Normen
BAO §115 Abs1;
BAO §115 Abs4;
BAO §236 Abs1;
B-VG Art18 Abs1;
VwRallg;
BAO §115 Abs1;
BAO §115 Abs4;
BAO §236 Abs1;
B-VG Art18 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte die Nachsicht eines Abgabenbetrages von S 17.380,-- und machte dabei geltend, daß sie für das Jahr 1980 hinsichtlich eines Pkw die Regelung des sogenannten "Kfz-Erlasses" in Anspruch genommen habe. Nach diesem Erlaß würden die einschränkenden Bestimmungen des § 20a EStG 1972 dann nicht in Kraft treten, wenn ein Umbau des Kraftfahrzeuges in einen "Fiskal-Lkw" durchgeführt und durch die Kraftfahrzeugbehörde im Zulassungsschein bestätigt worden sei, daß das gegenständliche Fahrzeug im Sinne des zweiten Abgabenänderungsgesetzes 1977 als zur Lastenbeförderung geeignet befunden werde. Das Fahrzeug sei entsprechend dem Erlaß umgebaut und der Umbau im Zulassungsschein durch die Kraftfahrzeugbehörde vermerkt worden.
Im Vertrauen auf die Gültigkeit dieses Erlasses habe die Beschwerdeführerin auf die Führung eines Fahrtenbuches bewußt verzichtet. Hätte sie geahnt, daß der Erlaß nicht als Rechtsnorm gelte, dann hätte sie jedenfalls die Mehrarbeit der Führung eines Fahrtenbuches auf sich genommen. In der ursprünglichen Fassung des § 20a EStG 1972 bzw. § 16a KStG habe nämlich im Jahre 1980 die Wahlmöglichkeit bestanden, bei Nichtführung eines Fahrtenbuches einen Pauschalbetrag von S 30.000,-- und bei Führung eines Fahrtenbuches sowohl die AfA in Höhe von S 19.000,-- als auch Betriebskosten in Höhe von S 1,50 pro Kilometer geltend zu machen. Die durchschnittliche Kilometerleistung des in Rede stehenden Fahrzeuges habe 20.000 km betragen, sodaß die Beschwerdeführerin Betriebskosten in Höhe von rund S 30.000,-- und die AfA in Höhe von S 19.000,--, somit insgesamt S 49.000,-- hätte geltend machen können. Damit seien um eine Bemessungsgrundlage von S 19.000,-- die Steuern überhöht vorgeschrieben worden. Es handle sich um Gewerbesteuer (15 v.H. von S 19.000,--) in Höhe von S 2.850,-- und Körperschaftssteuer (19.000,-- minus S 2.850,-- = 16.150,--) in der Höhe von S 14.530,--.
Weiters wurde im Nachsichtsantrag darauf hingewiesen, daß allen mit der Rechtslage vertrauten Fachleuten klar gewesen sei, daß dem "Kfz-Erlaß" keine Rechtskraft innewohnen könnte. Es sei daher nur eine Frage der Zeit gewesen, wann der Verwaltungsgerichtshof entgegen den Ausführungen dieses Erlasses entscheiden würde.
Gegen den abweisenden Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, die mit Berufungsvorentscheidung abgewiesen wurde. Nach Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und Einbringung einer Säumnisbeschwerde wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Berufung als unbegründet ab und führte dabei aus, daß Erlässe nur einen Auslegungsbehelf darstellten. Keinesfalls könnten aus den Erlässen über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten abgeleitet werden. Die Berufung auf einen Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen könne eine Unbilligkeit der Einhebung nicht begründen. Dazu komme, daß die Beschwerdeführerin steuerlich vertreten sei und in den Ausführungen im Nachsichtsantrag ausdrücklich darauf hinweise, es sei einem mit der Rechtslage vertrauten Fachmann von vornherein klar gewesen, daß diesem Erlaß keine Gesetzeskraft zukommen werde.
Selbst der Hinweis auf den allgemeinen, nicht ausdrücklich gesetzlich geregelten Grundsatz von Treu und Glauben gehe insoweit im gegenständlichen Fall ins Leere, als der in Rede stehende Pkw nicht einmal die Erfordernisse des sogenannten "Kfz-Erlasses" erfülle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Fällige Abgabenschuldigkeiten können gemäß § 236 Abs. 1 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Die Beschwerdeführerin erblickt eine Unbilligkeit nach Lage des Falles darin, daß sie im Vertrauen auf den "Kfz-Erlaß", somit im Vertrauen auf eine verwaltungsbehördliche Anordnung gehandelt und kein Fahrtenbuch geführt habe, wodurch für sie im Ergebnis ein Nachteil entstanden sei. Darin liege - dem Inhalt der Beschwerde nach - ein Verstoß gegen Treu und Glauben.
Treu und Glauben ist eine allgemeine, ungeschriebene Rechtsmaxime, die auch im öffentlichen Recht, somit auch im Steuerrecht zu beachten ist. Gemeint ist damit, daß jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben (Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts II2, Seite 152).
Unrichtige Auskünfte im Einzelfall können Treu und Glauben verletzen und eine Unbilligkeit nach Lage des Falles und die Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten zur Folge haben (vgl. hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1983, 81/15/0120).
Allgemeinen Verwaltungsanweisungen, wie z.B. Richtlinien oder Erlässen, kann unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben aber nicht die gleiche Wirkung beigemessen werden, wie einer verbindlichen Zusage oder Auskunft für den Einzelfall, weil der Grundsatz von Treu und Glauben ein konkretes Verhältnis zwischen dem Abgabepflichtigen und dem Finanzamt voraussetzt, bei dem sich allein eine Vertrauenssituation bilden kann (vgl. BFH-Urteil vom 21. Dezember 1972, IV R 53/72, BStBl II 1973, 298).
In der gesetzeskonformen Nichtbeachtung der als rechtswidrig erkannten Regelung in der an die Verwaltungsorgane gerichteten Verwaltungsanordnung durch die Abgabenbehörde kann kein Verstoß gegen Treu und Glauben gesehen werden. Hinzu kommt, daß der steuerlich vertretenen Beschwerdeführerin bewußt war, daß dem an die Verwaltung gerichteten Erlaß keine rechtsverbindliche Wirkung zukommt.
Bei dieser Sachlage kann die weitere Frage, ob der in Rede stehende Pkw überhaupt derart umgebaut worden ist, daß die Beschwerdeführerin mit Recht annehmen durfte, er sei ein Fall des sogenannten "Kfz-Erlasses", dahingestellt bleiben.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
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