VwGH 91/09/0126

VwGH91/09/012628.11.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde des Franz W in O, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 19. März 1991, Zl. OB. 115-192.117-009, betreffend Kriegsopferversorgung (Beschädigtenrente), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
KOVG 1957 §4 Abs1;
KOVG 1957 §7;
KOVG 1957 §78 Abs1;
AVG §66 Abs4;
KOVG 1957 §4 Abs1;
KOVG 1957 §7;
KOVG 1957 §78 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund vorangegangener Verfahren stehen folgende Dienstbeschädigungen des im Jahre 1924 geborenen Beschwerdeführers nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz (KOVG 1957) fest:

  1. 1. Reaktionslose Narben an der rechten Brustseite, seitlich am Rücken rechts und im Bereich des linken Kniegelenkes, ohne Funktionsstörung;
  2. 2. Lungenstecksplitter rechts;
  3. 3. Pleuraadhäsion rechts und
  4. 4. Abgeheilter Leberdurchschuß.

Da beim Beschwerdeführer auf Grund dieser Dienstbeschädigungen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von zusammen nicht mehr als 20 % festgestellt wurde, steht er bisher nicht im Bezug einer Beschädigtenrente nach dem KOVG 1957.

Im Rahmen einer Berufung stellte der Beschwerdeführer am 16. August 1989 auch den (neuen) Antrag auf Anerkennung von Dienstbeschädigungen bzw. auf Gewährung einer Beschädigtenrente, weil er

"... an der re. Seite Beschwerden, wie Schmerzen hat. Auf Grund der Pleuraadhäsion bzw. auf Grund des Lungendurchschusses besteht eine beträchtliche Atemnot bzw. eine beträchtliche Funktionsstörung. Es darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß der KB. während der Kriegszeit eine schwere Lungen- bzw. Rippenfellentzündung hatte. Neben den Verletzungen muß also auch dies berücksichtigt werden."

Nach Einholung von Gutachten des ärztlichen Sachverständigen Dr. H sowie aus der Berufskunde wies das Landesinvalidenamt (LIA) mit Bescheid vom 9. Juli 1990 den Antrag des Beschwerdeführers auf Anerkennung des Leidens "Weitere Folgen einer während des Wehrdienstes aufgetretenen schweren Lungen- und Rippenfellentzündung" als Dienstbeschädigung im Sinne des § 4 KOVG 1957 und auf Gewährung von Beschädigtenrente ab. Dazu führte das LIA unter Bezugnahme auf das eingeholte ärztliche Gutachten insbesondere aus, die Rippenfellentzündung mit nachfolgender Sinusverlötung sei wahrscheinlich eine Folge des Lungenschusses; größere Gewebszerstörungen seien aber sicher nicht erfolgt, sodaß keine maßgeblichen Ventilationsstörungen aufträten. Die festgestellten Folgen nach Lungen- und Rippenfellentzündung seien bereits bei der bisherigen Richtsatzeinschätzung der Lungenleiden mitberücksichtigt worden.

Dagegen wendete der Beschwerdeführer in seiner Berufung ein, es sei zu Unrecht eine Richtsatzeinschätzung für seine cardiopulmonalen Funktionsstörungen nicht vorgenommen worden, weil die Pleuraadhäsion nach Lungendurchschuß trotz dieser Störungen nur mit einer MdE von 0 % festgestellt worden sei.

Dazu holte die belangte Behörde im Berufungsverfahren ein Gutachten der lungenfachärztlichen Sachverständigen Dr. Susanna Lenk ein, in welchem die Gesamt-MdE des Beschwerdeführers erneut mit 20 % eingeschätzt wurde.

Der Beschwerdeführer hielt diesem Gutachten in seiner Stellungnahme vom 31. Jänner 1991 entgegen, daß im Bereich des rechten unteren Brustkorbes erhebliche Sensibilitätsstörungen vorlägen, die nicht entsprechend eingeschätzt worden seien. Es liege ferner auch eine bisher nicht berücksichtigte Nervenverletzung vor. Außerdem wiederholte der Beschwerdeführer sein Vorbringen, wonach die Pleuraadhäsion unbedingt Auswirkungen auf die cardiopulmonale Funktion habe und daher bei der Einschätzung nicht negiert werden dürfe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. März 1991 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge. Begründend führte sie unter Bezugnahme auf das Gutachten Dris. L aus, weder in Ruhe noch bei Belastung komme es beim Beschwerdeführer zu einer Atemnot. Es liege auch keine Blaufärbung der Lippen vor. Der Brustkorb sei symmetrisch, es handle sich um normalweite Atemexkursionen. Die geltend gemachte Verschlimmerung, insbesondere die Atembeschwerden und die Schmerzsymptomatik seien sowohl Ausdruck der Herzmuskelschwäche und des altersentsprechenden Emphysems, als auch der anlagebedingten degenerativen Wirbelsäulenveränderungen; sie stünden in keinem Zusammenhang mit dem Wehrdienst. Die Rippenfellveränderungen seien so minimal, daß sie keine Auswirkungen auf die cardiopulmonale Funktion hätten und auch nicht Ursache der angegebenen Schmerzsymptomatik sein könnten. Das Gutachten sei von der belangten Behörde als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden. Es bestünden demnach keine weiteren Folgen einer während des Wehrdienstes aufgetretenen schweren Lungen- und Rippenfellentzündung als Dienstbeschädigung. Die vom Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs vorgebrachten Einwendungen seien nicht geeignet gewesen, die Beweiskraft des ärztlichen Sachverständigengutachtens zu mindern, weil es sich um Behauptungen handle, die das auf ärztliches Fachwissen gegründete Gutachten nicht zu entkräften vermöchten. Da die in beiden Instanzen eingeholten Gutachten im Ergebnis übereinstimmten, bestehe auch keine Veranlassung, ein weiteres Gutachten einzuholen. Über die erst im Parteiengehör im Berufungsverfahren geltend gemachte Nervenverletzung werde das LIA in erster Instanz zu entscheiden haben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten auf Feststellung seiner kausalen MdE mit 30 bis 40 % und auf Gewährung einer entsprechenden Beschädigtenrente nach dem KOVG 1957 verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 KOVG 1957 hat der Beschädigte Anspruch auf Beschädigtenrente, wenn und insolange seine Erwerbsfähigkeit infolge der Dienstbeschädigung um mindestens 25 Prozent vermindert wird. Unter Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die durch die Dienstbeschädigung bewirkte körperliche Beeinträchtigung in Hinsicht auf das allgemeine Erwerbsleben zu verstehen.

Eine MdE des Beschwerdeführers in diesem für die Zuerkennung einer Beschädigtenrente erforderlichen Mindestausmaß ist bisher nicht festgestellt worden. Auch das nunmehrige Verfahren hat weder das Vorliegen weiterer Dienstbeschädigungen noch eine höhere Einschätzung der MdE des Beschwerdeführers ergeben.

Dieses Verfahrensergebnis bekämpft der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Behauptung, die im Verwaltungsverfahren aus medizinischer Sicht getroffenen Feststellungen seien unzulänglich und in sich widersprüchlich. Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof bei der gegebenen Aktenlage nicht zu folgen. Abgesehen davon, daß die vom Beschwerdeführer erstmalig im vorliegenden Berufungsverfahren behauptete Nervenverletzung noch Gegenstand einer ergänzenden Untersuchung bei der dafür zuständigen Behörde erster Instanz zu sein haben wird, hat es der Beschwerdeführer unterlassen, den im vorliegenden Verfahren eingeholten ärztlichen Gutachten mit medizinisch fundierten Gegenbeweisen entgegenzutreten, weshalb der belangten Behörde nicht mit Erfolg vorgeworfen werden kann, sie hätte diese Gutachten nicht im Wege der freien Beweiswürdigung ihrer Entscheidung zugrunde legen dürfen. Relevante Widersprüche zwischen den beiden vorliegenden Gutachten vermag der Verwaltungsgerichtshof entgegen den diesbezüglichen Beschwerdebehauptungen nicht festzustellen; beide Gutachter sind, ausgehend von den Behauptungen des Beschwerdeführers über seine Beschwerden, zu dem Ergebnis gelangt, daß über die bisher festgestellten Dienstbeschädigungen hinaus kausale Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers nicht vorlägen, und daß eine höhere Einschätzung seiner MdE nicht gerechtfertigt sei. Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, daß das Verwaltungsverfahren im Beschwerdefall nicht dem § 90 KOVG 1957 entsprochen hätte und in einer relevanten Frage ergänzungsbedürftig geblieben wäre.

Zur behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides macht der Beschwerdeführer neuerlich nur eine Ergänzungsbedürftigkeit des durchgeführten Ermittlungsverfahrens geltend. Soweit er sich dabei auf die Nichteinholung eines nervenärztlichen Sachverständigengutachtens bezieht, ist neuerlich darauf zu verweisen, daß eine kausale Nervenverletzung des Beschwerdeführers nicht Sache des vorliegenden Berufungsverfahrens gewesen ist und daher zuständigerweise zuerst im Verfahren vor dem LIA geprüft werden muß (vgl. dazu bereits die rechtlich einschlägigen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem denselben Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis vom 10. September 1986, Zl. 85/09/0123).

Die Beschwerde war auf Grund dieser Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. 1 B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte