Normen
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §7 Abs1;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §5 Abs1;
BauO NÖ 1976 §62 Abs2;
BauO NÖ 1976 §8;
BauO Wr §10 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art139 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §7 Abs1;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §5 Abs1;
BauO NÖ 1976 §62 Abs2;
BauO NÖ 1976 §8;
BauO Wr §10 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art139 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Ansuchen der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Bauwerberin um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage auf den Parzellen Nr. n1, n2, n3, n4 und n5 der KG D, hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 28. Februar 1972 die beantragte Baubewilligung erteilt. Nachdem der Gemeinderat die Berufung der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid als unbegründet abgewiesen und die Gemeindeaufsichtsbehörde der Vorstellung der Beschwerdeführer Folge gegeben hatte, hob der Gemeinderat mit Bescheid vom 2. Jänner 1973 die Baubewilligung auf. Mit Bescheid vom 19. Februar 1973 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Bewilligung zum Neubau einer Wohnhausanlage auf dem Grundstück Nr. n5 EZ nn, KG D. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer von Grundstücken, die dem Grundstück Nr. n5 benachbart sind. Der Bescheid des Bürgermeisters vom 19. Februar 1973 wurde im Instanzenzug, vor der Gemeindeaufsichtsbehörde und vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes angefochten. Schließlich hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde deren Ansuchen vom 6. Februar 1973, das dem Baubewilligungsbescheid vom 19. Februar 1973 zugrunde lag, mit Bescheid vom 26. August 1988 abgewiesen. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Mit Ansuchen vom 4. August 1988 hat die mitbeteiligte Stadtgemeinde (neuerlich) die Baubewilligung für die gegenständliche Wohnhausanlage beantragt. Über dieses Ansuchen wurde am 7. September 1988 eine mündliche Bauverhandlung durchgeführt, zu der auch die Beschwerdeführer als Anrainer geladen wurden. In dieser Verhandlung wiesen die Beschwerdeführer darauf hin, daß das Bauvorhaben unzulässig und rechtswidrig sei, weil der Bau bereits in den Jahren 1975 und 1976 errichtet und bezogen worden sei, ein neues Bauvorhaben könne nicht zur Sanierung der Mängel des Verfahrens durchgeführt werden. Die mitbeteiligte Gemeinde habe in den zurückliegenden Jahren Verordnungen geändert, nur um diesen Bau nachträglich zu rechtfertigen. Ihr Bebauungsplan entspreche nicht dem Flächenwidmungsplan und der Bauordnung für Niederösterreich, die Widmung Ortskerngebiet sei nicht zulässig. Die Schaffung des Bauplatzes in dieser Form sei unzulässig, es liege auch keine hintere Baufluchtlinie und keine Bestimmung über den Bauwich vor. Bauklasse, Baudichte und Bauweise sowie die Bauhöhe seien unzulässig, die Ausstattung der Dächer entspreche nicht den umgebenden Baulichkeiten, die Balkone ermöglichten eine unzulässige Einsicht in Nachbargrundstücke, die Einstellplätze seien zu gering bemessen. Da es sich um ein gemeindeeigenes Bauvorhaben handle, sei die Baubehörde erster Instanz befangen. Die Einholung von Sachverständigengutachten auf dem Gebiet der Städte- und Raumplanung sowie des Umweltschutzes werde beantragt, überdies sei zu prüfen, inwieweit der gegenständliche Bau, insbesondere Bauhöhe und Bautiefe, für die Anrainer unzumutbar sei. Schließlich wurde beantragt, den Bau abzutragen.
Mit Bescheid vom 23. September 1988 hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde die beantragte Baubewilligung erteilt und die Einwendungen der Beschwerdeführer und anderer Anrainer teils als unbegründet ab-, teils als unzulässig zurückgewiesen. Die dagegen unter anderem von den Beschwerdeführern eingebrachte Berufung hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 30. Dezember 1988 abgewiesen.
Der dagegen eingebrachten Vorstellung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 2. Jänner 1990 keine Folge. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß ein Bauansuchen anhand der zum Zeitpunkt der Erlassung des Baubescheides geltenden Rechtslage zu beurteilen sei. Eine früher erfolgte Abweisung des Bauansuchens stehe aufgrund der zwischenzeitig eingetretenen Änderung der Rechtslage (hier Erlassung eines Bebauungsplanes) einem neuerlichen Bauansuchen nicht im Wege.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 26. Februar 1991, Zl. B 190/90-8, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, soweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen berühre, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 11462/1987 die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie - unter dem Blickwinkel der vom Verfassungsgerichtshof wahrzunehmenden Rechtsverletzungen - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
In der ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Dem Beschwerdevorbringen, das Bauansuchen hätte nach der im Zeitpunkt der Errichtung der gegenständlichen Wohnhausanlage geltenden Rechtslage beurteilt werden müssen, ist zu entgegnen, daß der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. N.F. Nr. 9315/A, ausgesprochen hat, daß für die Rechtsmittelbehörde im allgemeinen die Rechtslage im Zeitpunkt der behördlichen Erledigung maßgebend ist. Zur maßgeblichen Rechtslage gehören auch die geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungspläne (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom 17. September 1991, Zl. 91/05/0091), sind sie doch Durchführungsverordnungen zum Raumordnungsgesetz bzw. zur Bauordnung. Während ein früheres Bauansuchen auf den Bebauungsplan der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 27. November 1980 gestützt war, den der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. September 1987, Slg. 11462, als gesetzwidrig aufgehoben hat, ist das gegenständliche Bauansuchen vom 4. August 1988 auf den im Dezember 1984 in Kraft getretenen Bebauungsplan gestützt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 7. Juli 1988, Zl. 88/05/0079, ausgesprochen, daß dann, wenn der Bebauungsplan abgeändert wurde, dem neuerlichen Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung für ein bestimmtes Projekt entschiedene Sache schon deshalb nicht entgegensteht, weil durch die erfolgte Änderung des Bebauungsplanes nicht mehr dieselbe Rechtslage gegeben ist.
In seinem Erkenntnis vom 30. September 1987, Slg. 11462, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß für die Festlegung der Bauklasse IV und die geschlossene Bauweise im Verfahren genügend Gründe zutage getreten sind, die den Verfassungsgerichtshof annehmen lassen, daß die mitbeteiligte Stadtgemeinde bei diesen Festlegungen im Bebauungsplan das ihr zustehende Planungsermessen nicht überschritten hat. Es seien dies vor allem die Erwägungen, die bereits seinerzeit zur Festlegung der Widmungs- und Nutzungsart "Bauland-Kerngebiet" im Flächenwidmungsplan geführt haben und durch die eine Entwicklung zur besseren Bauplatzausnutzung gefördert werden sollte. In seinem Beschluß vom 26. Februar 1991, mit dem der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegenständlichen Beschwerde abgelehnt hat, hat er gerade unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom 30. September 1987, betreffend den Bebauungsplan der Stadtgemeinde D vom 27. November 1980 ausgesprochen, daß die behauptete Rechtsverletzung durch Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkannt werden müsse, daß die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Die Beschwerdeführer haben in ihrer ergänzten Beschwerde keine neuen Gesichtspunkte zur Rechtswidrigkeit des Bebauungsplanes dargelegt. Da für die Festlegung der Widmungs- und Nutzungsart "Bauland-Kerngebiet" im Flächenwidmungsplan eine bessere Bauplatzausnutzung maßgebend war, scheint es dem Verwaltungsgerichtshof nicht unsachlich, wenn für das Gebiet entlang der X-Straße die geschlossene Bebauungsweise festgesetzt wurde.
Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, sowohl die Baubehörde erster als auch jene zweiter Instanz sei befangen, weil die Gemeinde selbst Bauherr sei. Dazu ist zunächst festzustellen, daß nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 1968, Zl. 1569/66, nur ein Verwaltungsorgan, nicht aber eine Dienststelle befangen sein kann. In seinen Erkenntnissen vom 25. November 1981, Slg. N.F. Nr. 10601/A, sowie vom 13. Dezember 1988, Zl. 88/05/0140, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß § 7 AVG keine Regelung kennt, wonach dann, wenn der Leiter einer Behörde sich wegen Befangenheit seines Amtes zu enthalten hat, auch sämtliche Beamte dieser Behörde ausgeschlossen wären.
Im vorliegenden Fall war die mitbeteiligte Stadtgemeinde als Bauwerberin durch den Vizebürgermeister vertreten, während das Bauverfahren erster Instanz vom Bürgermeister geleitet wurde, der auch den erstinstanzlichen Bescheid unterfertigt hat. Eine Befangenheit des Bürgermeisters als Verwaltungsorgan lag daher im Sinne des § 7 AVG nicht vor. Soll das Beschwerdevorbringen aber dahingehend zu verstehen sein, daß dann, wenn über ein Bauansuchen der Gemeinde zu befinden ist, eine andere Baubehörde zur Entscheidung zuständig sei, so ist darauf zu verweisen, daß gemäß § 116 Abs. 1 der Niederösterreichischen Bauordnung die Baubehörde erster Instanz der Bürgermeister, in Städten mit eigenem Statut der Magistrat, Baubehörde zweiter Instanz der Gemeinderat, in Städten mit eigenem Statut der Stadtsenat ist, ohne eine Ausnahmeregelung für einen Fall der vorliegenden Art vorzusehen. Gegen eine solche Bestimmung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Im übrigen normiert Abs. 4 dieser Bestimmung, daß in allen Verfahren mit einer Gemeinde als Bewilligungswerberin die Aufsichtsbehörde zu den mündlichen Verhandlungen einzuladen und eine Ausfertigung aller in diesen Verfahren ergehenden Bescheide unverzüglich nach Erlassung der Aufsichtsbehörde vorzulegen ist.
Dem Beschwerdevorbringen, es sei kein Sachverständiger aus dem Gebiet der Städte- und Raumplanung beigezogen worden, ist zu entgegnen, daß den Nachbarn in bezug auf die Städte- und Raumplanung ganz allgemein kein subjektiv-öffentliches Recht eingeräumt ist, die verfahrensrechtlichen Ansprüche der Nachbarn aber nicht weitergehen als ihre materiellen Rechte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. November 1974, Slg. N.F. Nr. 8713/A, sowie vom 8. November 1976, Slg. N.F. 9170/A).
§ 118 Abs. 9 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976, LGBl. 8200-0 idF LGBl. 8200-6, räumt den Nachbarn auch kein subjektiv-öffentliches Recht auf Beibehaltung der Wohnqualität und des Lichteinfalles sowie auf Freihaltung von "Sichtbelästigung" ein.
Zu der in der Beschwerde behaupteten Lärmbelästigung ist schließlich darauf hinzuweisen, daß nach der einhelligen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Immissionen, die sich im Rahmen des in der jeweiligen Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, von den Nachbarn hingenommen werden müssen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 23. November 1989, Zl. 89/06/0109). Daß durch die Wohnhausanlage und ihre Bewohner besondere, über das in der Widmungskategorie Bauland-Kerngebiet übliche Ausmaß hinausgehende Lärmimmissionen hervorgerufen würden, haben die Beschwerdeführer während des Verwaltungsverfahrens nicht einmal behauptet. Daher war auch die Befassung eines Sachverständigen mit diesem Fragenkomplex entbehrlich.
Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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