Normen
B-VG Art132;
FinStrG §156 Abs1;
FinStrG §56 Abs2;
VwGG §27;
B-VG Art132;
FinStrG §156 Abs1;
FinStrG §56 Abs2;
VwGG §27;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 3.035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird sowohl auf den hg Beschluß vom 29. Jänner 1991, Zl 90/14/0118, als auch auf das hg Erkenntnis vom selben Tag, Zl 90/14/0112, verwiesen. Die in diesen Entscheidungen aufscheinenden Kurzbezeichnungen werden weiterhin verwendet.
Nachdem das Finanzamt Spittal an der Drau als Finanzstrafbehörde erster Instanz (in der Folge: Finanzamt) die Abnahme der sich im Gewahrsame der Beschwerdeführerin befindlichen Tagesstrazzen sowie der entsprechenden Kontenentwicklungen für den Zeitraum vom 8. bis 13. September 1983 verfügt hatte, wurde der Beschwerdeführerin mit Datum 23. Jänner 1990 eine Quittung über beschlagnahmte, in versiegelten Kuverts befindliche Gegenstände mit nachstehendem Inhalt übergeben:
- a) Originalfilm, Microfilm der Beschwerdeführerin vom 7.9.1983 bis 13.9.1983, beinhaltend sämtliche Geschäftsvorfälle inkl aller Belege und teilweiser Schriftverkehr sowie
- b) rückkopierte Tagesstrazzen vom 8.9.1983 bis 13.9.1983.
Mit Bescheid vom 29. Jänner 1990 ordnete der Vorsitzende die Beschlagnahme der vom Finanzamt der Beschwerdeführerin abgenommenen Tagesstrazzen nach § 89 Abs 5 FinStrG an. Eine gesonderte Entscheidung über den Microfilm wurde nicht getroffen.
Am 30. Jänner 1990 richtete die Beschwerdeführerin an das Finanzamt einen Antrag auf Ausfolgung der bei ihr am 23. Jänner 1990 beschlagnahmten Gegenstände, wobei sie zur Begründung im wesentlichen ausführte, die Beschlagnahme sei grundsätzlich rechtswidrig erfolgt, stehe in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem gegenüber den Kunden eingeleiteten Finanzstrafverfahren, verletzte das Bankgeheimnis unbeteiligter Dritter und beeinträchtigte ihren Geschäftsverkehr.
Am 2. August 1990 richtete die Beschwerdeführerin einen Devolutionsantrag an die belangte Behörde, in dem sie die Ansicht vertrat, das Finanzamt hätte über ihren Antrag vom 30. Jänner 1990 auf Ausfolgung der bei ihr beschlagnahmten Gegenstände ungesäumt, längstens jedoch innerhalb eines halben Jahres entscheiden müssen. Über diesen Antrag sei unabhängig von der Frage zu entscheiden, ob die versiegelten Gegenstände der Beschlagnahme unterlägen. Überdies habe auch der Vorsitzende noch immer nicht über die Beschlagnahme aller Gegenstände entschieden. Die gesetzlich normierte Entscheidungspflicht sei daher verletzt. Soweit im Finanzstrafverfahren die Zulässigkeit eines Devolutionsantrages verneint werde, betreffe dies bloß Anträge des Beschuldigten, nicht jedoch Anträge anderer am Finanzstrafverfahren beteiligter Personen.
Ohne auf den Devolutionsantrag einzugehen hob das Finanzamt mit Bescheid vom 29. Oktober 1990 die Beschlagnahme des Microfilms auf, hielt hingegen die Beschlagnahme der Tagesstrazzen aufrecht.
Mit der Begründung, das Finanzamt sei im Hinblick auf den am 2. August 1990 eingebrachten Devolutionsantrag zur Entscheidung über die Beschlagnahme des Microfilms und der Tagesstrazzen nicht mehr zuständig, ergriff die Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 29. Oktober 1990 das Rechtsmittel der Beschwerde. Weder aus den von der Beschwerdeführerin verfaßten Schriftsätzen (Beschwerde, Stellungnahme) noch aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten ist ersichtlich, ob über die Beschwerde gegen den eben erwähnten Bescheid des Finanzamtes bereits entschieden wurde.
Am 14. Jänner 1991 (Eingangsstempel auf der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Ausfertigung: 16. Jänner 1991) teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin zum Devolutionsantrag vom 2. August 1990 nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens mit, das Finanzamt habe bereits mit Bescheid vom 29. Oktober 1990 über die Beschlagnahme des Microfilms und der Tagesstrazzen entschieden.
Weiters vertrat die belangte Behörde folgende Ansicht:
" Durch die Entscheidung der zuständigen Finanzstrafbehörde
erster Instanz über den Antrag der Antragstellerin (Beschwerdeführerin), ist keine weitere Beschwer wegen Nichtentscheidung über diesen Antrag mehr gegeben. Da im § 56 FinStrG auch nur auf den 3. Abschnitt der Bundesabgabenordnung verwiesen wird (§§ 85 bis 113) und das Devolutionsrecht sich im 7. Abschnitt der Bundesabgabenordnung geregelt findet, hat die Partei im Finanzstrafverfahren kein Antragsrecht, das den Übergang der Zuständigkeit von Gesetzes wegen bewirken würde. Die Vorschriften über die Devolution im Abgabenverfahren finden damit, trotz der Bestimmung des § 311 Abs 1 BAO, wonach die Abgabenbehörden verpflichtet sind, über
die in Abgabenvorschriften vorgesehenen Anbringen (§ 85 BAO) der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden, im Bereich des Finanzstrafrechtes keine Anwendung (Verwaltungsgerichtshof vom 21. Dezember 1981, Zl 81/17/0196).
Der Antrag der Antragstellerin (Beschwerdeführerin) vom 30. Jänner 1990 an das Finanzamt auf Rückausfolgung der am 23. Jänner 1990 beschlagnahmten Gegenstände wurde damit, da eine Devolutionsmöglichkeit im Finanzstrafverfahren nicht besteht, durch den Bescheid des Finanzamtes vom 29. Oktober 1990 rechtswirksam erledigt. Dem Devolutionsantrag vom 2. August 1990 kann damit nicht näher getreten werden."
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vertritt die Beschwerdeführerin in ihrer Säumnisbeschwerde zunächst die Meinung, selbst wenn im Sinn der Ausführungen der belangten Behörde in deren Mitteilung vom 14. Jänner 1991 der Devolutionsantrag vom 2. August 1990 unzulässig gewesen wäre, hätte dieser Antrag, um der Entscheidungspflicht Genüge zu leisten, von der belangten Behörde zurückgewiesen werden müssen. Es könne aber keine Rede davon sein, daß im Finanzstrafverfahren überhaupt kein Devolutionsantrag gestellt werden könne. Die vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21. Dezember 1981, Zl 81/17/0196, Slg Nr 5639/F, vertretene Ansicht könne auf Grund der zwischenzeitig eingetretenen Rechtsänderungen nicht mehr länger aufrecht erhalten werden. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 56 Abs 2 FinStrG führe zu dem Schluß, daß § 311 BAO im Finanzstrafverfahren anwendbar sei, weswegen angeregt werde, der Verwaltungsgerichtshof möge hinsichtlich der Wortfolge "des 3. Abschnittes" im § 56 Abs 2 FinStrG an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 1 B-VG antragstellend herantreten, um so vor allem für vom Beschuldigten verschiedenen Personen die Möglichkeit zu eröffnen, bei Nichttätigwerden der Finanzstrafbehörde zu einer Entscheidung und damit zu einem effektiven Rechtschutz zu kommen.
Mit Verfügung vom 18. März 1991 leitete der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren ein, wobei er es der belangten Behörde freistellte, innerhalb einer Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift desselben vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege und dazu die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Frist wies die belangte Behörde den Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin vom 2. August 1990 unter Hinweis auf § 156 Abs 1 FinStrG zurück, wobei sie zunächst die im bereits erwähnten hg. Erkenntnis Slg Nr 5639/F dargestellte Ansicht wiedergab und ergänzend ausführte, die Unzulässigkeit eines Devolutionsantrages im Finanzstrafverfahren gelte nicht nur für Anträge des Beschuldigten, sondern auch für Anträge aller am Finanzstrafverfahren beteiligten Personen. Denn die Bestimmungen des zweiten Abschnittes des Finanzstrafgesetzes beschränkten sich nicht nur auf Anträge des Beschuldigten, sondern gälten für das gesamte Finanzstrafverfahren, also auch für Beweise und deren Durchführung sowie den Gang des Verfahrens. Unter Hinweis auf das ebenfalls bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl 90/14/0112, vertrat die belangte Behörde weiters die Ansicht, die Tagesstrazzen und der Microfilm bildeten technisch gesehen eine Einheit. Der vom Gesetz geforderte unmittelbare Zusammenhang müsse zum Gegenstand der Beschlagnahme bestehen und nicht nur zu einem, wenn auch untrennbaren Teil dieses Gegenstandes. Gegenstand der Beschlagnahme habe somit die Buchung über die Behebung des Geldbetrages in der Höhe gebildet, die der Schwiegersohn in seiner Anzeige bezeichnet hätte und die während des von diesem in der Anzeige genannten Zeitraumes erfolgt sei. Diese Buchung sei jedoch sowohl auf den Tagesstrazzen wie auch am Microfilm ident. Damit habe die Entscheidung des Vorsitzenden vom 29. Jänner 1990 inhaltlich nicht nur die Beschlagnahme der Tagesstrazzen, sondern auch die des Microfilms erfaßt. Eine zusätzliche Entscheidung über den Microfilm sei daher nicht erforderlich gewesen, was zur Zurückweisung des Devolutionsantrages vom 2. August 1990 führe. Im übrigen müßte auch dann, wenn kein Devolutionsantrag gestellt werden könnte, über einen derart unzulässigen Antrag mittels Zurückweisung entschieden werden, weswegen entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin ein effektiver Rechtschutz bestehe. Schließlich habe der Verwaltungsgerichtshof im (die Beschwerdeführerin betreffenden) Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl 90/14/0113, dargelegt, es könne eine Beschwerde nach Art 132 B-VG auch dann erhoben werden, wenn eine Devolution nicht zulässig sei.
Gleichzeitig mit dem dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten und dem wesentlichen Inhalt nach wiedergegebenen Zurückweisungsbescheid beantragt die belangte Behörde in der von ihr erstatteten Gegenschrift, das Verfahren gemäß § 36 Abs 2 VwGG einzustellen oder die Beschwerde als unbegründet und kostenpflichtig abzuweisen, weil bereits mit ihrer Mitteilung vom 14. Jänner 1991 eine Entscheidung über den Devolutionsantrag getroffen worden sei, die ungeachtet des Fehlens der Bezeichnung als Bescheid dennoch mit genügender Deutlichkeit erkennen ließe, daß über den Devolutionsantrag vom 2. August 1990 entschieden worden sei. Es liege somit im Sinn des bereits erwähnten Erkenntnisses Slg Nr 5639/F eine normative Erledigung vor, weswegen sie nicht säumig geworden sei.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in der von ihr erstatteten Stellungnahme durch den innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Frist erlassenen Zurückweisungsbescheid klaglos gestellt. Sie meint jedoch, der Mitteilung der belangten Behörde vom 14. Jänner 1991 fehle jegliche normative Wirkung und weist darauf hin, daß erst mit dem innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Frist erlassenen Zurückweisungsbescheid der belangten Behörde über ihren Devolutionsantrag vom 2. August 1990 entschieden worden sei, ansonsten eine doppelte Entscheidung vorliegen würde. Überdies habe der Verwaltungsgerichtshof mit der Einleitung des Vorverfahrens dargetan, über den Devolutionsantrag sei noch nicht entschieden worden und könne schließlich aus dem letzten Satz der Mitteilung der belangten Behörde vom 14. Jänner 1991 "dem Devolutionsantrag vom 2. August 1990 kann damit nicht näher getreten werden" keineswegs geschlossen werden, die belangte Behörde habe bescheidmäßig über den Devolutionsantrag abgesprochen.
Der Beschwerdeführerin ist folgendes entgegenzuhalten:
Die vorliegende Beschwerdesache ist sowohl vom Sachverhalt als auch vom Inhalt der Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens her weitgehend ident mit jener, die mit Beschluß vom heutigen Tag, Zl 91/14/0044, entschieden wurde. Die Beschwerdeführerin wird in Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof stets vom selben Rechtsfreund vertreten. Der einzige bedeutsame Unterschied besteht darin, daß im eben erwähnten Beschluß über die behauptete Säumigkeit des Vorsitzenden der belangten Behörde, im vorliegenden Fall über die behauptete Säumigkeit der belangten Behörde abzusprechen war.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im eben zitierten Beschluß, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs 2 zweiter Satz VwGG hingewiesen wird, entschieden hat, ist die Mitteilung des Vorsitzenden der belangten Behörde vom 15. Jänner 1991 insbesondere deswegen als Bescheid anzusehen, weil diese den Passus enthält "da der gegenständliche Antrag im Rahmen des Finanzstrafgesetzes eingebracht wurde, kann hiedurch auch kein Übergang der Entscheidungspflicht auf die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz bewirkt werden". Die Mitteilung des Vorsitzenden der belangten Behörde ist weitgehend ident mit der der belangten Behörde vom 14. Jänner 1991. Ungeachtet des Passus "dem Devolutionsantrag vom 2. August 1990 kann damit nicht näher getreten werden" (vgl den hg Beschluß vom 15. Dezember 1977, Zlen 933 und 1223/73, Slg Nr 9458/A), kommt schon durch die einleitenden - oben wiedergegebenen - Worte der Mitteilung, wonach keine weitere Beschwer wegen Nichtentscheidung über diesen Antrag mehr gegeben sei, die Absicht der belangten Behörde mit ausreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, hiemit eine meritorische Erledigung des Devolutionantrages abzulehnen, also im Sinn einer Zurückweisung normativ abzusprechen. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird auf die (weitere) Begründung des Beschlusses vom heutigen Tag - auch hinsichtlich des Kostenersatzes - verwiesen.
Da die belangte Behörde nicht säumig geworden ist, mangelt der Beschwerde die Berechtigung zur Erhebung, weswegen sie mit Beschluß zurückzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl Nr 104/1991.
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