VwGH 91/06/0001

VwGH91/06/000111.4.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Leukauf und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 8. November 1990, Zl. Ve-551-521/3, betreffend Übertretung der Tiroler Bauordnung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §68 Abs1;
BauO Tir 1989 §25 litd;
BauRallg;
StGB §5 Abs1;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §5 Abs1 idF 1987/516;
VStG §5 Abs1;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
BauO Tir 1989 §25 litd;
BauRallg;
StGB §5 Abs1;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §5 Abs1 idF 1987/516;
VStG §5 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Gebäudes einer ehemaligen Fabrik in X. Das Innere der Fabrikshalle wurde vom Beschwerdeführer derart umgestaltet, daß Trennwände eingezogen und auf diese Weise eine Unterteilung der Halle in mehrere kleine Räume erfolgte und Wasch- und Toilettenräume geschaffen wurden. Seit etwa Mitte April 1989 stellte der Beschwerdeführer diese Räumlichkeiten Arbeitnehmern diverser Unternehmen als Schlaf- und Aufenthaltsgelegenheit entgeltlich zur Verfügung.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 28. November 1989 wurde dem Beschwerdeführer u.a. angelastet, er habe im nördlichen Fabriksgebäude der ehemaligen Fabrik in X im ersten Oberschoß durch Einbau von Trennwänden mehrere Gästezimmer mit über 50 Gästebetten geschaffen, diese jedenfalls ab Anfang Mai 1989 bis 14. August 1989 für die Unterbringung von Personen verwendet und damit diesen Gebäudeteil zu einem anderen als dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck verwendet, ohne eine baubehördliche Bewilligung erwirkt zu haben. Er habe dadurch § 53 Abs. 1 lit. h der Tiroler Bauordnung (TBO) verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn gemäß § 53 Abs. 2 TBO eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzarrest drei Wochen) verhängt. Der dagegen eingebrachten Berufung gab die Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 24. September 1990 insofern Folge, als die Geldstrafe auf S 7.000,-- (Ersatzarrest drei Tage) herabgesetzt wurde. Eine gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof hat dieser mit Erkenntnis vom 28. Februar 1991, Zl. 90/06/0201, als unbegründet abgewiesen.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 27. März 1990 wurde über den Beschwerdeführer abermals eine Verwaltungsstrafe mit der Begründung verhängt, er habe 1) im Dezember 1989, insbesondere auch am 30. Dezember 1989, sowie 2) in der Zeit vom 27. Jänner 1990 bis 3. Februar 1990 nach dem ohne Baubewilligung erfolgten Einbau von Gästezimmern und Unterkünften diese für die Unterbringung von Personen und damit zu einem anderen Zweck verwendet, als dies aus der baulichen Zweckbestimmung des Objektes hervorgehe. Er habe dadurch § 53 Abs. 1 lit. h der Tiroler Bauordnung verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde über ihn gemäß § 53 Abs. 2 TBO eine Geldstrafe in der Höhe von S 15.000,-- (13 Tage Ersatzarrest) betreffend den Tatzeitraum im Dezember 1989 und S 10.000,-- (Ersatzarrest 9 Tage) betreffend den Tatzeitraum vom 27. Jänner 1990 bis 3. Februar 1990 verhängt.

Der dagegen eingebrachten Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 8. November 1990 teilweise Folge. Sie änderte den erstinstanzlichen Spruch insofern ab, als sie feststellte, der Beschwerdeführer habe im Dezember 1989 und in der Zeit vom 27. Jänner 1990 bis 3. Februar 1990 das erste Obergeschoß der ehemaligen Fabrik in X zur Unterbringung von Personen und somit zu einem anderen als dem aus der baulichen Zweckbestimmung des Gebäudes hervorgehenden Verwendungszweck verwendet, ohne über eine hiefür erforderliche Baubewilligung gemäß § 25 lit. d TBO zu verfügen. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 53 Abs. 1 lit. h TBO begangen; gemäß § 53 Abs. 2 TBO wurde über ihn wegen dieser Übertretung eine Geldstrafe in der Höhe von S 15.000,-- (Ersatzarrest in der Dauer von 6 Tagen) verhängt.

Zur Begründung führte die Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Ausführungen zu § 13 des Tiroler Raumordnungsgesetzes und § 53 Abs. 1 lit. h TBO aus, daß der Beschuldigte die zweckwidrige Verwendung ohne Unterbrechung durchgeführt habe, weshalb wegen des Prinzips der Absorption einzelner Tathandlungen bei fortgesetzten Begehungsdelikten anstelle der von der Erstinstanz angenommenen zwei Delikte nur ein Delikt als gegeben anzusehen sei. Der Unrechtsgehalt der begangenen Übertretung sei als erheblich anzusehen, da ein großes öffentliches Interesse daran bestehe, das Entstehen vor allen aus dem Titel der Flächenwidmung unzulässiger Gebäude zu verhindern. Als Verschuldensform liege zumindest bedingter Vorsatz vor. Es sei nämlich insbesondere auf Grund des in zweiter Instanz bestätigten Tatvorwurfes der Begehung desselben Deliktes in der Tatzeit Anfang Mai 1989 bis 14. August 1989 davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer das Vorliegen aller Tatumstände zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden habe. Es folgten Ausführungen zur Strafbemessung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Es ist unbestritten, daß ein ehemaliges Fabriksgebäude nach Einziehen von Trennwänden im Jahre 1988 als Unterkunft von - auch betriebsfremden - Personen verwendet wurde. Weiters ist unbestritten, daß eine Baubewilligung weder für das Einziehen von Trennmauern noch für die Änderung des Verwendungszweckes erteilt wurde.

Zum Beschwerdevorbringen, es liege keine baubewilligungspflichtige Maßnahme im Sinne des § 25 TBO vor, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des an denselben Beschwerdeführer gerichteten hg. Erkenntnisses vom 28. Februar 1991, Zl. 90/06/0201 verwiesen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß die Bewilligungspflicht nach § 25 lit. d TBO schon daran geknüpft ist, daß die Änderung des Verwendungszweckes auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach diesem Gesetz einen Einfluß HABEN KANN und nicht daran, daß das Gebäude nach der Änderung des Verwendungszweckes unzulässig sein müßte.

Das weitere Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe zwar richtig erkannt, daß wegen des Prinzips der Absorption einzelner Tathandlungen bei fortgesetzten Begehungsdelikten anstelle der von der Erstinstanz angenommenen zwei Delikte nur ein Delikt als gegeben anzusehen sei, doch habe die belangte Behörde übersehen, daß dies in gleicher Weise auch für die Tatzeit Anfang Mai 1989 bis 14. August 1989 (Gegenstand des Straferkenntnisses vom 28. November 1989 der Bezirkshauptmannschaft bzw. des Berufungserkenntnisses vom 24. Dezember 1990 der Tiroler Landesregierung) zutreffe, es handle sich um ein fortgesetztes Verhalten des Beschwerdeführers bis zur Rechtskraft der Berufungsentscheidung der Tiroler Landesregierung vom 24. September 1990, vermag keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung dargetan, daß im Falle eines fortgesetzten Deliktes - um ein solches handelt es sich hier unbestritten - ungeachtet einer im Spruch des Strafbescheides der Behörde erster Instanz angeführten Tatzeit alle Einzeltathandlungen bis zu der mit seiner Zustellung erfolgten Fällung des Strafbescheides erster Instanz erfaßt sind und daher wegen solcher Einzeltathandlungen nicht neuerlich gegen denselben Täter eine Strafe verhängt werden darf (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. Juli 1982, Zlen. 3445, 3446/80, sowie vom 14. Oktober 1983, Zl. 83/04/0090). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist daher nicht die Rechtskraft des Berufungsbescheides maßgeblich, sondern die Zustellung des Strafbescheides der Behörde erster Instanz. Daß dem Beschwerdeführer das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 28. November 1989 erst während oder nach dem gegenständlichen Tatzeitraum zugestellt worden sei, wurde nicht einmal in der Beschwerde behauptet.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, es liege der Schuldausschließungsgrund gemäß § 5 Abs. 2 VStG 1950 vor, da der Beschwerdeführer zumindest subjektiv von der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens überzeugt gewesen sei. Vor Zustellung des Berufungserkenntnisses der Tiroler Landesregierung vom 24. September 1990 konnte und durfte er davon ausgehen, rechtmäßig gehandelt zu haben. Vor Rechtskraft des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 28. November 1989 durch das bestätigende Berufungserkenntnis vom 24. September 1989 habe der Beschwerdeführer sein Verhalten entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig ansehen müssen. Es könne daher ein bedingter Vorsatz im Hinblick auf die Begehung im Dezember 1989 bzw. in der Zeit zwischen 21. Jänner und 3. Februar 1990 nicht angenommen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, daß nur die erwiesenermaßen unverschuldete Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift einen Schuldausschließungsgrund gemäß § 5 Abs. 2 VStG 1950 bildet, und auch nur dann, wenn der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte (Erkenntnis vom 8. November 1978, Slg. N.F. Nr. 9684/A, und vom 13. Juni 1986, Zlen. 86/18/0040, 0041). Von einem unverschuldeten Rechtsirrtum kann aber hier schon deshalb nicht gesprochen werden, weil der Beschwerdeführer zumindest seit Zustellung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 28. November 1989 ernsthafte Zweifel daran haben mußte, daß er mit seiner gegenüber der Behörde vertretenen Rechtsauffassung durchdringen werde. Da der Beschwerdeführer aber dennoch ab Dezember 1989 die neugeschaffenen Räume für die Unterbringung von Personen weiter verwendete und damit diesen Gebäudeteil zu einem anderen als dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck verwendete, ohne eine baubehördliche Bewilligung erwirkt zu haben, mußte er die Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes für möglich gehalten und sich mit ihr abgefunden haben. Für den bedingten Vorsatz ist kennzeichnend, daß für das vorsätzliche Handeln genügt, wenn der Täter die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbildes "ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet" (Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts4, S 266). Der belangten Behörde ist daher keine Rechtswidrigkeit unterlaufen, wenn sie davon ausging, daß der Beschwerdeführer die Verwaltungsübertretung mit bedingtem Vorsatz begangen habe.

Nach § 5 Abs. 1 VStG 1950 genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Da die Verwirklichung des Straftatbestandes des § 53 Abs. 1 lit. h TBO nicht Vorsatz als Voraussetzung der Strafbarkeit vorsieht, konnte die Behörde daher auch zu Recht das Vorliegen des bedingten Vorsatzes als erschwerenden Umstand bei der Strafbemessung berücksichtigen.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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