Normen
AVG §56;
AVG §6 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art132;
JN §29;
UOG 1975 §37 Abs1 idF 1990/364;
UOG 1975 §7 Abs4;
UOGNov 1990 Art3 Abs1;
UOGNov 1990 Art3 Abs2;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AVG §56;
AVG §6 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art132;
JN §29;
UOG 1975 §37 Abs1 idF 1990/364;
UOG 1975 §7 Abs4;
UOGNov 1990 Art3 Abs1;
UOGNov 1990 Art3 Abs2;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Nach dem Beschwerdevorbringen und den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen hat die zuständige Habilitationskommission den vom Beschwerdeführer bei der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien eingebrachten Antrag vom 14. August 1989 auf Verleihung der Lehrbefugnis für das Fach "Experimentelles Steuerrecht" mit Bescheid vom 19. März 1990, Zl. 390/89, (wegen entschiedener Sache) zurückgewiesen. In seiner beim Dekanat der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien eingebrachten Berufung vom 9. April 1990 beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des Bescheides der Habilitationskommission und die Einsetzung einer besonderen Habilitationskommission. In der Begründung wandte sich der Beschwerdeführer im wesentlichen gegen die Rechtsansicht der Behörde erster Instanz, es liege zwischen dem vorliegenden Habilitationsverfahren und einem bereits früher rechtskräftig abgeschlossenen Habilitationsverfahren des Beschwerdeführers Identität der Sache vor. Der Berufungsschriftsatz enthält keine ausdrückliche Bezeichnung der Berufungsbehörde.
Mit der nunmehr am 28. Jänner 1991 beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Sachentscheidung insofern verletzt, als die belangte Behörde nicht innerhalb von sechs Monaten über seine Berufung vom 9. April 1990 entschieden habe, und begehrt, der Verwaltungsgerichtshof möge an Stelle der belangten Behörde über seine Berufung entscheiden und ihm die Lehrbefugnis für das Fach "Experimentelles Steuerrecht" verleihen.
Zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B-VG ist berechtigt, wer in einem Verwaltungsverfahren als Partei die Entscheidungspflicht geltend machen konnte. Die Beschwerde kann gemäß § 27 VwGG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.
Auf der Grundlage dieser Bestimmungen ist es ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß eine Säumnisbeschwerde nur erhoben werden kann, wenn der Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch auf BESCHEIDMÄSZIGE Erledigung seines im Bereich der Verwaltung unerledigt gebliebenen Begehrens hatte (vgl. z.B. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. April 1986, Zl. 86/12/0010, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung).
Im Zeitpunkt der Einbringung seiner Berufung galt § 37 Abs. 1 des Universitäts-Organisationsgesetzes, BGBl. Nr. 258/1975, in der Fassung VOR der Novelle BGBl. Nr. 364/1990 (UOG - im folgenden als Altrechtslage bezeichnet). Demnach stand gegen die Zurückweisung oder Abweisung eines Habilitationsansuchens sowie gegen die Verleihung einer gegenüber dem Ansuchen eingeschränkten Lehrbefugnis dem Bewerber innerhalb von zwei Wochen die Berufung an den BUNDESMINISTER FÜR WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG offen (§ 37 Abs. 1 erster Satz UOG - Altrechtslage).
§ 37 Abs. 1 erster Satz UOG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 364/1990, der am 1. Oktober 1990 in Kraft getreten ist (vgl. Art. III Abs. 2 erster Halbsatz dieser Novelle) lautet:
"Gegen die Zurückweisung oder Abweisung eines Habilitationsansuchens steht dem Bewerber innerhalb von zwei Wochen die Berufung an das oberste Kollegialorgan offen."
Die Novelle verweist damit - im Gegensatz zur Altrechtslage - Berufungsentscheidungen in Habilitationsangelegenheiten in den selbständigen (autonomen) Wirkungsbereich (vgl. dazu auch die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Novelle, 1238 Blg Sten.Prot. NR 17. GP zu § 37 Abs. 1, linke Spalte, Seite 16).
Nach § 7 Abs. 4 UOG haben die Organe der Universität das AVG (mit hier nicht in Betracht kommenden Abweichungen) anzuwenden.
Gemäß § 6 Abs. 1 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.
Nach übereinstimmender Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist für die Beurteilung der Zuständigkeit im Sinne des § 6 AVG der Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides maßgebend, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt (vgl. z.B. VfSlg. 4819/1964; 5363/1966; 6301/1970). Änderungen der Zuständigkeitsvorschriften sind daher stets, und zwar auch nach der Anhängigmachung einer Verwaltungssache, zu berücksichtigen, zumal es im Verwaltungsverfahren - anders als bei den ordentlichen Gerichten nach § 29 JN - keine perpetuatio fori gibt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1967, Zl. 940/67). Bei einer solchen Änderung ist das Verfahren von der nunmehr zuständigen Behörde weiterzuführen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. April 1984, Zl. 82/11/0358). Das Dargelegte gilt auch - lege non distinguente - für Veränderungen betreffend die Zuständigekeit von Berufungsbehörden (vgl. in diesem Zusammenhang auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. April 1981, Zl. 81/03/0043).
Die UOG-Novelle BGBl. Nr. 364/1990 trifft in ihrem Art. III Abs. 1 folgende Übergangsbestimmung:
"(1) Berufungskommissionen, Habilitationskommissionen und besondere Habilitationskommissionen, die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes konstituiert wurden und ihre Tätigkeit bereits aufgenommen haben, haben das Verfahren in ihrer bisherigen Zusammensetzung und nach den bisherigen Bestimmungen durchzuführen."
Aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt sich, daß - bei Zutreffen der beiden kumulativ zu erfüllenden Tatbestandsvoraussetzungen - Habilitationskommissionen (nur diese interessieren im Beschwerdefall) das (Habilitations)Verfahren in ihrer bisherigen (d.h. nach der Altrechtslage maßgeblichen) Besetzung und nach den bisherigen Bestimmungen (d.h. den materiell- und verfahrensrechtlichen Regeln nach der Altrechtslage) abzuwickeln haben. Die Übergangsbestimmung betrifft ausschließlich die bei den oben genannten Behörden im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle anhängigen Verfahren (sofern bereits Tätigkeiten gesetzt wurden), geht aber darüber nicht hinaus. Insbesondere wird keine Übergangsbestimmung bezüglich der nach § 37 Abs. 1 Satz 1 UOG geänderten Zuständigkeit im Berufungsverfahren in Habilitationsangelegenheiten getroffen. Dies bedeutet aber vor dem Hintergrund der obigen Rechtsausführungen, daß der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung ab 1. Oktober 1990 in Habilitationsangelegenheiten nicht mehr zuständige Berufungsbehörde ist. Dies gilt mangels einer entsprechenden Übergangsbestimmung auch für die bei ihm zu diesem Zeitpunkt anhängigen Berufungsverfahren. Bei einer derartigen offenkundigen Unzuständigkeit wird aber der (belangten) Behörde die Möglichkeit eröffnet, durch formlose Verfügung (vgl. z.B. VfSlg. 6984/1973 sowie den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 1967, Zl. 375/67 = Slg. 7110/A) im Sinn des § 6 Abs. 1 AVG vorzugehen.
Eine Fallkonstellation, daß über die Frage der Zuständigkeit bescheidmäßig - durch Zurückweisung des Antrages - abzusprechen wäre, liegt im Beschwerdefall nicht vor. Es bestehen weder Zweifel über die nach der alten oder neuen Rechtslage zuständige Berufungsbehörde noch hat der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde deren Zuständigkeit bestritten oder behauptet, daß die belangte Behörde nach § 6 Abs. 1 AVG vorgegangen sei und der Beschwerdeführer danach auf einer Zuständigkeitsentscheidung durch die belangte Behörde "beharrt" habe (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Februar 1984, Zl. 83/01/0399). Die Geltendmachung der Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde in der vom Beschwerdeführer eingebrachten Säumnisbeschwerde vermag in diesem Fall den im Verwaltungsverfahren nicht gestellten Antrag auf Zuständigkeitsentscheidung nicht zu ersetzen. Ebenso war der Berufungsantrag des Beschwerdeführers nicht etwa deshalb von der belangten Behörde zurückzuweisen, weil für das Anbringen keine (andere) Behörde zuständig ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 1979, Zlen. 3303, 3304/78). Ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der UOG-Novelle BGBl. Nr. 364/1990 bestand demnach für die belangte Behörde keine Verpflichtung mehr zur bescheidmäßigen Erledigung der bei ihr zu diesem Zeitpunkt anhängigen Berufung des Beschwerdeführers (in Form der Zurückweisung mangels Zuständigkeit).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ergibt sich, daß die belangte Behörde bezüglich der bei ihr am 1. Oktober 1990 anhängigen Berufung nicht (mehr) im Sinn des Art. 132 B-VG säumig sein kann, woran auch der Umstand nichts ändert, daß die belangte Behörde die Berufung auf Grund der neuen Rechtslage an die zuständige akademische Behörde abzutreten hat (vgl. zu einer ähnlichen Rechtslage den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. März 1985, Zl. 85/10/0018).
Die vorliegende Säumnisbeschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
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