Normen
EStG 1972 §10;
EStG 1972 §18 Abs1 Z4;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §8;
EStG 1988 §10 Abs8;
EStG 1988 §2 Abs2 idF 1989/660;
EStGNov 1988/405 Art1 Z3;
GewStG §6 Abs2;
EStG 1972 §10;
EStG 1972 §18 Abs1 Z4;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §8;
EStG 1988 §10 Abs8;
EStG 1988 §2 Abs2 idF 1989/660;
EStGNov 1988/405 Art1 Z3;
GewStG §6 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In ihrer Berufung gegen den erklärungsgemäß ergangenen Gewerbesteuerbescheid für 1988 wandte die Beschwerdeführerin ein, § 10 Abs. 8 EStG 1988 stelle eine Gewinnermittlungsvorschrift dar und gelte daher auch für die Gewerbesteuer.
Die belangte Behörde vertrat in der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsentscheidung die Ansicht, die für das Streitjahr anzuwendende Bestimmung des Art. I Z. 3 BGBl. Nr. 405/1988 sei als Maßnahme der Einkommensermittlung anzusehen. Sie führte im wesentlichen aus:
Die in der zitierten Bestimmung enthaltene Rechtsfolge setze voraus, daß ein Verlust (bereits) entstanden sei oder sich erhöht habe. Sie mache die einmal "geltend gemachte" Gewinnminderung keineswegs rückgängig; sie lasse nur einen solcherart entstandenen bzw. erweiterten Verlust lediglich nicht zum Ausgleich "im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG" (Hinweis auf Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 10 EStG 1972 Tz 9a) sowie zum Abzug gemäß § 18 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972 zu. Schon aus dem Wortlaut der zitierten Bestimmung ergebe sich daher, daß die genannte Rechtsfolge erst auf der Ebene der Einkommensermittlung eintreten solle. Nichts anderes sei vom Gesetzgeber bezweckt gewesen: Erklärtes Ziel der Regelungen (sowohl des Art. I Z. 3 BGBl. Nr. 405/1988 als auch des § 10 Abs. 8 EStG 1988) sei es gewesen, eine Zuweisung von - durch die Inanspruchnahme von steuerlichen Begünstigungen entstandenen - Buchverlusten durch sofortigen Verlustausgleich bzw. -abzug bei der synthetischen Einkommensteuer zu verhindern. Der Zweck der Regelungen sei sohin - wie schon bei § 23a EStG 1972 - auf die Einkommensteuer beschränkt gewesen. Die im Entwurf des EStG 1988 enthaltene - noch völlig anders gefaßte - "Verlustklausel" sei von einer Gewinnermittlungsbestimmung gezielt in eine Verlustausgleichsbeschränkung umgestaltet worden; § 10 Abs. 8 EStG 1988 habe auf die Gewerbesteuer (eine Objekt- und keine Personensteuer) ohne Auswirkung bleiben sollen. Daß die Verlustklausel "nicht als Gewinnermittlungsvorschrift normiert sei", führten die erläuternden Bemerkungen zu der (in diesem Punkt geänderten) Regierungsvorlage auch ausdrücklich aus. Anhaltspunkte für eine "Parallele" des Art. I Z. 3 BGBl. Nr. 405/1988 zur Technik der Berechnung einer Investitionsrücklage (§ 9 EStG) ergäben sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Systematik dieses Gesetzes. Auch gestatte und gebiete es die Absicht des Gesetzgebers wie der erkennbare Zweck der Regelung, § 10 EStG 1972 (wie bisher) so zu verstehen, daß der Investitionsfreibetrag eine Minderung des Gewinnes jenes Jahres bewirke, für das er in Anspruch genommen werde. Investitionsfreibeträge würden daher nicht erst im Jahr der (späteren) Verrechnung "steuerlich aufwandswirksam". Erfolge die Verrechnung "auf der Stufe der Einkommensermittlung", könne sie nicht mehr "aufwands-", sondern nur mehr einkommenswirksam sein. Ein Widerspruch zu § 9 Abs. 1 EStG bestehe daher jedenfalls nicht. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb (ermittelt nach den Vorschriften des KStG bzw. EStG) stelle nur eine "Ausgangsgröße" der Ermittlung des Gewerbeertrages dar. Hinzurechnungen und Kürzungen veränderten diesen Betrag; erst das Ergebnis solcher Änderungen mache die (objektivierte) Größe Gewerbeertrag und damit eine der Bemessungsgrundlagen der Gewerbesteuer aus. Durch Hinzurechnung könnten aus Verlusten aus Gewerbebetrieb (positive) Gewerbeerträge entstehen. In solchen (nicht zu vernachlässigenden) Fällen führe die Verlustklausel als Maßnahme der Einkommensermittlung dazu, daß eine durch geltend gemachte Investitionsfreibeträge bzw. vorzeitige Abschreibungen (1988) bewirkte Gewinnminderung für den Bereich der Ermittlung des Gewerbeertrages und damit die Bemessung der Gewerbesteuer auch erhalten bleibe.
Durch diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf gesetzmäßige Besteuerung nach Art. I Z. 3 BGBl. Nr. 405/1988 verletzt. Die Vorgangsweise der belangten Behörde sei für die Beschwerdeführerin nachteilig, weil der gewerbesteuerrechtliche Verlustvortrag nach § 6 Abs. 2 GewStG auf sieben Jahre beschränkt sei, während der Ausgleich von IFB-Verlusten mit späteren Gewinnen zeitlich nicht begrenzt sei. Der angefochtene Bescheid werde bekämpft, um zu verhindern, daß der späteren Berücksichtigung der IFB-Verluste in der Gewerbesteuer synchron zur Körperschaftsteuer (allenfalls nach Ablauf der siebenjährigen Verlustvortragsfrist) ein rechtskräftiger Gewerbesteuerbescheid für das Jahr 1988 entgegenstehe. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. I Z. 3 BGBl. Nr. 405/1988 ist im Veranlagungsjahr 1988 § 8, ausgenommen Abs. 4, für die vorzeitige Abschreibung sowie § 10 für den Investitionsfreibetrag von Anschaffungs-, Herstellungs- und Teilherstellungskosten, die nach dem 30 Juni 1988 anfallen, mit folgender Maßgabe anzuwenden: Entsteht oder erhöht sich durch gewinnmindernd geltend gemachte vorzeitige Abschreibungen oder Investitionsfreibeträge ein Verlust, so ist der Verlust insoweit weder ausgleichs- noch gemäß § 18 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972 vortragsfähig. Ein solcher Verlust ist mit späteren Gewinnen (Gewinnanteilen) aus diesem Betrieb frühestmöglich zu verrechnen. Derartige Verluste und Gewinne verändern nicht das Kapitalkonto. Bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern gilt dies nur, wenn mit ihrer tatsächlichen Bauausführung nach dem 30. Juni 1988 begonnen worden ist.
Diese Bestimmung geht auf einen Antrag des Finanzausschusses zurück, zu dem dieser im Zuge seiner Beratungen über die Regierungsvorlage betreffend das EStG 1988 gelangt ist. Nach dem Bericht des Finanzausschusses (685 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVII. GP) ist die Regelung der in § 10 Abs. 8 der Regierungsvorlage zum EStG 1988 vorgesehenen "Verlustklausel" nachgebildet. Im Hinblick auf zu erwartende Vorziehmaßnahmen bei Verlustabschreibungen und damit verbundene budgetäre Ausfälle werde dieses Instrument teilweise schon auf im Veranlagungsjahr 1988 geltend gemachte Investitionsbegünstigungen angewendet. Die steuertechnische Handhabung der Verlustklausel unterscheide sich nicht von jener im Bereich des § 10 Abs. 8 EStG 1988 (siehe Erläuterungen hiezu). Die Aussage, wonach nicht ausgleichsfähige Verluste bzw. die spätere Verrechnung derartiger das (steuerliche) Kapitalkonto nicht verändern, bewirke, daß Überschneidungen mit § 23a EStG 1972 vermieden würden.
Der das Kapitalkonto betreffenden Anordnung kann daher nicht die von der Beschwerdeführerin gewünschte - aus ihrer Sicht bloß deklaratorische - Bedeutung zukommen. Der Gesetzgeber wollte damit keineswegs zum Ausdruck bringen, daß die Verlustklausel bereits auf der Stufe der Gewinnermittlung wirksam wird, sondern lediglich Überschneidungen mit § 23a EStG 1972 verhindern. Die oben wiedergegebenen Erwägungen des Finanzausschusses sprechen für sich selbst. Art. I Z. 3 BGBl. Nr. 405/1988 ist demnach für den Beschwerdefall in gleicher Weise auszulegen, wie § 10 Abs. 8 EStG 1988, BGBl. Nr. 400 (beide Gesetze vom 7. Juli 1988). Die Beschwerdeführerin führt auch selbst aus, daß hiefür auf Grund der ähnlichen Formulierungen und desselben Gesetzeszieles die selben Argumente gelten würden.
§ 10 Abs. 8 EStG 1988 lautet: Entsteht oder erhöht sich durch gewinnmindernd geltend gemachte Investitionsfreibeträge ein Verlust, so ist der Verlust insoweit weder ausgleichs- noch gemäß § 18 Abs. 6 und 7 vortragsfähig. Ein solcher Verlust ist mit späteren Gewinnen (Gewinnanteilen) aus diesem Betrieb frühestmöglich zu verrechnen.
Schon der Wortlaut der beiden in Rede stehenden Bestimmungen spricht für den Standpunkt der belangten Behörde. Verboten wird ein Verlustausgleich. Ein solcher ist aber ebenso wie der Abzug von Sonderausgaben (§ 18) Bestandteil der Einkommensermittlung (vgl. § 2 Abs. 2 EStG 1972 und 1988; Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch,
2. Auflage, § 2 Tz 17; Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts I, 4. Auflage, Seite 160 ff).
Völlig eindeutig sind die im Zuge der historischen Interpretation zu berücksichtigenden Gesetzesmaterialien: Die erläuternden Bemerkungen zu § 10 Abs. 8 EStG 1988 (621 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVII. GP) bringen klar zum Ausdruck, daß die Verlustklausel auf die Gewerbesteuer keinen Einfluß habe, weil sie nicht als Gewinnermittlungsvorschrift normiert sei; die gewinnmindernde Inanspruchnahme eines Investitionsfreibetrages könne daher bei der Gewerbesteuer zu einem Verlust führen. Nach der von Quantschnigg, ÖStZ 1988, Seite 202, und Herzog, RdW 1988, Seite 330, berichteten Entstehungsgeschichte des Gesetzes wurde die schon im Begutachtungsentwurf vorgesehene Verlustklausel (bewußt) von einer Gewinnermittlungsvorschrift in eine Verlustausgleichsbeschränkung umgestaltet, sodaß sie bei der Gewerbesteuer keine Auswirkungen habe.
Als Gesetzeszweck bezeichnet die Beschwerdeführerin selbst die Bekämpfung von Verlustbeteiligungsmodellen, d.h. die Verhinderung der Zuweisung von Buchverlusten zum Zwecke des progressionsmildernden Ausgleiches mit positiven Einkünften aus anderen Quellen. Diese Modelle haben ihre Bedeutung im Bereich der Personensteuern. Der Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer rechtfertigt die unterschiedliche Behandlung von "IFB-Verlusten".
Der überwiegende Teil der Beschwerdeausführungen besteht in der wortwörtlichen Wiedergabe der Argumente Beisers in RdW 1990/12, Seite 458 - wie schon vor dieser Veröffentlichung im Antrag gemäß § 276 Abs. 1 BAO vom 13. Juli 1990. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß den insbesondere systematischen Überlegungen dieses Autors gegenüber dem Ergebnis anderer Interpretationsmethoden größeres Gewicht zukäme.
Im einzelnen sei hiezu noch folgendes bemerkt: Für den Standpunkt der Beschwerdeführerin soll sprechen, daß sich § 10 Abs. 8 EStG 1988 im dritten Abschnitt (gemeint: des zweiten Teiles) des Gesetzes befindet. Der Gerichtshof hält es unter den oben erörterten Umständen nicht für zwingend, hieraus auf eine Wirksamkeit der Verlustklausel auf der Stufe der Gewinnermittlung zu schließen. Eine ähnliche Verlustklausel enthält § 2 Abs. 2 Satz 2und 3 EStG 1988 idF BGBl. Nr. 660/1989. Daß sich diese Bestimmung im ersten Abschnitt des zweiten Gesetzesteiles befindet, kann es nicht begründen, die eine Verlustausgleichsbeschränkung zum Bestandteil der Gewinnermittlung zu erklären, die andere zum Bestandteil der Einkommensermittlung. Was die Betriebsbezogenheit anlangt, so stellt auch die zuletzt zitierte Bestimmung auf Gewinne und Verluste desselben Betriebes ab.
Die Beschwerdeführerin will auch eine Parallele zur Investitionsrücklage ziehen; unterschiedliche Investitionsbegünstigungen müssen aber nicht "parallel" geregelt sein. Weiters macht die Beschwerdeführerin Widersprüche beim Zusammentreffen von Investitionsfreibetrag und Investitionsrücklage geltend. Zunächst könnte dieses Argument angesichts der übrigen Auslegungsergebnisse nicht den Ausschlag zugunsten der von der Beschwerdeführerin gewünschten Betrachtungsweise geben, sondern allenfalls eine problematische Konsequenz einer neuen Gesetzesbestimmung aufzeigen. Der Verwaltungsgerichtshof kann der Beschwerdeführerin aber auch nicht dahin folgen, daß der Investitionsfreibetrag erst im Verrechnungsjahr gewinnmindernd in Anspruch genommen würde. Die Inanspruchnahme des Investitionsfreibetrages erfolgt vielmehr gewinnmindernd bzw. verlusterhöhend in bezug auf das Jahr, für das er geltend gemacht wird. Wie die belangte Behörde zutreffend bemerkt, besteht der behauptete Widerspruch nicht, wenn die Verrechnung einkommens- und nicht gewinnwirksam ist.
Die von der Beschwerdeführerin - nicht aber im angefochtenen Bescheid - zitierten Gewinnermittlungsrichtlinien 1989 stellen keine für den Verwaltungsgerichtshof beachtliche Rechtsquelle dar. Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin und die von Doralt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 10 Tz 80, behauptete Widersprüchlichkeit der Richtlinien muß daher nicht eingegangen werden. Dieser Autor ist zwar am angegebenen Ort in der strittigen Frage zum selben Ergebnis wie die Beschwerdeführerin gelangt. Er ist hiebei aber davon ausgegangen, daß nach den erläuternden Bemerkungen zu § 10 EStG 1988 der "IFB-Verlust" nicht den Gewinn, sondern das Einkommen kürze, weshalb er auch keine Auswirkungen auf die Gewerbesteuer habe. Solches ist den erläuternden Bemerkungen freilich nicht zu entnehmen. Vielmehr soll nicht der Verlust, sondern die Verlustklausel auf die Gewerbesteuer keinen Einfluß haben. Wie im Beschwerdefall geschehen, sind die "IFB-Verluste" bei der Gewerbeertragsermittlung zu berücksichtigen. Die spätere Verrechnung solcher Verluste kann die Gewerbesteuer-Bemessungsgrundlage nicht (neuerlich) kürzen. Erwähnt seien an dieser Stelle auch Doralt-Ruppe, a.a.O., die auf Seite 161 ausführen, daß das Verlustausgleichsverbot des § 10 Abs. 8 EStG 1988 für die Ermittlung des Gewerbeertrages ohne Bedeutung ist.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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