde erster Instanz zitierte Straferkenntnis der Burgenländischen Landesregierung wird schließlich ausgeführt, daß es auf Grund des Strafbescheides und des Ergebnisses des Lokalaugenscheines vom 19. Mai 1987 als bewiesen erachtet werde, daß der einzige vorhandene und rechtskräftige Baubewilligungsbescheid ex 1976 in keiner Weise mit dem tatsächlich hergestellten Mauerwerk übereinstimme und von einer rechtmäßigen Bebauung der Grundfläche also nicht gesprochen werden könnte.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die Vorstellung an die Bezirkshauptmannschaft Oberwart als Gemeindeaufsichtsbehörde. Begründend räumte der Beschwerdeführer zunächst ein, daß zwar die gemäß § 15 der Burgenländischen Bauordnung gesetzte Frist von zehn Jahren verstrichen sei, die zweite Voraussetzung, nämlich der fehlende rechtmäßige Beginn nicht gegeben sei, da er mit dem Bau sehr wohl innerhalb der Frist begonnen habe. Das Gesetz verlange weder eine "rechtmäßige Konsumierung" noch die Übereinstimmung des Baues mit der Baubewilligung.

Mit Bescheid vom 23. November 1987 hob die Bezirkshauptmannschaft Oberwart den bekämpften Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde. In der Begründung wurde der Baubehörde aufgetragen, zunächst den Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft des Bauplatzerklärungsbescheides zu ermitteln, festzustellen, ob den Bestimmungen der §§ 99 und 100 der Burgenländischen Bauordnung entsprochen wurde, und schließlich darzulegen, ob und welche Gründe (öffentliches Interesse) für die Aufhebung der Bauplatzerklärung sprechen.

Im fortgesetzten Verfahren wurde vom Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 27. März 1988 der Berufung des Beschwerdeführers abermals keine Folge gegeben. Begründend wurde der 24. Dezember 1976 als Tag des Eintrittes der Rechtskraft des Bauplatzerklärungsbescheides vom 2. Dezember 1976 festgestellt und ausgeführt, daß der Beschwerdeführer den Bestimmungen der §§ 99 Abs. 1 und 100 Abs. 1 der Bauordnung für das Burgenland nicht entsprochen habe, da er der Baubehörde weder einen Bauführer namhaft gemacht noch der Baubehörde den Baubeginn bekanntgegeben habe. Als öffentliche Interessen für die Aufhebung der Bauplatzerklärung wurde ins Treffen geführt, daß in diesem Bereich kein mehrgeschoßiges Bauobjekt bestünde, des weiteren dort alle Bewilligungswerber beim Bau ihres Wohnhauses die Vorgartentiefe eingehalten und nicht an die Grundstücksgrenze gebaut hätten und außerdem durch die entstehende hohe Feuermauer das Ortsbild empfindlich gestört sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer neuerlich Vorstellung. Er bestritt nicht den Ablauf der Frist, behauptete aber, daß der Baubeginn innerhalb der Frist von zehn Jahren gelegen sei. Daß mit dem Bau nach Rechtskraft der Bescheide begonnen worden wäre, ergebe sich schon aus der Begründung des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 23. Jänner 1979. Der Bauführer sei der Baubehörde tatsächlich namhaft gemacht worden. Wenn die Baubehörde versuche, das öffentliche Interesse an der Aufhebung zu begründen, dann übersähe sie, daß sie dies nicht durch Nachholung von im Bauplatzerklärungsbescheid nicht angeführten Auflagen tun könne.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die Bezirkshauptmannschaft Oberwart der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge. Im hier wesentlichen Zusammenhang weist die belangte Behörde darauf hin, daß sich der Beschwerdeführer in einem "inneren Widerspruch" befinde, wenn er versuche, die Tatsache, daß er rechtmäßig mit der Bebauung der Grundfläche begonnen habe, mit dem Hinweis auf das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberwart begründen zu können. Die Darlegung der maßgebenden öffentlichen Interessen erfolge im Sinne der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Sie sieht den angefochtenen Bescheid als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet an und beantragt seine Aufhebung.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Eine in dieselbe Richtung gehende Gegenschrift wurde auch von der mitbeteiligten Gemeinde eingebracht.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Den Einwand der materiellen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides begründet der Beschwerdeführer primär damit, daß bei der Handhabung des § 15 lit. b der Burgenländischen Bauordnung lediglich auf den tatsächlichen Baubeginn und nicht auch auf "das erst Wochen oder Monate später auftretende allfällige baubewilligungswidrige Ergebnis vorausgesehen und abgestellt werden" könne.

§ 15 der Burgenländischen Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 62/1986, trägt die Überschrift "Erlöschen der Eigenschaft einer Grundfläche als Bauplatz". Nach lit. b dieser Bestimmung erlischt die Eigenschaft einer Grundfläche als Bauplatz auch durch Aufhebung der Bauplatzerklärung von Amts wegen. Diese Aufhebung darf von der Baubehörde nur verfügt werden, wenn seit der Rechtskraft der Bauplatzerklärung zehn Jahre verstrichen sind, ohne daß rechtmäßig mit der Bebauung der Grundfläche begonnen worden ist. Nach der hier maßgebenden Judikatur (vgl. insbesondere VwSlg. Nr. 6893/A) ist unter "Baubeginn" jede auf die Errichtung eines bewilligten Bauwerkes gerichtete bautechnische Maßnahme anzusehen, wobei es - insofern das Gesetz darüber keine nähere Bestimmung trifft - unerheblich ist, in welchem Größenverhältnis die durchgeführten Arbeiten zum geplanten Bauvorhaben stehen.

Zu fragen ist daher, ob die vom Beschwerdeführer gesetzten Handlungen auf die Errichtung des bewilligten Bauwerkes gerichtet waren.

Nach dem von der Berufungsbehörde als erwiesen erachteten Sachverhalt stimmt der Baubewilligungsbescheid ex 1976 in keiner Weise mit dem tatsächlich hergestellten Mauerwerk überein. Zum Lokalaugenschein vom 19. Mai 1987, der zu den hier maßgebenden Feststellungen führte, war der Beschwerdeführer ordnungsgemäß geladen, er hat aber daran nicht teilgenommen. In einem am 15. Mai 1987 bei der Gemeinde protokollierten Schreiben an den Bürgermeister von S machte der Beschwerdeführer geltend, daß er auf Grund der Baubewilligung ex 1976 eine Einfriedung errichtet habe. In der durchgeführten mündlichen Verhandlung hat das ein Sachverständiger bestätigt. In seiner Berufung hält dem der Beschwerdeführer nur die allgemeine Behauptung entgegen, er habe der "Bauplatzerklärung" (gemeint ist offensichtlich "der Baubewilligung") ex 1976 voll entsprochen. Dies war nach der Aktenlage zweifellos nicht der Fall. Der Beschwerdeführer hat es aber unterlassen, auch nur im Ansatz näher auszuführen, inwieweit die von ihm gesetzten Handlungen im einzelnen als Baumaßnahmen im Sinne der Baubewilligung ex 1976 zu deuten wären.

Der Verwaltungsgerichtshof kann auch nicht finden, daß der Behörde - in Bindung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde - ein "Ermessensfehler" unterlaufen wäre. Die Bezirkshauptmannschaft Oberwart hat in ihrem ersten Vorstellungsbescheid mit bindender Wirkung ausgesprochen, daß die "Ermessensentscheidung" der behördlichen Bauplatzaufhebung mit einem bestehenden öffentlichen Interesse begründet sein muß. Im Berufungsbescheid des Gemeinderates vom 27. März 1988, der Gegenstand des nunmehr angefochtenen aufsichtsbehördlichen Bescheides ist, hat der Gemeinderat die Ausübung des Ermessens begründet und in diesem Zusammenhang auf das Nichtbestehen mehrgeschoßiger Bauobjekte im gegenständlichen Bereich, auf die Einhaltung der Vorgartentiefe durch alle Bewilligungswerber, auf das Unterlassen des Bauens an der Grundstücksgrenze und auf die Störung des Ortsbildes durch die entstehende hohe Feuermauer hingewiesen. Angesichts der Bindung der Baubehörde an den ersten Vorstellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart geht das Argument des Beschwerdeführers, die Baubehörde versuche durch Nachholung von im Bauplatzerklärungsbescheid nicht angeführten Auflagen ihr Ziel zu erreichen, ins Leere. Der vom Beschwerdeführer unter dem Aspekt der behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit ferner angeführte Umstand, er habe rechtzeitig der Baubehörde den Bauführer gemeldet, kann im Ergebnis die Beschwerde keinesfalls begründen, da weder der angefochtene Bescheid noch auch die Bescheide im Instanzenzug darauf in tragender Weise abgestützt sind.

Letztlich können auch die im Zusammenhang mit der behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften angestellten Erwägungen die Beschwerde nicht begründen, da auch hier der Beschwerdeführer den Fehler der Behörde in der behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit sieht und daraus einen Begründungs- und somit Verfahrensmangel ableiten will.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG sowie auf der Verordnung BGBl. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Gemeinde war, soweit es den Schriftsatzaufwand betrifft, im Hinblick auf die Pauschalierung dieses Aufwandes in der zitierten Verordnung und auf nicht zustehende Stempelgebühren abzuweisen.

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