Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird - mit Ausnahme des Schuldspruches - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- zu Handen des oben genannten Rechtsanwaltes binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betrieb ein Cafehaus. Er hat den Betrieb mittlerweile längst übergeben und befindet sich seit Jahren in Pension. Auf Grund einer abgabenbehördlichen Prüfung des Cafehausbetriebes über den Zeitraum 1980 bis 1982 traten Abgabenverkürzungen zutage, die 1985 zum Anlaß einer Anklage gegen den Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Abgabenhinterziehung genommen wurden. Im zweiten Rechtsgang des gerichtlichen Finanzstrafverfahrens wurde der Beschwerdeführer im Jahre 1990 mangels Nachweisbarkeit des Vorsatzes wegen Unzuständigkeit des Gerichtes freigesprochen. Er hatte bereits nach Feststellung der Verkürzungen im Jahre 1985 die nachgeforderten Abgabenbeträge bezahlt. Im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren wegen fahrlässiger Abgabenverkürzung wurde der geständige Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Spruchsenates schuldig erkannt (Verkürzungsbetrag S 689.094,--). Über ihn wurde eine Geldstrafe von S 60.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe ein Monat) verhängt. Die zu ersetzenden Verfahrenskosten wurden mit S 5.000,-- bestimmt.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und begehrte, entweder von einer Bestrafung gemäß § 25 Abs. 1 FinStrG abzusehen oder das Ausmaß der Strafe erheblich zu verringern.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
Sie verneinte die für ein Absehen von der Strafe erforderliche Geringfügigkeit des Verschuldens mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe über eine langjährige einschlägige Erfahrung als Cafetier verfügt und sei auch früher von den Finanzbehörden nicht unbeanstandet geblieben. Die primäre Pflicht zur Erlöserfassung habe ihn als Unternehmer getroffen, weil sein steuerlicher Vertreter keine Nachkalkulationen vorgenommen, den Beschwerdeführer jedenfalls aber von deren Ergebnis nicht informiert habe. Es habe sich nicht um vereinzelt gebliebene Fehlleistungen, sondern um ein Fehlverhalten gehandelt, das sich über insgesamt drei Jahre hingezogen habe. Dieses hebe sich von typischen gleichartigen Nachlässigkeiten nicht positiv ab.
Der Einwand des Beschwerdeführers, ihn treffe auch eine Sorgepflicht für seine Ehefrau, sei zutreffend, dieser Ehefrau kämen allerdings monatliche Mieteinnahmen von S 3.000,-- zu. Der Beschwerdeführer habe für seine Wohnung und für den Strombezug bisher noch keine Zahlungen an den Übernehmer seines Betriebes leisten müssen. Berücksichtige man, daß dem Beschwerdeführer auch allenthalben ein Nebeneinkommen als Hilfsarbeiter im Rahmen entgeltlicher Nachbarschaftshilfe (Stundenlohn S 60,--) zufließe und er in der Lage sei, einen Betrag von monatlich S 3.800,-- an Bausparprämie sowie S 2.100,-- für eine gemeinsame Lebensversicherung zu leisten und im Familienvermögen auch ein drei Jahre alter PKW Mazda stehe, so sei die finanzielle Situation des Beschwerdeführers nicht so ungünstig zu beurteilen, wie dies der Höhe seiner Monatsrente von S 8.334,-- entspräche.
Gehe man davon aus, daß bei Tatbeständen nach § 34 FinStrG ein Einstieg von 20 Prozent des strafbestimmenden Wertbetrags in einem Durchschnittsfall angemessen sei, so sei vom Spruchsenat der gänzlichen Schadensgutmachung und dem Umstand, daß der Tatzeitraum lange zurückliege, durch die Verhängung einer Geldstrafe, die unter 9 Prozent des strafbestimmenden Wertbetrages liege, aber auch der angespannten finanziellen Situation des Beschwerdeführers aureichend Rechnung getragen worden. Eine Geldstrafe sei nämlich auch bei vorhersehbarem Unvermögen des Beschuldigten, diese begleichen zu können, zu verhängen. Die Geldstrafe solle auch in einer Relation zum seinerzeit durch die Tat zugeflossenen finanziellen Vorteil (hier Zinsen) stehen.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht darauf verletzt, daß von der Verhängung einer Strafe abgesehen oder wenigstens eine wesentlich niedrigere, S 10.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe über ihn verhängt werde. Er behauptet inhaltliche Rechtwidrigkeit und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer begründet seinen Anspruch auf Absehen von der Verhängung einer Strafe gemäß § 25 Abs. 1 FinStrG damit, die Finanzbehörden hätten ihm tatbestandsmäßig zugebilligt, daß er bei der buchhalterisch-betrieblichen Führung seines Betriebes überfordert gewesen sei und sich zu sehr auf andere Personen verlassen habe. Er habe seine Kontrollpflicht nicht erfüllt. Im Verfahren erster Instanz sei ausdrücklich festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer von seinem Steuerberater nie auf irgendwelche Mängel hingewiesen worden sei.
Durch dieses Vorbringen wird das zutreffende Argument der belangten Behörde für die Unzulässigkeit eines Absehens von der Bestrafung nicht widerlegt, den Beschwerdeführer hätte die primäre Pflicht zur Erlöserfassung als Unternehmer getroffen, er habe über langjährige einschlägige Erfahrungen als Cafetier verfügt und sei auch früher von den Finanzbehörden nicht unbeanstandet geblieben.
Auf Grund dieser Tatsachen durfte die belangte Behörde - ungeachtet des Umstandes, daß laut Feststellung des Spruchsenates, die im angefochtenen Bescheid unwidersprochen blieb, die früheren Beanstandungen getilgt sind (§ 186 Abs. 2 FinStrG) - davon ausgehen, daß das Verschulden des Beschwerdeführers an der fahrlässigen Abgabenverkürzung nicht geringfügig im Sinne des § 25 Abs. 1 FinStrG ist. Ein Recht des Beschwerdeführers auf Absehen von der Strafe wurde daher nicht verletzt.
Hingegen ist dem Beschwerdeführer darin beizupflichten, die belangte Behörde hätte den Umstand, daß der Ehefrau des Beschwerdeführers monatlich Mieteinnahmen von S 3.000,-- zufließen, nicht als Entlastung für die Unterhaltspflicht des Beschwerdeführers gegenüber seiner Ehefrau in Anschlag bringen dürfen. Aus der Tatsache von Mieteinnahmen ergibt sich nämlich nicht, daß diese zur Befriedung von Lebensbedürfnissen der Ehegattin des Beschwerdeführers zur Verfügung stünden. Ein Überschuß aus der Vermietung wurde nicht festgestellt.
Der Hinweis der belangten Behörde auf Nachbarschaftshilfe zu einem Stundenlohn von S 60,-- entbehrt der Aussagekraft für die finanzielle Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers, solange nicht feststeht, wie oft diese Hilfe im Durchschnitt geleistet wird und mit welchen Einkünften der Beschwerdeführer aus dieser Tätigkeit daher rechnen kann.
Schließlich bieten auch Ausgabenposten wie Zahlungen auf Bausparverträge und für Lebensversicherung sowie für die seinerzeitige Anschaffung eines drei Jahre alten PKW Mazda keine Grundlage dafür, eine die monatliche Pensionshöhe übersteigende Leistungskraft des Beschwerdeführers anzunehmen, wenn nicht feststeht, daß die erwähnten Auslagen nicht aus den Pensionseinkünften, sondern aus anderen Einkunftsquellen getätigt wurden.
Was die Leistungskraft des Beschwerdeführers anlangt, hätte die belangte Behörde mangels unbedenklicher anderer Feststellungen davon auszugehen gehabt, daß der Beschwerdeführer mit der erwähnten Pension das Auslangen für seinen und seiner Ehegattin Unterhalt finden muß.
Unter Berücksichtigung dieser Leistungskraft wird die von der belangten Behörde bestätigte Strafhöhe, die vom Spruchsenat auch noch mit "spezialpräventiven Erwartungen" begründet wurde, einer dem Sinn des Gesetzes entsprechenden Wertung der Strafzumessungsgründe nicht gerecht:
Im vorliegenden Fall fehlt es an Erschwerungsgründen, die Milderungsgründe hingegen sind zahlreich und gewichtig (Geständnis, Unbescholtenheit, Schadensgutmachung, lang zurückliegender Tatzeitraum). Der Beschwerdeführer befindet sich seit mehreren Jahren infolge Beendigung seiner Unternehmer- und Gewerbetätigkeit in keinem Gelegenheitsverhältnis mehr, ähnliche strafbare Handlungen zu begehen. Die Überlegungen der Spezialprävention sind daher für die Strafbemessung ohne Bedeutung. Die Strafe kann also nur mehr der Sühne zu dienen.
Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Schuld des Täters. Bei der Bemessung der Strafe sind gemäß § 23 Abs. 2 FinStrG die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Bei Bemessung der Strafe sind gemäß § 23 Abs. 3 FinStrG auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.
Das Gesetz bietet keinen Anhaltspunkt für die von der belangten Behörde unterstellte starre Strafbemessungsregel, wonach bei Tatbeständen nach dem § 34 FinStrG ein Einstieg von 20 Prozent des strafbestimmenden Wertbetrages in einem Durchschnittsfall angemessen sei. § 34 Abs. 4 FinStrG sieht eine Geldstrafe bis zum Einfachen des Verkürzungsbetrages vor. Das Einfache des Verkürzungsbetrages ist daher die Höchststrafe. Im übrigen haben die Strafbemessungsregeln des § 23 FinStrG Anwendung zu finden, die für die Orientierung an einer Durchschnittsfallbetrachtung keinen Raum lassen.
Es sind daher in jedem Einzelfall die für die Strafbemessung relevanten Kriterien sorgfältig gegeneinander abzuwägen.
Unter Berücksichtigung des Verschuldens des Beschwerdeführers an der fahrlässigen Abgabenverkürzung und der oben wiedergegebenen zahlreichen und gewichtigen Milderungsgründe, des Fehlens spezialpräventiver Gesichtspunkte und der äußerst bescheidenen wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers erschiene es in der Tat ausreichend, um dem verbleibenden Strafzweck zu entsprechen, über den Beschwerdeführer eine seiner derzeitigen Leistungskraft angemessene Strafe in dem von ihm genannten Ausmaß von S 10.000,-- zu verhängen. Bei dem erwähnten geringen Familieneinkommen führt diese Strafe während eines Zeitraumes von ca. einem Jahr zu einer Beschränkung des Beschwerdeführers auf das durch die Richtsätze für die Ausgleichszulage gekennzeichnete Existenzminimum, womit dem Sühnezweck der Strafe Genüge getan ist, ohne Gesichtspunkte der Generalprävention zu mißachten.
Die belangte Behörde hat daher durch die Strafbemessung die Grenzen ihres Ermessens überschritten und dadurch ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Diese Rechtswidrigkeit erfaßt auch die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens gemäß § 185 Abs. 1 FinStrG.
Der angefochtene Bescheid war daher im Strafausspruch und im Kostenpunkt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Gemäß § 59 VwGG konnte an Schriftsatzaufwand nicht mehr als beantragt zuerkannt werden.
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